Malešovice

Malešovice
Wappen von Malešovice
Basisdaten
Staat:Tschechien Tschechien
Region:Jihomoravský kraj
Bezirk:Brno-venkov
Fläche:920 ha
Geographische Lage:49° 1′ N, 16° 30′ O
Höhe:187 m n.m.
Einwohner:751 (1. Jan. 2021)[1]
Postleitzahl:664 65
Kfz-Kennzeichen:B
Struktur
Status:Gemeinde
Ortsteile:1
Verwaltung
Bürgermeister:Zdeněk Ševčík (Stand: 2009)
Adresse:Malešovice 50
664 65 Malešovice
Gemeindenummer:583332
Website:www.malesovice.cz

Malešovice (deutsch Malspitz) ist eine Gemeinde im Jihomoravský kraj (Südmähren) in Tschechien. Sie liegt 20 Kilometer südlich von Brno (Brünn). Der Ort ist als ein Platzdorf angelegt.

Geographie

Nachbarorte sind im Süden Odrovice (Odrowitz), im Westen Loděnice (Lodenitz), im Osten Medlov (Mödlau) und im Norden Kupařovice (Kuprowitz).

Geschichte

Hauptplatz von Malspitz

Im 11. bis 13. Jahrhundert kam es zu einer großen Siedlungsbewegung von West nach Ost. Mähren wurde von 1031 bis 1305 von der Dynastie der Přemysliden regiert. Um größere Gebiete landwirtschaftlich zu nutzen und damit höhere Erträge zu erzielen, bewarben sie die Kolonisten zum Beispiel mit zehn Jahre Steuerfreiheit (deutsches Siedlerrecht). Bis zum Jahre 1150 wurde das Gebiet um Mikulov (Nikolsburg) und Znojmo (Znaim) von deutschen Einwanderern aus Niederösterreich besiedelt. Die bis 1945 gesprochene ui-Mundart und die Anlage des Dorfes bekunden, dass sie ursprünglich aus den bairischen Gebieten der Bistümer Regensburg und Passau stammten. Sie brachten neue landwirtschaftliche Geräte mit und führten die ertragreiche Dreifelderwirtschaft ein.[2][3][4][5][6]

Die erste urkundliche Erwähnung von Malspitz stammt aus dem Jahre 1276. Eine vorher datierte Urkunde konnte als Fälschung identifiziert werden. Auch in den Jahren 1348, 1498, 1593 und 1674 erscheint der Ort in verschiedenen Urkunden. Im Jahre 1580 kam Malspitz unter die Verwaltung des Klosters Rosa Coeli. In der Zeit der Reformation, der religiösen Erneuerungsbewegung der Kirche, kam es zur Gründung der evangelischen Kirche und der Ort wurde 1556 lutherisch.

Nach dem Böhmischen Ständeaufstand 1618, der den Dreißigjährigen Krieg auslöste, sowie dem Sieg der Kaiserlichen in der Schlacht am Weißen Berg, wurde der Ort konfisziert und im Jahre 1622 an Kardinal Franz von Dietrichstein verkauft. Er führte die Gegenreformation im Malspitz ein, wodurch die Einwohner zum katholischen Glauben zurückgeführt wurden. 1645 wurde Malspitz von schwedischen Truppen unter Lennart Torstensson besetzt. Der Goldschmied Simon Fischer aus Malspitz erhielt im Jahre 1652 die Brünner Bürgerrechte, weil er in den Jahren 1643 und 1645 an der Verteidigung Brünns gegen die Schweden teilgenommen hatte. Ein wichtiger wirtschaftlicher Zweig in Malspitz war das Bleichen von Leinen.[7]

Ab 1722 ist Malspitz wieder eine selbstständige Pfarre. Im Jahre 1858 übernehmen die Grafen von Herberstein das Patronat über die Pfarre. Ein digitales Ortsfamilienbuch von Malspitz auf der Basis der Pfarrbücher wurde 2020 erstmals publiziert.[8]

