Mercedes-Benz L 911

Mercedes-Benz
L 911
L 911
L 911
Hersteller:Daimler-Benz-AG
Verkaufsbezeichnung:L 328 (bis 1963)
L 911 (ab 1963)
Produktionszeitraum:1961–1984[1]
Vorgängermodell:L 312
Nachfolgemodell:keines
Technische Daten
Bauformen:Kurzhauber,
Frontlenker
Motoren:OM 312,
OM 321
,
OM 352
(alle Diesel, 4,6–5,7 l)
Leistung:74–96 kW
Länge:5445–8825 mm
Breite:2340–2500 mm
Höhe:2370–2510 mm
Radstand:3200–4830 mm
Wendekreis:12,8–17,9 m
Nutzlast:4,64–5,925 t
zul. Gesamtgewicht:9 t

Der Mercedes-Benz L 911 ist ein mittelschwerer zweiachsiger Lastkraftwagen der Marke Mercedes-Benz, der im Mercedes-Benz-Werk Mannheim gebaut wurde. Er wurde ab 1961 produziert und löste den L 312 ab. Bis zum Jahr 1963 wurde das Fahrzeug als L 328 verkauft. Den Kurzhauber L 911 gibt es als Pritschen- und Kipper-Lkw, als Fahrgestell für Sonderaufbauten und als Sattelzugmaschine, mit oder ohne Allradantrieb. Er wurde darüber hinaus auch als Frontlenker gebaut.

Überblick

Der L 911 gehört zum Typenprogramm der Kurzhauber von Mercedes-Benz, das mit dem L 1113 im Jahr 1959 neu aufgelegt worden war. Die Kurzhauber sind gegenüber dem L 312 komplett neu entwickelt, die Vorkammermotoren der Baureihe OM 312 des L 312 mit 4580 cm³ Hubraum und 100 PS (74 kW) wurden im L 911 aber noch bis mindestens Mai 1962 weiterverwendet. Ab spätestens November 1962 wurden Motoren der Baureihe OM 321 eingebaut, die mit 5103 cm³ Hubraum 110 PS (81 kW) leisten. Ab 1964 wurden die Vorkammermotoren endgültig durch die Direkteinspritzer der Baureihe OM 352 mit 5675 cm³ Hubraum ersetzt, die auf 110 PS (81 kW) gedrosselt wurden. Sie zeichnen sich gegenüber den Vorkammermotoren durch höheres Drehmoment aus und sollen weniger Kraftstoff verbrauchen. Für das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe wurde auch ein Prototyp mit einem nicht gedrosselten OM 352 gebaut, der 130 PS (96 kW) leistet.[2] Ab 1967 wurden die Fahrzeuge einem größeren Facelift unterzogen, bei dem die Frontscheibe der Kurzhauber erhöht wurde. Die Frontlenker erhielten ein völlig neues Aussehen.

Modelle

Den L 911 gibt es in verschiedenen Varianten:

  • L 911: Basismodell, Pritsche oder Fahrgestell, Hinterradantrieb
  • LK 911: Kipper mit Hinterradantrieb
  • LA 911: Pritsche oder Fahrgestell mit Allradantrieb
  • LAK 911: Kipper mit Allradantrieb
  • LS 911: Zugmaschine mit Hinterradantrieb
  • LAS 911: Zugmaschine mit Allradantrieb
  • LP 911: Frontlenker mit Pritsche oder als Fahrgestell
  • LPS 911: Frontlenkerzugmaschine
  • LAF 911: Fahrzeug für Sonderaufbauten mit Allradantrieb

Technik

Fahrwerk und Kraftübertragung

Blattfeder der Vorderachse eines LAF 911, ebenfalls gut sichtbarer Teleskopstoßdämpfer

Alle Modelle des L 911 sind zweiachsige Lastkraftwagen mit Leiterrahmen und Starrachse vorne und hinten. Die Achsen sind an halbelliptischen Blattfedern aufgehängt, die Hinterachse hat darüber hinaus noch Zusatzfedern. Die Vorderachse ist mit Teleskopstoßdämpfern gedämpft. Die vier Räder sind Stahlscheibenräder, die Hinterachse ist doppelt bereift, die Vorderachse einfach. Serienmäßig sind die Reifen der Größe 8,25–20 auf geteilte Schrägschulterfelgen der Größe 6,5–20 aufgezogen. Zulieferer für die Bremsanlage waren außer Daimler-Benz selbst Bosch und Teves. Die Bremsanlage ist eine hydraulisch betätigte Zweikreisbremsanlage mit Einkammerdruckluftbremshilfe; die Bremskraft wirkt auf Bremstrommeln mit einem Durchmesser von 400 mm an den Vorderrädern und 408 mm an den Hinterrädern, davon ausgenommen sind Frontlenker ab 1967, deren Bremstrommeldurchmesser 418 mm beträgt. Die Handbremse ist eine Federspeicherbremse und wirkt auf die Hinterräder. Hersteller der Lenkung ist Daimler-Benz, es ist eine Kugelumlauflenkung mit ungeteilter Spurstange. Alle Fahrzeuge waren sowohl als Links- wie auch als Rechtslenker lieferbar.

