Mary Wells

Mary Esther Wells (* 13. Mai 1943 in Detroit, Michigan; † 26. Juli 1992 in Los Angeles, Kalifornien) war eine US-amerikanische Soul-Sängerin. Sie zählte in den 1960er Jahren zu den bekanntesten Sängerinnen des Detroiter Plattenlabels Motown und wird als dessen erster Superstar bezeichnet.[1] Sie hatte ab 1961 bis zur Mitte des Jahrzehnts mehrere große Hits in den Pop- und R&B-Charts. Ihr Größter, My Guy, entwickelte sich zum Klassiker und stand 1964 zwei Wochen lang auf Platz eins der US-Charts.

Leben

Wells wuchs in einer armen Umgebung auf. In ihrer Kindheit erkrankte sie an Meningitis, als Folge derer sie zeitweilig blind und taub wurde, sowohl Seh- als auch Hörkraft kehrten jedoch wieder. Sie sang dann im Chor ihrer Schule und trat später in verschiedenen Clubs und bei Talentwettbewerben auf. 1959 lernte sie den Motown-Angestellten Robert Bateman kennen und bot ihm einen Song namens Bye Bye Baby an, den sie für Jackie Wilson geschrieben hatte. Bateman machte es möglich, dass Wells ihren Song Berry Gordy vorsingen konnte, was ihr schließlich einen Plattenvertrag einbrachte. Bye Bye Baby wurde 1961 Wells' erste Hit-Single.

Die Folgesingle I Don't Want to Take a Chance konnte an den Erfolg von Bye Bye Baby anknüpfen, doch Strange Love floppte. Gordy beschloss daraufhin, Smokey Robinson zu Wells' Songwriter und Produzenten zu machen. Daraus gingen 1962 zunächst die Top-10-Singles The One Who Really Loves You, You Beat Me to the Punch und Two Lovers hervor und schließlich wurde auch das Album The One Who Really Loves You veröffentlicht, das es ebenfalls in die Top 10 schaffte und damit bis dahin Motowns bestverkauftes Album war.

1963 folgten insgesamt vier Top-40-Hits: Laughing Boy, What's So Easy for Two Is So Hard for One, Your Old Standby (ursprünglich als Rückseite von What Love Has Joined Together veröffentlicht) und You Lost the Sweetest Boy. Das Jahr 1964 begann mit der Veröffentlichung von My Guy, das bald die Beatles von der Spitze der Pop-Charts verdrängte. Es sollte Wells' größter Hit werden. Später im Jahr nahm sie zusammen mit Marvin Gaye die Songs Once upon a Time und What's the Matter with You, Baby auf, die beide in die Top 20 kamen, und tourte mit den Beatles durch Großbritannien. Als Folge dessen nahm sie auch das Album Love Songs to the Beatles auf, auf dem verschiedene Beatles-Cover zu hören waren. Es stellte sich als Flop heraus.

Danach blieben die größeren Erfolge aus und Wells verließ Motown, um stattdessen bei 20th Century Fox zu unterschreiben. Weiterhin hielt sich der kommerzielle Erfolg in Grenzen und Mitte 1965 verabschiedete sie sich auch dort wieder. Ihre erste Single für Atco, Dear Lover, schaffte es immerhin in die Top 10 der R&B-Charts, später folgten noch zwei kleine Hits bei Jubilee Records. 1970 heiratete Wells Cecil Womack, den Bruder von Bobby Womack, und zog sich aus der Musikszene zurück.

Sie machte in den 1970ern dann noch ein paar Aufnahmen für Reprise und trennte sich 1977 von Womack. Anfang der 1980er Jahre erlebte sie mit dem Produzenten Wayne Henderson ein kurzes Comeback, als ihr Song Gigolo einen Platz 13 in den Disco-Charts erreichte,[2] und begann wieder zu touren. 1983 veröffentlichte Wells das Album The Old, the New and the Best of Mary Wells.

1991 reichte Wells eine millionenschwere Klage gegen Motown ein, weil sie der Meinung war, dass sie beim Verlassen der Plattenfirma im Jahr 1964 keine Tantiemen erhalten habe und dass ihre Songs nicht so promotet wurden, wie es nötig gewesen sei. Motown legte den Rechtsstreit schließlich bei,[3] indem sie Wells eine sechsstellige Summe zahlte.

