Liste sowjetischer Kriegsgefangenenlager des Zweiten Weltkriegs

Diese Liste enthält die Lager für Kriegsgefangene auf dem Hoheitsgebiet der Sowjetunion während des Zweiten Weltkrieges und danach. Die Standorte der Lagerverwaltungen mit Lagernummern sind in tabellarischer Form geordnet und mit Links zu heutigen Städten versehen.

Überblick

Das Lagersystem

(c) RIA Novosti archive, image #129359 / Michael Trahman / CC-BY-SA 3.0
1944: Deutsche Kriegsgefangene in Moskau

Die über drei Millionen Kriegsgefangenen in der Sowjetunion wurden in Sammellager gebracht und von dort aus zu den einzelnen Kriegsgefangenenlagern transportiert. Ein Kriegsgefangenenlager hatte einen Hauptstandort mit dem Sitz der Lagerverwaltung und administrativ angeschlossene Nebenlager (bis zu 25 Nebenlager pro Hauptstandort).

Aus den Angaben der entlassenen und nach Westdeutschland zurückgekehrten ehemaligen Kriegsgefangenen wurden 216 Lagerverwaltungen mit ihren jeweiligen Verwaltungsnummern und 2454 Einzellager ermittelt. Darüber hinaus wurden 166 Arbeitsbataillone der Roten Armee sowie 159 Hospitäler und Erholungsstätten für Kriegsgefangene mit ihren Verwaltungsnummern erfasst. Außerdem sind zunächst weiter landeinwärts errichtete Lager wegen des Wiederaufbaus nach der Befreiung vom Feind nach Westen verlegt worden – so z. B. das Lager 126, das 1943 in Schadrinsk gegründet wurde.

Insgesamt wurden 2125 Standorte ermittelt, an denen sich deutsche Kriegsgefangene aufgehalten haben. Daneben gab es eine bis heute unbekannte Zahl an Sonderlagern.

An vielen Standorten führten administrative Verschiebungen in der Verwaltungszuständigkeit oder Neuorganisationen zu Umnummerierungen.

Da die Informationen über das Verwaltungssystem der Lager aus über 100.000 Heimkehrerbefragungen ermittelt wurden und nicht auf die originalen Unterlagen der sowjetischen Administration zurückgehen, sind Fehler und Lücken nicht ausgeschlossen. Sie dürften jedoch angesichts der hohen Zahl von Einzelangaben auf ein Minimum reduziert sein.

Regionale Gliederung der Kriegsgefangenenlager

Die Verwaltungsstandorte der Kriegsgefangenenlager sind in Regionaltabellen zusammengefasst. Die Einteilung folgt den Wirtschaftsräumen der Sowjetunion, die wesentliches Element der staatlichen Wirtschaftspläne waren. Danach war die Sowjetunion in 15 Wirtschaftsregionen eingeteilt.

WirtschaftszoneAnzahl der
Lagerverwaltungen
Anzahl der
Einzellager
Zentralregion50655
Nordwestregion15153
Nordregion05038
Westregion30315
Südregion34515
Wolga-Region16135
Nordkaukasus12129
Transkaukasien11116
Ural27281
Westsibirien06054
Südliches Zentralasien03013
Kasachstan07050
OstsibirienKeine Kriegsgefangenenlager ermittelt.
Fernost
Nordsibirien/Nordostregion
Summen2162.454

Tabellenteil

Die Tabellen enthalten eine Sammlung der Städte und Ortschaften, in denen es Standorte von Lagerverwaltungen gab. Sie sind mit der jeweiligen Verwaltungsnummer aufgeführt. Umnummerierungen wurden nicht berücksichtigt. Die Standorte sind mit Links zu den heutigen Städten und Ortschaften versehen, Entfernungen (Luftlinie) sind von nächstgelegenen Städten aus mit Kompassrichtung angegeben.

