Martigny

Martigny
Wappen von Martigny
Staat:Schweiz Schweiz
Kanton:Kanton Wallis Wallis (VS)
Bezirk:Martigny
BFS-Nr.:6136i1f3f4
Postleitzahl:1906 Charrat
1920 Martigny
UN/LOCODE:CH MGY
Koordinaten:571233 / 105457
Höhe:471 m ü. M.
Höhenbereich:449–1697 m ü. M.[1]
Fläche:32,59 km²[2]
Einwohner:i21'759 (31. Dezember 2023)[3]
Einwohnerdichte:668 Einw. pro km²
Ausländeranteil:
(Einwohner ohne
Schweizer Bürgerrecht)
32,0 %
(31. Dezember 2023)[4]
Stadtpräsidentin:Anne-Laure
Couchepin Vouilloz
(PLR)
Website:www.martigny.ch
Blick über Martigny
Blick über Martigny
Lage der Gemeinde
Karte von MartignyLac de SalanfeLac d’EmossonLac du Vieux EmossonLac de ChampexLac de FullyLac InférieurLac des VauxLac de CleusonLac du Grand DésertLac de LouvieFrankreichFrankreichKanton WaadtBezirk ContheyBezirk EntremontBezirk MontheyBezirk Saint-MauriceBezirk SidersBezirk SittenBovernierFullyIsérablesLeytronMartignyMartigny-CombeRiddesSaillonSaillonSaxon VSTrient VS
Karte von Martigny
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Martigny (französisch [maʀtiɲi], im frankoprovenzalischen Ortsdialekt[martiɲˈəː],[a martəɲˈi],[5] deutsch Martinach) ist eine Munizipalgemeinde, eine Burgergemeinde mit einem Burgerrat und Hauptort des gleichnamigen Bezirkes im Schweizer Kanton Wallis. Der deutsche Name Martinach ist noch im Oberwallis gebräuchlich.

Geographie

Die Stadt Martigny liegt im französischsprachigen Unterwallis in der Rhoneebene und am Unterlauf der Dranse, die nördlich der Stadt in die Rhone mündet. Das Stadtgebiet ist im Südosten vom Mont Chemin und im Westen von den steilen Hängen des Mont d’Ottan unterhalb des Roc Blanc begrenzt. Im Norden folgt die Gemeindegrenze dem Flussbett, das beim «Rhoneknie» an der rechten Talseite dem Bergmassiv des Sé Carro entlang verläuft. Talabwärts umfasst das Gebiet vom Martigny die Ebene bis zum Seitenfluss Trient.

Die Gemeinde besteht aus den Ortsteilen:

  • Martigny-Ville (475 m ü. M.), im Talgrund
  • Martigny-Bourg (486 m ü. M.), am Eingang ins Val de Bagnes
  • La Bâtiaz, auf der linken Seite der Dranse unterhalb der Burg La Bâtiaz
  • Charrat, einer Ortschaft fünf Kilometer nordöstlich der Stadtsiedlung, die sich 1836 von der Gemeinde Martigny trennte und 2001 wieder mit dieser fusionierte.

Martigny-Combe, am linken Ufer der Dranse gelegen, spaltete sich 1841 ebenfalls von der Stadt Martigny ab und bildet seither eine eigene Munizipalgemeinde. In dieser Nachbargemeinde liegen der grösste Teil des Rebbergs von Martigny und die Alpweiden Bovine und Arpille.

Am Nordfuss des Mont Chemin verläuft ein Bewässerungskanal auf die Feldflur nordöstlich der Stadt. Die einst sumpfige Rhoneebene wird mit einem System von zahlreichen Kanälen entwässert. Im Hauptkanal Canal du Syndicat verläuft ein Abschnitt der Stadtgrenze zur Nachbargemeinde Fully. In der Nähe der Rhone sind einige Gebiet nicht entwässert und urbarisiert worden. Weiher und Feuchtgebiete sowie Baggerseen in ehemaligen Kiesgruben sind die einzigen grösseren Wasserflächen im Rhonetal zwischen den Naturschutzgebieten Poutafontana bei Siders und Les Grangettes am Genfersee. Das Naturschutzgebiet le Verney hat unter anderem eine Funktion als Rastplatz für Zugvögel.[6][7]

Luftbild (1949)