Bereits 1990 wurde bei Wells Kehlkopfkrebs diagnostiziert, was sich negativ auf ihre Stimme auswirkte und sie veranlasste, das Touren aufzugeben. Ihre Erkrankung führte sie auf jahrelanges Rauchen zurück. Ein Jahr später sprach Wells vor dem US-Kongress, um die staatliche Finanzierung der Krebsforschung zu fördern: „Ich bin heute hier, um Sie zu ermutigen, den Glauben zu bewahren. Ich kann Sie nicht mit meiner ganzen Stimme anfeuern, aber ich kann Sie ermutigen, und ich bete, Sie mit meinem ganzen Herzen und meiner Seele und meinem Flüstern zu motivieren.“ Im Juli 1992 erlag Wells ihrem Krebsleiden mit 49 Jahren in Los Angeles, nachdem eine Lungenentzündung sie zusätzlich geschwächt hatte.[4]

Diskografie

Alben

JahrTitelHöchstplatzierung, Gesamtwochen, AuszeichnungChartsChartplatzierungen[5]
(Jahr, Titel, Plat­zie­rungen, Wo­chen, Aus­zeich­nungen, Anmer­kungen)
Anmerkungen
 US
1963Two LoversUS49
(8 Wo.)US
Motown #607
1964TogetherUS42
(16 Wo.)US
Motown #613
mit Marvin Gaye
Mary Wells Sings My GuyUS111
(12 Wo.)US
Motown #617
1965Mary WellsUS145
(4 Wo.)US
20th Century TFM #3171

Weitere Alben

  • 1961: Bye Bye Baby (Motown #600)
  • 1962: The One Who Really Loves You (Motown #605)
  • 1963: Live On Stage (Motown #611)
  • 1965: Love Songs To The Beatles (20th Century TFM #3178)
  • 1966: The Two Sides of Mary Wells (ATCO #33-199)
  • 1968: Servin’ Up Some Soul (Jubilee #8018)
  • 1981: In and Out of Love (Epic #37540)
  • 1982: Easy Touch (51 West #Q16278)
  • 1983: The Old, The New And The Best of Mary Wells (Allegiance #AL444)
  • 1990: Keeping My Mind On Love (Motorcity #MOTCLP40)

Singles

JahrTitel
Album
Höchstplatzierung, Gesamtwochen, AuszeichnungChartplatzierungenChartplatzierungen[5][6]
(Jahr, Titel, Album, Plat­zie­rungen, Wo­chen, Aus­zeich­nungen, Anmer­kungen)
Anmerkungen
 UK US
1961Bye Bye Baby
Bye Bye Baby – I Don’t Want To Take A Chance
US45
(11 Wo.)US
B-Seite: Please Forgive Me
Motown #1003
I Don’t Want To Take A Chance
Bye Bye Baby – I Don’t Want To Take A Chance
US33
(9 Wo.)US
B-Seite: I’m So Sorry
Motown #1011
1962The One Who Really Loves You
The One Who Really Loves You
US8
(18 Wo.)US
B-Seite: I’m Gonna Stay
Motown #1024
You Beat Me To The Punch
The One Who Really Loves You
US9
(12 Wo.)US
B-Seite: Old Love (Let’s Try Again)
Motown #1032
Two Lovers
Two Lovers
US7
(13 Wo.)US
B-Seite: Operator
Motown #1035
1963Laughing Boy
Two Lovers
US15
(9 Wo.)US
B-Seite: Two Wrongs Don’t Make A Right
Motown #1039
Two Wrongs Don’t Make A Right
US100
(1 Wo.)US
B-Seite von Laughing Boy
Your Old Stand By
US40
(8 Wo.)US
B-Seite: What Love Has Joined Together
Motown #1042
You Lost The Sweetest Boy
US22
(9 Wo.)US
B-Seite: What’s Easy For Two Is So Hard For One
Motown #1048
What’s Easy For Two Is So Hard For One
US29
(17 Wo.)US
B-Seite von You Lost The Sweetest Boy
1964My Guy
Sings My Guy
UK5
Silber
Silber