Eine Freiwillige Feuerwehr wurde im Jahre 1878 gegründet. Das ausgeglichene warme Klima macht das Gebiet zu einem fruchtbaren Gartenland für Wein und Obst mit besonderer Qualität. So wachsen in der Gemeinde im Jahre 1928 über 23.000 Obstbäume. Neben allen Getreidearten wachsen auch Zuckerrüben, Öl- und Hülsenfrüchte, Feldgemüse, Tomaten, Paprika und verschiedene Kohlarten. Neben den üblichen Kleingewerbe gab es im Ort eine Gärtnerei, eine Milchgenossenschaft und eine Zuckerrübengenossenschaft.[9]

Einer der Nachfolgestaaten Österreich-Ungarns nach dem Ersten Weltkrieg, 1914–1918, war die Tschechoslowakei, die jene deutschsprachigen Gebiete Böhmens, Mährens und Österreichisch-Schlesiens für sich beanspruchte, die ab Ende 1918 als Deutschösterreich galten. Der Vertrag von St. Germain[10] sprach diese strittigen Territorien gegen den Willen der dortigen deutschen Bevölkerung der Tschechoslowakei zu. Damit fiel auch Malspitz dessen Bewohner 1910 zu 97 % Deutschmährer waren, an den neuen Staat. Maßnahmen folgten wie die Bodenreform und die Sprachenverordnung, wodurch es durch Siedler und neu besetzte Beamtenposten zu einem vermehrten Zuzug von Personen tschechischer Nationalität kam.[11] Die entstehenden wachsenden Autonomiebestrebungen der Deutschen führten zu Spannungen innerhalb des Landes und im weiteren zum Münchner Abkommen, das die Abtretung der sudetendeutschen Gebiete an Deutschland regelte. Zwischen 1938 und 1945 gehörte der Ort Malspitz zum Reichsgau Niederdonau.

Der Zweite Weltkrieg forderte 52 Opfer von der Gemeinde und endete am 8. Mai 1945. Die im Münchener Abkommen (1939) an Deutschland übertragenen Territorien wurden im Rückgriff auf den Vertrag von Saint-Germain (1919) wieder der Tschechoslowakei zurückgegeben. Vor den einsetzenden Exzessen durch militante Tschechen flohen viele Deutschsüdmährer nach Österreich. Andere wurden über die Grenze getrieben. Dabei kam es zu fünf Ziviltoten.[12] Das Beneš-Dekret 115/46 (Straffreiheitsgesetz) erklärt derlei Handlungen bis 28. Oktober 1945 im Kampfe zur Wiedergewinnung der Freiheit ..., oder die eine gerechte Vergeltung für Taten der Okkupanten oder ihrer Helfershelfer zum Ziel hatte, ... für nicht widerrechtlich. Die Siegermächte des Zweiten Weltkrieges nahmen am 2. August 1945 im Potsdamer Protokoll, Artikel XIII, zu den laufenden „wilden“ Vertreibungen der deutschen Bevölkerung konkret nicht Stellung. Explizit forderten sie jedoch einen „geordneten und humanen Transfer“ der „deutschen Bevölkerungsteile“, die „in der Tschechoslowakei zurückgeblieben sind“.[13][14] Zwischen dem 6. April und 3. Oktober 1946 wurden 154 deutsche Mahlspitzer nach Westdeutschland zwangsausgesiedelt.[15][16] Laut Bericht von Francis E. Walter an das US-Repräsentantenhaus erfolgten diese Transporte zu keiner Zeit in „ordnungsgemäßer und humaner“ Weise.[17] Elf Personen verblieben im Ort. Gemäß dem Beneš-Dekret 108 wurde das gesamte Vermögen der deutschen Einwohner sowie das öffentliche und kirchliche deutsche Eigentum konfisziert und unter staatliche Verwaltung gestellt. Seitens der Tschechischen Republik erfolgte keine Abgeltung für das eingezogene Vermögen. Malspitz wurde wieder neu besiedelt.[18]

Die in Österreich befindlichen Malspitzer wurden bis auf etwa 40 %, in Übereinstimmung mit den ursprünglichen Überführungs-Zielen[19][20] des Potsdamer Protokolls nach Deutschland weiter transferiert. Matriken werden seit 1723 geführt. Onlinesuche über das Landesarchiv Brünn.[21]

1976 wurde Malspitz verwaltungsmäßig der Gemeinde Odrovice zugewiesen.

