Maisbach (Nußloch)

Maisbach
Gemeinde Nußloch
Koordinaten: 49° 19′ 38″ N, 8° 43′ 43″ O
Höhe: 200 m
Einwohner:175
Eingemeindung:1937
Postleitzahl:69226
Vorwahl:06224
Maisbach, Ortsmitte mit Dorfbrunnen und Milchhäusel

Maisbach ist ein Ortsteil von Nußloch im Rhein-Neckar-Kreis, etwa 12 km südlich von Heidelberg. Die Ortschaft wird im Jahr 1256 als kleines, bäuerliches Haufendorf erstmals urkundlich erwähnt. Bis zum heutigen Tag ist Maisbach überwiegend landwirtschaftlich geprägt, wobei Viehzucht und Weidewirtschaft schwerpunktmäßig betrieben werden.

Geographie

Lage

Der Ort liegt in einer eng eingeschnittenen Mulde des östlich abfallenden Hirschbergs und der Kraichgauer Hügelkette Schatthausen - Ochsenbach. Damit hat Maisbach Anteil an zwei Naturräumen. Im Norden und Westen finden sich die Ausläufer des Kleinen Odenwalds. Im Süden wie im Osten schließt sich das Kraichgauer Hügelland mit seinen lössbedeckten, fruchtbaren Böden an[1]. Das Maisbachtal durchfließt der namensgebende Maisbach. Er entspringt am nordöstlichen Ortsende, unweit des heutigen Amerikanerweg/Waldstraße (damals Gemarkung Hintere Wiesen) und vereint sich im Maisbacher Tal mit dem Daisbach. Beide münden am nördlichen Ortsrand von Baiertal in den Gauangelbach, unweit des Golfclubs Hohenhardter Hof. In der Nacheiszeit waren die Bäche wesentlich stärker ausgeprägt; sie haben das heutige Maisbacher Tal geformt.

Im Maisbachtal findet traditionell überwiegend Grünlandbewirtschaftung statt. Die ausgedehnten Wiesenflächen sind ideal für die Freilandhaltung von Rindern und Pferden. Noch bis in die 1960er Jahre war die feuchte Talsenke reich an Amphibien, wie Grasfrösche und Erdkröten, die mittlerweile nahezu verschwunden sind. Auch die Quellregion des Maisbachs sowie das daran anschließende oberirdisch verlaufende Bachbett auf der Gemarkung "Hintere Wiesen" sind seit mehreren Jahren trocken. Eine Folge des Klimawandels aber auch der zunehmenden Wasserentnahme für die Trinkwasserversorgung.

Über die Kreisstraße 4157 ist Maisbach mit den Gemeinden Nußloch und Ochsenbach direkt verbunden. Die Straße ist für den Schwerlastverkehr ganzjährig gesperrt. Eine weitere Verkehrsanbindung erfolgt über die K 4158 (einst Schatthäuser Weg, heute Baiertaler Straße). Sie zweigt in der Ortsmitte von Maisbach in Richtung Baiertal ab.

Geschichte

Maisbach (einst: Musebach, Moosbach, Meußbach, danach bis in das 19. Jh. Maisbachhof) wird 1256 als kleines, bäuerliches Haufendorf erstmals urkundlich erwähnt.[2] In den Folgejahren 1369, 1475, 1480 und 1504 finden sich Belege, dass das Dorf zum Meckesheimer Zent (= historische Verwaltungseinheit für Recht und Steuer) gehört.[3] 1346 verlegt Pfalzgraf Ruprecht I. das Zentgericht von Meckesheim nach Neckargemünd. Deshalb spricht man in manchen Quellen auch vom Neckargemünder Zent.

Der Bauernprophet Johann Adam Müller, Radierung von Ferdinand Boselli, 1816.

Durch die gravierenden Ereignisse im Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) war Maisbach für mehrere Jahre entvölkert.[4] Insbesondere um das Jahr 1632 zogen zahlreiche marodierende Söldnerhaufen plündernd und mordend durch die Dörfer des nördlichen Kraichgaus. Nach dem Westfälischen Frieden 1648 und einer kurzen Erholungsphase verursachte der Pfälzische Erbfolgekrieg (1685–1697) erneut viel Leid und Tod in der Region um Heidelberg.[5] Unter kurpfälzischer Verwaltung erfolgt 1780 eine Zusammenlegung mit der Nachbargemeinde Ochsenbach, die bis 1937 andauerte. Danach wurde Maisbach im Rahmen einer Verwaltungsreform der Gemeinde Nußloch eingegliedert.[6] Die Verordnung aus dem Dritten Reich ist bis heute gültig.