(24 Wo.)UK
US1
(15 Wo.)US
B-Seite: Oh Little Boy (What Did You Do To Me)
Motown #1056
Once Upon a Time
Together
UK50
(1 Wo.)UK
US19
(9 Wo.)US
B-Seite: What’s The Matter With You Baby
Motown #1057
mit Marvin Gaye
What’s The Matter With You Baby
Together
US17
(10 Wo.)US
B-Seite von Once Upon a Time
mit Marvin Gaye
Ain’t It The Truth
US45
(8 Wo.)US
B-Seite: Stop Takin’ Me For Granted
20th Century #544
Stop Takin’ Me For Granted
Mary Wells
US88
(3 Wo.)US
B-Seite von Ain’t It The Truth
1965Use Your Head
Mary Wells
US34
(6 Wo.)US
B-Seite: Everlovin’ Boy
20th Century #555
Never, Never Leave Me
Mary Wells
US54
(6 Wo.)US
B-Seite: Why Don’t You Let Yourself Go
20th Century #570
He’s a Lover
US74
(4 Wo.)US
B-Seite: I’m Learnin’
20th Century #590
Me Without You
US95
(2 Wo.)US
B-Seite: I’m Sorry
20th Century #606
1966Dear Lover
The Two Sides of Mary Wells
US51
(8 Wo.)US
B-Seite: Can’t You See (You’re Losing Me)
ATCO #6392
Can’t You See (You’re Losing Me)
US94
(3 Wo.)US
B-Seite von Dear Lover
Such a Sweet Thing
US99
(2 Wo.)US
B-Seite: Keep Me In Suspense
ATCO #6423
1968The Doctor
Servin’ Up Some Soul
US65
(8 Wo.)US
B-Seite: Two Lovers History
Jubilee #5621

Weitere Singles

  • 1961: Strange Love / Come To Me (Motown #1016)
  • 1965: I Should Have Known Better / Please Please Me (ATCO #619)
  • 1966: Fancy Free / Me And My Baby (ATCO #6436)
  • 1967: (Hey You) Set My Soul On Fire / Coming Home (ATCO #6469)
  • 1968: Can’t Get Away From Your Love / Woman In Love (Jubilee #5629)
  • 1968: Don’t Look Back / 500 Miles (Jubilee #5639)
  • 1969: Never Give A Man The World / Mind Reader (Jubilee #5676)
  • 1969: Dig The Way I Feel / Love-Shooting Bandit (Jubilee #5684)
  • 1970: Sweet Love / It Must Be (Jubilee #5695)
  • 1971: Mr.Tough / Never Give a Man The World (Jubilee #5718)
  • 1971: I Found What I Wanted / I See A Future In You (Reprise #1031)
  • 1974: If You Can’t Give Her Love (Give Her Up) / Cancel My Subscription (Reprise #1308)
  • 1974: If You Can’t Give Her Love (Give Her Up) / Don’t Keep Me Hangin’ On (Reprise #1308)
  • 1981: Gigolo / Let’s Mix It Up (Epic #2663)
  • 1982: Gigolo / I’m Changing My Ways (Epic #2664)
  • 1982: These Arms / Spend The Nights With Me (Epic #2873)
  • 1987: Don’t Burn The Bridges / Don’t Burn The Bridges (Dub-Mix) (Nightmare #MARE33)
  • 1989: You’re The Answer To My Dreams / You’re The Answer To My Dreams (Dub-Mix) (Motorcity #MOTC2)

Literatur

  • Benjaminson, Peter: Mary Wells. The Tumultuous Life of Motown's First Superstar. Chicago Review, 2012, ISBN 978-1-56976-248-6.
  • Stambler, Irwin: The Encyclopedia Of Pop, Rock And Soul. 3. überarbeitete Auflage, New York City, New York: St. Martin’s Press, 1989, S. 734f – ISBN 0-312-02573-4.
Commons: Mary Wells – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen

  1. Mary Wells | Classic Motown. Abgerufen am 26. Februar 2021 (amerikanisches Englisch).
  2. Mary Wells Songs ••• Top Songs / Chart Singles Discography ••• Music VF, US & UK hits charts. Abgerufen am 26. Februar 2021.
  3. Johnson Publishing Company: Jet. Johnson Publishing Company, 11. November 1991 (google.de [abgerufen am 26. Februar 2021]).
  4. Mary Wells – The Oral Cancer Foundation. Abgerufen am 26. Februar 2021 (amerikanisches Englisch).
  5. a b Chartquellen: UK US US vor 17. August 1963
  6. Auszeichnungen für Musikverkäufe: UK

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