Die Kraft wird vom Motor über eine Einscheibentrockenkupplung des Typs Fichtel & Sachs H 32 auf das Getriebe übertragen. Das Getriebe ist ein vollsynchronisiertes Fünfganggetriebe von Daimler-Benz, das mit dem Motor verblockt ist. Geschaltet wird es mit einem Schalthebel neben dem Fahrersitz, der unmittelbar auf das Getriebe wirkt. Vom Getriebe wird die Antriebskraft über eine Gelenkwelle auf ein Hypoid-Kegelrad-Achsgetriebe an der Hinterachse übertragen.

Verteilergetriebe eines LAF 911

Allradgetriebene Modelle haben als Kraftübertragungselement drei Gelenkwellen. Zusätzlich haben sie ein Verteilergetriebe mit Straßen- und Geländeübersetzung. Die Übersetzung vom Getriebe auf die Vorderachse ist mit 6,833:1 höher als die zur Hinterachse mit 6,857:1. Der Antrieb der Vorderräder muss manuell zugeschaltet werden. Die Differenzialgetriebe sind sperrbar.[2]

Motor

Der Motor ist in den ersten Fahrzeugen der Mercedes-Benz OM 312, ein stehender Reihen-Sechszylinder-Viertakt-Dieselmotor mit zwei Ventilen, Vorkammereinspritzung und Wasserkühlung. Der Zylinderblock aus molybdänlegiertem Gusseisen und das geteilte Kurbelgehäuse sind aus einem Guss. Bei einer Zylinderbohrung von 90 mm und einem Kolbenhub von 120 mm hat der Motor einen Gesamthubraum von 4580 cm³. Die Kolben sind geschmiedete Kolben aus Leichtmetall von Mahle mit jeweils vier Kompressionsringen und zwei Ölabstreifringen. Die Kraft wird über schräggeteilte Pleuel aus Vergütungsstahl auf eine geschmiedete und an den Lagerstellen flammgehärtete, siebenfach gelagerte Kurbelwelle übertragen. Pleuel und Kurbelwelle haben Bleibronze-Gleitlager mit Stahlstützschalen. Die Kurbelwelle ist mit sechs Gegengewichten und einem Schwingungsdämpfer versehen.

Im Kurbelgehäuse läuft eine vierfach in Gleitlagern gelagerte Nockenwelle, die über schrägverzahnte Stirnräder angetrieben wird. Sie betätigt über Stoßstangen und Kipphebel die hängenden Ventile. Jeder Zylinder hat ein Ein- und ein Auslassventil. Der alle Zylinder abdeckende Zylinderkopf hat eine asbesthaltige Dichtung.

Die Druckumlaufschmierung arbeitet mit Zahnradölpumpe im Ölsumpf und einem Spaltfilter im Hauptstrom. Die Kraftstoffpumpe fördert den Kraftstoff aus dem Tank durch einen Filzrohrfilter zur Einspritzpumpe des Typs Bosch PES 6 A70 B 410 RS 64/7, die ihn über Einspritzdüsen des Typs Bosch DNO SD 211 in die Vorkammern einspritzt. Die Einspritzpumpe hat einen Fliehkraftregler. Die Luft wird vor dem Kühler angesaugt und mit einem Ölbadluftfilter gereinigt. Gekühlt wird der Motor mit einem Röhrenkühler, dessen warme Abluft ein Lüfter fortbläst.

Die ab 1962 eingesetzten Motoren des Typs OM 321 basieren auf dem OM 312 und haben einen vergrößerten Hubraum. Die Motoren der Baureihe OM 352 sind hingegen Direkteinspritzer.

