Linth

Linth
Der Linthkanal bei Reichenburg, Richtung Süden, im Hintergrund der Mürtschenstock.

Der Linthkanal bei Reichenburg, Richtung Süden, im Hintergrund der Mürtschenstock.

Daten
GewässerkennzahlCH: 2455
LageGlarner Alpen

Schweizer Mittelland


Schweiz Schweiz

FlusssystemRhein
Abfluss überLimmat → Aare → Rhein → Nordsee
Zusammenflussvon Sandbach und Limmerenbach bei Üelialp
46° 51′ 57″ N, 8° 58′ 49″ O
Quellhöhe1029 m ü. M.[1]
Mündungin den Obersee bei SchmerikonKoordinaten: 47° 13′ 5″ N, 8° 56′ 29″ O; CH1903: 713820 / 230781
47° 13′ 5″ N, 8° 56′ 29″ O
Mündungshöhe406 m ü. M.[1]
Höhenunterschied623 m
Sohlgefälle17 ‰
LängeNamentliche Strecke: 37 km[2] 
65,3 km[1] (mit Oberstafelbach, Sandbach und Linthkanal)
Einzugsgebiet1.141,75 km²[3]
Abfluss am Pegel Linthbrücke Mollis[4]
AEo: 600 km²
NNQ (2005)
MNQ 1971–2020
MQ 1971–2020
Mq 1971–2020
MHQ 1971–2020
HHQ (2005)
4,71 m³/s
21,5 m³/s
31,9 m³/s
53,2 l/(s km²)
42,2 m³/s
402 m³/s
Abfluss am Pegel Biäsche Weesen[5]
AEo: 1062 km²
NNQ (1963)
MNQ 1935–2020
MQ 1935–2020
Mq 1935–2020
MHQ 1935–2020
HHQ (1953)
9,73 m³/s
37,5 m³/s
54,1 m³/s
50,9 l/(s km²)
76 m³/s
295 m³/s
Linke NebenflüsseSandbach, Fätschbach, Brummbach, Bächibach, Löntsch, Rauti
Rechte NebenflüsseLimmerenbach, Durnagel, Sernf, Seez, Tscherlenbach, Murgbach, Aubach, Steinenbach
Durchflossene SeenWalensee
Linth (Kanton Glarus)
Linth (Kanton Glarus)
Quelle
Mündung
Quelle und Mündung der Linth

Die Linth ist ein Fluss in den Schweizer Kantonen Glarus, St. Gallen und Schwyz.

Name

In einer Urkunde aus dem Jahr 1003 (oder 1063) wird der Fluss als usque ad medium fluminis linte erstmals schriftlich genannt. Der Name geht auf das keltische Wort *lendā für „Wasser, See“ zurück (vergleiche hierzu walisisch llyn „See“).[6]

Geographie

Verlauf

Verlauf der Linth

Die Linth gilt als Oberlauf der Limmat. Sie liefert über zwei Drittel des Wassers aller Zuflüsse des Zürichsees, dessen Abfluss die Limmat ist.[7] Die Linth entspringt im Tödi-Massiv. Ihren Namen führt sie ab dem Zusammenfluss von Limmerenbach und Sandbach, dem deutlich grösseren Quellbach. Er entspringt als Oberstafelbach unterhalb des Claridenfirns. Im Quellgebiet stehen unter anderem die Kraftwerke Linth-Limmern mit der Nordostschweizerischen Kraftwerke AG als Mehrheitsaktionärin. Die Linth fliesst nordwärts durch das Glarnerland und vereinigt sich in Schwanden mit dem Sernf, der von Elm herunter kommt. Danach durchfliesst sie Mitlödi, Ennenda, Glarus, Netstal und Näfels. Bei Netstal nimmt sie auf der linken Seite den Löntsch auf.

