Melainabacteria
Melainabakterien | ||||||||||
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REM-Aufnahme von Vampirovibrio chlorellavorus an Chlorella sorokiniana (Pfeil). Balken 5 µm.[1] | ||||||||||
Systematik | ||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||
Melainabacteria | ||||||||||
Di Rienzi et al. 2013[3] |
Die Melainabacteria (Melainabakterien), auch Vampirovibrionia genannt,[4] sind ein mit den Cyanobakterien verwandtes Phylum (botanisch Abteilung, zoologisch Stamm), die früher auch als ACD20-Gruppe bezeichnet wurde.[5] Melainabakterien wurden im menschlichen Darmtrakt und in verschiedenen aquatischen Lebensräumen wie dem Grundwasser und in Quellen gefunden. Durch die Analyse der Genome von Melainabakterien sind Vorhersagen über ihre Zellstruktur und die Stoffwechselfähigkeiten möglich, auch bevor man diese isolieren und mikroskopieren kann. Diese Organismen scheinen verschiedene Kohlenstoffquellen zu fermentieren, um Wasserstoff, Ethanol, Acetat oder Laktat zu erzeugen.[6] Diese Bakterien werden als den Cyanobakterien nahestehend betrachtet und bilden wahrscheinlich eine basale Gruppe, da sie keine Photosynthese betreiben.[7]
Forschungsgeschichte
Bei ihrer Entdeckung in menschlichen Fäkalproben wurden sie zunächst für eine seltene Form von Cyanobakterien gehalten, die unerwartet im menschlichen Verdauungstrakt vorkommt. Stoffwechselvorhersagen auf Grund der Genomanalysen ergaben aber, dass die Photosynthesemaschinerie fehlt und der Stoffwechsel obligat (ausschließlich) auf Fermentation beruht. Die Melainabakterien werden heute daher als Schwesterstamm der Cyanobakterien angesehen.[8]
Etymologie
- Melainabacteria: Das Taxon ist benannt nach Melaina (griechisch Μέλαινα), einer der Nymphen in der griechischen Mythologie, die nach der Legende über dunkle unterirdische Aspekte wacht. Ihr Name verweist darauf, dass die Melainabacteria ein Taxon von Bakterien sind, die in der Dunkelheit vorkommen.[9][10]
- Vampirovibrionia: Der Name ist abgeleitet von neulateinisch vampirum ‚Vampir‘ und lateinisch vibrare ‚sich wellenförmig bewegen, hin- und herbewegen, vibrieren, zittern‘ bzw. neulat. vibrium ‚etwas, das sich wellenförmig bewegt, …, zittert‘, vgl. Bakteriengattung Vibrio (Vibrionen). Die Bezeichnung meint also sich vampirartig verhaltende Bakterien mit vibrionenartiger Gestalt.[11]
Beschreibung
Die Zellen der Melainabakterien ähneln denen der Cyanobakterien darin, dass sie von zwei Membranen (einer äußeren Zellwand und der darunterliegenden eigentlichen Zellmembran) umgeben ist (didermisch), und daher gramnegativ sind. Sie unterscheiden sich von den Cyanobakterien dadurch, dass die meisten Vertreter Geißeln und damit Bewegungsfähigkeit (Motilität) besitzen; nur einigen Mitgliedern (z. B. die der Ordnung Gastranaerophilales) fehlt dieses Merkmal.[12] Melainabakterien sind im Unterschied zu den Cyanobakterien dafür nicht in der Lage, Photosynthese zu betreiben, sondern gewinnen ihre Energie durch Gärung (Fermentation). Genomanalysen von Melainabakterien, die aus dem Grundwasser isoliert wurden, deuten darauf hin, dass diese Organismen wie viele Cyanobakterien in der Lage sind, Stickstoff zu fixieren.[3]
Melainabakterien haben keine verknüpften Elektronentransportketten, verfügen aber über mehrere Methoden zur Erzeugung eines Membranpotentials, das dann über ATP-Synthase ATP (Adenosintriphosphat) produzieren kann. Zumindest die im Grundwasser vorkommenden Vertreter sind aufgrund von Genomanalysen in der Lage, Fe-Hydrogenasen zur H2-Produktion zu nutzen, die von anderen Mikroorganismen verbraucht werden können.[3]
Melainabakterien aus dem menschlichen Darm synthetisieren auch mehrere B- und K- Die folgende Taxonomie folgt der Genome Database (GTDB)[4] sowie LPSN,[13] NCBI[14] und WoRMS:[15] Phylum Melainabacteria Di Rienzi et al. 2013(L,N) (alias Vampirovibrionia(G) bzw. früher ACD20-Gruppe s. l.[5]) Die Zuordnung von ACD20 ist unsicher, manche Autoren identifizieren die ACD20-Gruppe s. s. mit der Ordnung Caenarcaniphilales (Monchamp, 2019);[16] andere sehen ACD20 in der Ordnung Gastranaerophilales (Soo, 2015).[12] Neuere molekulare Analysen haben in etwa die folgenden Verwandtschaftsbeziehungen ergeben, einschließlich anderer Kladen, deren Beziehungen unsicher waren.