Lufttransportgeschwader 62

Lufttransportgeschwader 62
— LTG 62 —
III


Internes Verbandsabzeichen (Wappen)
Aufstellung1. Oktober 1959
StaatDeutschland Deutschland
Streitkräfte Bundeswehr
Teilstreitkraft Luftwaffe
Stärke1.300 Soldaten
200 Zivilangestellte
Unterstellung Luftwaffentruppenkommando
Standort Wunstorf, Fliegerhorst
MarschFliegermarsch
Auszeichnungen Fahnenband
Niedersachsen (1985),

Fahnenband
Deutschland (1997)

Führung
KommodoreOberst Markus Knoll[1]
Luftfahrzeuge
Transportflugzeug/
-hubschrauber
Airbus A400M
Lufttransportgeschwader 62 (Niedersachsen)
Lufttransportgeschwader 62 (Niedersachsen)
Flughafen Bremen
4./LTG 62
Fliegerhorst Wunstorf
1., 2. und 3./LTG 62
Stationierungsorte des LTG 62 in Niedersachsen und Bremen
Fliegerhorst Wunstorf im Jahr 2011 noch mit Transall C-160

Das Lufttransportgeschwader 62 (LTG 62) ist ein Geschwader der deutschen Luftwaffe, das auf dem Fliegerhorst Wunstorf in der Nähe von Hannover stationiert ist. Mit Auflösung des Kommandos Einsatzverbände Luftwaffe ist das LTG 62 seit dem 1. Juli 2015 dem Luftwaffentruppenkommando in Köln-Wahn unterstellt, wobei die Einsatzführung dem European Air Transport Command (EATC) obliegt.

Auftrag

  • Transport von Material und Personal
  • Ausbildung der Transportflugzeugbesatzungen

Geschichte und Gegenwart

Das am 1. Oktober 1959 aufgestellte LTG 62 hatte seinen Standort zunächst auf dem Heeresflugplatz Celle und war mit der Noratlas N 2501 ausgerüstet. Von Celle aus wurden im Frühjahr 1960 Versorgungsflüge für die Opfer des Erdbebens vom 29. Februar 1960 in Agadir (Marokko) durchgeführt. Im weiteren Verlauf des Jahres wurde das Geschwader auf den Flughafen Köln-Wahn verlegt. Sein Kommodore zu dieser Zeit war Werner Guth.

Fliegerdenkmal in Overath

Ab April 1963 war Standort der Flugplatz Ahlhorn. Dort übernahm die Luftwaffe im April 1968 die erste Transall C-160. Zum 30. September 1971 wurde das LTG 62 offiziell aufgelöst, Teile des Personals aber nach Wunstorf verlegt. Der Fliegerhorst Ahlhorn wurde an das Hubschraubertransportgeschwader 64 (HTG 64) übergeben.

Am 1. Oktober 1978 wurde die schon damals auf dem Fliegerhorst Wunstorf beheimatete Flugzeugführerschule „S“ in das LTG 62 umbenannt und neu gegliedert. Die Tätigkeiten der Flugzeugführerschule wurden in das Geschwader integriert und seitdem ist die fliegerische Ausbildung des Nachwuchses eine der Kernaufgaben des LTG 62. Hierzu gehört auch die 4. Staffel, der die zukünftigen Transportflieger truppendienstlich unterstellt sind, während sie fachdienstlich zur Lufthansa Verkehrsfliegerschule in Bremen gehören. In ihr werden neben den Transportflugzeugführern auch die Flugschüler ausgebildet, die später bei der Marine die Seefernaufklärer (heute die P-3 Orion) fliegen sollen.

Das HTG 64 wurde Anfang 1994 aufgelöst und seine UH-1D Hubschrauber als jeweils weitere Staffeln den Lufttransportgeschwadern 62 und 63 sowie der Flugbereitschaft angegliedert. Dem LTG 62 wurden in diesem Rahmen die in Ahlhorn verbliebenen Reste des HTG 64 als Luftransportgruppe unterstellt. Im März des gleichen Jahres übernahm das LTG auch den Fliegerhorst Holzdorf und unterhielt dort anschließend ein SAR-Kommando. Die Lufttransportgruppe in Ahlhorn wurde Anfang 1996 ebenfalls nach Holzdorf verlegt[2].

