Martakert (Provinz)

Lage Martakerts in der Republik Arzach, Gebietsstand 1994 bis 2020

Martakert (armenisch Մարտակերտ, russisch Мардакерт, Mardakert) war eine Provinz im Norden der de facto von Aserbaidschan unabhängigen Republik Arzach in Bergkarabach. Verwaltungssitz war die Stadt Martakert (Mardakert) und das Gebiet umfasste in etwa den Norden des ehemaligen Autonomen Gebiets Bergkarabach und entspricht weitgehend dessen ehemaligen Rajon Martakert. Aserbaidschan kontrolliert das Gebiet seit einer Offensive 2023 wieder vollständig, womit die Provinz nicht mehr besteht. Die Regierung in Baku hat das Gebiet bereits in den 1990er Jahren auf die Bezirke Kəlbəcər, Tərtər und Ağdam aufgeteilt.

Geografie

Sarsang-Stausee

Die Provinz hatte 2015 eine Fläche von 1.795 km²[1] liegt im Norden der Republik Arzach sowie der ehemaligen Autonomen Gebiets Bergkarabach, aus dem Arzach hervorgegangen ist. Sie entspricht weitgehend dessen Rajon Martakert (kurzzeitig auch Rajon Ağdərə). Einige kleinere Gebiete im Westen und Süden, in den aserbaidschanischen Rayon Kəlbəcər und Ağdam, wurden nach deren Besetzung im Krig bis 1994 der Provinz angegliedert. Im Süden grenzten die Provinzen Askeran und Kaschatagh an, beziehungsweise die aserbaidschanischen Bezirke Xocalı und Laçın. Im Westen befindet sich der Bezirk Kəlbəcər und im Norden Goranboy, dessen südlicher Teil zusammen Kəlbəcər von Arzach als Provinz Schahumjan zusammengelegt wurde. Im Osten liegt der aserbaidschanische Bezirk Tərtər. Verwaltungssitz war die Stadt Martakert (Mardakert).

Die Region wird geprägt vom Tal des Tartar und dessen Seitentälern. Im Lauf des Flusses liegt auch der Sarsang-Stausee. Im Süden bildete der Fluss Chatschen die Provinzgrenze, der aus dem Karabachgebirge nach Osten in die Kura-Aras-Tiefebene fließt. Nördlich des Tartar erstreckt sich der Gebirgszug Murovdag, der die nördliche Grenze von Martakert bildete. Hier liegt mit dem Mrav-Sar (3.350 m) die höchste Erhebung der Provinz.

Geschichte

Die Verwaltungseinheit Rajon Martakert, Vorgänger der Provinz Martakert, im Norden der Autonomen Oblast Bergkarabach

Das Gebiet im Norden der Region Bergkarabach war im Laufe seiner Geschichte Teil vieler armenischer Herrschaftsgebiete und stand seit dem 7. Jahrhundert häufig unter der Vorherrschaft islamischer Staaten. Schließlich war es Kerngebiet des Meliktums Dschraberd – einem der Fünf Fürstentümer von Karabach – mit Sitz in Dschraberd. Es wurde im 18. Jahrhundert in das Khanat Karabach eingegliedert.[2] Das Khanat wurde im 19. Jahrhundert Teil des Russischen Reiches und in diesem aufgelöst. Nach der Oktoberrevolution und der Unabhängigkeitserklärung der Staaten südlich des Kaukasus war die Region zwischen der Republik Armenien und der Republik Aserbaidschan umstritten und umkämpft. Nach Eingliederung beider Staaten in die Sowjetunion fiel das Gebiet an die Aserbaidschanische SSR, in dem es als Rajon Martakert zum Autonomen Oblast Bergkarabach gehörte.

Nachdem sich in den 1980er Jahren der Bergkarabachkonflikt zwischen den Armeniern und Aserbaidschanern sowie der Aserbaidschanischen SSR verschärft hatten, erklärte Bergkarabach während des Zusammenbruchs der Sowjetunion 1991 die Unabhängigkeit und es kam zu einem offenen Krieg, in dem Armenien Bergkarabach unterstützte. Aserbaidschan wiederum hob die Autonomie Bergkarabachs de-jure auf und teilte das Gebiet am 13. Oktober 1992 auf die Bezirke Kəlbəcər und Tərtər auf. Von Juli 1992 bis Juli 1993 war es in aserbaidschanischer Hand, danach fast vollständig armenisch kontrolliert. Der östliche Teil der Provinz Martakert mit dem Dorf Maraga, wo am 10. April 1992 das Massaker von Maraga stattfand, blieb unter aserbaidschanischer Kontrolle und damit auch de-facto Teil des Rajon Tərtər. Die Republik Bergkarabach beziehungsweise die armenische Armee konnten sich im übrigen Gebiet der Provinz behaupten behaupten. Nach Ende des Krieges 1994 wurden der Provinz auch Teile des aserbaidschanischen Rajon Ağdam sowie Kəlbəcər angegliedert.

Während des Krieges um Bergkarabach 2020 eroberte Aserbaidschan die Dörfer Talış und Madaghis im Nordosten sowie kleinere Gebiete im Murovdag-Gebirge. In Folge des Waffenstillstands im November 2020 wurde außerdem die Kontrolle über Ağdam und Kəlbəcər wieder an Aserbaidschan übergeben, sodass die Provinz Martakert die Verwaltung über die Gebiete in diesen Bezirken wieder verlor. Mit einer Offensive im September 2023 hat Aserbaidschan die Kontrolle über Bergkarabach vollständig zurückgewonnen und die Republik Arzach zur Kapitulation zwingen. Mit der Auflösung der Strukturen der Republik Arzach endete auch das Bestehen der Provinz Martakert.

