Linkssozialismus

Als Linkssozialismus werden vielfältige Strömungen in der Politik und der politischen Theorie bezeichnet, die sich jenseits der linken Hauptströmungen Sozialdemokratie und Kommunismus sehen. Häufig werden sie auch zwischen den Hauptströmungen verortet. Inhaltlich orientiert sich der Linkssozialismus an Karl Marx und Friedrich Engels. Linkssozialisten vertreten dabei die Position, dass sich die beiden Hauptströmungen zu weit von den Begründern des Marxismus und deren Theorien entfernt hätten.

Entstehung und Vertreter

Als Entstehungszeitraum werden in der Literatur die 1920er und 1930er Jahre angegeben.[1] Der Linkssozialismus stellte den Versuch dar, sich zum einen nicht in die bürgerlich-kapitalistische Gesellschaft zu integrieren, wie es aus linkssozialistischer Sicht mit der SPD geschehen ist, sich aber auch nicht dem „Diktat Moskaus“ zu unterwerfen, also dem Modell des Sowjetkommunismus zu folgen und eine Erziehungsdiktatur der Partei zu errichten. Linkssozialisten einte hierbei meist eine radikale Ablehnung des Stalinismus, obgleich manche dem Linkssozialismus zugeordnete Denker, etwa Otto Bauer, diesem kritische Unterstützung zuteilwerden ließen. Die bedeutendste historische linkssozialistische Partei in Deutschland war die Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (SAPD), welche von 1931 bis 1945 bestand. Prominente Mitglieder waren der spätere Bundeskanzler Willy Brandt, der sächsische Ministerpräsident in der DDR Max Seydewitz und der SPD- und USPD-Politiker Georg Ledebour, der im Vorfeld der SAPD bereits Ende 1923 den Sozialistischen Bund als Abspaltung von der USPD gegründet hatte. Die SAPD war Teil des antifaschistischen Widerstandes, trat für eine Einheitsfront ein und arbeitete auch mit trotzkistischen Gruppen zusammen.

Ein wichtiger Linkssozialist in der Bundesrepublik war Peter von Oertzen, der versuchte, innerhalb der SPD einen linkssozialistisch orientierten Flügel aufzubauen. Er war auch Autor der linkssozialistischen Zeitschrift Sozialistische Politik. Leo Kofler sowie Wolfgang Abendroth werden ebenso dem Linkssozialismus zugeordnet wie das 1969 gegründete Sozialistische Büro[2] mit Protagonisten wie beispielsweise Elmar Altvater, Andreas Buro, Joachim Hirsch, Timm Kunstreich, Wolf-Dieter Narr und Klaus Vack.

Auch bei der Entstehung der SED gab es Versuche, der Partei ein linkssozialistisches Profil zu geben. Aufgrund der Stellung zwischen Kommunismus und Sozialdemokratie bot sich diese Möglichkeit an. Diese Tendenzen wurden allerdings durch die herrschende Bürokratie schnell unterdrückt. Anfang der 50er Jahre fand in der SED schließlich eine regelrechte Kampagne gegen ehemalige SAPD-Mitglieder und andere Linkssozialisten statt. Der Linkssozialismus konnte sich fortan nur noch in kleinen Kreisen halten. Diesen Kreisen sind Personen wie Robert Havemann oder Rudolf Bahro zuzuordnen.

Ähnliche Ideen wurden etwa in Frankreich von der zwischen 1960 und 1989 bestehenden Parti socialiste unifié vertreten oder in deren Gründungsphase von der griechischen SYRIZA.

Inwiefern die Partei Die Linke in der Tradition des Linkssozialismus zu verorten ist, ist in der Literatur umstritten. Die stärkste innerparteiliche Tendenz zum Linkssozialismus findet sich in der Strömung Sozialistische Linke[3], in der sich sowohl linke Gewerkschafter und ehemalige Sozialdemokraten als auch Trotzkisten befinden. Nach dem Zusammengehen von PDS und WASG hat sich der Verein WAsG e. V. in die nach dem linkssozialistischen Politikwissenschaftler benannte Wolfgang-Abendroth-Stiftungsgesellschaft umgewandelt.

Literatur

Weblinks

Siehe auch

  • Liste linkssozialistischer Organisationen in Westdeutschland
  • Liste linkssozialistischer Zeitungen und Zeitschriften in Westdeutschland

Einzelnachweise

  1. Als Vorläufer gilt z. B. die austromarxistische Buchreihe „Marx-Studien“, vgl. Horst Klein: Marx-Studien 1904-1923. Quellen linkssozialistischer Theorieentwicklung, in: JahrBuch für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung, Heft I/2010.
  2. Gottfried Oy: Spurensuche Neue Linke - Das Beispiel des Sozialistischen Büros und seiner Zeitschrift links (Sozialistische Zeitung (1969 bis 1997)); rls-papers, Hrsg. Rosa-Luxemburg-Stiftung, Frankfurt am Main 2007, S. 7 ff. (online als PDF).
  3. Tom Strohschneider, Wolfgang Hübner: Lafontaines Linke. Ein Rettungsboot für den Sozialismus?, Dietz, Berlin 2007, ISBN 978-3-320-02120-7, S. 229 f.