Am 1. Oktober 2010 wurde die Lufttransportgruppe des LTG 62 in Holzdorf aufgelöst und bildete die personelle und materielle Grundlage für das neu aufgestellte Hubschraubergeschwader 64.[3][4]

Am 18. Dezember 2014 wurde die erste Maschine des neuen Airbus A400M Atlas an die Bundeswehr ausgeliefert; die Überführung geschah am 19. Dezember 2014. Den „Fly-out“ der Transall erlebte der Fliegerhorst Wunstorf am 2. Juli 2015.

Dem Geschwader wurden laufend weitere Exemplare der A400M zur Verfügung gestellt; bis Ende 2021 war der Bestand auf 37 Maschinen angewachsen.

Vom Bundesministerium für Verteidigung wurde Anfang 2019 der Beschluss bekannt gegeben[5], eine kleinere Einheit mit dem A400M zusätzlich zum Standort Wunstorf aufzubauen. Diese sollte in auf dem Fliegerhorst Lechfeld als multinationale Lufttransportgruppe (LTGrp) eingerichtet werden und 10 der 50 bestellten Maschinen des A400M umfassen. Diese Entscheidung wurde am 14. März 2022 verworfen, das LTG 62 Wunstorf bleibt einziger deutscher Standort für die A400M.[6]

Da der bisherige zivile Partner für die fliegerische Grundausbildung, die Lufthansa Aviation Training in Bremen, im Zuge der COVID-19-Pandemie die Pilotenausbildung für ihren Mutterkonzern aussetzte, übernahm das kanadische Unternehmen CAE Inc. diesen Teil der Ausbildung am Standort Bremen. Die zuvor in Goodyear durchgeführten praktischen Anteile erfolgen seither durch CAEs Partner Airways Aviation in Montpellier[7].

Gliederung

Wappen der Ausbildungsinspektion

Der komplexe fliegende Verband der Luftwaffe besteht unter anderem aus zwei Gruppen und vier fliegenden Staffeln:

  • Stab
  • Fliegende Gruppe
    • 1. Fliegende Staffel, Einsatzstaffel für strategischen Lufttransport
    • 2. Fliegende Staffel, Einsatzstaffel für taktischen Lufttransport und Luftbetankung (seit 2015)[8].
    • 3. Fliegende Staffel, Einsatzstaffel für spezielle Operationen wie Spezialeinsätze oder Evakuierungen (seit 2019)[9].
    • 4. Fliegende Staffel, stationiert am Flughafen Bremen, führt in Zusammenarbeit mit der CAE (bis 2021 Lufthansa Aviation Training) die fliegerische Grundlagenausbildung der Transportflieger und der Seefernaufklärer der Bundeswehr.
    • Flugbetriebsstaffel
  • Technische Gruppe
    • zwei Technische Staffeln
    • Nachschub-/Transportstaffel
    • Ausbildungswerkstatt
  • Ausbildungsinspektion

Kommodore

Folgende Offiziere führten die als Lufttransportgeschwader 62 bezeichneten zwei Verbände der Luftwaffe:[10]

1959–1971

Nr.NameBeginn der BerufungEnde der Berufung
1Oberst Rolf AlanderDezember 1959September 1961
2Oberst Werner GuthSeptember 1961Februar 1970
3Oberst Heinz-Ulrich BeutherFebruar 1970September 1971