Zentralregion

Liste sowjetischer Kriegsgefangenenlager des Zweiten Weltkriegs (Oblast Iwanowo)
Liste sowjetischer Kriegsgefangenenlager des Zweiten Weltkriegs (Oblast Iwanowo)
Iwanowo


Woikowo


Kineschma



Michajlowo
Karte 1: Oblast Iwanowo. Woikowo lag 25 Kilometer südwestlich von Iwanowo. Michajlowo liegt 40 Kilometer südöstlich von Kineschma.
Liste sowjetischer Kriegsgefangenenlager des Zweiten Weltkriegs (Oblast Nischni Nowgorod)
Liste sowjetischer Kriegsgefangenenlager des Zweiten Weltkriegs (Oblast Nischni Nowgorod)
Nischni Nowgorod
Oranki
Karte 2: Oblast Nischni Nowgorod. Oranki liegt 45 Kilometer südsüdwestlich der Stadt Nischni Nowgorod.
Liste sowjetischer Kriegsgefangenenlager des Zweiten Weltkriegs (Republik Mari El)
Liste sowjetischer Kriegsgefangenenlager des Zweiten Weltkriegs (Republik Mari El)
Joschkar-Ola


Schora
Karte 3: Republik Mari El. Schora liegt 90 Kilometer ostsüdöstlich von Joschkar-Ola am gleichnamigen Fluss. Es ist Ortsteil von Manyets.
Liste sowjetischer Kriegsgefangenenlager des Zweiten Weltkriegs (Oblast Jaroslawl)
Liste sowjetischer Kriegsgefangenenlager des Zweiten Weltkriegs (Oblast Jaroslawl)


Jaroslawl
Berendejewo
Karte 4: Oblast Jaroslawl. Berendejewo liegt 125 Kilometer südsüdwestlich der Stadt Jaroslawl.

In der Zentralregion bestanden 50 Lagerverwaltungen mit 655 Einzellagern. Sie lagen im europäischen Teil des heutigen Russland.

Nr.Städte mit Lagerverwaltungen
027Krasnogorsk
035Lebedjan
041Ostaschkow
048Woikowo (Karte 1)
053Aleksin
058Temnikow
064Morschansk
074Oranki (Karte 2)
082Woronesch
095Usman
101Kirow
107Kaluga
117Gorki
145Kursk
160Susdal
165Wjasniki
171Schora (Karte 3)
178Rjasan
185Michailowo (Karte 1)
188Tambow
190Wladimir
216Wyschni Wolotschok
218Smolensk
221Uglitsch
252Beschizki, Stadtrajon in Brjansk
259Rybinsk (Schtscherbakow)
263Orjol
276Jaroslawl
282Berendejewo (Karte 4)
307Kirow
320Kulebaki
323Tula
324Iwanowo
326Brjansk
327Unetscha
384Kalinin
388Stalinogorsk
395Kalinin
399Pensa
401Jarzewo
406Orjol
435Chowrino
452Uglitsch
453Moskau
454Rjasan
463Alatyr
465Moschaisk
466Tuschino
467Ljublino
469Dserschinsk

Nordwestregion

In der Nordwestregion bestanden 15 Lagerverwaltungen mit 153 Einzellagern. Sie lagen im europäischen Teil des heutigen Russland.

Nr.Städte mit Lagerverwaltungen
120Petrosawodsk
157Boksitogorsk
166Pitkjaranta
212Segescha
213Swirstroi, s. Lodeinoje Pole
219Antropschino, Teil v. Kommunar
254Leningrad
270Borowitschi
285Welikije Luki
322Slanzy
339Leningrad
343Pskow
363Murmansk
447Pudosch
448Montschegorsk

Nordregion

In der Nordregion bestanden fünf Lagerverwaltungen mit 38 Einzellagern. Sie lagen im europäischen Teil des heutigen Russland.

Nr.Städte mit Lagerverwaltungen
150Grjasowez
158Wologda
193Sokol
211Archangelsk
437Tscherepowez

Westregion

In der Westregion bestanden 30 Lagerverwaltungen mit 315 Einzellagern. Sie lagen in den heutigen Staaten Estland, Lettland, Litauen und Belarus sowie in der russischen Exklave Oblast Kaliningrad (Königsberg).