Rekonstruktion des Kriegerdenkmals

Kriegerdenkmal des Ersten Weltkrieges

Für die im Ersten Weltkrieg Gefallenen errichteten 1924 die Bewohner von Malspitz im Ortszentrum ein Kriegerdenkmal. Nach der Flucht und Vertreibung der Deutsch-Südmährer (1945, 1946) wurde es weitgehend zerstört. 1994 erfolgte die aufwendige Restaurierung der Gedenkstätte durch die ehemaligen Malspitzer. Dabei wurde nicht nur der Gefallenen des Ersten Weltkrieges, sondern auch, durch eine zusätzlich angebrachte Tafel, an die Kriegstoten des Zweiten Weltkrieges erinnert.[22]

Wappen und Siegel

Das Siegel des Ortes stammte aus dem 18. Jahrhundert. In einem äußeren Blattkranz und einem inneren Perlenkranz stand ursprünglich die Umschrift "SIGI.ZVR:GEMAAN:MALSPITZ". In der Mitte des Siegels ist ein Pflugeisen abgebildet. Links neben dem Pflugeisen befindet sich ein fünfblättriger Rebzweig mit einer Weintraube. Auf der rechten Seite zeigt sich ein Blütenzweig und ein Rebmesser.[23]

Bevölkerungsentwicklung

VolkszählungEinwohner gesamtVolkszugehörigkeit der Einwohner
JahrDeutscheTschechenAndere
188047747025
1890584559250
1900565541240
1910575558170
19216015345710
1930515481313

[24]

Sehenswürdigkeiten

  • Die Pfarrkirche St. Stephan von 1276 war ursprünglich eine Wehrkirche. 1886 erfolgte ein Umbau in neugotischen Stil; das Hochaltarbild schuf 1852 der Kunstmaler Hämmerlein.
  • Statuen der Heiligen Nepomuk und Florian[25][26]

Quellen und Literatur

  • Historische Entwicklung und Aufbau der Gemeinde Malspitz
  • Franz Beyer: Gedenkbuch der Gemeinde Malspitz 1929
  • Wilhelm Szegeda: Heimatkundliches Lesebuch des Schulbezirks Nikolsburg, 1935, approbierter Lehrbehelf, Verlag Lehrerverein Pohrlitz, Mahlspitz S. 115.
  • Erich Wrbka: Malspitz, ein deutsches Dorf in Südmähren 1987
  • Wenzel Max: Thayaland, Volkslieder und Tänze aus Südmähren. 1984, Geislingen/Steige
  • Felix Bornemann: Kunst und Kunsthandwerk in Südmähren. C. Maurer Verlag, Geislingen/Steige 1990, ISBN 3-927498-13-0, S. 19.
  • Bruno Kaukal: Die Wappen und Siegel der südmährischen Gemeinden. Josef Knee, Wien 1992, ISBN 3-927498-19-X, S. 131f.
  • Alfred Schickel, Gerald Frodl: Geschichte Südmährens. Band 3. Die Geschichte der deutschen Südmährer von 1945 bis zur Gegenwart. Südmährischer Landschaftsrat, Geislingen an der Steige 2001, ISBN 3-927498-27-0, S. 252 f.
  • Elsa Jagenteufel: Meine Erinnerungen an das Jahr 1938. Eigenverlag, 1997.
  • Walfried Blaschka, Gerald Frodl: Der Kreis Nikolsburg von A bis Z. S. 118f, Südmährischer Landschaftsrat, Geislingen/Steige 2006
  • Archiv Mikulov: Odsun Němců – transport odeslaný dne 20. května 1946

