Medizinisches Modell von Behinderung

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Das medizinische Modell von Behinderung oder die medizinische Sicht auf Behinderung ist ein gesellschaftspolitischer Ansatz, bei dem Krankheit bzw. „Behinderung“ das Resultat körperlicher Voraussetzungen ist, untrennbar mit der Person verbunden ist (es ist Teil des eigenen Körpers), die individuelle Lebensqualität reduzieren kann sowie deutliche Nachteile für die Betroffenen verursacht.

Eine andere Sichtweise beschreibt das „soziale Modell von Behinderung“.

Die jüngste ICF-Klassifikation (Internationale Klassifikation von Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert „Behinderung“ als Folge von Wechselwirkungen zwischen Menschen und ihrer Umwelt und sieht Behinderung nicht als medizinische oder biologische Fehlfunktion:

„Der Behinderungsbegriff der ICF ist der Oberbegriff zu jeder Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit eines Menschen. Er ist damit umfassender als der [deutsche] Behinderungsbegriff des SGB IX [Sozialgesetzbuch IX]. Um Missverständnisse zu vermeiden, sollte im Sozialbereich in Deutschland nur der Behinderungsbegriff des SGB IX verwendet werden.“[1][2]

Das „medizinische Modell von Behinderung“ wird heute ausdrücklich als solches bezeichnet wegen des hohen Ausmaßes, in dem medizinische Lösungsansätze wie Chirurgie, Orthesen und klinische Physiotherapie hervorgehoben werden und als der Weg zur größtmöglichen „Normalisierung“ der Teilnahme einer behinderten Person an der Gesellschaft favorisiert werden. Wenn es als „medizinisches Modell“ bezeichnet wird, anstatt einfach nur als Standardmodell von Behinderung (wie es das einmal war), ist in der Regel die Absicht damit verbunden, den Kontrast zu einem Gegenmodell, dem „sozialen Modell von Behinderung“, herzustellen.

Bei medizinischer Sicht neigt man zu der Annahme, es gehe bei „Heilung“ oder zumindest „Management“ von Krankheit oder Behinderung, um die überwiegende oder vollständige Identifizierung der Krankheit oder Behinderung aus einer eingehenden klinischen Perspektive (im Sinne des wissenschaftlichen Verständnisses durch geschultes Gesundheitspersonal) und darum, Krankheit oder Behinderung zu verstehen, sie kontrollieren zu lernen und/oder ihren Verlauf zu verändern.

Im weiteren Sinne glaubt man bei dem medizinischen Modell auch, dass eine mitleidige oder einfach nur die Gesellschaft Ressourcen im Gesundheitswesen und damit verbundene Dienstleistungen investiert als Versuch der medizinischen Heilung der Behinderung, um die Funktionalität zu erweitern und/oder die Funktion zu verbessern und damit behinderten Menschen ein normales Leben zu ermöglichen. Der Verantwortung und dem Potenzial des medizinischen Fachpersonals wird in diesem Bereich zentrale Bedeutung zugemessen.

Von den Verfechtern der Rechte von Behinderten, die dazu neigen, das soziale Modell dem medizinischen Modell von Behinderung vorzuziehen, wird das medizinische Modell oft als die Grundlage für eine unerwünschte soziale Degradierung von Menschen mit Behinderungen bezeichnet; ferner sehen sie Ressourcen als exzessiv fehlgeleitet bei fast ausschließlich medizinischem Fokus, da dieselben Ressourcen für Dinge wie Universal Design und Inklusionsmaßnahmen verwendet werden könnten.

Dies schließt die monetären und die gesellschaftlichen Kosten sowie den Nutzen der verschiedenen Interventionen ein, ob medizinische, chirurgische, soziale oder berufliche, von Prothetik bis hin zu medikamentösen und anderen Heilmitteln und medizinische Tests, wie genetisches Screening oder Präimplantationsdiagnostik.

Oft wird ein medizinisches Modell von Behinderung verwendet, um große Investitionsvorhaben, Technologie und Forschung zu rechtfertigen. Wenn das Umfeld der behinderten Person angepasst werden würde, könnte dies letztlich günstiger sein, sowohl für die Gesellschaft insgesamt, als auch kostengünstiger und praktisch besser umsetzbar.

Weiterhin sehen einige Behindertenrechtsgruppen das medizinische Modell von Behinderung als Problem der Bürgerrechte und kritisieren karitative oder medizinische Initiativen, die es in ihrer Darstellung von behinderten Menschen nutzen, denn es fördert ein klägliches, im Wesentlichen negatives, hauptsächlich machtloses Bild von Menschen mit Behinderungen, anstatt Behinderung als ein politisches, soziales und ökologisches Problem anzunehmen (siehe auch der politische SloganPiss on Pity” - „Piss auf Mitleid“).

Verschiedene Soziologen (Zola, Parsons) untersuchten die sozio-kulturellen Aspekte der „Normalität“ und deren Anpassungsdruck.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information, dimdi.de: ICF - InternationaleKlassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (Memento des Originals vom 29. März 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.dimdi.de („Stand Oktober 2005“, S. 4/5, zuletzt aufgerufen: 29. November 2015)
  2. behinderte.de: Neue Definition von Behinderung bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO) (Zuletzt aufgerufen: 29. November 2015)

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