Nr.Städte mit Lagerverwaltungen
056Bobrujsk
057Klaipėda (Memel)
135Achtme, heute Teil von Kohtla-Järve
168Minsk
183Borisow
184Šilutė (Heydekrug)
189Gomel
195Vilnius (Wilna)
266Jelgava (Mitau)
271Witebsk
277Riga
279Kiviyli
281Wolkowysk
284Brest
286Tallinn (Reval)
287Valga (Walk)
289Kohtla-Järve
291Ogre (Oger)
292Daugavpils (Dünaburg)
294Šiauliai (Schaulen)
296Kaunas (Kauen)
311Mahiljou (Mogilew)
317Riga
331Tartu (Dorpat)
349Liepāja (Libau)
350Riga
393Narva
410Baranawitschy
445Majowka (Georgenburg)
533Bagrationowsk (Preußisch Eylau)

Südregion

In der Südregion bestanden 34 Lagerverwaltungen mit 515 Einzellagern. Sie lagen in den heutigen Staaten Ukraine und Moldawien.

Nr.Städte mit Lagerverwaltungen
062Kiew
100Saporosche
110Korosten
125Lyssytschansk
126Nikolajew
134Sumy
136Poltawa
144Woroschilowgrad
149Charkow
159Odessa
177Tschernigow, später Stalino
198Kischinjow
217Kramatorsk
232Stryj
241Sewastopol
242Gorlowka
253Winniza
256Krasnyj Lutsch
275Lwow (Lemberg)
280Stalino
299Simferopol
304Stanislawow (Stanislau)
306Schepetowka
315Dneprodserschynsk
414Beresan
415Charkow
417Dnepropetrowsk
424Melitopol, vorher Naltschik
460Dnepropetrowsk
470Swerdlowsk
471Makejewka
472Gorlowka
473Stalino
474Woroschilowgrad

Wolgaregion

In der Wolgaregion bestanden 16 Lagerverwaltungen mit 135 Einzellagern. Sie lagen im europäischen Teil des heutigen Russland.

Nr.Städte mit Lagerverwaltungen
050Frolowo
097Jelabuga
108Stalingrad
119Kasan
123Urjupinsk
137Wolsk
163Frolowo
204Astrachan
215Uljanowsk
234Kuibyschew
238Saratow
265Wolsk
338Atkarsk
361Stalingrad
362Stalingrad
368Engels

Nordkaukasus

Im Nordkaukasus bestanden 12 Lagerverwaltungen mit 129 Einzellagern. Sie lagen im heutigen Russland.

Nr.Städte mit Lagerverwaltungen
147Georgijewsk
148Krasnodar
182Schachty
228Dsaudschikau (Ordschonikidse)
237Grosny
251Rostow am Don
356Taganrog
379Machatschkala
421Rostow am Don
424Naltschik, später Melitopol
430Nowotscherkassk
475Rostow am Don

Transkaukasien

Liste sowjetischer Kriegsgefangenenlager des Zweiten Weltkriegs (Georgien)
Tiflis
Molotowo
Karte 5: Georgien. Molotowo (verzeichnet als imeni Molotowa = namens Molotow) liegt 60 Kilometer westsüdwestlich von Tiflis, bei Zalka

In Transkaukasien bestanden 11 Lagerverwaltungen mit 116 Einzellagern. Sie lagen in Armenien, Aserbaidschan und Georgien.

Nr.Städte mit Lagerverwaltungen
115Jerewan
146Otschamtschira
181Rustawi
223Kirowabad
236Tiflis
328Sumgait
441Molotowo (Karte 5)
442Saljany
444Mingetschaur
461Suchumi
518Tkibuli

Ural

Liste sowjetischer Kriegsgefangenenlager des Zweiten Weltkriegs (Udmurtien)
Liste sowjetischer Kriegsgefangenenlager des Zweiten Weltkriegs (Udmurtien)
Rjabowo
Ischewsk
Karte 6: Republik Udmurtien. Rjabowo liegt 70 Kilometer westlich von Ischewsk.

In der Region Ural bestanden 27 Lagerverwaltungen mit 281 Einzellagern. Sie lagen im europäischen Teil des heutigen Russland.

Nr.Städte mit Lagerverwaltungen
068Tscheljabinsk
075Rjabowo (Karte 6)
084Asbest
102Magnitogorsk
130Ascha
153Nischni Tagil
180Kyschtym
197Turinsk
200Alapajewsk
207Molotow
235Nowotroizk
245Nischni Tagil
260Orsk
313Degtjarsk
314Asbest
318Nowaja Ljalja
319Ufa
346Kizel
366Borowsk, Stadtteil von Solikamsk
369Tschkalow (Orenburg)
371Ischewsk
376Krasnouralsk
377Swerdlowsk
476Degtjarka
504Karpinsk
523Resch
531Swerdlowsk

Westsibirien

Es bestanden sechs Lagerverwaltungen mit 54 Einzellagern. Sie lagen im asiatischen Teil des heutigen Russland.

