Liste jugoslawischer Zeitungen

Der Artikel Liste jugoslawischer Zeitungen gibt einen Überblick über die Zeitungen, die zwischen 1918 und 1992 in Jugoslawien erschienen sind.

Tageszeitungen

In Jugoslawien wurden Zeitungen kaum im Abonnement bezogen, der übliche Vertriebsweg war über Kioske. Abendzeitungen waren in Jugoslawien deutlich weiter verbreitet als im deutschsprachigen Raum.

Zeitungen, die vor 1945 eingestellt wurden

In Zagreb erschien in den Jahren 1860 bis 1941 (anfangs mit finanzieller Unterstützung von Josip Juraj Strossmayer) eine von Franjo Rački (1828–1884) und Bogoslav Šulek (1816–1895) gegründete Zeitung, die nach mehreren Umbenennungen ab 1871 Obzor (Rundschau) hieß. In den 1930er Jahren stand sie der Kroatischen Bauernpartei nahe.

Weitere bedeutende Zeitungen waren:

in Zagreb:

  • Novosti 1907–1941 (regierungsnah)
  • Jutarnji List 1912–1941 (der Kroatischen Bauernpartei (Vladko Maček) nahestehend)
  • Hrvatski Dnevnik 1936–1941 war das Organ des rechten Flügels der Kroatischen Bauernpartei.

in Belgrad:

  • Pravda 1904–1941 nachmittags
  • Vreme 1921–1941 (regierungsnah)

In Ljubljana gab es diese Zeitungen:

  • Slovenski Narod (Das slowenische Volk), 1868–1943, liberal
  • Slovenec (Der Slowene), 1873–1945, Organ des politischen Katholizismus
  • Jutro (Der Morgen), 1920–1945, liberal, Stand der Partei Samostojna Demokratska Stranka (Unabhängige Demokratische Partei) nahe

Vor 1945 gab es mehrere deutschsprachige Tageszeitungen, darunter Deutsches Volksblatt - Tageszeitung der Deutschen Jugoslawiens (1919–1945 in Novi Sad erschienen) und Der Morgen - jugoslawische Presse für Volkswirtschaft, Kultur und öffentliches Leben, der in Zagreb ab Januar 1923 wöchentlich, ab Juli 1923 täglich erschien und 1926 in Morgenblatt, 1941 in Deutsche Zeitung in Kroatien umbenannt und 1945 eingestellt wurde. Die älteste deutschsprachige Zeitung und zugleich erste Zeitung auf dem Gebiet Sloweniens war die Mariborer Zeitung, die 1862 gegründet wurde und bis 1929 sowie 1941–1945 Marburger Zeitung hieß. Sie erschien zunächst 2- bis 3-mal wöchentlich, ab 1914 täglich.[1]

Tageszeitungen in Jugoslawien 1941[2]
ZeitungErscheinungsortGründungsjahrSpracheAufl. 1941
PolitikaBelgrad1904serbokroatisch145 700
VremeBelgrad1921serbokroatisch65 000
PravdaBelgrad1904serbokroatisch45 000
NovostiZagreb1907serbokroatisch23 400
Jutarnji ListZagreb1912serbokroatisch21 000
VečernikMaribor1927slowenisch20 000
JutroLjubljana1920slowenisch18 000
SlovenecLjubljana1873slowenisch17 500
Hrvatski DnevnikZagreb1936serbokroatisch16 000
Jugoslavenska PoštaSarajevo1929serbokroatisch15 000
Slovenski NarodLjubljana1868slowenisch10 000
Slovenski DomLjubljana1935slowenisch8 000
Jugoslavenski ListSarajevo1918serbokroatisch7 000
Hrvatski ListOsijek1920serbokroatisch7 000
VardarSkopje-mazedonisch5 000
Mariborer ZeitungMaribor1862deutsch4 000
Hrvatska StražaZagreb1929serbokroatisch3 500
Novo DobaSplit1918serbokroatisch3 500
DanNovi Sad1935serbokroatisch3 200
MorgenblattZagreb1923deutsch3 000
ObzorZagreb1860serbokroatisch2 500
Jugoslavenski LloydZagreb1909serbokroatisch2 100
Jugoslavenska ZastavaOsijek1931serbokroatisch2 000

Zeitungen, die (auch) nach 1945 erschienen

Die Zeitungsverlage wurden nach dem Zweiten Weltkrieg verstaatlicht und ab Anfang der 1950er Jahre nach dem Prinzip der Arbeiterselbstverwaltung geführt. Als Herausgeber zahlreicher Zeitungen firmierte der Sozialistische Bund des werktätigen Volkes Jugoslawiens (Socijalistički savez radnog naroda Jugoslavije, abgekürzt: SSRNJ) bzw. eine Unterorganisation auf Republiks- oder kommunaler Ebene.

