Liesl Karlstadt

(c) Willy Pragher, CC BY 3.0
Liesl Karlstadt, 1935

Liesl Karlstadt (eigentlich Elisabeth Wellano; * 12. Dezember 1892 in München; † 27. Juli 1960 in Garmisch-Partenkirchen) war eine deutsche Soubrette, Schauspielerin und Kabarettistin. Sie bildete gemeinsam mit Karl Valentin eines der namhaftesten deutschen Komikerduos im 20. Jahrhundert.

Leben

Anfänge

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Liesl Karlstadt bei Dreharbeiten zu dem Film In München steht ein Hofbräuhaus, 1951

Elisabeth Wellano wurde als fünftes von neun Kindern eines italienischstämmigen Bäckermeisters in Schwabing geboren. Sie war Verkäuferin im neu gegründeten Kaufhaus von Hermann Tietz (Hertie). Doch das befriedigte das musikbegabte Mädchen nicht, das mehrere Musikinstrumente beherrschte. Es zog sie auf die Bühne. Mit 17 Jahren kam sie zu den Münchner Volkssängern und von da zur Volksbühne und zum Kabarett.

Zusammenarbeit mit Karl Valentin

1911 traf sie auf Karl Valentin, für den sie bei seinem Auftritt im „Frankfurter Hof“ als Soubrette mit ihrem Damentrio das Vorprogramm bestritt. Valentin erspürte im Kitsch der Liedertexte das komische Talent der Sängerin, fand auch als Mann Gefallen an der jungen Künstlerin und machte sie zu seiner Bühnenpartnerin. Ihren Künstlernamen „Liesl Karlstadt“ hat sie zusammen mit Karl Valentin in Anlehnung an den damals sehr berühmten Münchner Gesangshumoristen Karl Maxstadt ausgewählt. Maxstadt war Valentins Idol und hat ihn zu manchen seiner Szenen und Couplets angeregt.

In den 25 Jahren ihrer Zusammenarbeit entstanden annähernd 400 Sketche und Komödien. Dabei fiel ihr oft der Part zu, eine skurril-chaotische Situation durch gesunden Menschenverstand und weibliche Intuition zu entwirren. Die Szene um den Buchbinder Wanninger ging gar als geflügeltes Wort für mehrfaches Verbinden beim Telefonieren in die Umgangssprache ein.

Liesl Karlstadt war nicht nur Partnerin, sondern auch Ideengeberin für Dialoge und Sketche, organisierte, soufflierte und half dem hypochondrisch veranlagten Exzentriker Valentin auch psychisch über die Runden. In Auftritten im Berliner Kabarett der Komiker feierten beide zu Zeiten der Weimarer Republik Triumphe. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde es stiller um sie.

Mit dem Streifen Mysterien eines Frisiersalons (gedreht von Erich Engel und Bertolt Brecht) begann das filmische Œuvre des Komikerpaares. Cineastisch gelangen ihnen in der Opernverfilmung Die verkaufte Braut (1932) unter Regisseur Max Ophüls die besten Sequenzen.

Grab auf dem Bogenhausener Friedhof
Liesl-Karlstadt-Brunnen auf dem Viktualienmarkt in München, 2004

Als Karl Valentin 1934 sein und ihr ganzes Vermögen in ein zweifelhaftes Museumsprojekt Panoptikum steckte und damit insolvent wurde, dann auch noch mit Annemarie Fischer als neuer Partnerin auftrat, fiel sie in eine tiefe Krise. Die Rolle der immer Heiteren und Gutgelaunten vermochte sie nicht mehr zu spielen. Sie sah keinen Ausweg mehr und versuchte am 6. April 1935 sich das Leben zu nehmen. Dem Sprung in die Isar folgte ein langer Klinikaufenthalt. Es wurde klar, dass nicht nur die vielen Rollenwechsel, sondern vor allem die zu enge Bindung an ihren Bühnenpartner, den verheirateten Familienvater Karl Valentin, all ihre Energie über Gebühr beansprucht hatten.