Weblinks

Commons: Malešovice – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Český statistický úřad – Die Einwohnerzahlen der tschechischen Gemeinden vom 1. Januar 2021 (PDF; 349 kB)
  2. planet-wissen.de
  3. Joachim Rogall: Deutsche und Tschechen: Geschichte, Kultur, Politik Verlag C. H. Beck, 2003, ISBN 3-406-45954-4. Geleitwort von Václav Havel. Kapitel: Die Přemysliden und die deutsche Kolonisierung S33 f.
  4. Leopold Kleindienst: Die Siedlungsformen, bäuerliche Bau- und Sachkultur Südmährens. 1989, S. 9.
  5. Universität Giessen (Hrsg.): Sudetendeutsches Wörterbuch Band 1, 1988, Oldenbourg Verlag, ISBN 978-3-486-54822-8.
  6. Hans Zuckriegl: Wörterbuch der südmährischen Mundarten. Ihre Verwendung in Sprache, Lied und Schrift. 25,000 Dialektwörter Eigenverlag. 1999.
  7. Franz Josef Schwoy: Topographie vom Markgrafthum Mähren, 1793, S. 218.
  8. Thomas Schift: Ortsfamilienbuch Malspitz Abgerufen am 17. Oktober 2020
  9. Walfried Blaschka, Gerald Frodl: Der Kreis Nikolsburg von A bis Z. 2006, S. 119.
  10. Felix Ermacora: Der unbewältigte Friede: St. Germain und die Folgen; 1919–1989 , Amalthea Verlag, Wien, München, 1989, ISBN 3-85002-279-X.
  11. Johann Wolfgang Brügel: Tschechen und Deutsche 1918–1938, München 1967.
  12. Walfried Blaschka, Gerald Frodl: Der Kreis Nikolsburg von A-Z, Südmährischer Landschaftsrat, Geislingen an der Steige, 2006, S. 216.
  13. Charles L. Mee: Die Potsdamer Konferenz 1945. Die Teilung der Beute. Wilhelm Heyne Verlag, München 1979, ISBN 3-453-48060-0.
  14. Milan Churaň: Potsdam und die Tschechoslowakei. 2007, ISBN 978-3-9810491-7-6.
  15. Archiv Mikulov, Odsun Němců – transport odeslaný dne 20. května, 1946.
  16. Wilhelm Jun, Ludislava Šuláková: Die Problematik des Abschubs der Deutschen in den Akten des Volksausschusses (MNV) und des Bezirks-Volksausschusses (ONV) Nikolsburg. Verlag Maurer, Südmährisches Jahrbuch 2001, S. 45, ISSN 0562-5262
  17. Walter, Francis E.: Expellees and Refugees of German ethnic Origin. Report of a Special Subcommittee of the Committee on the Judiciary, House of Representatives, HR 2nd Session, Report No. 1841, Washington, March 24, 1950.
  18. Alfred Schickel, Gerald Frodl: Geschichte Südmährens. Band 3. Die Geschichte der deutschen Südmährer von 1945 bis zur Gegenwart. Südmährischer Landschaftsrat, Geislingen an der Steige 2001, ISBN 3-927498-27-0, S. 252 f. (Malspitz).
  19. Cornelia Znoy: Die Vertreibung der Sudetendeutschen nach Österreich 1945/46, Diplomarbeit zur Erlangung des Magistergrades der Philosophie, Geisteswissenschaftliche Fakultät der Universität Wien, 1995.
  20. Brunnhilde Scheuringer: 30 Jahre danach. Die Eingliederung der volksdeutschen Flüchtlinge und Vertriebenen in Österreich, Verlag: Braumüller, 1983, ISBN 3-7003-0507-9.
  21. Acta Publica Registrierungspflichtige Online-Recherche in den historischen Matriken des Mährischen Landesarchivs Brünn (cz, dt). Abgerufen am 24. März 2011.
  22. Rekonstruktion des Kriegerdenkmals in Malspitz / Malešovice (Memento des Originals vom 15. Juni 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.sudetendeutsche-heimatpflege.de, abgerufen am 12. Juni 2015.
  23. Codex diplomaticus et epistolaris Moraviae, Band VI, S. 121.
  24. Historický místopis Moravy a Slezska v letech 1848–1960, Band 9, 1984.
  25. Johann Zabel: Kirchlicher Handweiser für Südmähren, 1941, Generalvikariat Nikolsburg, Malspitz S. 42.
  26. Felix Bornemann: Kunst und Kunsthandwerk in Südmähren. 1990, Malspitz S. 19.

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