Markus Krall

Markus Krall auf der Frankfurter Buchmesse vor dem Stand der „Jungen Freiheit“ (2019)

Markus Krall (* 10. Oktober 1962) ist ein deutscher Unternehmensberater und Autor. Seit September 2019 ist Krall Mitglied und Sprecher der Geschäftsführung der Degussa Goldhandel GmbH. Er steht der Österreichischen Schule nahe. Rezipiert wurde er als „Crash-Prophet“ mit umstrittenen gesellschaftlichen Forderungen,[1][2] beispielsweise der Einschränkung bzw. Abschaffung des allgemeinen Wahlrechts im Zuge einer „Konterrevolution“.[3] Mehrere seiner Bücher wurden Bestseller.

Studium und beruflicher Werdegang

Krall studierte von 1984 bis 1989 Volkswirtschaftslehre an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Er promovierte ab 1989/1990 als Monbusho-Stipendiat der japanischen Regierung in Freiburg und an der kaiserlichen Universität Nagoya und erwarb den akademischen Grad eines Dr. rer. pol. Seine Dissertation behandelte Das Kurs-Gewinn-Verhältnis am japanischen Aktienmarkt.

Sein beruflicher Werdegang führte ihn als Risikomanager durch eine Reihe von Unternehmen der Finanz- und Versicherungsbranche (Allianz AG, Boston Consulting Group, Oliver Wyman & Company, McKinsey & Company, Converium Re). In den Jahren 2007 bis 2009 war er mit dem Beratungsunternehmen KDB Krall Demmel Business Consulting GmbH selbständig. Von 2010 bis 2012 übernahm er beim Unternehmen Roland Berger Strategy Consultants die Funktion eines Senior Partners.[4] Von 2014 bis 2019 war Krall als Leiter des Risikomanagements und Head of Financial Institutions im Frankfurter Büro des Beratungshauses Goetzpartners tätig.

Im September 2019 schließlich holte ihn der damalige Eigner der Degussa Sonne/Mond Goldhandel, der inzwischen verstorbene Milliardär August von Finck, an die Spitze des Goldhändlers.[1]

Positionen

Krall war Mitglied der CDU, trat jedoch im Jahre 2012 aus und ist seither parteilos.[5]

Wirtschaft

Durch seine Beiträge, vor allem durch seinen 2017 veröffentlichten Bestseller „Der Draghi-Crash“, wurde Krall als Kritiker des Keynesianismus und der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) bekannt.[6][7] Durch deren Niedrigzinspolitik und auf der Grundlage von Nullzinsangeboten der Geschäftsbanken haben sich nach Kralls Einschätzung viele nicht mehr rentabel arbeitende Unternehmen an eine günstige Refinanzierung gewöhnt und sich dabei zunehmend verschuldet. Das Volumen der von diesen Unternehmen eingegangenen Kredite schätzt er größer ein als das Volumen des Eigenkapitals der Banken im Eurosystem. Würde der Leitzins nur minimal erhöht oder würde eine Kreditrationierung eintreten, würden diese „Zombiefirmen“ schlagartig pleitegehen und durch Kreditausfälle viele Gläubigerbanken als „Zombiebanken“, deren Geschäftsmodell infolge der Niedrigzinspolitik durch niedrige Margen und erhöhte Compliance-Aufwendungen ohnehin bereits in Frage gestellt ist, mit in den Abgrund reißen.[8]

Die Geldpolitik der EZB kritisierte Krall in einem Interview im Januar 2020 als „rein planwirtschaftlich“ und „Geldsozialismus“, die EZB selbst als „Maschinenraum des Völkerselbstmords“.[9][1] Der Journalist Jakob Blume vom Handelsblatt nahm an letzterer Formulierung Anstoß und wies auf die Belieferung von Konzentrationslagern mit Zyklon B während der NS-Zeit durch Degussa hin, deren Namensrechte das von Krall geführte Unternehmen innehabe.[1]

Der Präsident des ifo Instituts Clemens Fuest und Timo Wollmershäuser, Leiter der Konjunkturforschung am ifo Institut, analysierten in einem Beitrag für die Fachzeitschrift Wirtschaftsdienst die Ursachen der niedrigen Zinsen. Hierin widersprechen sie der Behauptung, die EZB sei einer „Zombifizierung der europäischen Wirtschaft“ schuldig, „für diese Zombifizierungsthese [fehlen] allerdings überzeugende empirische Beweise“.[10]

Im Gespräch mit der Wochenzeitung Junge Freiheit wiederholte Krall im Mai 2018 seine Prognose, dass die „Geldschwemme, mit der die Europäische Zentralbank gemeinsam mit der Politik die systemischen Fehler im Euro-System zu kaschieren“ versuche, ungefähr im Jahr 2020 „zu einer ‚epochalen deflatorischen Krise‘ führen“ werde, „die etwa die Hälfte des Sparvermögens der Deutschen kosten wird“.[11] Er stützt sich bei seiner These auf Berechnungen zur Entwicklung der Bankbilanzen.

