Marmorera

Marmorera
Wappen von Marmorera
Wappen von Marmorera
Staat:Schweiz Schweiz
Kanton:Kanton Graubünden Graubünden (GR)
Region:Albula
Politische Gemeinde:Sursesi2
Postleitzahl:7456
frühere BFS-Nr.:3533
Koordinaten:769324 / 151867
Höhe:1720 m ü. M.
Fläche:18,90 km²
Einwohner:31 (31. Dezember 2014)
Einwohnerdichte:2 Einw. pro km²
Website:www.surses.ch
Marmorera von der Burg Marmels aus gesehen
Marmorera von der Burg Marmels aus gesehen

Marmorera von der Burg Marmels aus gesehen

Karte
Karte von Marmorera
Karte von Marmorera
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Marmorera (deutsch/italienisch; deutsch veraltet und bis 1902 offiziell Marmels , rätoromanisch ) war bis zum 31. Dezember 2015 eine politische Gemeinde im Oberhalbstein (rätoromanisch Surses; Kreis Surses) im Bezirk Albula des Kantons Graubünden in der Schweiz. Am 1. Januar 2016 fusionierte Marmorera mit den Gemeinden Bivio, Cunter, Mulegns, Riom-Parsonz, Salouf, Savognin, Sur und Tinizong-Rona zur neuen Gemeinde Surses.

Wappen

Blasonierung: Gespalten von Silber (Weiss) und Schwarz, in Schwarz ein silberner Kelch

Das gespaltene Wappen der Herren von Marmels wird ergänzt durch das Attribut des heiligen Florinus als Patron der Pfarrkirche.

Geschichte

Der historische Ort Marmorera war schon im Mittelalter besiedelt. Nach 1838 profitierte Marmorera nach dem Ausbau der Strasse über den Julierpass vom zunehmenden Postkutschenverkehr und dem aufkommenden Tourismus. Nach der Eröffnung der Gotthard- und Albulabahn brach der Postkutschenverkehr zusammen, und die Gemeinde verarmte. Zwischen 1922 (Sommer-) und 1933 (Ganzjahresbetrieb) wurden die Postkutschen durch das Postauto abgelöst.[1]

Nach dem Zweiten Weltkrieg bot Marmorera der Stadt Zürich zu günstigen Bedingungen eine Konzession für einen Stausee an. Der Unterhändler Walther Pfister von den Industriellen Betrieben Zürich handelte mit den einzelnen Haus- und Landbesitzern individuelle Verträge aus und verpflichtete sie zu Stillschweigen. Dabei nutzte er aus, dass viele Einwohner nur Italienisch oder Rätoromanisch sprachen und unterschrieben, ohne ein Wort Deutsch zu verstehen. Am 17. Oktober 1948 stimmte die Gemeindeversammlung mit 24 Ja gegen 2 Nein-Stimmen der Konzession zur Ausnützung der Wasserkräfte für die Dauer von 80 Jahren und der Errichtung eines Stausees zu.[2] Ein Rekurs der Gegner gegen den Entscheid der Gemeindeversammlung wurde vom Kanton Graubünden abgelehnt.[3]

1954 begann die Überflutung. Vorher wurden sämtliche Gebäude des alten Dorfes zerstört. Der Friedhof sollte zubetoniert werden, aber die Bewohner erreichten, dass die Toten exhumiert wurden und in einem neuen Friedhof oberhalb des alten Dorfes bei den alten Grabkreuzen ein zweites Mal beerdigt wurden. Kirche und Schulhaus, 29 Wohnhäuser und 52 Ställe fielen dem Bau des Marmorera-Stausees zum Opfer.

Im Gegensatz zu einem Naturereignis war das menschengemachte Ereignis eine schwer zu verarbeitende Katastrophe, von welchem sich die Dorfgemeinschaft kaum erholen konnte, wurden doch Ersatz-Höfe für die Bauern im weit entfernten Thurgau angeboten und die Gemeinschaft in grosser Uneinigkeit aufgelöst. Wer das erste Haus an der Strasse bei Neu-Marmorera (ursprünglich Bardella[4]) betrachtet, findet den Namen La Resistenza (Widerstand).[5] 1956 war der neue Stausee erstmals gefüllt.

