Lucius Licinius Lucullus

Lucius Licinius Lucullus (deutsch auch Lukullus oder Lukull; * 117 v. Chr.; † 56 v. Chr.) war ein römischer Senator und Feldherr. Er bekleidete 74 v. Chr. das Konsulat. Nach der Eroberung großer Teile des kleinasiatischen Königreiches Pontos führte er den Beinamen Ponticus. Bekannt wurde er vor allem durch seinen Reichtum und grandiose Gastmahle.

Leben

Abstammung

Er war ein Sohn des gleichnamigen Prätors von 104 v. Chr. und Enkel des gleichnamigen Konsuls von 151 v. Chr. Seine Mutter war Caecilia Metella Calva, die Schwester des Quintus Caecilius Metellus Numidicus und des Lucius Caecilius Metellus Delmaticus, Vater von Caecilia Metella Dalmatica, Sullas vorletzter Ehefrau.

Militärische und politische Karriere

Lucullus gehörte politisch zur Partei der Optimaten. Seine Karriere begann er als Militärtribun unter Sulla während des Bundesgenossenkrieges. Als Quästor unterstützte er 88 v. Chr. Sullas Marsch auf Rom. Anschließend unterstützte er Sulla im Ersten Mithridatischen Krieg, indem er eine Flotte aufbaute, die Mithridates’ Admiral Neoptolemos schlug. Auf Anweisung Sullas ließ er Mithridates, den das Heer des zu den Popularen zählenden Gaius Flavius Fimbria in Pitane eingeschlossen hatte, bewusst übers Meer entkommen. Nach dem Friedensschluss mit Mithridates blieb Lucullus in der Provinz Asia, um die Steuern einzutreiben. Laut Plutarch versuchte er die Lasten für die Bevölkerung zu verringern.[1]

Lucullus kehrte 80 v. Chr. nach Rom zurück und wurde im darauffolgenden Jahr kurulischer Ädil zusammen mit seinem Bruder Marcus Terentius Varro Lucullus und schon 78 v. Chr. mit einem besonderen Dispens Prätor.[2] Anschließend war er von 77 bis 75 v. Chr. als Proprätor in Africa.

Nach seiner Rückkehr war Lucullus 74 v. Chr. zusammen mit Marcus Aurelius Cotta, einem Onkel Gaius Iulius Caesars, Konsul. In diesem Jahr besetzte Mithridates VI. Bithynien. In Asia kam es zu Aufständen gegen die drückenden römischen Steuern. Als amtierender Konsul wurde Cotta mit der Niederschlagung beauftragt, während Lucullus (mit Hilfe des einflussreichen Senators Publius Cornelius Cethegus)[3] als Prokonsulat Cilicia erhielt.

Er führte das römische Heer im Dritten Mithridatischen Krieg (74–64 v. Chr.) zunächst erfolgreich durch Kleinasien, kam dem bedrängten Cotta zur Hilfe und schlug die gegnerische Flotte. Bithynia wurde zur römischen Provinz. Obwohl Lucullus einen direkten Zusammenstoß mit Mithridates aus dem Weg ging, weil er dessen überlegene Kavallerie fürchtete, gelang es ihm, seinen Gegner erst nach Pontos zurückzudrängen. Mithridates floh 72 v. Chr. zu seinem Schwiegersohn, König Tigranes II. von Armenien. Anstatt Mithridates zu verfolgen, eroberte Lucullus das Königreich Pontos und ordnete die Provinz Asia. Erst dann zog er gegen Tigranes zu Felde und besiegte ihn und Mithridates in der Schlacht von Artaxata am 6. Oktober 68 v. Chr.

