Maschinen-Traktoren-Station

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Erntemaschinen auf dem Hof der MTS Barnitz 1955
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Zwei RS 01 in einer Maschinen-Traktoren-Station in Murchin
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MTS in Eichstädt

Die Maschinen-Traktoren-Stationen (MTS), ab 1964 Kreisbetriebe für Landtechnik (KfL) waren in sozialistischen Ländern Einrichtungen, in denen die Bauern landwirtschaftliche Maschinen und Traktoren zur Nutzung ausleihen konnten. Sie entstanden erstmals in Sowjetrussland ab 1920.

Maschinen-Traktoren-Stationen in der UdSSR

Sowjetische Briefmarke mit einer MTS

Die Maschinen-Traktoren-Stationen (MTS) (russisch машинно-тракторная станцияmaschinno-traktornaja stanzija, МТС) waren in der Sowjetunion staatliche Einrichtungen. 1927 wurde die erste im Gebiet der Oblast Odessa („Schewtschenkowskaja MTS“) gegründet. Das politische Ziel war, die wenigen vorhandenen Maschinen und die wenigen Fachkräfte für Wartung und Betrieb derselben möglichst effektiv einzusetzen; zugleich ließ sich über den staatlich gesteuerten Einsatz der Klassenkampf auf das Land tragen, indem gezielt Kolchosen und Sowchosen bevorzugt und die zumeist effizienteren privatbäuerlichen Wirtschaften stark benachteiligt resp. ausgeschlossen wurden.

Die Stationen waren für den Einkauf und die spätere Wartung und den Betrieb landwirtschaftlicher Maschinen und Traktoren zuständig. Ideologisch entsprachen sie nicht ganz der Zielsetzung des Kommunismus, da sie eine Form des Besitzes darstellten, welcher der jeweiligen Kolchose als Dorfgemeinschaft gehörte und nicht dem Staat als Gesamtgemeinschaft. Die Stationen wurden mit Personen besetzt, die als „Bollwerk“ der Partei und der Polizei gegen die nach der zwangsweisen Kollektivierung oft nur widerwillig in den Kolchosen arbeitenden Landarbeiter dienten.[1]

Die wichtigsten Brigaden waren die Traktoreneinheiten, denen bis 1932 75.000 Traktoren zur Verfügung gestellt wurden. Entlohnt wurden die Stationen mit Naturalien als einem Teil der Ernte. Es gab dafür die Bezeichnung „natürliche Entlohnung“ (russisch натуральная оплата, натуроплатаnaturoplata), welche 1933 ungefähr 20 Prozent des Ernteertrags entsprach. Dieser Anteil stieg in den folgenden Jahren noch an.[2]

Die Maschinen-Traktor-Stationen bestanden als Dienstleistungsstationen für mehrere Kolchosen bis 1958. Danach wurden sie in Technische Reparatur-Stationen (russisch ремонтно-техническая станция, РТС) umbenannt. Die neue Benennung setzte sich allerdings nur langsam durch und umgangssprachlich wurde weiter der alte Begriff verwendet. 1972 wurden sie erneut umbenannt in „Regionale Genossenschaften“ („Selchostechnika“) (russisch Сельхозтехника), eine Abkürzung für „landwirtschaftliche Technik“ (russisch сельскохозяйственная техника).

Nach dem Zerfall der Sowjetunion gab es Vorschläge, zur Unterstützung kleinerer Landwirte neue Maschinen-Traktoren-Stationen ähnlich den deutschen Maschinenringen zu gründen.