Seit der Linthkorrektion fliesst die Linth im Escherkanal in den Walensee, den sie bei Weesen im Linthkanal wieder verlässt, durchfliesst die Linthebene und mündet bei Schmerikon in den oberen Zürichsee. Bei Ziegelbrücke mündet links der von der Rauti und dem Niederurner Dorfbach bewässerte Industriekanal in den Linthkanal. Etwa 130 Meter oberhalb der Brücke der Linksufrigen Zürichseebahn in Ziegelbrücke befindet sich eine starke Stromschnelle. Ab Ziegelbrücke verlaufen parallel zum Linthkanal auf den Dämmen je ein Wanderweg, ein seitlicher Entwässerungskanal, die 380-kV-Leitungen Tavanasa-Breite und Sils-Fällanden (mit v-förmigen Isolatoren) sowie weitere Energietrassen.

Vor der Linthkorrektion durch Hans Conrad Escher und Johann Gottfried Tulla vereinigte sich bei Ziegelbrücke die Linth (damals rund 32 m³/s[8]) mit der Maag (damals rund 23 m³/s[9]), dem früheren Ausfluss des Walensees. Ab dort mäandrierte die Linth stark und war durch die Anlagerungen von Sandbänken nur bedingt schiffbar.

Einzugsgebiet

Das 1.141,75 km² grosse Einzugsgebiet der Linth liegt in den Glarner Alpen und im Schweizer Mittelland und wird durch sie über die Limmat, die Aare und den Rhein zur Nordsee entwässert.

Es besteht zu 30,6 % aus bestockter Fläche, zu 33,6 % aus Landwirtschaftsfläche, zu 2,8 % aus Siedlungsflächen und zu 33,0 % aus unproduktiven Flächen.[10]

Flächenverteilung

Die mittlere Höhe des Einzugsgebietes beträgt 1553,7 m ü. M.

Zuflüsse

Grössere Zuflüsse von links sind der Fätschbach, der Löntsch, die Rauti und die Alt Linth, von rechts der Sernf, der Aubach und der Steinenbach.

Die Seez und der Murgbach münden als wichtige Zuflüsse in den Walensee.