Im Jahr 1966 existierten in Jugoslawien rund 25 Tageszeitungen:[3]

Überblick

Tageszeitungen in Jugoslawien 1966/1989
ZeitungErscheinungsortGründungsjahrSpracheAufl. 1966Aufl. 1989
Večernje NovostiBelgrad1952serbokroatisch288 000227 506
PolitikaBelgrad1904serbokroatisch278 000226 516
BorbaBelgrad1922serbokroatisch141 00030 890
VjesnikZagreb1945serbokroatisch89 00071 635
Politika EkspresBelgrad1963serbokroatisch84 000177 845
DeloLjubljana1959slowenisch76 00095 621
Večernji ListZagreb1957serbokroatisch73 000204 895
SportBelgrad1946serbokroatisch65 00047 103
OslobođenjeSarajevo1943serbokroatisch64 00049 296
Sportske NovostiZagreb1945serbokroatisch54 00066 672
VečerMaribor1946slowenisch42 00053 057
Ljubljanski DnevnikLjubljana1952slowenisch38 00059 301
Magyar SzóNovi Sad1944ungarisch33 00021 373
Slobodna DalmacijaSplit1943serbokroatisch33 00090 650
Nova MakedonijaSkopje1944mazedonisch29 00023 184
DnevnikNovi Sad1953serbokroatisch26 00039 086
Večernje NovineSarajevo1965serbokroatisch23 00072 876
Novi ListRijeka1947serbokroatisch13 00059 958
Privredni PregledBelgrad1952serbokroatisch11 0004 520
RilindjaPriština1945albanisch9 00032 597
Glas SlavonijeOsijek1943serbokroatisch8 00011 030
VečerSkopje1963mazedonisch7 00024 379
La voce del popoloRijeka1945italienisch4 0002 936

Sechs Wochenzeitungen (siehe unten) wurden im Laufe der 1960er bis 1980er Jahre in Tageszeitungen umgewandelt (alle in serbokroatischer Sprache):

Umwandlung von Wochenzeitungen in Tageszeitungen
ZeitungISSNErscheinungsortÜbersetzung des NamensGründungtäglich seit
Glas SlavonijeISSN 0350-3968OsijekStimme Slawoniens1943um 1966
Glas IstreISSN 0017-0771PulaStimme Istriens1943/1944um 1970
Narodne NovineISSN 0350-7572NišVolks-Zeitung1946um 1970
PobjedaISSN 0350-4379TitogradSieg1944um 1975
JedinstvoISSN 0021-5775PrištinaEinheit1945um 1980
GlasISSN 0350-3925Banja LukaStimme1943um 1985

Morgenzeitungen

Die Borba (Kampf, ISSN 0350-8749) war die Zeitung des Bundes der Kommunisten Jugoslawiens. Sie erschien ab 1922 in Zagreb, ab 1948 in Belgrad.[4] Sie war die einzige Tageszeitung, die landesweit gelesen wurde, während die übrigen Zeitungen hauptsächlich in je einer der Republiken und Provinzen bzw. nur regional verbreitet waren. In den 1970er und 1980er Jahren erlebte sie einen dramatischen Auflagenrückgang. Wie die Oslobođenje (siehe unten) benutzte die Borba Lateinschrift und kyrillische Schrift gemischt innerhalb derselben Ausgabe, meist von Seite zu Seite wechselnd.

Weitere Morgenzeitungen waren:

  • Politika (Politik, ISSN 0350-4395), Belgrad. In den 1930er Jahren war die Politika mit ca. 150.000 Stück die auflagenstärkste Zeitung Jugoslawiens.[5]
  • Vjesnik (Kurier, ISSN 0350-3305), Zagreb. In den 1970er und 1980er Jahren erschien auch die Inozemno izdanije (Auslandsausgabe), die in Frankfurt am Main für die in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Jugoslawen gedruckt wurde.
  • Delo: In Ljubljana erschienen bis zum 30. April 1959 die 1934 gegründete Ljudska Pravica (Gerechtigkeit für das Volk, die Zeitung der Kommunistischen Partei Sloweniens) und der 1938 gegründete Slovenski Poročevalec (Der Slowenische Berichterstatter). Das Erscheinen beider Zeitungen war im Zweiten Weltkrieg zeitweise unterbrochen. Aus der Vereinigung dieser beiden Zeitungen ging der ab dem 1. Mai 1959 erscheinende Delo (Arbeit, ISSN 0350-7521) hervor.

Abendzeitungen

Spartenzeitungen

  • Privredni Pregled (Wirtschafts-Übersicht, ISSN 0478-3085), Belgrad. Eine gleichnamige Wochenzeitung war bereits in den Jahren 1923–1941 in Belgrad erschienen.

