Materno Bossi

Das Epitaph des Materno Bossi in der Kirche St. Peter und Paul, Würzburg

Materno Bossi (* 18. Juli 1737 in Porto Ceresio, Lombardei; † 28. August 1802 in Würzburg) war ein italienischer Stuckateur und Ausstatter. Er wirkte insbesondere im Hochstift Würzburg und prägte hier den Barock und Frühklassizismus mit.

Leben

Materno Bossi wurde am 18. Juli 1737[1] im lombardischen Porto Ceresio am Luganersee geboren. Er entstammte einer Stuckatorenfamilie, die mehrere bekannte Mitglieder hervorbringen sollte. Der Beruf seines Vaters, Natale Bossi, ist allerdings ungeklärt. Maternos Mutter Clara Bossi hatte mehrere Kinder, von denen jedoch nicht alle das Erwachsenenalter erreichten. Materno Bossi begann wohl bereits in frühester Jugend eine Lehre zum Stuckateur, die Quellen schweigen jedoch über diese Ausbildung.[2]

Mit 18 Jahren begleitete er dann seinen jüngeren Bruder Augustin, ein Stuckateur wie er, über die Alpen nach Würzburg. In Deutschland arbeiteten bereits der ältere Bruder Ludovico als Hofstuckateur des Herzogs Karl Eugen von Württemberg, sowie der Onkel Antonio Bossi, der beim Fürstbischof von Würzburg angestellt war. Letztgenannter wurde wohl der Meister der ankommenden Verwandten. Zumindest bis 1757 lernte Materno bei seinem Onkel, wobei die genaue Zeit unklar ist.

Nach dem Abschluss seiner Ausbildung ging Bossi auf Wanderschaft. Im Jahr 1759 besuchte er wohl die Baustelle des italienischen Baus der Bayreuther Residenz. 1762 ist er in Stuttgart nachgewiesen. Er wurde hier als Trauzeuge des Bruders Ludovico genannt. Hier übernahm er erstmals auch die Pflichten eines Stuckateurmeisters. Ebenso arbeitete Materno beim Bau des Bruders in Ludwigsburg mit, wo dieser das Seeschloss Monrepos stuckierte.

Zusammen mit dem Bruder reiste er danach wiederum nach Würzburg. Das Treppenhaus der neuerbauten Residenz sollte stuckiert werden und die italienischen Meister waren hierfür bestens geeignet. Im Jahr 1766 verließ Ludovico Bossi Würzburg, sein kleiner Bruder Materno aber blieb. Der Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim verpflichtete daraufhin 1767 den jüngeren Bossi für weitere Stuckarbeiten an seiner Stadtresidenz.[3]

Die Zufriedenheit des Bischofs führte am 14. September 1769 dazu, dass Materno Bossi zum offiziellen Hofstuckateur des Fürstbischofs ernannt wurde. Zwei Jahre später, 1771, ehelichte Bossi die Würzburgerin Agnes Amadey, Tochter des fürstbischöflichen Hofkonditors. Die Ehe, Agnes starb 1798, blieb kinderlos. Der Schwiegervater vermachte den Frischvermählten außerdem ein Haus in der Nähe des Stift Haugs. Bereits 1784 erwarb das Ehepaar ein eigenes in der heutigen Theaterstraße, da Materno 1778 zusätzlich noch zum Kammerdiener ernannt worden war.

Die Ernennung zum Hofstuckateur war ebenso mit einer Vielzahl an Aufträgen verbunden. In erster Linie war Materno Bossi für die Stuckierung der Profanbauten des Hochstifts zuständig. Zusätzlich arbeitete er auch für adelige Privatpersonen und die vielen Mönchsorden. Im Jahr 1789 stuckierte Bossi die Kirche des Juliusspitals, zuvor hatte er bereits die Stuckzier im Würzburger Käppele angebracht. Er arbeitete außerdem im Deutschordensschloss in Mergentheim und im Garten des Lustschlosses in Veitshöchheim.

Obwohl Materno Bossi alle Aufträge aus den Hochstiften Würzburg und Bamberg erhielt, wurde er erst im Jahr 1793 Bürger der unterfränkischen Residenzstadt. Zwei Jahre später, 1795, begann mit dem Amtsantritt von Bischof Georg Karl von Fechenbach jedoch der Abstieg des italienischen Künstlers. Jüngere und moderne Stuckateure hatten ihm den Rang abgelaufen. Materno Bossi starb am 28. August 1802 in Würzburg.[4]

Werke (Auswahl)

Da die meisten Werke des Materno Bossi nicht signiert wurden, erfolgt die Einordnung lediglich über archivalische Quellen. Die Zuordnung zum ₠uvre des Italieners wird zusätzlich noch durch die Tatsache erschwert, dass die Werkstatt neben Materno und seinen Mitarbeitern auch aus seinem jüngeren Bruder Augustin bestand.