Mit Gründung der Rheinbundstaaten 1803 durch Napoleon wurde die kurpfälzische Gemeinde badisch.[7] In diesen bewegten Zeiten machte ein Maisbacher Bauer von sich reden. Johann Adam Müller (1769–1832), ursprünglich ein Meckesheimer, der nach seiner Heirat nach Maisbach (damals noch Maisbachhof) übersiedelte, wurde durch seine prophetischen Vorhersagen zu politischen Ereignissen und Entwicklungen weithin bekannt.[8] Seine Visionen und Erscheinungen traten relativ regelmäßig in schlaflosen Nächten auf. Die Heidelberger Schriftstellerin Irma von Drygalski würdigte 1928 den Maisbacher Bürger in ihrem Roman "Der Bauernprophet"[9][10]. Auf alte Ratsprotokolle und mündliche Überlieferungen gestützt, erzählt Drygalski das Schicksal des Bauern, der mit dem zweiten Gesicht begabt, zu König Friedrich Wilhelm III. nach Königsberg reiste, um ihn zum Kampf gegen Napoleon zu bewegen. Angelehnt an den Roman wurde 1994 das Volksstück vom "Bauernpropheten" in Nußloch, auf dem historischen Anwesen des Adelsgeschlechts von Bettendorf, von der Interessengemeinschaft Volksschauspiele Nußloch e. V. uraufgeführt.[11] Aufgrund des großen Erfolgs fand im Jahr 1996 eine Neuauflage der Veranstaltung statt. Bereits 1986 wurde der Maisbacher Dorfplatz mit Brunnen und Milchhäusel neu gestaltet und im Gedenken an Johann Adam Müller benannt.

Wirtschaft und Infrastruktur

Maisbacher Schulgebäude, erb. 1873, mit Uhr und Glockenstuhl
Schulhaus, Inschrift über der Eingangstür

Schule, Kirche

In Maisbach findet ab 1844 regelmäßiger Schulunterricht statt. Da im Ort kein entsprechendes Gebäude vorhanden ist, wird zunächst eine Schulstube angemietet. 1871 kauft die Gemeinde am „Krisenrain“ ein Grundstück als Bauplatz für ein eigenes Schulhaus. Als das Bauwerk im Jahr 1873 eingeweiht wird, läuten vom Dachreitertürmchen zwei Bronzeglocken, die vom Landwirt Johann Georg Sickmüller unter der Bedingung gestiftet wurden, dass das Schulhaus zugleich die fehlende Kirche ersetzt und die Räumlichkeiten auch für Gottesdienste genutzt werden dürfen.

Nach Einweihung der Maisbacher Schule 1873, beginnt auch der Unterricht, und zwar für alle Schüler der Klassen 1–8 gemeinsam in einem Raum. Am 1. Dezember 1966 wird nach Beschlussvorlage des Nußlocher Gemeinderats der Schulbesuch nach Nußloch verlegt. Damit verbunden ist ebenso die Versetzung des letzten Maisbacher Lehrers, Fritz Kögel, an die Nußlocher Volksschule[12]. Es liegt auf der Hand, dass die Einwohner von Maisbach über diese Entscheidungen wenig erfreut waren. Mit der Eröffnung der "Maisbacher Bücherstube" 1977, kehrt nach 11 Jahren wieder eine öffentliche Bildungseinrichtung in das Schulgebäude zurück. Die Reparatur der Turmuhr sowie die Elektrifizierung des Glockengeläuts folgen im Jahr 1979. Auf dem Schulhaus existierte auch eine Dachsirene, die ggf. wieder installiert werden soll.