Quellflüsse und Zuflüsse der Linth[Z 1]
NameGKZLageLänge
in km
EZG
in km²
MQ
in m³/s
Mündung
Koordinaten
Mündungs­höhe
in m
Bemerkungen
SandbachCH000755links0009,00000047,85000003,1900 Welt-Icon bei Üelialp, Linthal100900000Hauptquellbach
Oberlaufname: Oberstafelbach
LimmerenbachCH000756rechts007,40000027,72000001,5700 Welt-Icon bei Üelialp, Linthal100900000Nebenquellbach
Entwässert den Limmerensee
WildwüestibachGL310476rechts002,80000001,8100  Welt-Icon oberhalb Tierfehd, Linthal80900000
FisetenbachCH002515links0005,20000006,93000000,4500 Welt-Icon nach Tierfehd, Linthal79800000
FurbachCH002514rechts003,20000002,8300  Welt-Icon nach Tierfehd, Linthal79700000
Namenloser BachGL310453rechts001,50000000,6500  Welt-Icon bei Oberreiti, Linthal79100000
BodenbachCH002513rechts003,90000004,04000000,2400 Welt-Icon bei Laueli, Linthal77800000
FätschbachCH000754links0013,60000042,62000003,0000 Welt-Icon bei Rubschen, Linthal71400000Alternativname: Fätsch
BrummbachCH002509links0004,90000015,72000001,0000 Welt-Icon bei der Talstation Braunwaldbahn, Linthal64100000
DurnagelCH002507rechts008,20000018,77000001,2700 Welt-Icon bei Sätliboden, Rüti63300000Alternativname: Durnagelbach
SchüttirusCH002506rechts002,10000001,3900  Welt-Icon beim Bahnhof Rüti, Rüti62100000Alternativname: Schüttenruus
SchlattbachCH005591links0002,20000001,6700  Welt-Icon bei Holgand, Rüti61100000
DiesbachCH002502rechts006,40000011,8600  Welt-Icon bei Diesbach58800000
RusenbachGL310368links0001,40000000,6700  Welt-Icon bei Michelerlen, Diesbach57900000
RufirusCH002523rechts002,40000002,1200  Welt-Icon bei Hätzingen57700000
BächibachCH002500links0005,60000017,06000001,0800 Welt-Icon bei Luchsingen56500000Alternativname: Bösbächibach
SteinigerbachCH002499links0001,70000003,4200  Welt-Icon bei Leuggelbach54700000Alternativname: Leuggelbach
HaslerbachCH002498rechts003,20000002,3900  Welt-Icon bei Haslen54400000
SernfCH000345rechts024,60000210,14000010,4000 Welt-Icon im Dorfzentrum von Schwanden51800000Alternativname: Sernft
Grösster Nebenfluss der Linth
GuppenrusCH002471links0003,80000003,5100  Welt-Icon bei Steg, Mitlödi50600000
MilchbachCH002470rechts002,40000003,0500  Welt-Icon bei Hüsliguet, Mitlödi49300000
HanslirusCH002469links0002,70000002,1700  Welt-Icon bei Höfli, Mitlödi49000000
GeissbachGL310255rechts000,90000004,2000  Welt-Icon bei Tagwensbühl, Ennenda48300000
BachselirusGL310249rechts001,40000001,5100  Welt-Icon bei Alpenbrüggli, Ennenda46400000
LöntschCH002260links0006,40000090,93000003,8100 Welt-Icon bei Netstal45300000Entwässert den Klöntalersee
SchlattbachCH002459rechts004,40000002,7900  Welt-Icon bei Netstal45200000
FilzbachCH000302rechts004,10000005,9000  Welt-Icon bei Filzbach41900000Mündet in den Walensee
MeerenbachCH002541rechts005,90000008,9900  Welt-Icon bei Mühlehorn41900000Mündet in den Walensee
RötibachCH002540rechts004,20000003,8500  Welt-Icon bei Tiefenwinkel, Mühlehorn41900000Mündet in den Walensee
MurgbachCH000349rechts013,20000041,74000003,6500 Welt-Icon bei Murg41900000Alternativname: Murg
Mündet in den Walensee
Talbach (Quarten)CH002534rechts005,70000006,89000000,5300 Welt-Icon bei Quarten41900000Mündet in den Walensee
Talbach (Mols)CH002533rechts003,00000003,17000000,0500 Welt-Icon bei Mols41900000Mündet in den Walensee
ChirchenbachCH013676rechts004,70000002,3800  Welt-Icon bei Mols41900000Mündet in den Walensee
SchreienbachCH013677rechts002,40000001,46000000,1500 Welt-Icon bei Mols41900000Mündet in den Walensee
SeezCH000331rechts032,80000203,73000007,6900 Welt-Icon bei Walenstadt41900000Mündet in den Walensee
Zweitgrösster Nebenfluss der Linth
TscherlerbachCH002543rechts002,30000049,23000001,2300 Welt-Icon beim Waffenplatz Walenstadt41900000Mündet in den Walensee
HelgenbachCH002532rechts001,70000002,4000  Welt-Icon bei Seemühle, Walenstadtberg41900000Mündet in den Walensee
Vorderer JosenbachCH002531rechts001,70000000,8000  Welt-Icon bei Josen, Walenstadtberg41900000Mündet in den Walensee
AubachCH013842rechts001,30000001,0500  Welt-Icon bei Au, Quinten41900000Mündet in den Walensee
OfenlochbachCH013634rechts001,20000001,5100  Welt-Icon bei Bünten, Quinten41900000Mündet in den Walensee
SeerenbachCH002529rechts005,50000006,91000000,5300 Welt-Icon bei Seeren, Amden41900000Die Seerenbachfälle bestehen aus einer dreistufigen Kaskade
Mündet in den Walensee
SellbachCH013637rechts003,50000003,4700  Welt-Icon bei Talegg, Amden41900000Mündet in den Walensee
FallenbachCH002526rechts005,90000009,40000000,6800 Welt-Icon bei Muslen, Amden41900000Mündet in den Walensee
FlibachCH002524rechts005,50000008,96000000,6400 Welt-Icon bei Weesen41900000Alternativname: Flybach
Mündet in den Walensee
MaagSG492867rechts003,10000002,3400  Welt-Icon beim Biberlichopf, Schänis41900000Alternativname: Weeser Linth
Abfluss aus dem Linthkanal
Mündet in den Linthkanal
RautiCH002451links0009,10000065,64000003,3100 Welt-Icon bei Ziegelbrücke, Glarus Nord41800000Alternativname: Mülibach (CH002450)
Mündet in den Linthkanal
ZiegelbachCH002447rechts003,40000002,0700  Welt-Icon bei Ziegelbrücke, Schänis41800000Mündet in den Linthkanal
RütibachCH002444links0002,60000000,69000000,1900 Welt-Icon bei Bilten41600000Mündet in den Hintergraben
BiltnerbachCH002443links0005,50000004,73000000,2300 Welt-Icon bei Bilten41400000Mündet in den Linthkanal
AubachCH000562rechts007,50000032,70000001,2800 Welt-Icon bei Hänggelgiessen, Benken41200000Mündet in den Linthkanal
StrubengrabenCH002432links0004,20000001,8300  Welt-Icon bei Grossgiessen, Benken41100000Mündet in den Linthkanal
SteinenbachCH000771rechts016,30000035,16000001,4800 Welt-Icon bei Uznach40600000Mündet in den rechtsseitigen Linth-Hintergraben
Linth-Hintergraben mündet in den Zürichsee
Alt LinthCH000561links0011,20000055,69000002,0000 Welt-Icon bei Schmerikon40600000Mündet in den Zürchersee
Linth[Z 2]065,30001141,75000054,3000 südlich von Schmerikon40600000Mündet in den Zürichsee

