Lombarden (Bankiers)

Ab dem 13. Jahrhundert traten vermehrt italienische Kaufleute als Bankiers am Niederrhein auf. Sie spielten sowohl bei der Kreditvergabe als auch beim Handel mit Wechseln eine zunehmend wichtigere Rolle. Hierin waren sie sowohl durch größeres Geschick im Geldgeschäft als auch großen Kapitalbesitz einheimischen Kaufleuten überlegen. Zudem wurden sie ab dem 14. Jahrhundert gezielt durch Fürsten der Niederrheinregion gefördert. In diesem Jahrhundert gelang es ihnen auch, in die Finanzmärkte des Mittelrheingebietes einzudringen. Alle Italiener im Geldgeschäft der deutschsprachigen Regionen des Heiligen Römischen Reiches wurden unabhängig von ihrer tatsächlichen Herkunft als Lombarden bezeichnet.

Ursachen italienischer Bankgeschäfte im Rheingebiet

Italienische Kaufleute hatten bereits im 13. Jahrhundert überlegene Verfahren der Finanzwirtschaft entwickelt, so den Zahlungstransfer über große Distanzen mittels Wechseln und Rechnungsverfahren, um den Zahlungsverkehr mit verschiedensten Münztypen zu bewältigen. Im Rahmen des Fernhandels für die Champagnemessen waren diese Techniken unentbehrlich geworden. Mit dem Niedergang der Champagnemessen Ende des 13. Jahrhunderts wurde der europäische Nord-Süd-Handel zunehmend entlang des Rheins abgewickelt.

In der Rheinregion mangelte es einheimischen Geschäftsleuten an Know-how und Münzkapital, um diesen Handel zu bewältigen. Zudem veränderten sich die Verwaltungsstrukturen in den rheinischen Territorialherrschaften. Militärische und politische Aufgaben wurden zunehmend über finanzielle Transfers geregelt. Man spricht von einer Kommerzialisierung der Verwaltung, wobei es auch den Territorialherren an Münzkapital mangelte.

Somit bestanden einerseits Bedarf nach Finanzfachleuten und Kreditgebern in der Rheinregion und andererseits aufgrund des Niedergangs der Champagnemessen Anreize für italienische Fernhandelskaufleute, sich neu anzusiedeln.

Niederlassungen der Lombarden

Die erfolgreichsten Niederlassungen der Lombarden fanden sich am Niederrhein in Köln und Aachen. Deren Inhaber kamen vor allem aus Asti und Chieri. Allerdings wurde die ganze Niederrheinregion mit einem Netz von Niederlassungen überzogen. Belegt sind die Orte Gladbach (Mönchengladbach), Dülken, Heinsberg, Aldenhoven und Jülich. In Erkelenz sind sie im Jahr 1370 nachzuweisen.[1]

Die Ansiedlung war allerdings stets befristet und der Schutz des Landesherren mit hohen Gebühren erkauft. Sie erfolgte zumeist freiwillig in Kolonien, aus praktischen Gründen und Zusammengehörigkeitsgefühl als Sondergruppe. Eine Assimilation fand nicht statt. Eheverbindungen mit Einheimischen waren selten und meist geschäftlich motiviert.

In das Geldgeschäft an Mosel und Mittelrhein konnten die Lombarden erst im späten 14. Jahrhundert vordringen, da die dortigen Landesherren jüdische Finanzfachleute bevorzugten. Ab 1420 wurden Lombarden schrittweise aus der Rheinregion vertrieben.

Geschäftsweise der Lombarden

Lombarden waren sowohl im Geldtransfer, im kleinen und mittleren Kreditgeschäft als auch bei der Vergabe von Großkrediten an Landesherren tätig.

Bei letzterem agierten sie für gewöhnlich als Konsortium. Dieses vergab einen Großkredit an einen Landesherren und bekam dann das Privileg, Zoll und Steuerrechte dieses Landesherren zu verwalten und so den Kredit nebst Zinsen selbstständig wieder einzutreiben. Die beteiligten Lombarden wurden so zu einem Teil der territorialen Finanzverwaltung. Häufig agierten kleinadelige Beamte des Territoriums als Vermittler.

Lombardenkredite waren meist kurzfristig und hochverzinslich.

Gründe für die Vertreibung der Lombarden

Anfang des 15. Jahrhunderts gelang es einheimischen Kaufleuten und Bankiers zunehmend, sich moderne Methoden des Geldgeschäfts anzueignen und größere Kapitalmengen zu akkumulieren. Parallel veränderte sich das Kreditgeschäft an Nieder- und Mittelrhein. Kurzfristige, hochverzinsliche Kredite, wie die Lombarden sie anboten, verloren gegenüber langfristigen, niedrigverzinslichen Krediten wie der Leibrente und der Erbrente an Bedeutung.

Es gab keine Notwendigkeit, die Lombarden weiterhin zu dulden.

Siehe auch

Literatur

  • Lexikon des Mittelalters Bd.V, München 1991
  • Irsigler Franz: Juden und Lombarden am Niederrhein im 14. Jahrhundert, in: Haverkamp, Alfred: Zur Geschichte der Juden im Deutschland des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit, Stuttgart 1981
  • Lombarden in der Germania-Romania (kommentiertes Kartenwerk), bearb. von Winfried Reichert (Beiträge zur Landes- und Kulturgeschichte 2; 65 Karten), Trier 2003.

Einzelnachweise

  1. Studien zur Geschichte der Stadt Erkelenz vom Mittelalter bis zur frühen Neuzeit, Köln 1976, S. 102f.