[21][12][22][23][24] Sericytochromatia (ML635J-21,[16] Blackallbacteria) Obscuribacterales (mit Obscuribacter) Caenarcaniphilales (mit Caenarcanum, ?ACD20[16]) Vampirovibrionales (mit Vampirovibrio) ?ACD20[12] MEL_B2 MEL_B1 Gastranaerophilus phascolarctosicola und unbewegliche Vertreter der Gastranaerophilales Gloeobacteria Crown group Cyanobacteria Legende: Manche Autoren verwenden abweichend der Begriff Cyanobakterien bzw. Cyanobacteria sensu lato für die gesamte Cyanobacteria/Melainabacteria-Gruppe verwendet, während die Photosynthese betreibenden Cyanobakterien sensu stricto dann als Oxyphotobacteria bezeichnet werden;[13] für die nicht photosynthetischen Vertreter der wird dann im Englischen auch die informelle (nicht-taxonomische) Bezeichnung „non-photosynthetic cyanobacteria“ (NCY)[16] oder „dark cyanobacteria“[21] benutzt. Die Trennung der beiden Linien (Melainabacteria und Cyanobacteria) erfolgte vermutlich vor ca. 3,5 Milliarden Jahren.[27] Vor 2,5–2,6 Milliarden Jahren erwarben dann offenbar die Melainabakterien Geißeln,[28][3][12] und die andere Gruppe die Fähigkeit zur Photosynthese.[3][29] Im Laufe ihrer Evolutionsgeschichte haben später einige der Melainabacteria anscheinend ihre Geißeln wieder verloren,[12] während die Cyanobakterien dann erst vor 2,5 bis 2,4 Milliarden Jahren so viel Sauerstoff produzierten, dass es zur Großen Sauerstoffkatastrophe (englisch Great Oxygenation Event, GOE) kam. Die Anfänge der sauerstoffproduzierenden Cyanobakterien liegen demnach gut 300 Millionen Jahre vor dem GOE[27][30] (Nachlauf-Theorie). Möglicherweise ist die Photosynthese sehr alt und stammt schon aus der Anfangszeit des Lebens. Vampirovibrionia, Sericytochromatia, Margulisbacteria usw. hätten dann die Photosynthese sekundär wieder verloren.[31]Systematik und Phylogenie
Innere Systematik
Phylogenetische Beziehungen
Cyano-Melainabacteria Melainabacteria *1) Gastranaerophilales *2) *3) Cyanobacteria Einzelnachweise
Surprising Research Reveals Photosynthesis Could Be As Old as Life Itself. Auf: SciTecDaily vom 5. April 2021. Quelle: Imperial College London.Weblinks
Auf dieser Seite verwendete Medien
Autor/Urheber: Rochelle M. Soo, Ben J. Woodcroft, Donovan H. Parks, Gene W. Tyson, Philip Hugenholtz, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Proposed predatory life cycle of Vampirovibrio chlorellavorus informed by genome annotations.
(i) V. chlorellavorus seeks out Chlorella vulgaris cells via chemotaxis and flagella.
(ii) It attaches to prey cells via a type IV secretion system (T4SS).
(iii) Plasmid DNA and hydrolytic enzymes are transferred to the prey cells via the T4SS where they degrade algal cell contents (see Fig. 4 for details).
(iv) Algal cell exudates are ingested by V. chlorellavorus allowing it to replicate by binary division.
(v) Progeny are released completing the cycle.
S, starch granule; M, mitochondria; N, nucleus.
Autor/Urheber: Blake T. Hovde, Seth A. Steichen, Shawn R. Starkenburg, Judith K. Brown, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Scanning Electron Micrograph of Chlorella sorokiniana and attached Vampirovibrio chlorellavorus cells. Image of a sample collected from Arizona test site at 10 000 × magnification with V. chlorellavorus indicated by the white arrow.
Scale bar is displayed in white representing 5.0 μm.
Autor/Urheber: Rochelle M. Soo, Ben J. Woodcroft, Donovan H. Parks, Gene W. Tyson, Philip Hugenholtz, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Proposed conjugative mechanism of Vampirovibrio chlorellavorus attaching to Chlorella vulgaris
T4SS operons are found on two conjugative plasmids in V. chlorellavorus. The T-strands of the plasmids are predicted to be made single-stranded by plasmid-encoded relaxases (Fig. S4), nicking the DNA at the origin of transfer and transporting the T-strands to the C. vulgaris cell via the mating pair formation. We predict that effector proteins (hydrolytic enzymes) synthesised in the bacterium are also transported via the mating pair formation. The T-strand enters the algal nucleus through a nuclear pore complex and is incorporated into a C. vulgaris chromosome. The effector proteins degrade the algae contents which are transported out of the algal cell via T-strand encoded transporters. The algal lysates are imported into the V. chlorellavorus cell providing energy and nutrients for replication.