Anmerkungen zur Tabelle

  1. Von der Quelle zur Mündung. Daten von Swisstopo (map.geo.admin.ch)
  2. Die Daten der Linth zum Vergleich

Flusshistorie

Die Linth vor der Korrektion

Als die Linth noch von Mollis quer zum Tal nach Niederurnen und Ziegelbrücke floss, wurde die Ebene zwischen Näfels, Weesen und Ziegelbrücke ab 1762 regelmässig durch verheerende Wassermassen überschwemmt. Auch die Uferregionen des Walensees blieben nicht verschont. Der Auslöser waren die im 18. Jahrhundert beginnenden systematischen Abholzungen der Berghänge im Glarnerland. Das geschlagene Holz wurde als Baumaterial benötigt, zu Holzkohle verarbeitet oder diente als billiges Brennmaterial im Kachelofen oder Kochherd. Bei Regen lösten sich an den kahlgeschlagenen steilen Berghängen Murgänge. Dies führte zu einer starken Zunahme des Geschiebes in der Linth. An Stellen, wo der Fluss aufgrund geringen Gefälles langsamer fliesst, wird das mitgeführte Sediment im Flussbett abgelagert. Im Jahre 1762 waren die Ablagerungen in der Linthebene bei Ziegelbrücke so hoch, dass die Maag, die den Walensee über die Linth in den Zürichsee entwässert, rückwärts zu fliessen begann. In der Folge stieg der Wasserspiegel des Sees an und überschwemmte die ufernahen Gebiete. Bei jedem grösseren Niederschlag wurden nun regelmässig Gebiete um den See und in der Linthebene überschwemmt. Dies führte zur Versumpfung und dadurch zur Zerstörung grosser Kulturlandflächen. Durch die häufigen Hochwasser und hohe Luftfeuchtigkeit kam es vermehrt zu Tuberkulose und Malaria.[11]

Die betroffenen Kantone Glarus, Schwyz und St. Gallen zogen die Eidgenössische Tagsatzung zur Rate. Diese beauftragte den Berner Ingenieur Andreas Lanz mit einer Sanierung der Linth. Der Kostenvoranschlag von rund 90.000 Gulden schreckte aber die Tagsatzung ab.

