Lokaler Diskretisierungsfehler
Dieser Artikel wurde auf der Qualitätssicherungsseite des Portals Mathematik eingetragen. Dies geschieht, um die Qualität der Artikel aus dem Themengebiet Mathematik auf ein akzeptables Niveau zu bringen. Bitte hilf mit, die Mängel dieses Artikels zu beseitigen, und beteilige dich bitte an der Diskussion! (Artikel eintragen) |
Ein lokaler Diskretisierungsfehler ( ) oder Abschneidefehler ist in der Numerik gewöhnlicher Differentialgleichungen ein bestimmter Fehler, der innerhalb eines Verfahrensschritts auftritt.
Dieser Beitrag beschränkt sich auf Anfangswertprobleme gewöhnlicher Differentialgleichungen (AWP) sowie auf numerische Einschrittverfahren (ESV), die von einer Diskretisierungsschrittweite () abhängen. Damit das ESV einen Bezug zum gegebenen AWP besitzt, muss gezeigt werden, dass dieses numerische Ersatzproblem für in das gegebene AWP übergeht. Hierbei spielt der lokale Diskretisierungsfehler eine wichtige Rolle. Allgemein gesprochen ist der lokale Diskretisierungsfehler das durch die Schrittweite dividierte Residuum, welches sich ergibt, wenn man die exakte Lösung des AWPs in die Formel des ESVs einsetzt. Offensichtlich geht es hier nicht darum, dass die aus dem ESV berechnete Lösung gegen die exakte Lösung des AWPs konvergiert, sondern es wird erst einmal gefordert, dass das Ersatzproblem in einer gewissen Beziehung zum gegebenen AWP steht. Des Weiteren lassen sich auf der Basis des lokalen Diskretisierungsfehlers Algorithmen zur automatischen Steuerung der Schrittweite im jeweiligen ESV konstruieren.
Der oben genannte Sachverhalt soll nun etwas genauer dargestellt werden. Zur Lösung des folgenden Anfangswertproblems (AWPs) einer gewöhnlichen Differentialgleichung
,
mit und ,
sei auf dem Gitter das implizite Einschrittverfahren (ESV)
gegeben. Es handelt sich dabei um eine Differenzenapproximation des AWPs.
Der Differenzenoperator
werde für auf eine Gitterfunktion angewendet, für die fixiert ist. Des Weiteren sei eine approximierende Gitterfunktion, die den Wert an der Stelle , annimmt. Offensichtlich erfüllt das obige ESV die Beziehung
.
Die numerische Analyse gewöhnlicher Differentialgleichungen beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit den Fehlern, die bei jedem Integrationsschritt durch die verwendete Differenzenapproximation hervorgerufen werden und wie diese sich während der Rechnung akkumulieren. Ein Maß für den Fehler, der in einem Schritt auf dem Gitter zu verzeichnen ist, stellt der lokale Diskretisierungsfehler dar. Er ist das Residuum des Differenzenoperators , wenn dieser auf die exakte Lösung des AWPs angewendet wird, d. h.
Somit gibt der lokale Diskretisierungsfehler an, wie gut der Differenzenoperator den Differentialoperator approximiert. Es erweist sich, dass eine grundlegende Voraussetzung, die ein ESV erfüllen muss, dessen Konsistenz ist. Diese wichtige Eigenschaft der ESVn wird auf der Basis des lokalen Diskretisierungsfehlers definiert. So ist das ESV konsistent (bezüglich des gegebenen AWPs) mit der Konsistenzordnung , wenn die größte ganze Zahl bezeichnet, für die der lokale Diskretisierungsfehler die Beziehung
erfüllt. Dabei impliziert die Existenz endlicher Konstanten und , so dass
ist, für Konsistenz bedeutet im Allgemeinen, dass für die Ordnung des Verfahrens gilt.
Das folgende Beispiel soll den dargestellten Sachverhalt illustrieren. Betrachtet werde das Euler(vorwärts)-Verfahren
zur Lösung des AWPs einer skalaren und autonomen Differentialgleichung erster Ordnung
Unter hinreichenden Glattheitsvoraussetzungen an die Funktion lässt sich die zugehörige Lösung unter Verwendung einer Taylor-Entwicklung in der Form
darstellen. Verwendet man den über die Differentialgleichung bestehenden Zusammenhang zwischen der ersten Ableitung von und , so resultiert
Damit ergibt sich für den lokalen Diskretisierungsfehler des Euler(vorwärts)-Verfahrens
(ESV) im Grenzwert in das AWP übergeht.
d. h. das Euler(vorwärts)-Verfahren besitzt die Konsistenzordnung . Insbesondere geht der lokale Diskretisierungsfehler linear in für gegen Null, was zumindest garantiert, dass das numerische Ersatzproblem (d. h. das ESV) im Grenzwert in das AWP übergeht.
Literatur
- J. C. Butcher: Numerical Methods for Ordinary Differential Equations. John Wiley & Sons, Chichester 2003.
- Martin Hermann: Numerik gewöhnlicher Differentialgleichungen. Band 1: Anfangswertprobleme und lineare Randwertprobleme. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Walter de Gruyter, Berlin/Boston, 2017, ISBN 978-3-11-050036-3.
- Uri M. Ascher, Linda R. Petzold: Computer Methods for Ordinary Differential Equations and Differential-Algebraic Equations. Society for Industrial and Applied Mathematics, Philadelphia 1998.
- Karl Strehmel, Rüdiger Weiner, Helmut Podhaisky: Numerik gewöhnlicher Differentialgleichungen. Nichtsteife, steife und algebraische Gleichungen. Springer Spektrum, Wiesbaden 2012.
Auf dieser Seite verwendete Medien
Autor/Urheber: historicair 17:50, 4 June 2007 (UTC), Lizenz: LGPL
Racine carrée bleue