Liste der mittelalterlichen Universitäten

Vorlesung an einer Universität des Mittelalters (14. Jahrhundert)

Die Liste der mittelalterlichen Universitäten führt alle Universitäten auf, die im Mittelalter existierten. Sie beinhaltet auch kurzlebige Gründungen und Bildungsinstitutionen, deren Universitätsstatus von der Forschung noch nicht abschließend geklärt ist. Die Universität mit ihrer eigenen Organisationsstruktur und ihrem freiheitlichen Selbstverständnis ist ein Produkt des christlich geprägten Mittelalters.[1] Bis 1500 ist die Existenz von über achtzig Universitäten belegt, die vor allem in West- und Mitteleuropa angesiedelt waren.[2] Mit der nachfolgenden Kolonisation Amerikas wird die Universität in die Neue Welt gebracht und damit ihre weltweite Verbreitung als höchste Bildungsstätte der Gegenwart eingeleitet (siehe Liste der ältesten Universitäten).[3]

Definition

Eine Kurzdefinition der Universität mit ihren wesentlichen Merkmalen, wie sie sich seit dem Mittelalter herausgebildet haben, bietet die mehrbändige Geschichte der Universität in Europa der Europäischen Rektorenkonferenz:

„Die Universität ist eine, ja die europäische Institution par excellence: Als Gemeinschaft von Lehrenden und Lernenden, ausgestattet mit besonderen Rechten der Selbstverwaltung, der Festlegung und Ausführung von Studienplänen und Forschungszielen sowie der Verleihung öffentlich anerkannter akademischer Grade ist sie eine Schöpfung des europäischen Mittelalters…

Keine andere europäische Institution hat wie die Universität mit ihren überlieferten Strukturen und ihren wissenschaftlichen Leistungen in der ganzen Welt universale Geltung erlangt. Die Titel der mittelalterlichen Universität, Bakkalaureat, Lizenziat, Magistergrad, Doktorat, werden in den unterschiedlichsten politischen und ideologischen Systemen anerkannt. Die vier mittelalterlichen Fakultäten der Theologie, Jurisprudenz, Medizin und der Artes haben zwar teilweise andere Bezeichnungen erhalten. So wurde die Artistenfakultät zur philosophischen, zu derjenigen der lettres, sciences, humanities. Zahlreiche, vor allem sozialwissenschaftliche und technologische Disziplinen kamen hinzu, doch bilden die alten Fakultäten nach wie vor auf der ganzen Welt den Kern der Universitäten. Selbst der Name der universitas, der im Mittelalter für Genossenschaften unterschiedlichster Art gebraucht wurde und dementsprechend zunächst nur die korporative Organisation von Lehrern und Schülern bezeichnete, erhielt im Lauf der Jahrhunderte eine geistige Aufwertung: Als universitas litterarum verkörpert die Universität seit dem 18. Jahrhundert die Bildungsinstitution, welche die Gesamtheit der Wissenschaften zu pflegen und zu vermitteln hat.“[1]

Liste

Die Liste ist nach dem Zeitpunkt der Anerkennung sortiert. Wo mehr als eine Universität an einem Ort gegründet wurde, steht der Name der Institution in Klammern.

Vor und während des 12. Jahrhunderts

AnerkanntUniversitätHeutiges Land
9. Jh.Salerno[unsicher 1]Italien
962Parma[4][5][6]Italien
Ende 12. Jh.[2]BolognaItalien
1188[2]Reggio nell’Emilia[unsicher 1]Italien

13. Jahrhundert

AnerkanntUniversitätHeutiges Land
1204[2]VicenzaItalien
1208[2]Palencia[unsicher 1]Spanien
Anfang 13. Jh.[2]ParisFrankreich
Anfang 13. Jh.[2]OxfordEngland
Anfang 13. Jh.[2]MontpellierFrankreich
1209–25[2]CambridgeEngland
1215[2]ArezzoItalien
1218–19[2]SalamancaSpanien
1222[2]PaduaItalien
1224[2]NeapelItalien
1228[2]VercelliItalien
1229[2]ToulouseFrankreich
um 1235[2]OrléansFrankreich
1245[2]Rom (Kurie)Italien
1245[2]SienaItalien
1248[2]Piacenza[unsicher 1]Italien
um 1250[2]AngersFrankreich
1254–60[2]Sevilla[unsicher 1]Spanien
1261[7]Northampton[unsicher 1]England
Ende 13. Jh.[2]ValladolidSpanien
1290[2]LissabonPortugal
1300[2]LéridaSpanien