Maisbacher Milch

Das Maisbacher Milchhäusel geht auf das Jahr 1933 zurück. Nach einem damaligen Regierungserlass, musste die gesamte Milch (ausgenommen Eigenbedarf) aus den landwirtschaftlichen Betrieben zur Sicherstellung der Ernährung der Allgemeinheit abgegeben werden. So entstand im gleichen Jahr unter Zeitdruck der Bau eines Milchhäusels, das mittels Eigenleistung der Maisbacher Bürger finanziert werden musste. Das Grundstück sowie den Brunnenanschluss an die Maisbachquelle zur Kühlung der Milchkannen, stellte die Gemeinde Nußloch zur Verfügung. Fast täglich erschien ein Tankfahrzeug des Molkereiverbands, um die Milch in Maisbach und Ochsenbach abzuholen. Die Bedeutung der Milchsammelstellen nahm in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts infolge des Strukturwandels und der immer geringer werdenden Milchproduktion stetig ab.[13] So auch in Maisbach. Hier endete das Procedere 1978. Danach war es den Landwirten wieder gestattet, ihre überschüssige Milch direkt zu vermarkten.

Bis zum heutigen Tag ist Maisbach überwiegend landwirtschaftlich geprägt, wobei Viehzucht und Weidewirtschaft schwerpunktmäßig betrieben werden. Im benachbarten Hofgut Neurott wird seit vielen Jahren die Rinderoffenstallhaltung erfolgreich praktiziert. In die Haltung sind auch Pferde integriert. Die Verdienstmöglichkeiten der Bauern vor Ort war nicht immer so gut. Noch im 19. Jahrhundert kam es aufgrund der badischen Realteilung und der allgemein schlechten wirtschaftlichen Lage zu zahlreichen Auswanderungen, meist nach Nordamerika[14]. Der wirtschaftliche Aufschwung nach dem Krieg 1870/71 wirkte sich auch auf die Auswanderungszahlen aus, sie gingen danach erheblich zurück.

Gasthäuser

1951 eröffnete Georg Hessenauer in seinem Hofgut an der Baiertaler Straße 5 das bekannte Gasthaus Zum Maisbacher Tal. Damit die Maisbacher Einwohner ihre Haushaltswaren und Lebensmittel nicht auswärts einkaufen müssen, schloss er an das Wirtshaus noch ein kleines Ladengeschäft an. Sowohl dieses Gasthaus als auch eine weitere Gaststätte Zur Rose (ehem. Inh.: P. Zuber)[15] existieren nicht mehr.

Persönlichkeiten

  • Johann Adam Müller (* 27. März 1769 in Meckesheim; † 9. Dezember 1832 in Maisbach), der "Bauernprophet". Nach ihm ist seit 1986 der Dorfplatz von Maisbach (Johann-Adam-Müller-Platz) benannt.
  • Philipp Gebhard Stay (1821–1880), war von 1845 bis 1849 Lehrer in Maisbach[16], Mitbegründer des "Allgemeinen Badischen Lehrervereins" (später: Badischer Lehrerverein) und Hauptautor der Zeitung "Volksführer". Als engagierter Anhänger der Badischen Revolution (1848/49), floh er 1849 nach deren Scheitern in die Schweiz, kehrte aber 1862 nach einer allgemeinen Amnestie durch Großherzog Friedrich I.[17] nach Deutschland zurück. Er verstarb 1880 in Magdeburg. Die "Staystraße" im Westen Nußlochs, erinnert an sein Leben und Wirken.