Seit 1981

Nr.NameBeginn der BerufungEnde der Berufung
1Oberst Theodor ZilloberOktober 1978Oktober 1980
2Oberst Walter HolinkaOktober 1980April 1989
3Oberst Reinhart HoppeApril 1989April 1993
4Oberst Hans-Werner AhrensApril 1993April 1995
5Oberst Horst AbromeitApril 1995Januar 1998
6Oberst Joachim WundrakJanuar 1998September 2000
7Oberst Erich SiegmannSeptember 2000Juli 2003
8Oberst Jörg LebertJuli 2003März 2006
9Oberst Karl TrautvetterMärz 2006September 2008
10Oberst Bernhard AltersbergerSeptember 2008Juni 2011
11Oberst Guido HenrichJuni 20112014
12Oberst Ludger Bette24. November 20143. März 2020
13Oberst Christian John24. März 202010. Januar 2024
14Oberst Markus Knoll[1]seit 10. Januar 2024

Eingesetzte Luftfahrzeuge

Ausbildung

Auf dem Fliegerhorst Wunstorf ist auch eine Ausbildungswerkstatt der Luftwaffe untergebracht. Die Bundeswehr bildet hier Fluggerätmechaniker Fachrichtung Instandhaltungstechnik und Elektroniker für Systeme und Geräte aus.

Wappen

Das Geschwaderwappen des LTG 62 ziert Hans Huckebein, ein Rabe aus einer Bildergeschichte von Wilhelm Busch. Das aktuelle LTG 62 hat dieses Wappen von der 1978 aufgelösten Flugzeugführerschule „S“ übernommen. Die Augen des Vogels sind mit einem gepunkteten Tuch verbunden; das Tier fliegt blind. Hintergrund ist, dass in Wunstorf früher Piloten für den Instrumentenflug ausgebildet wurden.[11] Das Wappen des alten LTG 62 zierte ein weißer Elefant auf schwarzem Grund.

Zwischenfälle

  • Am 23. Januar 1961 wurde eine Noratlas 2501D mit dem Kennzeichen GB+119 auf einem Übungsflug zwischen Overath und Vilkerath, 15 Kilometer nordöstlich des Startflughafens Köln/Bonn, in Stromleitungen und Masten geflogen (CFIT, Controlled flight into terrain). Die Maschine gehörte zum LTG 62. Vermutet wird, dass die Piloten bei schlechter Sicht die Orientierung verloren und sich näher am Flughafen wähnten. Alle vier Besatzungsmitglieder kamen ums Leben.[12] An der Absturzstelle erinnert eine Gedenkstätte an den Unfall.[13]
  • Am 24. November 1964 stürzte eine Noratlas 2501D mit dem Kennzeichen GB+104 (Werknummer: D055) auf dem Flug vom Flugplatz Bourges (Frankreich) nach Ahlhorn im Anflug ab. Alle vier Besatzungsmitglieder des LTG 62 kamen ums Leben.[14]
  • Am 11. Mai 1990 flog die Transall 50+39 bei einem Flug von Wunstorf auf dem Weg nach Landsberg in der Nähe von Lohr am Main im Spessart in einen Hang. Keine der zehn Personen an Bord überlebte diesem Unfall. Einzelheiten zu Absturzursachen wurden nicht veröffentlicht.[15]
  • Am 6. Februar 1993 wurde eine Transall des Lufttransportgeschwaders 62 (50+54) beim Landeanflug auf Sarajevo beschossen und beschädigt. Der Ladungsmeister wurde dabei durch Splitter schwer verwundet.[16][17]

Auszeichnungen

  • 1986: Kai-Uwe-von-Hassel-Förderpreis
  • 2020: Prinz-Heinrich-Preis[18]