Linthkorrektion

Die Linth ist ein Beispiel für Schweizer Gewässerkorrektionen. 1783 gab die Tagsatzung ein Projekt für die Korrektion der Linth in Auftrag, das jedoch erst 1804 zu konkreten Bauplänen führte. Das Projekt sah die Kanalisierung der Linth ab Mollis vor. Der Kanal sollte zuerst in den Walensee geleitet werden, der als Auffangbecken für das Geschiebe vorgesehen war. Zwischen Walen- und Zürichsee sollte das Flussbett begradigt werden. Die Bauarbeiten unter der Leitung von Hans Conrad Escher begannen 1807 dank dessen guten politischen Beziehungen. Der heute als Escherkanal bekannte Kanalteil bei Mollis wurde 1811 eröffnet. 1816 waren die Arbeiten am Kanal zwischen Walensee und der Grynau beendet. Die Zuflüsse aus dem Gaster und der March wurden in zwei Kanälen links und rechts des Hauptkanals, den Linth-Seitenkanälen gesammelt, wodurch der Kanal frei von Geschiebe gehalten wird. Nach dem Tod von Hans Conrad Escher im März 1823 verlieh der Zürcher Regierungsrat seiner Familie das Recht, den Namenszusatz „von der Linth“ zu tragen. Die weiteren Arbeiten wurden durch den Bündner Ingenieur Richard La Nicca betreut. Der Kanalbau bis zum Zürichsee erfolgte erst ab 1866.

Durch die Linthkorrektion wurde der Wasserspiegel des Walensees um 5,5 Meter gesenkt. Die Ried- und Sumpfflächen zwischen den beiden Seen wurden bis zum Zweiten Weltkrieg zur Streugewinnung weiter kontrolliert bewässert. Die Trockenlegung durch Drainage erfolgte erst durch die Linthmelioration nach 1938 im Rahmen der so genannten «Anbauschlacht».[12]

Das Linthwerk

Linthwerk heissen die im 19. Jahrhundert geschaffenen Hochwasserschutzanlagen der Linth zwischen Mollis/Näfels und Walensee (Escherkanal) sowie Walensee und Zürichsee (Linthkanal). Zum Linthwerk gehören die Linth, alle Dämme, die angrenzenden Seitengewässer (Hintergräben), Waldreservate und Wiesen im Gäsi am Walensee.

Als Linthwerk wird auch die verantwortliche Verwaltung der Hochwasserschutzanlagen bezeichnet. Das Linthwerk ist eine öffentlich-rechtliche Anstalt mit eigener Rechtspersönlichkeit.[13]

Erste Gesamtsanierung: Projekt Linth 2000

Bei den Hochwassern der Linth 1999 und 2005 konnte ein Brechen der Dämme nur knapp verhindert werden. Eine Gesamtsanierung des Linthwerks drängte sich auf und wurde mit dem Projekt Hochwasserschutz Linth 2000 realisiert. Die Planungszeit dauerte von 1998 bis 2008, die Ausführung erfolgte von 2008 bis 2013.

Wichtigste Ziele des Projekts waren die Sicherung des Hochwasserschutzes für weitere hundert Jahre und eine teilweise Renaturierung des Linthlaufes. Am Linthwerk setzte man das 1993 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Wasserbau erstmals an einem Grossprojekt um. Die technische Planung stützte sich unter anderem auf Modellversuche an der Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie der ETH Zürich (VAW).[14] In den Planungsprozess eingebunden waren neben Baufachleuten auch Ökologen, Vertreter von Landwirtschaft, Umweltverbänden und Fischerei.[15]

Vor der Umsetzung des Projekts Linth 2000 wurde die Rechtsform des Linthwerks verändert. Seit dem 1. Januar 2004 liegt die politische Verantwortung für das Linthwerk bei den vier Kantonen Glarus, Schwyz, St. Gallen und Zürich (Linthkonkordat), unter Führung der Linthkommission. Ausführendes Organ ist die Linthverwaltung unter der Leitung des Linthingenieurs, der auch das Projekt Linth 2000 leitete.[16]