Maschinen-Traktoren-Stationen in der DDR

Maschinen-Ausleih-Stationen

Die Maschinen-Ausleih-Stationen (MAS) wurden 1948 in der Sowjetischen Besatzungszone gegründet, nachdem auf Befehl der Sowjetischen Militäradministration (SMAD) bereits ein Jahr zuvor landwirtschaftliche Geräte aus dem Besitz der Großgrundbesitzer durch Enteignung eingezogen und an die Neubauern verteilt wurden.[3] Dieser dezentrale Maschinenpark wurde jedoch den neugegründeten MAS zugeführt und stand damit zentral allen kleinen landwirtschaftlichen Betrieben wieder leihweise zur Verfügung. Ziel war es, die Klein- und Mittelbauern von den Großbauern ökonomisch unabhängig zu machen. Zu Anfang waren die MAS gemischt genossenschaftlich-staatlich organisiert. Ab 1950 wurden sie komplett verstaatlicht und ins Volkseigentum überführt.[4]

Arbeitsleistungen der MAS in Hektar[5]
Tätigkeit19491952
Feldarbeiten73.1002.800.000
Druscharbeiten46.400689.000
Transportarbeiten750.0001.500.000

Der Gründung vorausgegangen war ein Beschluss der SED. Vorgängerorganisationen waren die Maschinenhöfe und Werkstätten der Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe. Gegen Entgelt konnten die Landwirte sämtliche Feld- und Transportarbeiten von ihnen erledigen lassen. Der SED-Staat subventionierte die Stationen in erheblichem Umfang. 1950 betrugen die Zahlungen 110 Millionen Deutsche Mark und 1952 sogar 169 Millionen. Die Statuten waren von Anfang so ausgelegt, dass größere Betriebe über 20 Hektar stark benachteiligt wurden. Sie hatten nur Anspruch auf den Maschineneinsatz auf ihren Flächen, wenn keine kleineren Landwirte Kapazitäten anforderten und mussten höhere Tarife für dieselbe Leistung bezahlen. Von Anfang war es eine Aufgabe der MAS, durch kulturelle Angebote das „politische Bewußtsein“ zu fördern. Dazu bauten sie Kulturhäuser, in denen Vorträge und kulturelle Veranstaltungen stattfanden. Die Organisation des Filmvorführungen gehörte auch zu ihren Zuständigkeiten.[6]

In Folge der Aufstellung des ersten Fünfjahresplans 1951, mit dessen Zielsetzungen die Überlegenheit des sozialistischen Wirtschaftssystems bewiesen werden sollte, wurden sie verstärkt etabliert.[7]

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Traktorenbestand der MTS (1959)

Maschinen-Traktoren-Stationen

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Vertragsabschluss

Mit der Gründung der ersten Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) 1952 wurden die MAS in Maschinen-Traktoren-Stationen (MTS) umgewandelt.[3] Die LPGen erhielten die Dienste zu niedrigsten Konditionen. Die MTS arbeiteten nicht kostendeckend, und der Staat subventionierte über den Umweg MTS die Landwirtschaft und die LPGen im Besonderen. 1952 mussten die Stationen politische Abteilungen einrichten, die durch Schulungen die Traktoristen auf den „richtigen“ ideologischen Kurs bringen sollten.[8]

Die Maschinen und Traktoren wurden kein Eigentum der Bauern, sondern blieben in der Hand des sozialistischen Staates. Die MTS waren juristisch selbstständige volkseigene Produktionsbetriebe, in denen auch die Traktoristen und anderes Bedienungspersonal für die Technik beschäftigt waren. Die MTS galten als Stützpunkte der Arbeiterklasse auf dem Lande, insofern die Mechaniker in den Werkstätten der MTS – als Arbeiter – die in der Entwicklung ihres Klassenbewusstseins noch nicht so weit vorangeschrittenen Bauern anleiten sollten.[9] Grundlage der Zusammenarbeit zwischen MTS und LPG bildete der zwischen ihnen abgeschlossene Jahresarbeitsvertrag.

Ab Anfang der 1960er Jahre erfolgte systematisch eine Übergabe der Landmaschinen an die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften, was schon vorher als politisches Ziel formuliert war. Die Umwandlung wurde nach der Zwangskollektivierung 1960 verstärkt betrieben. Ein Ziel war es dabei, die meist nicht aus Landwirtsfamilien stammenden Traktoristen in die LPGen zu integrieren und dadurch die „Industrialisierung“ der Landwirtschaft zu beschleunigen.[10] Die MTS wurden 1964 in Kreisbetriebe für Landtechnik (KfL) umbenannt. Deren Aufgabe beschränkte sich auf die Wartung und Reparaturen der Landmaschinen.[11]