Neue Tageszeitungen 1990/1991

  • RI-telefax ISSN 0353-8621 war die erste von zahlreichen, teils kurzlebigen Zeitungsneuerscheinungen der Jahre 1990–1992. Sie erschien in Rijeka vom 29. Oktober 1990 bis zum 10. Juli 1991. Gründer waren zwei ehemalige Journalisten der Novi List, Josip Površenić und Igor Violić.
  • Orient Express (ISSN 0353-8567) erschien ab dem 14. November 1990 in Sarajevo. Herausgeber war Enver Čaušević
  • Vesti (Nachrichten, ISSN 0354-0340), Novi Sad, ab dem 11. Februar 1991, Herausgeber: Borislav Putnik
  • Slovenske Novice (Slowenische Nachrichten, ISSN 0354-1088), erschien in Ljubljana ab dem 25. April 1991, Herausgeber: Tine Guzej
  • Pannon Hírlap, (Pannonische Zeitung, ISSN 0354-0227), Subotica, ab 1. Mai 1991, Herausgeber: Istvan Valihora
  • Zapad (Der Westen, ISSN 0354-0537), Zagreb, ab 17. Mai 1991
  • Slovenec (Der Slowene, ISSN 0354-0960), Ljubljana, ab 25. Juni 1991, Herausgeber: Andrej Rot. Der Titel wurde von einer vor 1945 erschienenen Zeitung übernommen.
  • Republika (Die Republik, ISSN 0354-091X), Skopje, ab 2. August 1991
  • Dan (Der Tag, ISSN 0354-141X), Novi Sad, ab 21. Oktober 1991, Herausgeber: Đorđe Subotić

Wochenzeitungen

Während Tageszeitungen nur in den großen Städten erschienen, gab es rund 70 Wochenzeitungen auf regionaler Ebene. Als Beispiel seien hier die beiden in der Sozialistischen Republik Mazedonien erschienenen Wochenzeitungen genannt: In Kumanovo erschien seit 1961 die Naš Vesnik (Unser Kurier, ISSN 0351-6164) in mazedonischer Sprache, in Skopje seit 1946 die Flaka e Vëllazërimit (Flamme der Verbrüderung, ISSN 0350-3844) in albanischer Sprache, zunächst wöchentlich, in den 1980er Jahren dreimal wöchentlich.

Daneben gab es noch die Wochenzeitungen des Savez sindikata Jugoslavije (Gewerkschaftsbund Jugoslawiens):

  • Rad (Arbeit, ISSN 0033-7463), Belgrad, ab 1945. Zeitweise existierten getrennte Ausgaben in Lateinschrift und kyrillischer Schrift
  • Trudbenik (Der Werktätige, ZDB-ID 824885-0), Skopje, ab 1945
  • Delavska Enotnost (Arbeiter-Eintracht, ISSN 0011-7722), Ljubljana, ab 1942

Der Gewerkschaftsbund gab in den Jahren 1948–1953 auch die deutschsprachige Wochenzeitung Der Schaffende heraus, die sich offenbar nicht hauptsächlich an deutschsprachige Bürger Jugoslawiens, sondern überwiegend an Leser in Deutschland und Österreich richtete.

Bereits in den Jahren 1890 bis 1932 war in Belgrad die Wochenzeitung Trgovinski Glasnik (Handelsbote) erschienen.

Auch in den Sprachen der in Jugoslawien lebenden Minderheiten erschienen Wochenzeitungen:

Wochenzeitungen in Sprachen der Minderheiten
ZeitungISSNErscheinungsortSpracheÜbersetzung des NamensGründungsjahr
BirlikISSN 0352-4035SkopjeTürkischEinheit1944
Hlas LuduISSN 0018-2869Bački PetrovacSlowakischStimme des Volkes1944
LibertateaISSN 0350-4166PančevoRumänischFreiheit1945
BratstvoISSN 0350-8838NišBulgarischBrüderlichkeit1961
Ruske SlovoISSN 0350-4603Novi SadRussinischRussinisches Wort1945
JednotaISSN 0021-5791DaruvarTschechischEinheit (?)1946

Vor der Gründung der Bratstvo war bereits ab 1949 bis ca. 1954 eine bulgarischsprachige Wochenzeitung namens Glas na Blgarite (Stimme der Bulgaren) in Belgrad erschienen.

In Belgrad gründete der Rechtsanwalt Svetozar Simić 1936 eine Zeitung für Roma mit dem Namen Romano-Lil, nach drei Ausgaben wurde sie wieder eingestellt.[6] Eine 1987 in Železnik (bei Belgrad) gegründete Zeitschrift namens Khamutne Divesa[7], die Artikel in Romanes und Serbokroatisch enthielt, wurde ebenfalls nach kurzer Zeit eingestellt.