Das Linthwerk nach der Sanierung

Am Escherkanal begann die Bauzeit mit dem Spatenstich vom 25. September 2008 und wurde am 14. Mai 2011 mit einem Festakt abgeschlossen. Die Arbeiten umfassten die Verstärkung und teilweise Erhöhung der Hochwasserschutzdämme zwischen Näfels/Mollis und dem Walensee und Entlastungsmassnahmen für den Hochwasserfall.[17] Mit der Aufweitung «Chli Gäsitschachen» wurden der Glarner Linth auf einem Streckenabschnitt wieder die ursprüngliche Breite und ein freier Lauf zugestanden. In diesem neuen Naturraum kann sich auch Auenwald bilden. Verschiedene Waldflächen am Escherkanal erhielten den Schutzstatus von Reservaten.

Am Linthkanal nahmen die Bauarbeiten den Zeitraum von 2008 bis 2013 in Anspruch. Um das Linthgebiet vor einem 100-jährlichen Hochwasser zu schützen, ergriff man verschiedene Massnahmen: Auf weiten Strecken wurden die Dämme des Linthkanals durch Materialanschüttungen verbreitert und damit verstärkt. Bei engen Platzverhältnissen mussten die bestehenden Dämme streckenweise abgetragen und durch Material mit günstigeren geotechnischen Eigenschaften neu aufgebaut werden. Die Dammverbreiterung hatte die Verlegung der seitlichen Gewässer zur Folge.

Mit dem Bau der Aufweitung im «Hänggelgiessen» erhielt die Linth mehr Raum zur Entfaltung. Hier wurde ausserdem ein Notentlastungswehr als Sicherheitsvorkehrung für Extremhochwasser erstellt. Es leitet im Notfall die überschüssigen Wassermassen kontrolliert in den vergrösserten Hintergraben aus und verhindert so Überströmungen oder Dammbrüche am Linthkanal.[18]

Die Aufweitung «Hänggelgiessen» ist ein ökologisch bedeutsamer Lebensraum für Pflanzen und Tiere. Dieser ist vernetzt mit einem Waldstück am gegenüberliegenden Linthufer. Ein neuer Wildtierkorridor unter der Autobahn A3 schafft die Verbindung. Streckenweise wurden die bisher hart verbauten Ufer des Kanals zu Flachufern umgestaltet und so zugunsten der Natur aufgewertet. In diesen Zonen sind die Dämme mit einem verdeckten Verbau vor Erosion geschützt. Weil keine Grünflächen des Linthwerks gedüngt werden, entwickelt sich ein grosser Artenreichtum an Pflanzen und Tieren auf den Wiesen.[19] Der fachgerechte Unterhalt und regelmässige Kontrollen stellen die Hochwassersicherheit der Anlagen und Nachhaltigkeit für die Natur am Linthwerk sicher.

Das neue Linthwerk ist ein Naherholungsraum für die Bevölkerung und zieht auf rund 70 Kilometern Wegstrecken entlang der Kanäle viele Spaziergänger und Velofahrer an. Es gibt Badeplätze, einen Campingplatz, mit Booten befahrbare Wasserstrecken und Reitzonen. Um Konflikten zwischen Besuchern und Naturschutz vorzubeugen, gelten «Spielregeln», die auf Informationstafeln festgehalten sind. Zahlreiche Tafeln und Stelen orientieren über Geschichte, Bau und Besonderheiten des Linthwerks. Einzelne Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg sind mit Bildern ausgestattet, zwei können als Panoramaterrassen genutzt werden. Alle Informationsquellen zusammen bilden ein «Freilichtmuseum» an der Linth.