Maschinen-Traktoren-Stationen in der Tschechoslowakei

Die Entstehungsgeschichte der Maschinen-Traktoren-Stationen (tschechisch Strojní a traktorová stanice, STS) in der Tschechoslowakei wie auch deren Einsatz wurden – ähnlich wie in den anderen Ostblockstaaten – mit der Kollektivierung der Landwirtschaft eng verbunden. Durch das Gesetz 27/1949 Sb. vom 2. Februar 1949[12] wurde zuerst eine Zentrale für die Mechanisierung der Landwirtschaft (Ústředí pro mechanisaci zemědělství) errichtet, die dann Maschinenstationen und Maschinenreparaturstellen gründen sollte. Zu den Aufgaben gehörte unter anderem[13]:

  • die maschinengestützte Hilfe für die Landwirtschaft zu gewährleisten sowie Reparaturen durchzuführen
  • Schulungen des entsprechenden Personals für den Umgang mit Maschinen durchzuführen
  • den lokalen Kooperativen JZD (die tschechoslowakische Abwandlung der LPG) jegliche verwaltungsmäßige, technische und ähnliche Hilfe zu bieten

Aus den einzelnen lokalen Einrichtungen der Zentrale für die Mechanisierung der Landwirtschaft sind ab dem 1. Januar 1952 durch die Regierungsanordnung 83/1951 Sb.[14] die Maschinen- und Traktorstationen entstanden (in der juristischen Form národní podnikn.p., entsprechend dem VEB in der DDR), die letztendlich dem Landwirtschaftsministerium unterstanden. Durch die Regierungsanordnung 94/1953 Sb. vom 27. November 1953[15] wurden die Stationen schließlich als juristische Personen direkt dem Staatshaushalt untergeordnet. In dieser Form überdauerten sie bis in die 1990er Jahre und wurden privatisiert.

Weblinks

Commons: Maschinen-Traktoren-Stationen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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Einzelnachweise

  1. William Taubman: Khrushchev: The Man and His Era. W. W. Norton & Company, 2004, ISBN 0-393-32484-2, S. 375–376.
  2. Robin Bunce, Laura Gallagher: Stalin's Russia 1924–53. Hodder Education, 2011, ISBN 978-1-4441-5207-4, S. 20.
  3. a b Hans Bichler: Landwirtschaft in der DDR. Agrarpolitik, Betriebe, Produktionsgrundlagen und Leistungen. 2. Auflage. Gebr. Holzapfel Verlag, Berlin 1981, ISBN 3-921226-13-9, S. 20.
  4. Antonia Maria Humm: Auf dem Weg zum sozialistischen Dorf? (= Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft. Band 131). Vandenhoeck und Ruprecht, 1999, ISBN 3-525-35794-X, S. 85.
  5. Antonia Maria Humm: Auf dem Weg zum sozialistischen Dorf? 1999, S. 86.
  6. Antonia Maria Humm: Auf dem Weg zum sozialistischen Dorf? 1999, S. 85/86.
  7. Antonia Maria Humm: Auf dem Weg zum sozialistischen Dorf? 1999, S. 82.
  8. Antonia Maria Humm: Auf dem Weg zum sozialistischen Dorf? 1999, S. 93/94.
  9. Ursula Will: Die Maschinen-Traktoren-Stationen (MTS) als historisch notwendige Einrichtungen zur Verwirklichung des Klassenbündnisses zwischen Arbeitern und Bauern während der Übergangsperiode zum Sozialismus in der DDR. Ein Beitrag zur politischen und ökonomischen Entwicklung der MTS in den Bezirken der DDR in den Jahren von 1953 bis 1959. Dissertation. Universität Rostock, Landwirtschaftliche Fakultät, 1964.
  10. Andreas Kurjo: Landwirtschaftliche Betriebsformen. In: Hartmut Zimmermann, Horst Ulrich, Michael Fehlauer (Hrsg.): DDR-Handbuch. Band 1: A – L. 3. Auflage. Verlag Wissenschaft und Politik, Köln 1985, ISBN 3-8046-8642-7, S. 810: Kreisbetrieb für Landtechnik (KfL).
  11. Jens Schöne: Die Landwirtschaft der DDR 1945–1990. Landeszentrale für politische Bildung Thüringen, ISBN 3-931426-90-4, S. 43/44 (PDF; 195 kB)
  12. 27/1949 Sb. - Zákon o mechanisaci zemědělství, online auf www.zakonyprolidi.cz/...
  13. Siehe § 5 des Gesetzes 27/1949
  14. 83/1951 Sb. - Vládní nařízení o organisaci strojních a traktorových stanic, online auf www.zakonyprolidi.cz/...
  15. 94/1953 Sb. - Vládní nařízení o nové organisaci a financování strojních a traktorových stanic, online auf www.zakonyprolidi.cz/...

