Linamarin

Strukturformel
Struktur von Linamarin
Allgemeines
NameLinamarin
Andere Namen
  • 2-Methyl-2-[(2S,3R,4S,5S,6R)-3,4,5-trihydroxy-6-(hydroxymethyl)oxan-2-yl]oxypropannitril
  • (2-Cyano-2-propyl)-β-D-glucopyranosid
  • O-β-D-Glucopyranosyl-2-hydroxy-2-methylpropionitril
SummenformelC10H17NO6
Kurzbeschreibung

farblose Nadeln[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer554-35-8
EG-Nummer (Listennummer)637-249-5
ECHA-InfoCard100.164.971
PubChem11128
WikidataQ425157
Eigenschaften
Molare Masse247,25 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

143–144 °C[1]

Löslichkeit
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[3]
Gefahrensymbol

Achtung

H- und P-SätzeH: 302​‐​315​‐​319​‐​332​‐​335
P: 261​‐​305+351+338[3]
Toxikologische Daten

500 mg·kg−1 (LD50Ratteoral)[4][5]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Linamarin, ein Pflanzengift, ist ein cyanogenes Glycosid, welches aus den Blättern und der Wurzel von Pflanzen wie Maniok, der Limabohne oder dem Flachs isoliert wurde. Das Aglycon ist das Cyanhydrin von Aceton; der Zuckerbaustein ist Glucose. Ein chemisch mit Linamarin sehr verwandtes Glycosid ist Lotaustralin, welches ein geringfügig anderes Aglycon besitzt.

Bei Kontakt mit Enzymen und der Darmflora im menschlichen Verdauungsapparat wird Linamarin zu der giftigen Blausäure zersetzt.

Der Konsum von Maniokprodukten mit geringem Gehalt an Linamarin ist in den Tieflandtropen weit verbreitet, und daher waren unzulänglich verarbeitete Maniokwurzeln mit hohem Linamarin-Gehalt die Ursache für dort vorkommende nahrungsmittelbedingte Vergiftungen. Besonders die oberen Bewegungsneuronen waren davon betroffen. Diese Erkrankung wurde als Konzo bekannt. Zunächst wurde die Erkrankung von Trolli und später durch eine Forschungsgruppe unter Hans Rosling beschrieben.[6]

Die nahrungsmittelbedingte Aufnahme von Linamarin wurde als ein Risikofaktor zur Entwicklung von Glukoseintoleranz und Diabetes angesehen. Jedoch konnte dies im Tierexperiment nicht zuverlässig bestätigt werden.[7] Heute geht man davon aus, dass Linamarin bestehende Erkrankungen fördern kann, aber nicht die Ursache für eine Erkrankung ist.[8]

Die Bildung von Blausäure aus Linamarin ist ein enzymatischer Prozess und wird durch Linamarase, welches sich in den Zellwänden der Pflanze befindet, verursacht. Aufgrund der Flüchtigkeit von Blausäure wird bei der Verarbeitung zum Nahrungsmittel das Gift durch Bleichen im Sonnenlicht, Kochen oder durch Fermentation entfernt.[9] Auf diese Weise werden Produkte wie Garri, Fufu und Agbelima aus Manioka hergestellt.

In einer Studie aus dem Jahre 2003 wurde mit Hilfe gentechnischer Verfahren die Linamarin-Bildung in der Pflanze reduziert.[10]

Einzelnachweise

  1. a b c Shmuel Yannai: Dictionary of Food Compounds with CD-ROM: Additives, Flavors, and Ingredients. CRC Press, 2003, ISBN 978-1-58488-416-3, S. 695.
  2. a b Eintrag zu Linamarin. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 1. Juni 2014.
  3. a b Datenblatt α-Hydroxyisobutyronitrile β-D-glucopyranoside bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 7. April 2011 (PDF).
  4. Toxicology and Applied Pharmacology. Vol. 42, Pg. 539, 1977.
  5. Eintrag zu Linamarin in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM) (Seite nicht mehr abrufbar)
  6. J. P. Banea-Mayambu, T. Tylleskar, N. Gitebo, N. Matadi, M. Gebre-Medhin, H. Rosling: Geographical and seasonal association between linamarin and cyanide exposure from cassava and the upper motor neurone disease konzo in former Zaire, Trop Med Int Health 1997, 2, 1143–1151; PMID 9438470.
  7. B. Soto-Blanco, P.C. Marioka, S.L. Gorniak: Effects of long-term low-dose cyanide administration to rats, Ecotoxicol Environ Saf 2002, 53, 37–41; PMID 12481854.
  8. A. Yessoufou, J.M. Ategbo, A. Girard, J. Prost, K.L. Dramane, K. Moutairou, A. Hichami, N.A. Khan: Cassava-enriched diet is not diabetogenic rather it aggravates diabetes in rats. In: Fundam Clin Pharmacol 2002, 20, 579–586; PMID 17109651.
  9. G. Padmaja: Cyanide detoxification in cassava for food and feed uses. Crit Rev Food Sci Nutr 1995, 35, 299–339; PMID 7576161.
  10. D. Siritunga, R. Sayre: In Generation of cyanogen-free transgenic cassava, Planta 2003, 217, 367–373; PMID 14520563.

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