Liebfrauenplatz (Mainz)
Der Liebfrauenplatz in Mainz ist der östlichste der vier Plätze um den Mainzer Dom. Er beherbergte ursprünglich die zu Beginn des 19. Jahrhunderts abgerissene Liebfrauenkirche, deren Umriss noch heute auf dem Platz zu erkennen ist, und markiert den Übergang zwischen Dom und Rhein in Richtung Fischtor.
Geschichte
Der ursprüngliche und im Vergleich zu heute kleinere Liebfrauenplatz lag zwischen Liebfrauenkirche und Dom. Auf dem Platz östlich der Liebfrauenkirche war ursprünglich der Heumarkt, nachmals „Marché aux foins“.[1] Die Liebfrauenkirche, die zuvor platzbildprägend war, wurde 1069 durch Erzbischof Siegfried I. geweiht und musste nach Bränden zwischen 1285 und 1793 mehrmals neuerrichtet werden. Nach dem Abriss der Kirche entstand ab 1807 der heutige viel größere Platz östlich des Doms. Das Steinmaterial der alten Kirche wurde für den Bau der Kasteller Festung und zur Verbesserung der Finther Landstraße verwendet. 1829 erhielt der Platz eine klare Kontur, als am Südrand die Preußische Hauptwache entstand. Diese verlor 1902 ihre militärische Funktion; heute ist vom Originalbau nur noch die 2002 restaurierte Fassade erhalten.[2]
Unter Oberbürgermeister Karl Göttelmann wurde 1916 die Nagelsäule auf dem Liebfrauenplatz errichtet.[3]
Nach den Bombenangriffen des Zweiten Weltkriegs fehlte ein Teil der Platzrandbebauung, die zu einer weiteren Vergrößerung des Platzes führte. Das Haus zum Römischen Kaiser, von dem nur noch Teile bestanden, wurde mit rekonstruierter Fassade wieder aufgebaut; die Stelle, an dem das ehemalige Haus zum Englischen König stand,[4] blieb ungebaut und vergrößerte den Liebfrauenplatz. Damals empfahl der Architekturhistoriker Karl Gruber die Begrenzung des Platzes durch die Errichtung zweier niedrig gehaltener Zeilenbauten.[5] Da ein solcher Plan durch die bereits vorhandene Hauptwache der Garnison nicht realisierbar war, entwickelte Gruber ein alternatives Konzept mit der Pflanzung von Bäumen. Bis 1963 gehörte der Platz zum Mainzer Straßenbahnnetz.
Zur Tausendjahrfeier des Baubeginns des Doms 1975 wurde der Liebfrauenplatz zur Fußgängerzone umgestaltet.[6] Ein Teil des Platzes wird als öffentliche Grünfläche mit wechselnden Blumenbepflanzungen genutzt, während der Rest als öffentliche Verkehrsfläche für Fuß- und (abgesehen von Markttagen) Fahrradverkehr gewidmet ist.
Östlich des Platzes befindet sich seit den 1920er Jahren das 1901 am anderen Standort gegründete Gutenberg-Museum. Vom Haus des Römischen Kaisers aus wurde das Museum mit einem Neubau 1962 nach Plänen des Architekten Rainer Schell vergrößert. Seit 2016 war die Errichtung eines Erweiterungsbaus auf dem Liebfrauenplatz, des sogenannten Bibelturms, in Planung.[7] Am 15. April 2018 wurde die Realisierung dieser Planung beim ersten Bürgerentscheid der Stadtgeschichte von 77 % der Abstimmenden abgelehnt[8]
Regelmäßige Veranstaltungen
Auf einem Teil des Liebfrauenplatzes findet dienstags, freitags und samstags ein Teil des Mainzer Wochenmarkts statt.[9][10] Da nach der Marktordnung nur das Feilbieten von Waren und nicht der Ausschank alkoholischer Getränke zulässig ist, findet auf einer benachbarten Fläche des Liebfrauenplatzes samstags zwischen Frühling und Herbst das sogenannte „Marktfrühstück“ als Sondernutzung öffentlicher Verkehrsfläche statt, gegenüber dem Haus Zum Römischen Kaiser. Dabei schenken die Mitglieder des Mainzer Winzerverbands im wöchentlich wechselnden Turnus aus ihrer Eigenproduktion aus. Der Weingenuss wird durch den Konsum von an den benachbarten Marktständen erworbenen Wurst-, Käse- und Backwaren sowie Obst und Gemüse ergänzt.[11]
Auf dem Liebfrauenplatz ist in der Adventszeit das Bühnenprogramm des Mainzer Weihnachtsmarktes zu sehen.[12] Auf dem Höhepunkt der Mainzer Fastnacht durchquert der Rosenmontagszug den Platz.[13] Zu den weiteren regelmäßigen Veranstaltungen, die unter anderem auf dem Liebfrauenplatz stattfinden, zählen das Interkulturelle Fest im Rahmen der Interkulturellen Woche[14] sowie die Mainzer Johannisnacht. Während der Johannisnacht wird das sogenannte Gautschen, die traditionelle Buchdruckertaufe, auf der Bühne am Liebfrauenplatz durchgeführt.[15]
Kulturdenkmäler
Der Liebfrauenplatz ist Teil der Denkmalzonen Südöstliche Altstadt und Domstraße. Neben der Nagelsäule (fertiggestellt 1916) bilden folgende Einzeldenkmäler aus verschiedenen Epochen wie Romanik, Gotik, Spätrenaissance/Frühbarock, und Klassizismus die Randbebauung:
- Liebfrauenplatz 4: Mainzer Dom, Ersterrichtung nach 975
- Liebfrauenplatz 5: Haus zum Römischen Kaiser, fertiggestellt nach 1657
- Liebfrauenplatz 7: Herberge zum Rothen Haus, fertiggestellt im 18. Jahrhundert
- Liebfrauenplatz 8: Preußische Hauptwache (heute Haus am Dom), fertiggestellt 1829
Bildergalerie
- (c) Immanuel Giel, CC BY 3.0
Nagelsäule
Literatur
- Andrew MacNeille: Zwischen Tradition und Innovation – Historische Plätze in der Bundesrepublik Deutschland nach 1945. Dissertation, Universität Köln, 2004, S. 233–238
Weblinks
- Eintrag zur früheren Liebfrauenkirche auf regionalgeschichte.net
Einzelnachweise
- ↑ «Le guide de la ville de Mayence contenant la dénomination de ses six sections, rues, maisons et de leurs numéros, ainsi que des habitans avec leurs qualités, états, professions ou métiers.» Pfeiffer, Mainz An IX[=1800]
- ↑ Eintrag zur preußischen Hauptwache auf regionalgeschichte.net
- ↑ Nagelsäule in Mainz auf regionalgeschichte.net
- ↑ Auf Seite 1202 von Mainz: Die Geschichte einer Stadt (herausgegeben von Franz Dumont, Ferdinand Scharf, Friedrich Schütz im Auftrag der Stadt Mainz, 1998) ist eine Ansicht des Liebfrauenplatzes, bei der das Haus zum Englischen König links neben dem Römischen Kaiser sichtbar ist.