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Es folgt die historische Originalbeschreibung, die das Bundesarchiv aus dokumentarischen Gründen übernommen hat. Diese kann allerdings fehlerhaft, tendenziös, überholt oder politisch extrem sein.
Mauderode, Vertragsabschluss Bauern und MTS Zentralbild Erfurt-Wlocka 20.2.1956 - Die ständigen Arbeitsgemeinschaften in Mauderode bereiten sich auf die Frühjahrsaussaat vor. Um die Technik besser ausnutzen, schneller, leichter und billiger zu arbeiten, haben sich 21 werktätige Einzelbauern aus Mauderode, Kr. Nordhausen, zu mehreren ständigen Arbeitsgemeinschaften zusammengeschlossen. Die Bauern der Arbeitsgemeinschaften führen zeit- und kraftraubende sowie andere Arbeiten gemeinsam aus, helfen sich gegenseitig mit Maschinen und Geräten, beraten sich untereinander, damit sie mehr ernten, höhere Einnahmen haben und demVolke mehr Lebensmittel liefern können. Jetzt vor Beginn der Frühjahrsbestellung, beraten die Bauern den Aufbauplan. UBz: Die ständigen Arbeitsgemeinschaften von Mauderode schließen mit der MTS Holbach Sammelarbeitsverträge ab.
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Eichstädt, Ausfahrt der MTS Zentralbild Sturm 12 Mot. 30.10.1954 Ernte-Echo, die Dorfzeitung der MTS Deutsch-Sowjetische Freundschaft in Eichstädt bei Velten. UBz: (siehe Begleittext). Bertha Hennicke, Mitglied der Redaktionskommission des Ernte Echo und Pförtner in der MTS kontrolliert die Papiere der Traktoristen, bevor sie aufs Feld fahren.
Bundesarchiv Bild 183-62671-0001, Infografik, Traktorenbestand der MTS.jpg
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Infografik, Traktorenbestand der MTS Zentralbild Schulz Sch-Ho.9.3.1959 MTS-Traktorenbestand Ein starkes Ansteigen kennzeichnet den Traktorenbestand unserer Maschinen- und Traktoren-Stationen. 1949 gegründet - verfügten unsere MTS bereits 1950 über 10834 1953 über 23042 und 1956 über 33866 Traktoren Der Siebenjahrplan der sozialistischen Entwicklung in der Landwirtschaft sieht für 1965 einen Endbestand von ungefähr 110.000 Traktoren in der Landwirtschaft vor.
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Murchin, Blick auf die MTS Zentralbild Krueger 24.6.1955 In der MTS in Murchin, Kreis Anklam. Die Maschinen-Traktoren-Station in Murchin, Kreis Anklam, hat zum Tag der Erntebereitschaft alle Geräte überholt und einsatzbereit gemacht. UBz: Blick auf den Platz vor dem Kulturhaus der MTS.
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Barnitz, Blick auf den Hof der MTS Zentralbild Siegert 15.6.1955 Erntevorbereitungen auf der MTS Barnitz, Krs. Meißen Bis jetzt haben die Kollegen der MTS Barnitz ihr Erntereparaturprogramm mit 85 % erfüllt. Am "Tag der Erntebereitschaft", den 25. und 26.6.1955, werden auch die restlichen Maschinen und Geräte einsatzbereit sein. UBz: Die Erntemaschinen, die überholt werden, auf dem Hof der MTS.
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