14. Jahrhundert

AnerkanntUniversitätHeutiges Land
1303[2]AvignonFrankreich
1303[2]Rom (La Sapienza)Italien
1308[2]PerugiaItalien
1308[2]CoimbraPortugal
1318[2]TrevisoItalien
1332[2]CahorsFrankreich
1339[2]GrenobleFrankreich
1339[2]Verona[unsicher 1]Italien
1343[2]PisaItalien
1347[2]PragTschechien
1349[2]FlorenzItalien
1350[2]PerpignanFrankreich
1354[2]HuescaSpanien
1361[2]PaviaItalien
1364[2]KrakauPolen
1365[2]OrangeFrankreich
1365[2]WienÖsterreich
1367[2]PécsUngarn
1369[2]Lucca[unsicher 1]Italien
1379[2]ErfurtDeutschland
1380DyrrachiumAlbanien
1385[2]HeidelbergDeutschland
1388[2]KölnDeutschland
1391[2]FerraraItalien
1395[2]BudaUngarn
1396ZadarKroatien

15. Jahrhundert

AnerkanntUniversitätHeutiges Land
1402[2]WürzburgDeutschland
1404[2]TurinItalien
1409[2]LeipzigDeutschland
1409[2]Aix-en-ProvenceFrankreich
1411[2]St. AndrewsSchottland
1412–20[2]Parma[unsicher 1]Italien
1419[2]RostockDeutschland
1422[2]DoleFrankreich
1425[2]LöwenBelgien
1431[2]PoitiersFrankreich
1432[2]CaenFrankreich
1441[2]BordeauxFrankreich
1444[2]CataniaItalien
1446[2]Girona[unsicher 1]Spanien
1450[2]BarcelonaSpanien
1451[2]GlasgowSchottland
1452[2]ValenceFrankreich
1454[2]TrierDeutschland
1456[2]GreifswaldDeutschland
1457[2]FreiburgDeutschland
1459[2]BaselSchweiz
1459[2]IngolstadtDeutschland
1460[2]NantesFrankreich
1464[2]BourgesFrankreich
1465[2]PreßburgSlowakei
1470[2]VenedigItalien
1471[2]Genua[unsicher 1]Italien
1474[2]SaragossaSpanien
1475[2]KopenhagenDänemark
1476[2]MainzDeutschland
1476[2]TübingenDeutschland
1477[2]UppsalaSchweden
1483[2]PalmaSpanien
1489[2]SigüenzaSpanien
1495[2]AberdeenSchottland
1498[2]Frankfurt an der Oder[unsicher 1]Deutschland
1499[2]Alcalá de HenaresSpanien
1500[2]ValenciaSpanien

Anmerkungen

  1. a b c d e f g h i j k l Status oder Betrieb als Universität fragwürdig

Einzelnachweise

  1. a b Rüegg 1993, S. 13f.
  2. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y z aa ab ac ad ae af ag ah ai aj ak al am an ao ap aq ar as at au av aw ax ay az ba bb bc bd be bf bg bh bi bj bk bl bm bn bo bp bq br bs bt bu bv bw bx by bz ca cb cc cd ce cf cg ch Verger, Jacques: „Grundlagen“, in: Rüegg, Walter (Hrsg.): Geschichte der Universität in Europa. Bd. I: Mittelalter, C. H. Beck, München 1993, ISBN 3-406-36952-9, S. 49–80 (70f.)
  3. Roberts, Rodriguez & Herbst 1996, S. 213–232
  4. La storia dell'Università di Parma. (Nicht mehr online verfügbar.) In: Università degli Studi di Parma. Archiviert vom Original am 5. Mai 2021; abgerufen am 20. Februar 2017 (italienisch).
  5. Simone Bordini, Piergiovanni Genoves: Università di Parma. Un millennio di storia. Hrsg.: Annamaria Cavalli. Monte Università Parma Editore, Parma 2016, ISBN 978-88-7847-500-7 (italienisch).
  6. Anna Maria Tammaro (Hrsg.): Verso l'internazionalizzazione della formazione in biblioteconomia e in scienze dell'informazione. Atti del Seminario internazionale, Parma, 18 marzo 2002. Casalini Libri, Fiesole 2002, ISBN 978-88-85297-56-2 (italienisch).
  7. Powicke 1949, S. 200f.

Literatur

  • Powicke, F. M.: Ways of Medieval Life and Thought, Biblo & Tannen Publishers, 1949, ISBN 978-0-8196-0137-7
  • Verger, Jacques: „Grundlagen“, in: Rüegg, Walter (Hrsg.): Geschichte der Universität in Europa. Bd. I: Mittelalter, C. H. Beck, München 1993, ISBN 3-406-36952-9, S. 49–80 (70f.)
  • Roberts, John; Rodriguez Cruz, Agueda M.; Herbst, Jürgen: „Die Übernahme europäischer Universitätsmodelle“, in: Rüegg, Walter (Hrsg.): Geschichte der Universität in Europa. Bd. II: Von der Reformation zur Französischen Revolution (1500–1800), C. H. Beck, München 1996, ISBN 3-406-36953-7, S. 213–232
  • Rüegg, Walter: „Vorwort. Die Universität als europäische Institution“, in: Rüegg, Walter (Hrsg.): Geschichte der Universität in Europa. Bd. I: Mittelalter, C. H. Beck, München 1993, ISBN 3-406-36952-9, S. 13f.

Siehe auch

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