OrtJahrWerkAnmerkungen
Amerdingen1789–1790Schloss Amerdingen: Stuckzier
Ansbach1779–1780Katholischer Betsaal: Stuck, Hochaltar, Kanzellediglich zugeschrieben
Aub1773Schloss Aub: Stuck, Ausstattung, fast vollständig zerstört
Aub1773Mariä Himmelfahrt: Ölberglediglich zugeschrieben
Bad Bockletum 1788Fürstenbau: Stuckzier
Bad Kissingen1774–1777St. Jakobus: Stuckzier, Hochaltar, Kanzel, Nebenaltäre
Bad Mergentheim1780Schloss Mergentheim: Kapitelsaal des Deutschen Ordens
Bamberg1772–1773Neue Residenz: Zwei Vorzimmer
Bamberg1792–1793St. Martin (Bamberg): Tabernakel, Antependium
Dettelbach1778–1779Maria im Sand: Gnadenaltarlediglich zugeschrieben
Ebrach1773–1791Kloster Ebrach: Stuckzier, Ausstattung
Eichstätt1781/1782Hof Walderdorff: Stuckzier in der Beletagelediglich zugeschrieben
Forchheim1775Oberamtshaus: Stuckzier
Fuchsstadt1767–1769Mariä Himmelfahrt: Stuckzier, Altäre und KanzelNeubau 1751 bis 1766 durch Johann Michael Fischer
Gaukönigshofen1776–1777Schutzengelkirche: Stuck, Modernisierung der Altäre
Hausen (Bad Kissingen)1772–1776Obere Saline: Kapelle, Stuckzier, fast vollständig zerstört
Heidenfeld1783–1784Kloster Heidenfeld: Stuck und Ausstattung, zerstörtlediglich zugeschrieben
Kirchheim (Unterfranken)1790–1796St. Michael: Stuckzier, Hochaltar, Seitenaltäre, Kanzel
Kitzingen1793–1794St. Johannes: Kanzel
Memmelsdorf1770–1775Schloss Seehof: Grotte, zerstört; Theater; Gartenhaus
Saal an der Saale1777Mariä Heimsuchung: Entwurf Kirchenausstattung, nicht ausgeführt
Triefenstein1784–1786Kloster Triefenstein: Stuck und Ausstattung
Veitshöchheim1771–1774Schlosspark Veitshöchheim: Gartenpavillon, zerstört; Grottenhaus; Kaskade, zerstört
Vierzehnheiligennach 1774Kloster Vierzehnheiligen: Entwurf der Kanzellediglich zugeschrieben
Werneckum 1793Schloss Werneck: Kanzel der Schlosskapellelediglich zugeschrieben
Wipfeld1786–1787St. Johannes Baptist: Stuckzier, Hochaltar
Würzburg1767–1768Residenz: 2. Gastzimmer, zerstört und rekonstruiert
Würzburg1769–1770Residenz: Grünlackiertes Zimmer, zerstört und rekonstruiert; Ofen im Weißen Saal
Würzburg1770–1771Residenz: Opernsaal, Bühenaufbau, zerstört; Fürstensaal, zerstört und rekonstruiert
Würzburg1772–1774St. Michael: Ausstattung, zerstört; Stuck; Kanzel
Würzburg1774Hofkirche St. Michael: Kanzel
Würzburgnach 1774Klosterkirche Kreuzauffindung: Entwurf der Kanzel, zerstörtlediglich zugeschrieben
Würzburg1776–1779Residenz: Ingelheim-Zimmer, zerstört und rekonstruiert; Stuckzier; Tüncherarbeiten
Würzburg1777Residenz: Kaminecken in Opernzimmer, zerstört
Würzburgum 1780Blasiusgasse 9, Festsaal: Stuckzier, zerstörtlediglich zugeschrieben
Würzburg1780Residenz, Gesandtenbau: Stuck Treppenhaus, Saal, 4 Zimmern, zerstört
Würzburg1785–1788Käppele: Entwurf der Stuckzierlediglich zugeschrieben
Würzburg1789–1790St. Stephan: Entwurf der Stuckzierlediglich zugeschrieben
Würzburg1796–1798St. Michael: Chorstuck, Altäre
Zellingen1787–1788St. Georg: Stuckzier, 3 Altäre, Kanzel[5]

Literatur

  • Ernst Eichhorn: Vom Anteil „welscher“ Künstler an der Barockkunst Frankens (= Erlanger Bausteine zur fränkischen Geschichte Nr. 6). Erlangen 1959. S. 127–157.
  • Iris Ch. Visosky-Antrack: Materno und Augustin Bossi. Stukkatoren und Ausstatter am Würzburger Hof im Frühklassizismus (= Kunstwissenschaftliche Studien Bd. 83). Diss. München, Berlin 2000.
  • Reinhard Müller: Materno Bossi ein fränkischer Stuckator. Diss. Würzburg 1920.

Weblinks

Commons: Materno Bossi – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Während die ältere Literatur von den Jahren 1739/1740 ausgeht, nennt Visosky-Antrack (S. 16) dieses Datum.
  2. Visosky-Antrack, Iris Ch.: Materno und Augustin Bossi. S. 16.
  3. Visosky-Antrack, Iris Ch.: Materno und Augustin Bossi. S. 17.
  4. Visosky-Antrack, Iris Ch.: Materno und Augustin Bossi. S. 17.
  5. Visosky-Antrack, Iris Ch.: Materno und Augustin Bossi. S. 81–83.

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Epitaph Agnes Bossi, Materno Bossi, St. Peter und Paul, Würzburg