Geschichte

Der vicus Octodurus (oder Octodurum) wird erstmals in Julius Cäsars Bellum Gallicum im Zusammenhang mit der Schlacht von Octodurum 57 v. Chr. genannt («in vico Veragrorum, qui appellatur Octodurus»). 47 n. Chr., in römischer Zeit, hiess der Ort offiziell Forum Claudii Augusti oder Forum Claudii Vallensium, doch ist ab 280 wieder der ursprüngliche Name aus den Quellen bezeugt. Die erste Erwähnung des heutigen Namens Martigny datiert von 1058 («usque Martiniacum»).[5]

Octodurus ist ein nicht sicher geklärter keltischer Name; möglicherweise bedeutet er «acht Tore».[5] Forum Claudius Augusti/Vallensium erweist dem römischen Kaiser Claudius die Ehre,[8] der das Gebiet des heutigen Wallis zur eigenen Provinz Vallis Poenina erhob. Der Namenwechsel von Octodurus auf Martiniacum wird mit der Aufgabe der antiken Stadt Ende des 4. Jahrhunderts und dem Umzug der Bevölkerung in eine jüngere Siedlung in der Nachbarschaft erklärt. Der neue Name geht auf den lateinischen Personennamen Martinius zurück, verbunden mit dem keltischen Suffix -akos, -acum und bedeutet «bei den Leuten des Martinus», verweist also auf einen Landbesitzer der Spätantike.[5]

Vom späten 4. Jahrhundert bis 585 residierten die ersten Bischöfe des Wallis, die Vorgänger der Bischöfe von Sitten, in Octodurus. Die Überreste der ältesten Bischofskathedrale sind unter dem Fussboden der Stadtkirche konserviert.[9] Im Mittelalter gehörte der Ort zur bischöflichen Kastlanei Martigny, die sich 1351 unter den Schutz des Hauses Savoyen stellte. Nachdem die sieben Oberwalliser Zehnden 1475 das Unterwallis erobert hatten, gliederten sie Martigny der Landvogtei Saint-Maurice ein. Dank Privilegien des Bischofs von Sitten und der Grafen von Savoyen konnten die Bürger ihre lokalen Behörden selbst wählen.

1800 durchquerte Napoleon Bonaparte mit der französischen Italienarmee die Stadt. 1840–1847 war der Ort Zentrum der Auseinandersetzungen zwischen den Liberalen und den Konservativen; erstere, die «Junge Schweiz», unterlag 1844 in der nahe Martigny geschlagenen Schlacht bei Trient. Martigny ist bis heute eine Bastion der Freisinnig-Demokratischen Partei bzw. der FDP.Die Liberalen im mehrheitlich konservativen Kanton Wallis.

Die heutige Munizipalgemeinde Martigny entstand im Rahmen mehrerer Abspaltungen und erneuter Fusionen. 1835 verselbständigte sich Martigny-Ville, 1836 Charrat, und 1841 folgten Martigny-Bourg sowie Martigny-Combe; von Letzterem trennten sich 1845 La Bâtiaz und 1899/1900 Trient. 1956 schlossen sich Martigny-Ville und La Bâtiaz zur neuen Munizipalgemeinde Martigny-Ville zusammen, und diese wiederum vereinigte sich 1964 mit Martigny-Bourg zur gegenwärtigen Munizipalgemeinde Martigny. 2021 schloss sich die Gemeinde Charrat mit Martigny zusammen.

Siehe auch Geschichte des Wallis#Antike.

Bevölkerung

Die Einwohnerzahl von Martigny entwickelte sich seit 1850 wie folgt (für die Zeit vor 1956 bzw. 1964 werden die Zahlen der früheren Gemeinden Martigny-Ville, La Bâtiaz und Martigny-Bourg zusammengerechnet):

Bevölkerungsentwicklung
Jahr18501900195019702000[10]2010201220142016201820202022
Einwohner25453550591510'47814'36116'14316'89717'34217'99818'30918'29120'974

Nach Angaben aus Meyers Konversationslexikon hatte Martigny la Ville um 1888 1'525, Martigny le Bourg 1'303 und Martigny-Combe 1'714 Einwohner.

Politik

Stadtparlament

Im Kanton Wallis haben – wie in andern Westschweizer Kantonen – die grösseren Gemeinden ein Gemeindeparlament, das Conseil général heisst, während kleinere Gemeinden eine Gemeindeversammlung kennen.

Insgesamt 60 Sitze

Der Generalrat (Conseil géneral) von Martigny besteht aus 60 Mitgliedern. Die Behörde wird traditionell von Vertretern der Freisinnigen Partei dominiert. In der aktuellen Legislatur hat sie jedoch keine absolute Mehrheit. Der Generalrat setzt sich in der Amtsperiode 2021 bis 2024 wie folgt zusammen:[11]

Im Jahr 2020 ist Jean-Pierre Terretaz Präsident des Conseil général von Martigny.