Literatur

  • Rüdiger Lenz: Territorialisierung einer vorterritorialen Grösse – Die Geschichte der Zent Meckesheim. In: Kraichgau. Beiträge zur Landschafts- und Heimatforschung Hrsg. Heimatverein Kraichgau. Bd. 20, 2007, S. 31–45.
  • Nußloch: ein Heimatbuch; Texte, Bilder und Dokumente (Hrsg. vom Bürgermeisteramt Nußloch. Red. Bearb.: Josef von Golitschek) 1966; Seiten 130 bis 133.
  • Nußloch – Wie wir es kennen und lieben.(Hrsg. Bürgermeisteramt Nußloch, Red. Heinrich Schmidt). Nußloch 1984. 151 S.
  • Das Land Baden-Württemberg. Amtliche Beschreibung nach Kreisen und Gemeinden. Band V: Regierungsbezirk Karlsruhe Kohlhammer, Stuttgart 1976, ISBN 3-17-002542-2. S. 387–388.
  • Leopold Feigenbutz (Hrsg.) 1878: Der Kraichgau und seine Orte. Buchdruckerei Fr. Leitz, Bretten, 403 S. (Reprint: Magstadt bei Stuttgart, 1976).
  • Johann Christoph Hoffbauer (1817): Johann Adam Müller. Der Prophet und sein Vater. Verlag Berlin u. Halle.
  • Karl Heinrich Gottfried, Witte (1816): Geschichte, Erscheinungen und Prophezeiungen des Joh. Adam Müller, eines Landmanns auf dem Maisbacher Hofe, zwei Stunden von Heidelberg. Nebst allen dazu gehörigen Original-Briefen in getreuen Abschriften und der Widerlegung von 37 Unrichtigkeiten in der ohne sein Wissen erschienenen Schrift: Johann Adam Müller der neue Prophet [...] Mit dem getreuen Bildnisse des Mannes [...] Aus seinem eigenen Munde aufgesetzt. Wilmans, Frankfurt am Main.
  • Karl, Pfaff: Heidelberg und Umgebung. Verlag Brigitte Guderjahn, Heidelberg 1995, ISBN 3-924973-26-1. Nachdruck der 3. umgearbeiteten Auflage von 1910.
  • Der Rhein-Neckar-Raum und die Revolution von 1848/49. Revolutionäre und ihre Gegenspieler. Hrsg. v. Arbeitskreis der Archive im Rhein-Neckar-Dreieck. Mit Beiträgen von Hans Fenske und Erich Schneider. Verlag Regionalkultur Ubstadt-Weiher, 1998. ISBN 3-929366-64-9
  • Clemens Rehm, Becht, Hans-Peter & Hochstuhl, Kurt (2002): Baden 1848/49: Bewältigung und Nachwirkung einer Revolution.Thorbecke, 371 Seiten.

Einzelnachweise

  1. leo.bw [1], abgerufen am 11. November 2021
  2. Wohnplatz Maisbach Historisches Ortslexikon leo.bw, abgerufen am 3. Januar 2022
  3. Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe Ältere Bestände (vornehmlich aus der Zeit des Alten Reichs), Spezialakten der kleineren Ämter und Orte / ca. 1200–1880 Akten.
  4. Homepage Gemeinde Nußloch www.nussloch.de, abgerufen am 11. November 2021
  5. Der Pfaltz am Rhein Staat-, Land-, Staedt- und Geschicht-Spiegel, S. 38
  6. Das Land Baden-Württemberg. Amtliche Beschreibung nach Kreisen und Gemeinden. Band V: Regierungsbezirk Karlsruhe Kohlhammer, Stuttgart 1976, ISBN= 3-17-002542-2, S. 387–388.
  7. leo.bw Maisbach [2], abgerufen 20. März 2021
  8. Landesbibliographie Baden-Württemberg online [3], abgerufen 6. Mai 2022
  9. leo.bw Irma von Drygalski[4], abgerufen am 24. Oktober 2021
  10. Institut für Germanistik der Universität Innsbruck: Projekt Historischer Roman, Datenbankeintrag
  11. https://www.nussloch.de/index.php?id=131&L=0
  12. Gemeinde Nußloch (Hrsg.): Nußlocher Heimatbuch − Eine Fortschreibung. 2019, S. 65
  13. Helmut Ottenjann, Karl-Heinz Ziessow (Hrsg.): Die Milch, Geschichte und Zukunft eines Lebensmittels. Museumsdorf Cloppenburg, 1996, ISBN 3-923675-60-7.
  14. Auswanderer, leo.bw [5], abgerufen am 11. November 2021
  15. Heimatverein Nußloch[6], abgerufen am 2. Januar 2022
  16. Leimenblog.de [7], abgerufen am 3. April 2022
  17. Gnadenerlass des Großherzogs vom 7. August 1862. In: Großherzoglich Badisches Regierungsblatt Nr. XXXVII. vom 8. August 1862, S. 315

Weblinks

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Maisbach, Baiertalerstraße
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Hofgut Neurott bei Maisbach (Nußloch)
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Maisbach Ortsmitte, Blick nach Osten
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Verlassenes Hofgut in Maisbach, Waldstraße 4 (Aufn. Mai 2022)
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Brustbild des Bauernpropheten Johann Adam Müller (* 27. März 1769 in Meckesheim; † 9. Dezember 1832 in Maisbach).
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Maisbach, Viehweide mit Fleckvieh (Bos taurus). Eine Rinderrasse, die ursprünglich aus der Schweiz stammt
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Maisbacher Schulgebäude mit Uhr und Glockenstuhl
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Maisbach, Ortsmitte mit Dorfbrunnen