Nutzung des Linthkanals

Der Linthkanal ist ein offizieller Schifffahrtsweg und entsprechend mit Schifffahrtszeichen ausgeschildert.[20] Wer über eine kostenpflichtige Bewilligung des Linthwerks verfügt, kann mit einem Motorboot vom Zürichsee in den Walensee oder umgekehrt fahren.[20]

Trotz der starken, aber gleichmässigen Strömung wird der Linthkanal gerne von Wassersportlern genutzt. Entlang des Kanals befinden sich mehrere öffentliche Flussbäder. Der Linthkanal ist auch gut geeignet für Schlauchboot-, Stand-Up-Paddling- oder Kajak-Fahren.[21] Taucher praktizieren im Linthkanal gerne das Strömungstauchen.[22] Auch Fischfang wird im Linthkanal betrieben, jedoch gingen die Fangzahlen zuletzt drastisch zurück. Wurden in den 1970er-Jahren noch rund 10 Tonnen Äschen und Forellen pro Jahr gefangen waren es im Jahr 2023 gerade einmal noch 36 Kilogramm. Infolge wurde auf rund zwei Dritteln des Kanals ein dreijähriges Fangverbot erlassen, welches ab dem 1. Januar 2025 gilt.[23]

Brücken

Pantenbrücke Doppel-Steinbogenbrücke (1854/1902) über die Linthschlucht, Linthal-Tierfehd GL

Auf ihrem Weg wird die Linth von über 70 Brücken überspannt.

Zwei Steinbogenbrücken überqueren den Fluss: Die ehrwürdige Pantenbrücke, eine Doppelbrücke über die Linthschlucht in Linthal sowie die Linthbrücke in Rüti als älteste erhaltene Brücke über die Linth, wahrscheinlich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gebaut.

Zwölf Eisenbahnbrücken überspannen die Linth, wobei die Glarnerlinie den Fluss zwischen Linthal und Ziegelbrücke siebenmal überquert.