Eine von seinem Schwager Publius Clodius Pulcher geschürte Meuterei des Heeres hinderte ihn, den Feldzug fortzusetzen. Lucullus wurde vom Senat zurückgerufen und 66 v. Chr. in der Lex Manilia durch Pompeius ersetzt. Er kehrte nach Rom zurück, wo er bis 63 v. Chr. vor den Toren der Stadt auf seinen Triumph warten musste. Von den großen Reichtümern, die er während des gesamten Feldzuges erbeutet hatte, etwa bei der Eroberung Tigranokertas, der Hauptstadt des Königreiches Armenien, errichtete er sich mehrere prachtvolle Villen in der Umgebung Roms und einen Palast auf dem Palatin. Sein Vorhaben, die römische Verwaltung in Asia zu reformieren – insbesondere die Auswüchse des von Privatunternehmern, den sogenannten Publicani, betriebenen Steuerpachtsystems zu beschneiden – machte ihn bei diesen sehr unbeliebt.[4]

Privatleben

Lucullus war mit Clodia, der jüngsten Schwester von Publius Clodius Pulcher, verheiratet, von der er sich 66 v. Chr. wieder scheiden ließ, wohl eher aus politischen Gründen als wegen des ihr nachgesagten inzestuösen Verhältnisses zu ihrem Bruder. Später heiratete er Servilia, eine jüngere Schwester[5] oder Nichte[6] von Servilia Caepionis und Cato. Von ihr hatte er einen Sohn.

Nach Sullas Tod wurde er zum Vormund von dessen Kindern Faustus und Cornelia Fausta.

Laut Plinius importierte er aus der pontischen Stadt Giresun die ersten Kirschen, die sich dann innerhalb von 120 Jahren bis Britannien ausbreiteten.[7] Möglicherweise war damit eine einzelne Zuchtform gemeint, denn dass die Wildform der Kirsche, die Vogel-Kirsche, in Europa weitverbreitet war und mindestens seit der Steinzeit genutzt wurde, gilt durch archäologische Funde als gesichert.[8]

Lucullus hatte in den eroberten Städten die persische Gartenkunst kennengelernt und ließ in Rom und Neapel ausgedehnte Gärten und mit kostbaren Skulpturen ausgeschmückte Villen anlegen.

Bekannt wurde er vor allem wegen seiner üppigen Gastmahle. Noch heute spricht man von „lukullischen Genüssen“ oder einem „lukullischen Mahl“. Auch die Süßspeise „Lukullus“ (Kalter Hund) ist nach ihm benannt. Lucullus war jedoch kein geistloser Prasser, sondern ein – auch philosophisch gebildeter – Gourmet, der es liebte, zu repräsentieren, und seine umfangreiche Bibliothek gerne Interessierten öffnete.

Unbekannt ist, wo Lucullus begraben liegt. Plutarch hielt zwar fest, dass dem Volk eine Beisetzung auf dem Campus Martius vorgeschwebt habe, sein Bruder Marcus Terentius Varro Lucullus ihn jedoch in Tusculum beerdigt wissen wollte.[9] Einen in diesem Zusammenhang diskutierten Sepulkralbau sucht man vergebens, da unbekannt ist, welche Möglichkeit wahrgenommen wurde. Die Vermutung, seine Grabstelle sei in den Gärten des Lucullus im östlichsten Marsfeld, am Pincio und nahe der Via Flaminia zu verorten, bestätigte sich ebenfalls nicht.[10]

Archäologie

Bei Ausgrabungen bei der Erweiterung der Hertziana-Bibliothek in Rom wurde im Mai 2007 ein zu den berühmten Gärten des Lucullus gehörendes Nymphäum entdeckt.[11]

Quellen

  • Plutarch: Lucullus. In: Plutarch: Große Griechen und Römer (= dtv. 2069). Band 2. (Übertragen, eingeleitet und erläutert von Konrat Ziegler). Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1979, ISBN 3-7608-3607-0.
  • (englische Übersetzung).

Literatur

Übersichtsdarstellungen

  • Michèle Ducos: Lucullus (Lucius Licinius). In: Richard Goulet (Hrsg.): Dictionnaire des philosophes antiques. Band 4, CNRS Éditions, Paris 2005, ISBN 2-271-06386-8, S. 191–194
  • Wolfgang Will: Licinius Lucullus, Lucius. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 7, Metzler, Stuttgart 1999, ISBN 3-476-01477-0, Sp. 166–168.