Politik

Als Folge der Finanzkrise rechnet Krall mit einer Währungsreform, vor allem aber mit einer Reform oder gar Revolution des politischen Systems. Die bisherige Parteiendemokratie betrachtet er als obsolet.[12] Krall konstatiert eine systemisch begründete dysfunktionale „Negativauswahl“ der politischen Klasse durch zwei Effekte: Da Einkommen und Intelligenz korrelierten, fänden sich in der Politik eher die weniger Befähigten. Dazu verstärke das Listensystem bei der Kandidatenaufstellung Konformität und Rückgratlosigkeit, da die Kandidaten den Rückhalt in ihrer Partei für ihren politischen Posten benötigen. Politiker zu werden sei der Idealjob für jemanden, der im „richtigen Leben“ versage. In seinem Verfassungsentwurf dürfen nur diejenigen zu Wahlen antreten, die keiner Partei angehören; der Bundestag dürfe nur an 60 Tagen im Jahr zusammentreten und es soll nur noch vier Bundesministerien geben.[13]

Er spricht sich für die Abschaffung des allgemeinen Wahlrechts aus: Um die Interessen der Steuer- und Beitragszahler in Deutschland zu stärken, sollte Empfängern von Transferleistungen das Wahlrecht entzogen werden. Wer beispielsweise Bafög oder Sozialhilfe erhalte oder in einem subventionierten Betrieb arbeite, solle künftig kein Wahlrecht erhalten.[14] In seinem Buch Die bürgerliche Revolution schlägt Krall zudem die Institutionalisierung eines gewählten „Königs“ („Wahlkönig“) vor. Dieser soll auf Lebenszeit gewählt und mit einem Vetorecht in „grundsätzlichen Fragen“[15] ausgestattet sein.

Krall befürwortet eine „bürgerliche Revolution“ und eine Änderung des Waffenrechts.[2] Er ist Vorsitzender des Vereins Atlas Initiative für Recht und Freiheit.[16][17] Krall gehört auch zu den Erstunterzeichnern des Appells für freie Debattenräume.[18]

Sozialismus

Nach Auffassung von Krall würden sich die westlichen Staaten durch neue „Staatsgläubigkeit“, Etatismus, Planwirtschaft und ein starkes Zurückdrängen liberalen Gedankengutes in Richtung eines planwirtschaftlichen Staatsmonopolkapitalismus entwickeln.[19]

Rezeption

Der Religionswissenschaftler und Landesbeauftragte gegen Antisemitismus in Baden-Württemberg, Michael Blume, sieht in Äußerungen Kralls zum „Kulturmarxismus“ einen „Brückenschlag“ zwischen christlichem Fundamentalismus und Antisemitismus, mit dem „der Goldverkäufer“ Markus Krall „politik- und geldbezogene Interessen“ miteinander verbinde.[20] Nach Ansichten, die im Magazin Der Spiegel dargestellt wurden, vertrete Krall „rechte Umsturzphantasien“.[21]