- ↑ MacNeille, S. 235
- ↑ Wilhelm Jung: Denkmal eines Jahrtausends, in: Helmut Beichert (Hrsg.): Mainz – Porträt einer wiederentstandenen Stadt, Verlag Dr. Hanns Krach, Mainz 1984, S. 99
- ↑ Gutenberg-Museum: Es wird ein Bücherturm – BI kritisiert Auftragsvergabe, mainzund.de, 7. Juli 2016
- ↑ Die Mainzer Bürger haben entschieden - Bibelturm soll nicht kommen, Allgemeine Zeitung Mainz, 15. April 2018
- ↑ Wochenmarkt Mainz am Liebfrauenplatz
- ↑ Marktordnung und Anlage 3 „Hauptmarkt“
- ↑ Mainzer Marktfrühstück (Memento des Originals vom 25. März 2018 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. auf der Webseite der Landeshauptstadt Mainz
- ↑ Mainzer Weihnachtsmarkt auf der Webseite der Landeshauptstadt Mainz
- ↑ Route des Mainzer Rosenmontagszugs auf der Webseite des Mainzer Carneval-Verein
- ↑ Interkulturelle Woche (Memento des Originals vom 23. September 2017 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. auf der Webseite der Landeshauptstadt Mainz
- ↑ Mainzer Johannisnacht (Memento des Originals vom 16. Mai 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. auf der Webseite der Stadt Mainz
Koordinaten: 49° 59′ 56,8″ N, 8° 16′ 30,9″ O
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[Originalbeschreibung] Die Liebfrauenkriche, gelegen auf der Ostseite des Doms, wurde erbaut um das Jahr 988 auf Kosten des Rathes und Völker der Stadt Mainz, unter dem Erzbischofe Willigis. Ihr Thurm hatte ein Glockenspiel, dessen harmonische Töne bei stiller Nacht nach sagen von Ohrenzeugen sich sehr angenehm ausnahmen.
In der Nacht vom 28. auf den 29. Juni 1793 wurde die Kirche durch das Bombardement der deutschen Mächte, welche die Stadt belagerten und wieder eroberten ein Raub der Flammen, bis auf die hier dargestellte Ruine.
Vom Jahre 1803 auf 1807 wurde auch diese niedergerissen auf Befehl der französischen Regierung.Autor/Urheber: Gruenschuh, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Marktfrühstück, März bis November, samstags in Mainz auf dem Liebfrauenplatz
Autor/Urheber: Mainzer64, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Das Gautschen bei der Mainzer Johannisnacht
Autor/Urheber: Nixnubix, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Ehemalige Preußische Hauptwache, heute Haus am Dom; kubisch aufgebaute Pfeilerarkatur, 1829
(c) Immanuel Giel, CC BY 3.0
Nagelsäule auf dem Liebfrauenplatz am Mainzer Dom
[Originalbeschreibung] Dieser, im byzantinischen Style erbaute Theil des Domes ist der älteste, an welchen später das Schiff und der westliche Theil angebaut wurde. Nach mehrmaligen Zerstörungen durch Feuer wurde er immer wieder aufgebaut; bis zum Bombardement 1793, wo dieser Theil bis zum Jahre 1828 als Ruine stehen blieb. Alsdann wurde er nach dem Plane des Baudirektors Moller wieder hergestellt. Die Kuppel des mittleren Thurmes ist von Eisen und mit Zinkplatten gedekt, wiegt 26371 hessische Pfund ist durch 7548 Schrauben verbunden. Durchmesser von 43 rheinische Fuß Höhe und beinahe gleicher Breite. Die Kosten der ganzen Wiederherstellung dieses betrugen 32539 fl 13 xr.
Autor/Urheber: Geraldstiehler, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Der Mainzer Dom vom Gutenberg-Museum aus fotografiert. Davor das wertvolle Blumenbeet, das vor Bebauung geschützt wurde.