Lux Guyer

Lux Guyers Eigenheim «Sunnebüel», Am Itschnacherstich 1, in Küsnacht
Susenbergstrasse Nr. 101 in Fluntern (Zürich). Aufnahme: zwischen 1918 und 1937
Schweizerische Ausstellung für Frauenarbeit SAFFA im Jahr 1928
Wohnkolonie für alleinstehende Frauen im Lettenhof (Zürich) im Jahr 2019

Lux Guyer, eigentlich Luise Guyer, (* 20. August 1894 in Zürich; † 26. Mai 1955 ebenda) war eine Schweizer Architektin.

Leben

Guyer wurde als Tochter eines Primarlehrers in Zürich geboren und wuchs mit zwei Schwestern auf. Nach Primar-, Sekundar- und Töchterschule (Kantonsschule) besuchte sie 1916/17 Kurse für Innenarchitektur bei Wilhelm Kienzle an der Kunstgewerbeschule Zürich und war 1917/18 Fachhörerin am Polytechnikum (ETH Zürich). Weshalb sie sich nicht an der ETH immatrikulierte, ist nicht bekannt.[1] Nebenbei arbeitete sie als Teilzeitmitarbeiterin im Büro von Gustav Gull in Zürich.

Von 1918 bis 1924 erweiterte sie ihr architektonisches Wissen und Können auf Studienreisen nach Paris, Florenz, Berlin (im Büro der ersten deutschen promovierten Architektin Marie Frommer) und London. Sie eröffnete 1924 in der Schweiz ein eigenes Architekturbüro und ist die bekannteste der selbständigen Schweizer Architektinnen des frühen 20. Jahrhunderts.[2][3][4][5]

1930 heiratete Guyer den ETH-Bauingenieur Hans Studer und wurde Mutter eines Sohnes (Urs).[6] Trotz der Krise nach dem Zweiten Weltkrieg führte sie das Architekturbüro unter ihrem Namen weiter.[7]

Nach ihrem Tod 1955 übernahm ihre Nichte Beate Schnitter (* 1929) das Büro.[8]

1995 wurde der Lux-Guyer-Weg im Zürcher Quartier Unterstrass, der von der Kornhausbrücke zum Jugendkulturhaus Dynamo führt, nach ihr benannt.

Werk

Zu Guyers Werken gehören sowohl private Einfamilienhäuser wie städtische Siedlungsbauten, Wohnheime (beispielsweise 1926/27 die Frauenwohnkolonie Lettenhof für alleinstehende Frauen oder 1927/28 das Studentinnenheim Fluntern) und Wohnhäuser in Vorortslage. Guyer war leitende Architektin der Schweizerischen Ausstellung für Frauenarbeit (SAFFA) in Bern (1928)[9] und schuf das Holzfertighaus SAFFA-Haus. Einen gewichtigen Teil ihrer Bauten realisierte sie zwischen 1925 und 1935, dem Jahrzehnt, in dem die klassische Moderne ihren Höhepunkt erreichte.[10] Nach 1935 baute sie traditionellere und handwerklichere Häuser. Guyers Eigenheim in Küsnacht, das «Sunnebüel», ist heute ein Schutzobjekt von nationaler Bedeutung.

«Lux Guyer war eine Architektin, der es um Modernität im Sinne der Freiheit von gesellschaftlichen und kulturellen Vorurteilen, um Freiheit von einengenden Dogmen gleich welcher Art ging.» Selbst für ihre Zeit waren die Bauten durchaus unkonventionell und mussten beispielhaft bewohnt werden, bevor sie Käufer fanden. Guyers Architektur war anti-repräsentativ und nicht-hierarchisch, sie war eine Collage unterschiedlicher Module. Die Räume sind locker verbunden, oft mehrfach erschlossen und können damit verschiedene Funktionen erfüllen, ohne unbestimmt zu bleiben. Lichtführung und Blickachsen spielen eine zentrale Rolle, ebenso die ganz bewusste, variantenreiche Gestaltung der Oberflächen und Farben, der Fussböden, Wände und Decken. «Diese beiden Kriterien – Atmosphäre und Beweglichkeit – scheinen den Kern dessen auszumachen, was Lux Guyer als ihren Zugang zum modernen Wohnen […] begriff.»[11]

Ehrung

Lux Guyer Gedenktafel, Bahnhofstrasse 71, Zürich
Lux Guyer Gedenktafel, Bahnhofstrasse 71, Zürich

Lux Guyer wurde für ihr Schaffen anlässlich des Sechseläutens 1997 von der Gesellschaft zu Fraumünster geehrt. Eine Gedenktafel befindet sich an der Bahnhofstrasse 71 in Zürich.

Schriften

  • Autobiografie, in: Elga Kern (Hrsg.): Führende Frauen Europas. In 25 Selbstschilderungen. Neue Folge. E.Reinhardt, München 1930, S. 64–69.

Literatur

Weblinks

Commons: Lux Guyer – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Hörer haben keinen Studentenstatus und können deshalb keinen ETH-Abschluss bzw. kein ETH-Diplom erwerben. Die erste Architektin, die Schottin Flora Steiger-Crawford, schloss ihr Studium 1923 an der ETH ab. Geschichte der Frauen an der ETH
  2. Verena Bodmer-Gessner: Die Zürcherinnen. Kleine Kulturgeschichte der Zürcher Frauen. Berichthaus, Zürich 1961, S. 121.
  3. Lux Guyer, Architektin und Baupionierin (Memento des Originals vom 11. November 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.anna-lux-und-evelyne.ch
  4. gta 50 ETHZ: Lux Guyer (1894–1955)
  5. nextroom.at: Lux Guyer, Zürich
  6. Häuser berühmter Küsnachter, auf kuesnacht.ch
  7. Ulrike Eichhorn: Architektinnen. Ihr Beruf. Ihr Leben. Edition Eichhorn, Berlin 2013, ISBN 978-3-8442-6702-0.
  8. Beate Schnitter (Küsnacht ZH): Das Haus einer berühmten Tante und ein Lebenswerk für die Baukultur (Memento des Originals vom 12. Februar 2019 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kulturerbe2018.ch, auf kulturerbe2018.ch (publiziert 13. Juni 2018, abgerufen am 10. Februar 2019).
  9. Hans Bernoulli: Die Bauten der Saffa. In: Das Werk Bd. 15 (1928), Nr. 8, S. 226–231, doi:10.5169/seals-15200.
  10. Bettina Köhler: Das japanische Maiensäss. Lux Guyer, die Reform und die Atmosphäre(n). In: Sylvia Claus, Dorothee Huber, Beate Schnitter (Hrsg.): Lux Guyer (1894–1955). Architektin. gta Verlag, Zürich 2009, ISBN 978-3-85676-240-7, S. 25–41, hier S. 25.
  11. Absatz nach Bettina Köhler: Das japanische Maiensäss. Lux Guyer, die Reform und die Atmosphäre(n). In: Sylvia Claus, Dorothee Huber, Beate Schnitter (Hrsg.): Lux Guyer (1894–1955). Architektin. gta Verlag, Zürich 2009, ISBN 978-3-85676-240-7, S. 25–41; wörtliche Zitate auf den Seiten 31 und 37 f.

Auf dieser Seite verwendete Medien