Lex Cincia

Die Lex Cincia (auch: lex Cincia de donis et muneribus) war ein römisches Gesetz aus dem Jahre 204 v. Chr., das während der Zeit der Republik durch ein Plebiszit zustande gekommen war.[1][2] Es regelte Obergrenzen für die Annahme von Schenkungen durch Dritte, die nicht nah mit dem Schenker verwandt oder verschwägert waren. Es entstand, um übertrieben ausgelebten Luxus im allgemeinen Interesse zu beschränken,[3] ohne allerdings der besitzenden Klasse der römischen Führungsschicht zu nahe treten zu wollen.[4]

Unbekannt sind die Wertgrenze und ob das Gesetz Sanktionen bei Zuwiderhandlungen aussprach[5] oder schlicht nicht regelte.[6] Die neuere Forschung um Max Kaser klassifiziert das Gesetz jedenfalls als lex imperfecta,[4] was bedeutet, dass seine Durchsetzung allein von der Anwendung prozessualer Machtmittel durch den Gerichtsmagistraten abhing. Dessen Sanktionen ergingen zumeist auf Antrag des Schutzbedürftigen.

Die Grundsätze der Verbotsnorm wurden durch prätorische Edikte und richterliche Rechtsauslegung konkretisiert. Während der Kaiserzeit waren auch der Kaiser Gesetzgebungen ausschlaggebend. So galt, dass eine verbotene Schenkung zivilrechtlich wirksam blieb. Zu unterscheiden war, ob die Schenkung vollzogen oder noch nicht vollzogen war. Eine vollzogene Schenkung (donatio perfecta) blieb unangreifbar. Ganz ausnahmsweise konnte der Schenker beim Beschenkten kondizieren, wenn er in Unkenntnis des Schenkungsverbotes den Gegenstand zugewendet hatte.[7][8] Eine nicht vollzogene Schenkung, also ein bloßes Schenkungsversprechen, war für den Beschenkten nicht durchsetzbar, da der Schenker die prätorische Einrede der exceptio legis Cinciae erheben konnte.[9] Die exceptio war allerdings dem Schenker allein vorbehalten, fand somit keine Anwendung für Erben. Insoweit war der Wille des Schenkers unübertragbar und floss in den juristischen Beharrlichkeitsgrundsatz der perseverantia voluntatis ein.[5] Reichhaltige jurístenrechtliche Literatur beschäftigte sich mit Auslegungsregeln zur Frage des Schenkungsvollzugs.

Die lex Cincia wurde bereits in klassischer Zeit als überholt empfunden, weshalb das Gesetz kaum mehr beachtet wurde. Die Außerkraftsetzung erfolgte letztlich im Wege der derogierenden, gewohnheitsrechtlichen desuetudo.[6]

Literatur

  • Jan Dirk Harke: Römisches Recht. Von der klassischen Zeit bis zu den modernen Kodifikationen. Beck, München 2008, ISBN 978-3-406-57405-4 (Grundrisse des Rechts), § 10 Rnr. 18–20 (S. 173 f.).
  • Herbert Hausmaninger, Walter Selb: Römisches Privatrecht, Böhlau, Wien 1981 (9. Aufl. 2001) (Böhlau-Studien-Bücher) ISBN 3-205-07171-9, S. 265 f.
  • Heinrich Honsell: Römisches Recht. 5. Auflage, Springer, Zürich 2001, ISBN 3-540-42455-5, S. 156 f.

Anmerkungen

  1. Livius 34, 4, 9; Cicero, De oratore 2, 286.
  2. Wichtige Fundstellen, die in verschiedenen Zusammenhängen diskutiert werden: Dig. 39,5,21,1 (Cels. 28 dig.); Dig. 44,4,5,5 (Paul. 71 ad edictum).
  3. Herbert Hausmaninger, Walter Selb: Römisches Privatrecht, Böhlau, Wien 1981 (9. Aufl. 2001) (Böhlau-Studien-Bücher) ISBN 3-205-07171-9, S. 144.
  4. a b Max Kaser: Über Verbotsgesetze und verbotswidrige Geschäfte im römischen Recht. Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (Philosophisch-Historische Klasse, Sitzungsberichte Band 312, Wien 1977, S. 20 ff. (31 f.).
  5. a b Herbert Hausmaninger, Walter Selb: Römisches Privatrecht, Böhlau, Wien 1981 (9. Aufl. 2001) (Böhlau-Studien-Bücher) ISBN 3-205-07171-9, S. 265 f.
  6. a b Heinrich Honsell: Römisches Recht. 5. Auflage, Springer, Zürich 2001, ISBN 3-540-42455-5, S. 156 f.
  7. Fragmenta Vaticana (Vat) 266 Ulp.
  8. Jan Dirk Harke: Römisches Recht. Von der klassischen Zeit bis zu den modernen Kodifikationen. Beck, München 2008, ISBN 978-3-406-57405-4 (Grundrisse des Rechts), § 10 Rnr. 18–20 (S. 173 f.).
  9. Fragmenta Vaticana (Vat.) 310 f. Paul.