Stadtregierung

Die Exekutive der Stadt Martigny, der Conseil municipal, besteht aus neun Mitgliedern. Die parteipolitische Zusammensetzung für die Legislaturperiode 2021–2024 ist folgendermassen: FDP 5, CVP 3, SP 1.[12]

Stadtpräsidium

  • 1834–1837: Eugène Gay
  • 1837–1841: Joseph-Samuel Cropt
  • 1841–1843: Eugène Gay
  • 1843–1848: Valentin Morand
  • 1848–1850: Joseph Morand
  • 1850–1853: Joseph-Antoine Vouilloz
  • 1853–1858: Valentin Morand
  • 1859–1860: Alexis Gay
  • 1861–1864: Valentin Morand
  • 1865–1868: Louis Closuit
  • 1869–1874: Charles Morand
  • 1875–1884: Alexis Gay
  • 1885–1888: Joseph Pillet
  • 1889–1900: Alphonse Orsat
  • 1901–1905: Louis Cropt
  • 1906–1918: Georges Morand
  • 1918–1920: Denis Orsat
  • 1921–1960: Marc Morand
  • 1961–1976: Edouard Morand
  • 1965–1976: Edouard Morand
  • 1977–1984: Jean Bollin
  • 1985–1998: Pascal Couchepin
  • 1999–2003: Pierre Crittin
  • 2004–2008: Olivier Dumas
  • 2009–2016: Marc-Henri Favre
  • seit 2017: Anne-Laure Couchepin Vouilloz

Nationalratswahlen

Bei den Schweizer Parlamentswahlen 2023 betrugen die Wähleranteile in Martigny: FDP 27,35 % (−4,91), Die Mitte 20,03 % (−0,05), SP 18,4 % (+ 0,15), SVP 18,26 % (+5,58), Grüne 11,22 % (−1,26), PdA 2,70 % (+ 2,70), glp 2,01 % (+ 1,47).[13]

Wirtschaft

  • Die Stadt Martigny ist ein regionales Zentrum für das Unterwallis mit zahlreichen Dienstleistungsbetrieben.
  • Im weiten Gemeindegebiet liegen mehrere Landwirtschaftszonen. In der Rhonebene ist der Obstbau dominierend. Westlich der Stadt liegt ein Rebberg.
  • Martigny besitzt grosse Waldflächen an den Berghängen im Süden und im Westen der Ebene.
  • Jährlich findet in Martigny auf dem Messegelände im Südosten der Stadt die kantonale Publikumsmesse Foire du Valais statt.
  • Martigny ist der Hauptsitz der Versicherungsgruppe Groupe Mutuel.
  • Die familiengeführte Distillerie Morand produziert seit 1889 Spirituosen in Martigny, später wurde die Produktion von Sirup aufgenommen.
  • In der Schwemmebene befinden sich Areale von Kiesgruben mit Baggerseen, die eine ökologische Bedeutung für die Fauna haben.

Infrastruktur

Durch das Stadtgebiet führen die internationale Ölleitung Oléoduc du Rhône und mehrere Hochspannungsleitungen.

In der Rhoneebene stehen zwei Windkraftanlagen. 2008 wurde unterhalb des Mont d’Ottan eine Anlage mit einem hohen Turm und drei Rotorblättern errichtet,[14] bei Martigny steht eine Anlage mit einem Darrieus-Rotor.

Bei La Bâtiaz befindet sich ein Wasserkraftwerk der Emosson-Kraftwerke.

Verkehr

Gleis 1 Normalspur nach Saint-Maurice, rechts Meterspur nach Le Châtelard (2014)

Martigny ist ein Verkehrsknotenpunkt im Strassennetz und für die Eisenbahn. Von der Nationalstrasse A9 zweigt hier die Umfahrungsstrasse A21 nach Aosta (Italien, durch den Grosser-St.-Bernhard-Tunnel) und über den Col de la Forclaz nach Chamonix (Frankreich) ab.

Die Stadt befindet sich an der Eisenbahnlinie LausanneBrig (Simplonbahn). Die Transports de Martigny et Régions (TMR) betreiben Eisenbahnlinien nach Orsières, Le Châble und Le Châtelard (Richtung Chamonix, Frankreich).

Öffentlicher Verkehr

In Martigny gibt es drei Stadtbus- und fünf Postauto-Linien.