Untersuchungen

  • Federica Fontana: Sepulcrum: L. Licinius Lucullus. In: Eva Margareta Steinby (Hrsg.): Lexicon Topographicum Urbis Romae. Band 4: P–S. Quasar, Rom 1999, ISBN 88-7140-135-2, S. 291–292.
  • Lee Fratantuono: Lucullus. The Life and Campaigns of a Roman Conqueror. Pen & Sword Military, Barnsley 2017, ISBN 978-1-47388-361-1
  • Arthur Keaveney: Lucullus. A life. Routledge, London u. a. 1992, ISBN 0-415-03219-9
  • Christoph Lundgreen: Lucullus und die politische Kultur der römischen Republik. Konkurrenz und Distinktion zwischen Feldherren, Feinschmeckern und Fischteichbesitzern. In: Karl-Joachim Hölkeskamp, Hans Beck: Verlierer und Aussteiger in der 'Konkurrenz unter Anwesenden'. Agonalität in der politischen Kultur des antiken Rom. Franz Steiner, Stuttgart 2019, ISBN 978-3-515-12179-8, S. 81–126.
  • Jules van Ooteghem: Lucius Licinius Lucullus (= Académie Royale de Belgique. Mémoire de la Classe des Lettres. Collection in-8. Sér. 2, Bd. 53, 4, ISSN 0378-7893). Académie Royale de Belgique, Bruxelles 1959.
  • Peter Scholz: Lucullus. Herrschen und Genießen in der späten römischen Republik. Klett-Cotta, Stuttgart 2024, ISBN 978-3-60898778-2.
  • Günter Schütz: L. Licinius Lucullus. Studien zu den frühen Jahren eines Nobilis (117–75 v. Chr.). 1994, (Regensburg, Universität, Dissertation, 1994).
  • Manuel Tröster: Themes, Character, and Politics in Plutarch's „Life of Lucullus“. The Construction of a Roman Aristocrat (= Historia. Einzelschriften. 201). Franz Steiner, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-515-09124-4 (Zugleich: Trier, Universität, Dissertation, 2006).

Literarische und musikalische Werke

Anmerkungen

  1. Plutarch, Lucullus, 4, 1.
  2. T. Robert S. Broughton: The Magistrates Of The Roman Republic. Band 3: Supplement (= Philological Monographs. Bd. 15, Teil 3). Scholars Press, Atlanta GA 1986, ISBN 0-89130-811-3, S. 121 f.
  3. Plutarch, Lucullus 6.
  4. Plutarch: Leben des Lucullus 4,1.
  5. So Plutarch, Lucullus 38,1; Cato minor 24,3; 29,3; 54,1.
  6. Cicero, de finibus 3,2,8. Zur Frage jetzt Ann-Cathrin Harders: Die verwandtschaftlichen Beziehungen der Servilia, Ehefrau des L. Licinius Lucullus: Schwester oder Nichte des Cato Uticensis? In: Historia. Bd. 56, Nr. 4, 2007, S. 453–461, JSTOR:25598408.
  7. Plinius, naturalis historia 15,102.
  8. Raffaele Carlo de Marinis, Marta Rapi, Cesare Ravazzi, E. Arpenti, Massimiliano Deaddis, Renata Perego: Lavagnone (Desenzano del Garda): New excavations and palaeoecology of a Bronze Age pile dwelling in northern Italy. In: Philippe Della Casa, Martin Trachsel (Hrsg.): Wes'04. Wetland Economies and Societies. Zürich 2005, S 221–232 (online).
  9. Plutarch, Lucullus, 43, 3.
  10. s. v. Fontana: Sepulcrum: L. Licinius Lucullus. In: Steinby (Hrsg.): Lexicon Topographicum Urbis Romae. Band 4. 1999, S. 291–292.
  11. Nymphäum des Lucullus. Archiviert vom Original am 27. September 2007; abgerufen am 9. März 2018.