Publikationen

  • Das Kurs-Gewinn-Verhältnis am japanischen Aktienmarkt. (= Schriften zu Regional- und Verkehrsproblemen in Industrie- und Entwicklungsländern. Band 60). Duncker & Humblot, Berlin 1994, ISBN 3-428-08121-8 (zugleich Dissertation an der Universität Freiburg im Breisgau, 1993).
  • Basel II – Ein Beitrag zur Wertschaffung in Banken? In: Thomas A. Lange, Heiko Schulze (Hrsg.): Wertmanagement in Banken. Gabler, Wiesbaden 2005, ISBN 3-409-14244-4, S. 215 f.
  • als Diogenes Rant (Pseudonym): Verzockte Freiheit. Wehrt euch! Politiker und Finanz-Eliten setzen unsere Zukunft aufs Spiel. FinanzBuch Verlag, München 2014, ISBN 978-3-89879-854-9.
  • Der Draghi-Crash. Warum uns die entfesselte Geldpolitik in die finanzielle Katastrophe führt. FinanzBuch Verlag, München 2017, ISBN 978-3-95972-072-4.
  • Wenn schwarze Schwäne Junge kriegen. Warum wir unsere Gesellschaft neu organisieren müssen. FinanzBuch Verlag, München 2018, ISBN 978-3-95972-151-6.
  • mit Florian Homm, Moritz Hessel u. a.: Der Crash ist da. Was Sie jetzt tun müssen! Anlagen, Immobilien, Ersparnisse, Arbeit. FinanzBuch Verlag, München 2019, ISBN 978-3-95972-231-5.
  • Die bürgerliche Revolution. Wie wir unsere Freiheit und unsere Werte erhalten. Langen Müller Verlag, Stuttgart 2020, ISBN 978-3-7844-3550-3.

Weblinks

Commons: Markus Krall – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. a b c d Goldhandel: Degussa-Chef Markus Krall: Provokateur mit Kalkül. Abgerufen am 30. Januar 2020.
  2. a b „Bürgerliche Revolution“ : Nach Kritik: Pro Mittelstand verteidigt Rednerauswahl. In: RP. Abgerufen am 29. Februar 2020.
  3. Markus Krall: Die bürgerliche Revolution. Stuttgart 2020, S. 223
  4. beck-shop.de: Dr. Markus Krall, Werdegang
  5. Twitter: Tweet. In: @Markus_Krall. 19. September 2019, abgerufen am 12. Oktober 2019.
  6. Insider warnt: „In zwei Jahren fliegt uns das Bankensystem um die Ohren“,focus.de, 7. März 2018, abgerufen am 9. Juni 2019.
  7. Der „Draghi-Crash“ ist nur eine Frage der Zeit, nzz.ch, 5. August 2017, abgerufen am 9. Juni 2019.
  8. Notger Blechner: Das Dilemma der EZB, boerse.ard.de, 14. Dezember 2017, abgerufen am 9. Juni 2019.
  9. Markus Krall: „Der Nullzins ist Ausdruck der Verachtung der Zukunft“. In: wallstreet online. 29. Januar 2020, abgerufen am 30. Januar 2020.
  10. Clemens Fuest, Timo Wollmershäuser: Niedrigzinsen: Ursachen und wirtschaftspolitische Implikationen. In: Wirtschaftsdienst. Band 100, Nr. 1, Januar 2020, ISSN 0043-6275, S. 9–12, doi:10.1007/s10273-020-2552-3 (springer.com [abgerufen am 30. Januar 2020]).
  11. „Epochale deflatorischen Krise ungefähr 2020“, jungefreiheit.de, 9. Mai 2018, abgerufen am 13. Juli 2019.
  12. Wenn schwarze Schwäne Junge kriegen. Warum wir unsere Gesellschaft neu organisieren müssen. FinanzBuch Verlag, München 2018
  13. Markus Krall 2021: Freiheit oder Untergang, S. 216ff.
  14. Jakob Blume: Degussa-Chef Markus Krall: Provokateur mit Kalkül, in: Handelsblatt vom 16. Januar 2020, siehe auch: Markus Krall im Interview mit Tichys Einblick, Youtube vom 29. Dezember 2019, ab Minute 20:10
  15. Markus Krall: Die bürgerliche Revolution, Stuttgart 2020, S. 241 f.
  16. Impressum, Webseite im Portal atlas-initiative.net, abgerufen am 3. Oktober 2020
  17. Atlas Initiative: Impressum. In: Atlas Initiative. Abgerufen am 26. März 2020 (deutsch).
  18. Erstunterzeichner. In: idw-europe.org. 7. Januar 2020, abgerufen am 25. September 2020 (deutsch).
  19. Christian Ortner: Szenario einer Katastrophe. In: wienerzeitung. Abgerufen am 16. Mai 2020.
  20. Michael Blume: Warum der Verschwörungsmythos vom „Kulturmarxismus“ so gefährlich ist, in: Belltower News vom 3. Dezember 2020, Link
  21. Maik Baumgärtner, Anabelle Körbel, Ann-Katrin Müller: Die verräterischen Kommentare des Hans-Georg Maaßen. In: Der Spiegel, 14. Mai 2021

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