Liniennetzplan Verkehrsbetriebe in Martigny
BetreiberLinieStreckeHaltestellen
Stadtbus201Martigny, gare – Martigny-Croix, Croisée9
202Martigny, gare – Martigny, Le Guercet6
203Martigny, Bassin du Manoir – Martigny, Grandes Maresches9/7
Postauto213Martigny, gare – Le Châtelard-Frontière34
214Martigny, gare – Ravoire, Le Feylet21
215Martigny, gare – Val de Bagnes, Col-des-Planches17
220Martigny, gare – Evionnaz, Grande salle15
311Martigny, gare – Sitten, gare54

Sehenswürdigkeiten

Château de la Bâtiaz

Bilder

Sonstiges

Am Ort gibt es einen Verein der Verkehrsfreunde, der zum Teil Original-Fahrzeuge von 1906 erhält und betreibt (Nostalgiefahrten auf der 1-Meter-Bahnstrecke, Strassenbahn).

Das im Kanton Luzern gelegene Sursee ist Freundschaftsstadt von Martigny.

Persönlichkeiten

  • Roger Chappot (1940–2020), französisch-schweizerischer Eishockeyspieler
  • Christian Constantin (* 1957), Unternehmer und Architekt
  • Anne-Laure Couchepin Vouilloz (* 1977), Stadtpräsidentin
  • François Couchepin (1935–2023), Bundeskanzler
  • Pascal Couchepin (* 1942), Bundesrat
  • Cilette Cretton (* 1945), Politikerin
  • Christophe Darbellay (* 1971), Politiker
  • Michel Darbellay (1934–2014), Alpinist und Bergführer
  • Yannick Délez (* 1972), Jazzmusiker
  • Yannick Ecoeur (* 1981), Skibergsteiger
  • Léonard Gianadda (1935–2023), Journalist, Bauingenieur und Mäzen
  • Stéphane Lambiel (* 1985), Eiskunstläufer
  • Roger Mabillard (1925–2004), Korpskommandant und Ausbildungschef der Schweizer Armee
  • Marianne Maret (* 1958), Politikerin, Ständerätin
  • Justin Murisier (* 1992), Skirennläufer
  • Sébastien Reichenbach (* 1989), Radrennfahrer
  • Pierre-Marie Taramarcaz (* 1968), Skibergsteiger
  • Alfred Tissières (1917–2003), Biochemiker, Mediziner, Molekularbiologe und Genetiker
  • Marie-France Vouilloz Burnier (* 1957), Historikerin
  • Daniel Yule (* 1993), Skirennläufer

Literatur

Zur modernen Ortschaft

Zur antiken Stadt

Commons: Martigny – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wikivoyage: Martigny – Reiseführer

Einzelnachweise

  1. Generalisierte Grenzen 2024. Bei späteren Gemeindefusionen Flächen aufgrund Stand 1. Januar 2024 zusammengefasst. Abruf am 22. August 2024.
  2. Generalisierte Grenzen 2024. Bei späteren Gemeindefusionen Flächen aufgrund Stand 1. Januar 2020 zusammengefasst. Abruf am 22. August 2024.
  3. Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2023. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2024 zusammengefasst. Abruf am 22. August 2024
  4. Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2023. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2024 zusammengefasst. Abruf am 22. August 2024
  5. a b c d Lexikon der schweizerischen Gemeindenamen. Hrsg. vom Centre de Dialectologie an der Universität Neuenburg unter der Leitung von Andres Kristol. Frauenfeld/Lausanne 2005, S. 573 f.
  6. La réserve naturelle du Verney: une Camargue en Octodure, auf canal9.ch, 14. Mai 2021. Abgerufen am 21. Februar 2022.
  7. Christian Keim: Les gravières du Verney (Martigny). Importance pour l’avifaune locale et migratrice. In: Bulletin de la Murithienne, 106, 1988, S. 25–36.
  8. François Wiblé: Forum Claudii Vallensium. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
  9. La première cathédrale du Valais, auf martigny.ch. Abgerufen am 21. Februar 2022.
  10. Albano Hugon: Martigny (Gemeinde). In: Historisches Lexikon der Schweiz.
  11. Olivier Rausis: Communales 2020 – Résultats: les Verts font leur entrée au Conseil général de Martigny. Le Nouvelliste, 15. November 2020, abgerufen am 19. November 2020 (französisch).
  12. Conseil municipal. Stadt Martigny, abgerufen am 10. Oktober 2021 (französisch).
  13. Eidgenössische Wahlen 2023, NR - Ergebnisse Parteien (csv). In: opendata.swiss. Bundesamt für Statistik, abgerufen am 17. Februar 2024.
  14. Enérgie éolienne, auf eolien-valais.ch. Abgerufen am 21. Februar 2022.
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