Kulturgüter

Kloster Gandsassar

In der Provinz lagen die armenischen Klöster Gandsassar (Գանձասար, Gandzasar), Jeriz Mankanz (Երից Մանկանց Վանք, Yerits Mankants), Wankassar und Jegische Arakjal (Եղիշէ Առաքեալի վանք, Yeghishe Arakyal). Darüber hinaus liegt im Süden die archäologische Fundstätte der antiken Stadt Tigranakert. Diese kam 2020 unter die Kontrolle von Aserbaidschan, in dessen Bezirk Ağdam sie liegt.

Ortschaften und Einwohner

Die Provinz hatte 2005 18.963 Einwohner.[3] 2015 waren es etwa 19.900 Einwohner, davon 4.600 in Städten und 15.300 auf dem Land, verteilt auf eine Stadt und 42 ländliche Gemeinden.[1] Durch den Verlust der Gebiete im Norden und Süden sowie Flucht in Folge des Krieges 2020 sind die Einwohnerzahlen zurückgegangen, ehe 2023 nach Kapitulation der Republik Arzach fast alle Einwohner flohen. Folgende Gemeinden waren Teil der Provinz; die kursiv geschriebenen waren bereits seit November 2020 unter aserbaidschanischer Kontrolle.

Armenischer Name (zugeh. Ortsteile)in armenischer SchriftAserbaidschanischer NameEinwohner nach Zensus 2005[3]Koordinate
Martakert (Dschraberd)ՄարտակերտAğdərə4.325Lage
Nor HajkadschurՆոր ՀայկաջուրBoyəhmədli81Lage
AghbekalandschԱղաբեկալանջAğabəyyalı155Lage
AradschadsorԱռաջաձորDovşanlı741Lage
AjgestanԱյգեստանÇaylınicht enthaltenLage
GarnakarԳառնաքարÇormanlı124Lage
GetawanԳետավանQozlukörpü278Lage
DrmbonԴրմբոնHeyvalı645Lage
SaglikԶագլիկZəylik200Lage
SardachatschԶարդախաչZardaxaç125Lage
TalischԹալիշTalış581Lage
TblduԹբլղուDamğalı176Lage
ChnkawanԽնկավանXanqutala169Lage
ZaghkaschenԾաղկաշենDəmirli137Lage
ZamakahoghԾմակահողBazarkənd228Lage
KarmirawanԿարմիրավանQızılobanicht enthaltenLage
KitschanԿիչանKiçan168Lage
KotschoghotԿոճողոտYayıcı534Lage
KusapatԿուսապատQasapet276Lage
HaterkՀաթերքHəsənriz1.531Lage
HarutjunagomerՀարությունագոմերQızılqaya400Lage
HowtaschenՀովտաշենƏliağalı246Lage
TschankataghՃանկաթաղCanyataq272Lage
Madaghis (Tonaschen)ՄատաղիսSuqovuşan483Lage
Maghawus (Kmkadsor)ՄաղավուզÇardaqlı543Lage
Mez SchenՄեծ ՇենUlu Qarabəy322Lage
MehmanaՄեհմանա27Lage
MochrataghՄոխրաթաղKiçik Qarabəy345Lage
Nerkin HorataghՆերքին ՀոռաթաղAşağı Oratağ776Lage
Nor AjgestanՆոր ԱյգեստանMollalar321Lage
Nor KarmirawanՆոր ԿարմիրավանPapravənd44Lage
Nor GhasantschiՆոր ՂազանչիSırxavənd177Lage
Nor MaraghaՆոր ՄարաղաQızıl Kəngərli349Lage
Nor SejsulanYeni Qaralar138
SchahmasurՇահմասուրŞahmansurlu139Lage
TschaparՉափարÇapar252Lage
TschldranՉլդրանÇıldıran467Lage
Poghosagomer (Ghasarahogh)ՊողոսագոմերDəvədaşı232Lage
WaghuasՎաղուհասQozlu638Lage
Wank (Andsawner, Daschtaglugh, Zaghkunk, Tschrag, Nareschtar)ՎանքVəngli1.335Lage
WardadsorՎարդաձորGülyataq193Lage
WarnkataghԼուլասազLüləsaz68Lage
Werin HorataghՎերին ՀորաթաղYuxarı Oratağ449Lage
KolatakՔոլատակKolatağ273Lage
ImarԻմարKərəmlinicht enthaltenLage
LewonarchԼեւոնարխGöyarxnicht enthaltenLage
MaraghaՄարաղաŞıxarxnicht enthaltenLage
SejsulanՍեյսուլանSeysulannicht enthaltenLage

Weblinks

Commons: Martakert – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Nagorno Karabakh in Figures, Statistical Booklet. NATIONAL STATISTICAL SERVICE OF THE NAGORNO KARABAKH REPUBLIC, 2015. S. 12.
  2. Robert H. Hewsen: Armenia: A Historical Atlas. University of Chicago Press, Chicago 2001, ISBN 0-226-33228-4, S. 163.
  3. a b Results of 2005 census of the Nagorno-Karabakh Republic (PDF, englisch, abgerufen am 23. April 2008; 131 kB)

Koordinaten: 40° 12′ N, 46° 48′ O

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Martakert in Artsakh (claimed hatched) (semi-independent).svg
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Lage der Porvinz XY (siehe Dateiname) in der Republik Bergkarabach.
Գանձասար Վանք.jpg
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Dieses Bild zeigt das Denkmal in Armenien mit der Nummer
Sarsang Reservoir 01.jpg
Autor/Urheber: Julian Nyča, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Der Sarsang-Stausee in Bergkarabach.
Nagorno Karabakh03.png
Nagorno-Karabakh Autonomous Oblast map.