Mit der Glas Koncila (Stimme des Konzils, ISSN 0436-0311) gab es eine Zeitung der katholischen Kirche, die ab 1962 zunächst 14-täglich, seit 1984 wöchentlich erschien. Daneben existierten zahlreiche Zeitschriften sowohl der katholischen Kirche als auch anderer Religionsgemeinschaften.

Relative Pressefreiheit

In den Großstädten Jugoslawiens (vor allem in Belgrad) konnte man alle wichtigen Zeitungen sowohl aus Staaten des westlichen als auch des östlichen Blocks sowie vieler blockfreier Staaten erhalten.

Die philosophische Zeitschrift Praxis, in der neomarxistische Positionen vertreten wurden, wurde 1975 verboten.

Die Borba druckte im Mai und Juni 1987 einen mehrteiligen äußerst kritischen Bericht über die Behandlung politischer Gefangener in jugoslawischen Gefängnissen.[8]

1988 kam es in Ljubljana zu einem Prozess gegen Janez Janša, Ivan Borštner, David Tasić und Franci Zavrl, denen im Zusammenhang mit einem in der Zeitschrift Mladina erschienenen Artikel der Verrat militärischer Geheimnisse vorgeworfen wurde.

Literatur

  • Stipe Šuvar, Pressefreiheit und Verantwortung im jugoslawischen Sozialismus, in: Jugoslawien - Modell im Wandel, hrsg. v. Olaf Ihlau u. Miodrag Vukić
  • Handbuch der Weltpresse, Hrsg. v. Institut für Publizistik der Universität Münster, 5. Auflage 1970, Band 1 S. 282–289 und Band 2 S. 107f.
  • Artikel Jugoslavija, Abschnitt Novine, in: Enciklopedija Jugoslavije, 2. Ausgabe, Band 6, S. 570–576
  • Alfred Falk, Die jugoslawische Presse, in: Zeitungswissenschaft, Jg. 11.1936, S. 438–443.
  • Paul Underwood, Yugoslavia, in: World Press Encyclopedia, ed. by George Thomas Kurian, Vol. II, 1982 ISBN 0-87196-497-X, S. 1037–1049
  • Irina Hendrichs, Presse, Rundfunk, Film (Massenmedien), in: Jugoslawien (Südosteuropa-Handbuch, Band 1), hrsg. v. Klaus-Detlev Grothusen, 1975 ISBN 3-525-36200-5, S. 439–457 (v. a. S. 439–447)
  • Sava Palančanin, Revolucionarna i ratna štampa 1871–1945 (Revolutions- und Kriegspresse 1871–1945), 1986
  • April Carter, Democratic reform in Yugoslavia, 1982 ISBN 0-903804-88-3, S. 186–200
  • Bibliografija Jugoslavije - Serijske Publikacije

Weblinks

Quellen

  1. Die Zeitungsbibliographie (Memento vom 19. Februar 2008 im Internet Archive) der „Forschungsstelle Deutschsprachige Zeitungen“ an der Universität Gießen enthält eine umfangreiche Auflistung deutschsprachiger Zeitungen in Jugoslawien bis 1945 (zum Teil unter Slowenien und Kroatien einsortiert)
  2. Quelle: Enciklopedija Jugoslavije, 2. Ausg. Band 6, Artikel Jugoslavija, Abschnitt Novine, S. 571. Artikel über viele dieser Zeitungen sind in der Narodna enciklopedija srpsko-hrvatsko-slovenačka enthalten, von dort stammen größtenteils die Angaben zum Gründungsjahr der Zeitungen.
  3. Auflagenhöhe 1966 nach: Handbuch der Weltpresse, Hrsg. v. Institut für Publizistik der Universität Münster, 5. Auflage 1970, Band 1 S. 282–289 und Band 2 S. 107f; Auflage 1989 nach: Artikel Jugoslavija, Abschnitt Novine, in: Enciklopedija Jugoslavije, 2. Ausg., Band 6, S. 570–576; Zum Stand 1953 vgl. Osteuropa-Handbuch, Bd. I: Jugoslawien, hrsg. v. W. Markert, S. 350f.
  4. vgl. Newspapers of the world, XXII: "Borba", in: The Times, 22. April 1965, S. 11
  5. vgl. Falk (s. o.) S. 441
  6. vgl. D. Ackovic, C. Poulain, Le journal Romano Lil, in: Etudes tsiganes (ISSN 0014-2247), Jg. 1995, S. 123–132; Zeitungswissenschaft, Jg. 11.1936, S. 23.
  7. s. A. Kumer u. a., "Europäisierung versus Nationalismus", S. 209 (Ackovic)
  8. vgl. Jens Reuter, Politische Gefangene in Jugoslawien, in: Südosteuropa, Jg. 1987, S. 297–308

Siehe auch

  • Liste mazedonischer Zeitungen
  • Liste kroatischer Zeitungen