Um ihre seelischen Wunden auszukurieren, verbrachte Liesl Karlstadt ab 1941 zwei Jahre bei einer Gebirgsjägereinheit auf der Ehrwalder Alm, wo sie die als Tragtiere eingesetzten Mulis betreute – zunächst in einer Phantasieuniform unter dem Namen „Gefreiter Gustl“. Da ihr das aber als Verhöhnung der Wehrmacht hätte ausgelegt werden können, machte sie der sympathisierende Kompaniechef Willi Schleif kurz darauf ganz offiziell zum Obergefreiten, wenngleich dieser Schwindel auch weiterhin nicht frei von der Gefahr der Aufdeckung war.[1]

Im Januar 1948 trat sie noch einmal zusammen mit Karl Valentin in der Münchner Kleinkunstbühne Der Bunte Würfel auf. Nach Karl Valentins Tod (1948) war Liesl Karlstadt auch in ernsten Rollen in den Münchner Kammerspielen und am Residenztheater engagiert.

Liesl Karlstadt starb am 27. Juli 1960 im Alter von 67 Jahren an einer Gehirnblutung bei einem Ausflug in die Berge von Garmisch-Partenkirchen, wo sie sich mit ihrer Schwester im Urlaub befand.[2] Sie wurde auf dem Bogenhausener Friedhof in München beerdigt (Grab Mauer links Nr. 5).[3][4]

Auf dem Viktualienmarkt in München erinnern Brunnen an Karl Valentin (Karl-Valentin-Brunnen) und Liesl Karlstadt (Liesl-Karlstadt-Brunnen). Außerdem ist das Valentin-Karlstadt-Musäum den beiden Komikern gewidmet.

Ein Teil von Karlstadts aus Briefen, Manuskripten, Fotos und biographischen Dokumenten bestehendem Nachlass liegt bei der Monacensia. Weitere Nachlassteile und persönliche Gegenstände befinden sich im Valentin-Karlstadt-Musäum.[5]

Weitere Rollen

Sie wirkte auch in Unterhaltungsfilmen mit. Der Bayerische Rundfunk bot ihrer Popularität zuerst ab 1948 mit der Radioserie Brumml G’schichten und später mit der Radioserie Familie Brandl eine Bühne.[6]

Mit Beppo Brem drehte sie 1956 den ersten Fernseh-Werbespot für das Waschmittel Persil,[7] den die ARD am 3. November 1956 sendete.[8]

Filmografie

Kino (Auswahl)

Fernsehen (Auswahl)

Filmdokumentation

Hörspiele (Auswahl)

  • 1949: Kurt Wilhelm: Vater Seidl und sein Sohn
  • 1949–1953: Rudolf Stürzer, Kurt Wilhelm, Margot Teichmann: Brumml-G'schichten (28 Folgen) – Regie: Kurt Wilhelm (Radio München / BR)
  • 1954: Rolf Olsen: Kurt Wilhelm: Kathi und das Geisterhaus – Eine wilde Begebenheit – Regie: Kurt Wilhelm (Mundarthörspiel – BR)
  • 1955: Max Neal, Max Ferner, Olf Fischer: Der Komödienstadel – Max Neal: Die Hosenknöpf – Max Neal, Max Ferner: Glück im Starenhaus – Olf Fischer: Der Zigeunersimmerl (Josefa Doppelwieser) – Regie: Olf Fischer (BR)
  • 1955–1960: Ernestine Koch: Familie Brandl (Mundarthörspielserie – BR)
  • 1959: Alois Hönle: Drent in der Au – Regie: Olf Fischer (bayerisches Mundarthörspiel – BR)

Rezeption

Die Oper Stillhang des Komponisten Christian Spitzenstaetter thematisiert Karlstadts Zeit als „Gefreiter Gustl“ bei den Gebirgsjägern. Sie wurde Ende Dezember 2018 im Festspielhaus Erl in Tirol uraufgeführt.[9]