Nr.Städte mit Lagerverwaltungen
093Tjumen
199Nowosibirsk
503Kemerowo
511Rubzowsk
525Stalinsk
526Jurga

Südliches Zentralasien

Liste sowjetischer Kriegsgefangenenlager des Zweiten Weltkriegs (Kirgisistan)


Kyzyl Kija

Osch
Karte 7: Kirgisistan. Kyzyl Kija liegt 60 Kilometer südwestlich von Osch.

In diesem Gebiet bestanden drei Lagerverwaltungen mit 13 Einzellagern. Sie lagen in den heutigen Staaten Kirgisistan und Usbekistan.

Nr.Städte mit Lagerverwaltungen
288Begowat
386Taschkent
387Kyzyl Kija (Karte 7)

Kasachstan

Liste sowjetischer Kriegsgefangenenlager des Zweiten Weltkriegs (Usbekistan)

Taschkent
Pachta Aral
Karte 8: Usbekistan. Das in Kasachstan gelegene Pachta Aral (ca. 80 Kilometer südwestlich von Taschkent), bestand aus mehreren kleinen Siedlungen, zwei am südwestlichen Stadtrand von Atakent, andere nördlich bis sechs Kilometer entfernt.

Es bestanden sieben Lagerverwaltungen mit 50 Einzellagern. Sie lagen im heutigen Staat Kasachstan.

Nr.Städte mit Lagerverwaltungen
029Pachta Aral (Karte 8)
040Alma-Ata
045Ust-Kamenogorsk
099Qaraghandy
222Aktjubinsk
330Akmolinsk
347Leninogorsk

Literatur

  • Orte des Gewahrsams von deutschen Kriegsgefangenen in der Sowjetunion (1941–1956): Findbuch. Stiftung Sächsische Gedenkstätten, Dresden 2010, ISBN 978-3-934382-22-0.
  • Erich Maschke (Hrsg.): Zur Geschichte der deutschen Kriegsgefangenen des Zweiten Weltkrieges. Gieseking, Bielefeld 1962–1977. Die Bände 2 bis 8 (Band 5 in drei Teilbänden) und das 1. Beiheft befassen sich mit den Kriegsgefangenen in der Sowjetunion; die Angaben beziehen sich auf Heimkehreraussagen, die in erheblichem Umfang in den 1940er- bis 1960er-Jahren systematisch gesammelt und ausgewertet wurden.
    • Bd. 2: Diether Cartellieri: Die deutschen Kriegsgefangenen in der Sowjetunion. Die Lagergesellschaft. Eine Untersuchung der zwischenmenschlichen Beziehungen in den Kriegsgefangenenlagern. 1967.
    • Bd. 3: Hedwig Fleischhacker: Die deutschen Kriegsgefangenen in der Sowjetunion. Der Faktor Hunger. 1965.
    • Bd. 4: Werner Ratza: Die deutschen Kriegsgefangenen in der Sowjetunion. Der Faktor Arbeit. 1973.
    • Bd. 5: Kurt Bährens: Deutsche in Straflagern und Gefängnissen der Sowjetunion. 1965 (3 Bände).
    • Bd. 6: Wolfgang Schwarz: Die deutschen Kriegsgefangenen in der Sowjetunion. Aus dem kulturellen Leben. 1969.
    • Bd. 7: Kurt W. Böhme: Die deutschen Kriegsgefangenen in sowjetischer Hand. Eine Bilanz. 1966.
    • Bd. 8: Gert Robel: Die deutschen Kriegsgefangenen in der Sowjetunion. Antifa. 1974.
    • Beiheft 1: Michael Beck: Tagebuch aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft 1945–1949. 1967.
  • Gerhard Kaliski: Vom Hakenkreuz zur Kreuzhacke. Jugend hinter Stacheldraht in Sibirien. Das Schicksal der ostpreußischen Jugend, von Jungen und Mädchen, teilweise noch im Kindesalter, die schwere Jahre in sibirischen Lagern erleiden mussten. Jahre voller Entbehrung, voller Hunger, Krankheiten und oft genug auch den Tod. ISBN 978-3-95627-540-1

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