Technische Daten

1961–1962

KenngrößenL 328LK 328LP 328LA 328LAK 328LAS 328LS 328LPS 328
Abmessungen und Gewichte
Radstand (mm)36004200483036003200360042004830360042003600320036003200360032003600
Länge (mm)61756875787560456330733077258825584565156045544558455445584556556035
Breite (mm)2340250023402500
Höhe (mm)23702470251023702470
Spurweite vorne (mm)1905182018901905
Spurweite hinten (mm)1725
Bodenfreiheit (mm)255
Wendekreisdurchmesser (m)13,615,216,913,612,813,915,517,215,917,915,914,615,912,613,612,813,9
Leergewicht (kg)350035703800400035853700----4360341534503075309531553160
Nutzlast (kg)550054305200500054155300----4640558555505925590558655840
Maximal zulässige Gesamtmasse (kg)9000
Antriebsstrang
KupplungEinscheibentrockenkupplung
Fichtel & Sachs H 32
GetriebeManuell zu schaltendes Fünfganggetriebe von Daimler-Benz, vollsynchronisiert
Antrieb aufHinterräderAlle RäderHinterräder
Getriebeübersetzungen1. Gang: 8,98
2. Gang: 4,785
3. Gang: 2,736
4. Gang: 1,663
5. Gang: 1,00
R. Gang: 8,29
Übersetzung vom Getriebe zur Hinterachse6,857
Übersetzung vom Getriebe zur Vorderachse6,833
Höchstgeschwindigkeit (km/h)75,57375,5
Wirksame Gesamtbremsfläche (cm2)2200
Motor
MotortypMercedes-Benz OM 312
MotoraufbauSechszylinder-Reihen-Viertakt-Dieselmotor
GemischbildungVorkammereinspritzung
Ventilsteuerunghängende Ventile, zwei Ventile
KühlungWasserkühlung
Bohrung × Hub90 × 120 mm
Hubraum4580 cm³
Nennleistung nach DIN 70020100 DIN-PS (74 kW) bei 3000 min−1
Maximales Drehmoment nach DIN 7002027 kpm (265 N·m) bei 1600 min−1
Mittlere Kolbengeschwindigkeit12 m/s
Verdichtungsverhältnis19,8 : 1
Einspritzdruck132 bar
Zündfolge1-5-3-6-2-4
Einlassventil öffnet22° vor oberem Totpunkt
Einlassventil schließt58° nach unterem Totpunkt
Auslassventil öffnet56° vor unterem Totpunkt
Auslassventil schließt26° nach oberem Totpunkt
Motormasse385 kg
Ölverbrauch (ml/100 km)200
Kraftstoffverbrauch nach DIN 70030 (l/100 km)14,916,5abhängig vom Auflieger
Füllmengen
Füllmenge des Kraftstoffbehälters (l)100
Füllmenge der Ölwanne (l)7–9
Füllmenge des Kühlsystems (l)2124
Füllmenge des Getriebegehäuses (l)3,7
Elektrische Anlage
Glühkerzen36 W Heizleistung
Anlasser12-V-Schubankeranlasser Bosch BNG 4/12 CR 201 (elektromagnetisch betätigt)
LichtmaschineBosch LJ/GG 240/12-2400 R16 (12 V, 240 W)
Antrieb über Keilriemen, Ladebeginn bei 928 min−1 an der Kurbelwelle
Batterie1 × Bleisäureakkumulator 12 V, 135 Ah

Technische Daten OM 321 (1962–1963)

KenngrößenOM 321
MotortypReihen-Sechszylinder-Viertakt-Zweiventil-OHV-Vorkammer-Dieselmotor
KühlungWasserkühlung
Einlassventil öffnet22° vor oberem Totpunkt
Einlassventil schließt58° nach unterem Totpunkt
Auslassventil öffnet56° vor unterem Totpunkt
Auslassventil schließt26° nach oberem Totpunkt
Zündfolge1-5-3-6-2-4
Motormasse385 kg
Einspritzdruck127,5 bar
AnlasserSchubankeranlasser Bosch BNG 4/12 CR 201
Bohrung × Hub95 × 120 mm
Verdichtungsverhältnis20,8:1
Hubraum5103 cm³
Nennleistung nach DIN 70020110 DIN-PS (81 kW) bei 3000 min−1
Maximales Drehmoment nach DIN 7002030,5 kpm (299 N·m) bei 1600 min−1

Technische Daten OM 352 (ab 1964)

KenngrößenOM 352
MotortypSechszylinder-Reihen-Viertakt-Dieselmotor
GemischbildungDirekteinspritzung
VentilsteuerungOHV-Ventilsteuerung, zwei Ventile
KühlungWasserkühlung
Bohrung × Hub97 × 128 mm
Hubraum5675 cm³
Nennleistung nach DIN 70020110 DIN-PS (81 kW) bei 2900 min−1
Maximales Drehmoment nach DIN 7002032 kpm (314 N·m) bei 1600 min−1
Mittlere Kolbengeschwindigkeit12,4 m/s
Verdichtungsverhältnis17:1
Einspritzdruck196 bar
Zündfolge1-5-3-6-2-4
Einlassventil öffnet29° vor oberem Totpunkt
Einlassventil schließt55,9° nach unterem Totpunkt
Auslassventil öffnet54° vor unterem Totpunkt
Auslassventil schließt20,8° nach oberem Totpunkt
Motormasse410 kg
Ölverbrauch (ml/100 km)250

Einzelnachweise

  1. Daimler-Media: Das Ende der langen Hauben: 1959 Jahren kommen die ersten Kurzhauber. 5. Februar 2009
  2. a b BBK: Typenblatt Rüstwagen. 1971

Literatur

Weblinks

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