Martinikerk (Groningen)

Backsteingotik, dabei basilikaler Umgangschor wie St. Petri in Riga, aber Turm mit Bentheimer Sandstein verblendet
Hallenschiff mit „Bremer“ Querdächern und „ostdeutschen“ Blendengiebeln

Die reformierte Martinikerk ist die älteste Kirche in der niederländischen Stadt Groningen.

Geschichte

Archäologisch sind mehrere Vorgängerbauten der Martinikerk nachgewiesen. Eine hölzerne Kirche entstand um 800, die vermutlich im frühen 10. Jahrhundert durch einen Bau aus Tuffstein ersetzt wurde.

In der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts wurde an deren Stelle im Stil der Romano-Gotik aus Backstein eine Kreuzbasilika mit rechteckigem Chor und östlichen Apsiden errichtet. Diese Kirche ist auf dem Stadtsiegel von 1245 dargestellt.

Gewölbe im Langhaus, 15. Jahrhundert. Deutlich erkennbar sind die abgeschnittenen Reste der Gurtbögen aus dem 13. Jahrhundert, die um 1450 durch steilere überhöht wurden.

In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts setzte ein durchgreifender hochgotischer Umbau des ganzen Gebäudes ein. In den 1450er Jahren wurde der Chor zu einem basilikalen Umgangschor erweitert.[1] Aus diesem Neubau stammen die eng gestellten 13 Rundpfeiler, die Chor und Umgang scheiden. Das Langhaus wurde anschließend als Hallenkirche ausgebaut. Die Langhauspfeiler wurden beibehalten, aber alle Gewölbe wurden deutlich erhöht. Die Baumaßnahmen sind oberhalb der Kämpferzone deutlich erkennbar. Die teils runden Arkadenbögen des alten Langhauses sind abgeschnittenen und durch gestelzte Gurtbögen weitergeführt. Wie bei drei Bremer Kirchen wurde das Hallenschiff mit Querdächern versehen. Deren Giebeldreiecke tragen Spitzbogenblenden mit weiß verputzten Hintergründen, wie sonst für den Ostseeraum typisch. 1468 stürzte der alte Kirchturm ein, wobei das Kirchenschiff beschädigt wurde. Das Kirchenschiff wurde verlängert und ein neuer Turm entstand weiter westlich zwischen 1469 und 1482. Der Kirchturm (Martiniturm) kann bestiegen werden.

1559 wurde die Martinikerk Bischofskirche des Bistums Groningen. Nach der Einnahme der Stadt Groningen durch Moritz von Oranien am 22. Juli 1594 wurde das Bistum aufgelöst. Aus der Martinikerk wurden die Altäre und die Heiligenbilder entfernt; die Kirche wurde in eine reformierte Kirche umgewandelt. 1611 wurde der Kommandant des Staatenkastells Groningen, Johannes Corputius im Chor der Kirche beigesetzt. Corputius war Angehöriger des calvinistischen Glaubens und hatte für Moritz von Oranien und Wilhelm Ludwig von Nassau im Achtzigjährigen Krieg gekämpft.

Im 17. Jahrhundert wurde die Dachlandschaft der Kirche bei Renovierungen stark verändert. Diese Maßnahme wurde auch wegen konstruktiver Mängel in den 1970er Jahren rückgängig gemacht.

Ausstattung

Bedeutende Reste der secco ausgeführten Wandmalereien stammen aus dem 16. Jahrhundert, so die 12 Szenen aus dem Leben Jesu in den Blendarkaden des Hochchors, Ornamente sowie kleine figürliche Motive in den Gewölben. Sie waren in der Reformationszeit übertüncht und erst nach 1923 wieder freigelegt worden.

Orgel

Arp-Schnitger-Orgel in der Martinikerk Groningen

Die erste Bauphase der berühmten Orgel der Martinikerk geht auf die Jahre 1450 und 1482 zurück. Ihre heutige Gestalt verdankt sie den Erweiterungen durch Arp Schnitger (1692), seinem Sohn Franz Caspar Schnitger (1729) und Albertus Antonius Hinsz (1740).

Nutzung

Die Martinikerk wird heute werktags vor allem durch die Universität genutzt. An Sonn- und Feiertagen dient sie nach wie vor gottesdienstlichen Zwecken.

Weblinks

Commons: Martinikerk – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 53° 13′ 9″ N, 6° 34′ 6″ O

Fußnoten

  1. Baubeschreibung des Rijksdienst voor Archeologie, Cultuurlandschap en Monumenten, abgerufen am 31. Oktober 2018.

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Martinikerk Groningen Schnitger organ.jpg
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The Schnitger organ in the Groningen Martinikerk
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Dieses Bild zeigt das rijksmonument mit der Nummer 18554
Martinikerk, Groningen 1144.jpg
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View of Martinikerk, Groningen, from east.
Groningen Martinkerk Gewölbe Langhaus.JPG
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Gewölbe im Landhaus der Groninger Martinikerk, 15. Jahrhundert. Deutlich erkennbar sind die abgeschnittenen Reste der Gurtbögen aus dem 13. Jahrhundert, die um 1450 durch steilere erhöht wurden.