Siehe auch

Weblinks

Commons: Lufttransportgeschwader 62 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Emotionaler Abschied mit Lob und Kritik: Oberst Christian John übergibt Kommando des LTG 62 an Nachfolger Oberst Markus Knoll. HAZ, 10. Januar 2024, abgerufen am 10. Januar 2024.
  2. Bedeutender Tag für Fliegerhorst Holzdorf. Lausitzer Rundschau, 24. September 2010
  3. Vom LTG zum HSG. Homepage der Luftwaffe, 11. Dezember 2009, archiviert vom Original am 9. Februar 2010; abgerufen am 14. Februar 2010.
  4. Die Aufstellung des Hubschraubergeschwaders 64. Homepage der Luftwaffe, 30. September 2010, archiviert vom Original am 2. Oktober 2010; abgerufen am 1. Oktober 2010.
  5. Freude in Lechfeld In: Bundesministerium für Verteidigung, 2. Januar 2019.
  6. Wunstorf bleibt alleiniger Bundeswehr-Standort für A400M. 14. März 2022, abgerufen am 20. April 2022.
  7. Transportpiloten trainieren nun anteilig in Montpellier. Bundeswehr, 23. Mai 2022
  8. Martin Buschhorn: Führungswechsel in der 2. Fliegenden Staffel des Lufttransportgeschwaders 62. In: Luftwaffe News. 8. Januar 2019.
  9. Martin Buschhorn: A400M-Staffel für spezielle Operationen. In: Luftwaffe News. 8. Januar 2019.
  10. Gerhard Lang: Transall. 1. Auflage. Motorbuch-Verlag, Stuttgart 2014, ISBN 978-3-613-03713-7, S. 82–89.
  11. Reinhard Bingener, Stark wie Schwarzenegger, In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 24. Juni 2023
  12. Unfallbericht Noratlas GB+119, Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 6. Februar 2019.
  13. Stefan Kunze: Gedenkstätte: Erinnerung an einen tragischen Absturz. In: Kölner Stadt-Anzeiger. (ksta.de [abgerufen am 17. Oktober 2017]).
  14. Unfallbericht Noratlas GB+104, Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 6. Februar 2019.
  15. Johannes Ungemach: Transall-Absturz vor 20 Jahren: „Es war furchtbar“. Mainpost, 10. Mai 2010, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 28. Mai 2013; abgerufen am 27. Februar 2012.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.mainpost.de
  16. Das LTG62 auf dem Fliegerhorst Wunstorf (1978 - heute). Traditionsgemeinschaft Lufttransport Wunstorf e.V., abgerufen am 19. Januar 2024.
  17. Beschuß über Kroatien. In: Hamburger Abendblatt. Abgerufen am 19. Januar 2024.
  18. LTG 62 als bester Verband der Luftwaffe ausgezeichnet, auf hardthoehenkurier.de vom 19. Februar 2020, abgerufen am 4. Juni 2020

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Physische Positionskarte von Niedersachsen, Deutschland
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German Air Force Airbus A400M (reg. 54+01, cn 018) at ILA Berlin Air Show 2016.
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Fliegerhorst Wunstorf, Germany
Transall on Autobahn A29 1984.JPEG
A C-160 Transall (s/n 50+36) from Lufttransportgeschwader 62 (LTG 62) (62nd Transport Wing) of the West German Lufwaffe (Air Force) after landing the German Autobahn (interstate highway) A 29 near Ahlhorn, Lower Saxony (Federal Republic of Germany), on 28 March 1984. This part of the A 29 was a NATO emergency airstrip which was used for 48 hours as such during the "Highway 84" excercise, before it was officially opened for traffic.
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Denkmal zum Gedenken an die Soldaten, die während des Absturzes einer Bundeswehrmaschine Typ Noratlas 2501 im Jahr 1961 in Overath-Vilkerath den Tod gefunden haben.
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Ein Ein Bell/Dornier UH-1D Huey (70+96) des Lufttransportgeschwaders (LTG) 62 der Luftwaffe am 18. April 1997 über dem Truppenübungsplatz Alamogordo, New Mexico (USA). Der Huey nahm an einer Übung U.S.-amerikanischer, deutscher, niederländischer und kanadischer Streitkräfte teil.
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Transall C 160D LTG 62
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Landung auf kurzer Strecke, Fliegerhorst Wunstorf, Feierlichkeiten zum 65-jährigen Bestehen der Bundeswehr
Die Angabe „65 Jahre Bundeswehr“ kann so nicht stimmen. Entweder stimmt die Zahl 65 nicht (Bundeswehr gibt's seit 1955) oder die 65-Jahre-Feierlichkeiten bezogen sich auf etwas anderes, vielleicht auf den seit den 1930ern bestehenden Fliegerhorst, dann wäre das Foto evtl. 1999 entstanden… was genau ist also gemeint?