Die Julierpass-Strasse, die bisher auf dem Talboden verlief, wurde an die Ostseite des Stausees verlegt. Ein neues Marmorera wurde oberhalb des Stausees und der Julierpassstrasse aufgebaut. Das Dorfleben ist ohne Laden und ohne Schule (nach 2006) wenig sichtbar.[6]

Am 10. März 2006 lehnten die Einwohner von Marmorera und anderen Gemeinden der Talschaft Surmeir eine Fusion aller Gemeinden des Oberhalbsteins ab.

Auf dem Gemeindegebiet oberhalb des westlichen Endes der Staumauer steht die Ruine der Burg Marmels.

Bevölkerung

Bevölkerungsentwicklung
Jahr18501900192019411950196019801990200020052014
Einwohner15614310094140282738494731

Sprachen

Die meisten Einwohner sprachen früher das rätoromanische Surmeirisch. Bis zum Zweiten Weltkrieg blieb die Gemeinde fast einsprachig Rätoromanisch. Dieser Wert sank 1970 auf 78 %. Seit 1980 spricht eine knappe Mehrheit der Einwohnerschaft deutsch. Wegen der geringen Einwohnerzahl können die Verhältnisse allerdings stark schwanken.

Sprachen in Marmorera
SprachenVolkszählung 1980Volkszählung 1990Volkszählung 2000
AnzahlAnteilAnzahlAnteilAnzahlAnteil
Deutsch1451,85 %2052,63 %2857,14 %
Rätoromanisch1140,74 %1847,37 %1734,69 %
Italienisch13,70 %00,00 %36,12 %
Einwohner27100 %38100 %49100 %

Insgesamt beherrschten im Jahr 2000 noch 53 % der Bevölkerung Rätoromanisch, das zusammen mit Deutsch Behördensprache ist.

Herkunft und Nationalität

Von den 47 Bewohnern Ende 2005 waren 46 Schweizer Staatsangehörige.

Politik

Der letzte Gemeindepräsident vor der Fusion war René Müller (Stand 2010).

Schule

Die Primarschule betrieb die ehemalige Gemeinde seit 1975 mit Mulegns und Sur. Ab 2006 wurden die Primarschüler in Bivio unterrichtet, und seit dem Schuljahr 2014/2015 in Savognin. Sekundarschüler müssen seit 1963 nach Savognin.

Film

2007 erschien der Mystery-Thriller Marmorera von Markus Fischer.

Sehenswürdigkeiten

Literatur

  • Gion Peder Thöni: Marmorera. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 2016.
  • Erwin Poeschel: Die Kunstdenkmäler des Kantons Graubünden III. Die Talschaften Räzünser Boden, Domleschg, Heinzenberg, Oberhalbstein, Ober- und Unterengadin. (= Kunstdenkmäler der Schweiz. Band 11). Hrsg. von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK. Bern 1940. DNB 760079625.
  • Paul J. Mark: Ein Bergdorf geht unter; Terra Grischuna-Verlag, Chur 2005.

Weblinks

Commons: Marmorera – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Joos Gartmann: Das Postauto in Graubünden. Desertina Verlag, Disentis 1984, ISBN 3-85637-074-9, S. 274.
  2. Paul J. Mark: Ein Bergdorf geht unter. Terra Grischuna-Verlag, Chur 2005.
  3. Strom für Zürich – Ein Requiem für Marmorera. (Memento desOriginals vom 7. Januar 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.ideesuisse.ch Schweizer Fernsehen, 13. Februar 1997.
  4. Schweizerische Gesellschaft für Volkskunde: Verschwundene Täler (Memento desOriginals vom 13. April 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.verschwundene-taeler.ch
  5. Radio SRF 1 "Treffpunkt" (Memento desOriginals vom 1. November 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.srf.ch vom 4. September 2013 ab 1:23:30.
  6. Ruedi Baumann im Tages-Anzeiger vom 8. Mai 2013, S. 16.

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