Literatur

  • Rolf BadenhausenKarlstadt, Liesl. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 11, Duncker & Humblot, Berlin 1977, ISBN 3-428-00192-3, S. 276 f. (Digitalisat).
  • Monika Dimpfl: Immer veränderlich. Liesl Karlstadt (1892 bis 1960) (= MonAkzente. Bd. 3). A-1-Verlag, München 1996, ISBN 3-927743-23-2.
  • Barbara Bronnen: Karl Valentin und Liesl Karlstadt. Blödsinnskönig – Blödsinnskönigin. Rowohlt Berlin, Berlin 1998, ISBN 3-87134-304-8.
  • Thomas Klein: Komödiantinnen im frühen 20. Jahrhundert. Liesl Karlstadt und Adele Sandrock (= Aufsätze zu Film und Fernsehen. Bd. 66). Coppi-Verlag, Alfeld/Leine 1999, ISBN 3-930258-65-X.
  • Gunna Wendt: Liesl Karlstadt. Ein Leben (= Piper 2981). Ungekürzte Taschenbuchausgabe. Piper, München u. a. 2000, ISBN 3-492-22981-6.
  • Liesl Karlstadt: Nebenbeschäftigung: Komikerin. Texte und Briefe (= Edition Monacensia.). Textauswahl und Nachwort von Monika Dimpfl. Allitera-Verlag u. a., München u. a. 2002, ISBN 3-935877-50-1.
  • Gunna Wendt: Liesl Karlstadt. Münchner Kindl und Travestie-Star (= Blue notes. Bd. 37). Edition Ebersbach, Berlin 2007, ISBN 978-3-938740-38-5.
  • Ria Endres: Liesl Karlstadt und ihre Verwandlungskunst (= edition stadthaus. Bd. 10). Stadthaus, Ulm 2010, ISBN 978-3-934727-30-4.
  • Michaela Karl: Liesl Karlstadt. Gesichter einer Frau und Künstlerin. Pustet, Regensburg 2011, ISBN 978-3-7917-2358-7.
  • Iris Schürmann-Mock: Die ewige Partnerin: Liesl Karlstadt (1892-1960). In: Dies.: Frauen sind komisch. Kabarettistinnen im Porträt. AvivA Verlag, Berlin 2019, ISBN 978-3-932338-76-2, S. 32–48.
  • C. Bernd Sucher (Hrsg.): Theaterlexikon. Autoren, Regisseure, Schauspieler, Dramaturgen, Bühnenbildner, Kritiker. Von Christine Dössel und Marietta Piekenbrock unter Mitwirkung von Jean-Claude Kuner und C. Bernd Sucher. 2. Auflage. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1999, ISBN 3-423-03322-3, S. 358.
  • Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 4: H – L. Botho Höfer – Richard Lester. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 310 f.
Commons: Liesl Karlstadt – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Susanne Gurschler: Liesl Karlstadt. In: Susanne Gurschler. ECHO (Österreich), 3. Juni 2012, abgerufen am 13. März 2015.
  2. Liesl Karlstadt gestorben in Schwäbische Zeitung vom 28. Juli 1960, S. 5
  3. knerger.de: Das Grab von Liesl Karlstadt
  4. billiongraves.de: Liesl-Karlstadt
  5. Bestände: Karlstadt, Liesl (eigentlich Elisabeth Wellano). In: www.muenchner-stadtbibliothek.de. Münchner Stadtbibliothek, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 14. Juni 2019.@1@2Vorlage:Toter Link/www.muenchner-stadtbibliothek.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  6. Vor 64 Jahren: Start der Hörspielreihe Familie Brandl | 70 Jahre BR | Unternehmen | BR.de. 21. März 2019, abgerufen am 13. Mai 2024.
  7. Video des Werbespots
  8. Premiere im Wirtshaus. focus.de, 31. Oktober 2006, abgerufen am 3. November 2016.
  9. Michael Ernst: Liesl Karlstadts schönste Zeit. In: www.faz.net. 31. Dezember 2018, abgerufen am 1. Januar 2019.

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Grab auf dem Bogenhausener Friedhof der deutschen Kabarettistin und Schauspielerin Liesl Karlstadt
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München: Dreharbeiten zu dem Film In München steht ein Hofbräuhaus; Liesl Karlstadt als Wirtin des Hofbräuhauses; Portrait
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Liesl-Karlstadt-Brunnen vom Bildhauer Hans Osel (1961) auf dem Viktualienmarkt in München.