Verwandte Themen

Bilder

Literatur

  • Fridolin Becker: Das Linthwerk und seine Schöpfer. Eine geographisch-kulturhistorische Betrachtung zur Erinnerung an die Eröffnung des Linthkanals vor hundert Jahren. In: Jahresberichte der Geographisch-Ethnographischen Gesellschaft. Band 11. Zürich 1911, S. 1–32 (e-periodica.ch – Digitalisat).
  • Schweizerische Vereinigung für Innenkolonisation und industrielle Landwirtschaft (Hrsg.): Ein Anfang in der Besiedlung der Linthebene. ohne Ortsangabe 1947.
  • Melioration der Linthebene. Schlussbericht. ohne Ortsangabe 1965.
  • Daniel Speich Chassé: Linth Kanal. Die korrigierte Landschaft – 200 Jahre Geschichte. Baeschlin, Glarus 2002, ISBN 3-85546-142-2.
  • Daniel Speich Chassé: Helvetische Meliorationen. Die Neuordnung der gesellschaftlichen Naturverhältnisse an der Linth (1783–1823). Chronos, Zürich 2003, ISBN 3-0340-0664-0, doi:10.3929/ethz-a-004556182.
  • Severin Perrig: Der Traum von einer kanalisierten Welt. Hans Conrad Escher und das Linth-Kanalwerk. In: SJW-Magazin. Nr. 2249. Schweizerisches Jugendschriftenwerk, Zürich 2007, ISBN 978-3-7269-0522-4.
  • Heiner Keller: Eschers Erbe in der Linthebene. Abgeleitete Gewässer – ungebändigte Hoffnungen. hier+jetzt, Baden 2007, ISBN 978-3-03919-058-4.
  • Linthverwaltung: Tagungsband Symposium Projekt Hochwasserschutz Linth 2000. 6./7. Juni 2013, HSR Hochschule für Technik Rapperswil. Linthverwaltung, Lachen 2013, ISBN 978-3-85724-030-0.
  • Markus Jud, Heiner Keller, Esther Leuzinger: Das neue Linthwerk. Weitblick hat Zukunft. Linthverwaltung, Lachen 2013, ISBN 978-3-03304248-3.
Commons: Linth – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. a b c Geoserver der Schweizer Bundesverwaltung (Hinweise)
  2. Bundesamt für Umwelt (BAFU): Auswertungen zum Gewässernetz (XLSX). Dezember 2013. Auflistung der Fliessgewässer der Schweiz >30km. Abgerufen am 25. Februar 2020
  3. BAFU: Topographische Einzugsgebiete der Schweizer Gewässer: Teileinzugsgebiete 2 km². Abgerufen am 25. Februar 2020
  4. Abflussdaten: Messstelle: Linth - Mollis, Linthbrücke (2372). (PDF) 1971–2020. In: BAFU Hydrodaten. BAFU, abgerufen am 16. Oktober 2024 (Stationsseite).
  5. Abflussdaten: Messstelle: Felsenbach (2104). (PDF) 1935–2020. In: BAFU Hydrodaten. BAFU, abgerufen am 16. Oktober 2024 (Stationsseite).
  6. Albrecht Greule: Deutsches Gewässernamenbuch. Walter de Gruyter, Berlin / Boston 2014, ISBN 978-3-11-057891-1, S. 317, „Linth“ (Auszug in der Google-Buchsuche).
  7. Mittlerer Abfluss des Zürichsees (88,9 m³/s) ermittelt aus dem MQ-Pegelwert Limmat - Zürich, Unterhard (95,7 m³/s), vermindert um den dort enthaltenen mittleren Sihl-Abfluss des Pegels Sihl - Zürich, Sihlhölzli (6,8 m³/s)
  8. Pegel Linth - Mollis: 31,9 m³/s
  9. Differenz der Pegel Linth - Weesen, Biäsche: 54,6 m³/s und Linth - Mollis: 31,9 m³/s
  10. Topographische Einzugsgebiete Schweizer Gewässer: Linth
  11. Linth.net: Das Linthwerk, Geschichte. 2003. Abgerufen am 25. Februar 2020
  12. Albert Tanner: Anbauschlacht. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 21. Mai 2010, abgerufen am 12. Oktober 2020.
  13. Das Linthwerk: Das Linthwerk - eine einzigartige Organisation, vom 31. Dezember 2004. Abgerufen am 25. Februar 2020
  14. P. Seitz: Tagungsband Symposium Projekt Hochwasserschutz Linth 2000. 2013: Modellversuche Flussaufweitung Chli Gäsitschachen.
  15. Linthwerk: Das Auflageprojekt "Hochwasserschutz Linth 2000" ist fertig. Heft Nr. 1, Herbst 2005 (PDF; 2,0 MB). Abgerufen am 25. Februar 2020
  16. M. Jud: Tagungsband Symposium Projekt Hochwasserschutz Linth 2000. 2013: Planungsverlauf, Mitwirkung und Bewilligungsverfahren des Projekts Hochwasserschutz Linth 2000.
  17. D. Zimmermann: Tagungsband Symposium Projekt Hochwasserschutz Linth 2000. 2013: Escherkanal: Hydraulik und Auslegung.
  18. R. Boes, P. Seitz, T. Berchtold, D. Vetsch, V. Weitbrecht: Tagungsband Symposium Projekt Hochwasserschutz Linth 2000. 2013: Escherkanal: Hybride Modellierung der Flussaufweitung Hänggelgiessen.
  19. H. Keller: Tagungsband Symposium Projekt Hochwasserschutz Linth 2000. 2013: Umwelt Linthkanal.
  20. a b Schifffahrt auf dem Escher- und Linthkanal. Linthwerk, abgerufen am 19. August 2020.
  21. Gummibootfahrt auf der Linth. Eine Gummibootfahrt durch den ruhigen und renaturierten Linthkanal sorgt für Spass und Entspannung. Zürich Tourismus, abgerufen am 19. August 2020.
  22. Linthkanal – Ziegelbrücke bis Uznachl. Tauchplatz. Swiss Divers, abgerufen am 19. August 2020.
  23. Fangzahlen drastisch gesunken - Von 10 Tonnen auf 36 Kilo: Fischfangverbot im Linthkanal. In: srf.ch. 26. Juni 2024, abgerufen am 26. Juni 2024.

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Uferlängsverbau und Naturwiese am Escherkanal.