Leucin
Strukturformel | ||||||||||||||||||||||
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Struktur von L-Leucin, dem natürlich vorkommenden Isomer | ||||||||||||||||||||||
Allgemeines | ||||||||||||||||||||||
Name | Leucin | |||||||||||||||||||||
Andere Namen |
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Summenformel | C6H13NO2 | |||||||||||||||||||||
Kurzbeschreibung | schimmernd weiße Kristallschuppen[3] | |||||||||||||||||||||
Externe Identifikatoren/Datenbanken | ||||||||||||||||||||||
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Arzneistoffangaben | ||||||||||||||||||||||
ATC-Code | ||||||||||||||||||||||
Eigenschaften | ||||||||||||||||||||||
Molare Masse | 131,18 g·mol−1 | |||||||||||||||||||||
Aggregatzustand | fest | |||||||||||||||||||||
Dichte | 1,29 g·cm−3[4] | |||||||||||||||||||||
Schmelzpunkt | ||||||||||||||||||||||
pKS-Wert | ||||||||||||||||||||||
Löslichkeit |
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Sicherheitshinweise | ||||||||||||||||||||||
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Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). |
Leucin, abgekürzt Leu oder L, ist eine proteinogene α-Aminosäure. Der Name stammt von altgriechisch λευκόςleukós, deutsch ‚weiß‘, da es wie viele andere Aminosäuren kristallisiert als weißes Pulver erscheint.[7]
Leucin gehört zusammen mit seinen Konstitutionsisomeren Isoleucin, Norleucin und tert-Leucin zur Stoffgruppe der Leucine.
Isomere
Für höhere Lebewesen ist L-Leucin [Synonym: (S)-Leucin] eine essentielle Aminosäure, die vermutlich für den Energiehaushalt im Muskelgewebe eine zentrale Rolle spielt. Das Spiegelbildisomer (Synonym: Enantiomer) von L-Leucin ist das D-Leucin [Synonym: (R)-Leucin]. Letzteres kommt in Proteinen nicht vor.
In diesem Text betreffen die Angaben zur Physiologie allein das L-Leucin [Synonym: (S)-Leucin]. Wenn in diesem Artikel und in der wissenschaftlichen Literatur ohne jeden Zusatz „Leucin“ erwähnt wird, ist stets L-Leucin gemeint. Racemisches DL-Leucin [Synonym: (RS)-Leucin] und enantiomerenreines D-Leucin [Synonym: (R)-Leucin] sind synthetisch zugänglich und besitzen nur geringe praktische Bedeutung. Die Racemisierung von L-Aminosäuren kann zur Aminosäuredatierung – einer Altersbestimmung für fossiles Knochenmaterial – herangezogen werden.[8]
L-Leucin wird von den Codons UUA, UUG, CUU, CUC, CUA und CUG kodiert.
Isomere von Leucin | ||
Name | L-Leucin | D-Leucin |
Andere Namen | (S)-Leucin | (R)-Leucin |
Strukturformel | ![]() | ![]() |
CAS-Nummer | 61-90-5 | 328-38-1 |
328-39-2 (Racemat) | ||
EG-Nummer | 200-522-0 | 206-327-7 |
206-328-2 (Racemat) | ||
ECHA-Infocard | 100.000.475 | 100.005.753 |
100.005.754 (Racemat) | ||
PubChem | 6106 | 439524 |
– (Racemat) | ||
DrugBank | DB00149 | DB01746 |
− (Racemat) | ||
FL-Nummer | 17.012 | - |
Wikidata | Q483745 | Q16081973 |
Q60662890 (Racemat) |
Geschichte
1819 konnte der französische Pharmazeut und Chemiker Joseph Louis Proust zwei Substanzen aus Weizenmehl isolieren, die er als „acide caséique“ und „oxide caséeux“ bezeichnete.[9] Ein Jahr darauf isolierte Henri Braconnot eine scheinbar neue Substanz durch saure Hydrolyse aus Muskelfaser und Wolle und nannte diese aufgrund der weißen Färbung der Kristalle Leucin.[10] Eduard Mulder erkannte 1839 die Identität der beiden Stoffe und diskutierte die mögliche Zusammensetzung.[11] Aber erst 1891 gelang es dem deutschen Chemiker Ernst Schulze und seinem Doktoranden Arthur Likernik die Konstitution von L-Leucin richtig festzustellen.[12]
Vorkommen
Leucin ist – peptidisch gebunden – Bestandteil tierischen und pflanzlichen Proteins. Die folgenden Beispiele beziehen sich jeweils auf 100 g des Lebensmittels, zusätzlich ist der prozentuale Anteil von Leucin am Gesamtprotein angegeben:[13]
Lebensmittel | Gesamtprotein | Leucin | Anteil |
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Rindfleisch, roh | 21,26 g | 1691 mg | 8,0 % |
Hähnchenbrustfilet, roh | 23,09 g | 1732 mg | 7,5 % |
Lachs, roh | 20,42 g | 1615 mg | 7,9 % |
Hühnerei | 12,58 g | 1088 mg | 8,6 % |
Kuhmilch, 3,7 % Fett | 3,28 g | 321 mg | 9,8 % |
Walnüsse | 15,23 g | 1170 mg | 7,7 % |
Weizen-Vollkornmehl | 13,70 g | 926 mg | 6,8 % |
Mais-Vollkornmehl | 6,93 g | 850 mg | 12,3 % |
Reis, ungeschält | 7,94 g | 657 mg | 8,3 % |
Erbsen, getrocknet | 24,55 g | 1760 mg | 7,2 % |
Eigenschaften
- Restname: Leucyl-
- essentiell: ja
- Seitenkette: lipophil
- Van-der-Waals-Volumen: 124
- Hydrophobizitätsgrad: 3,8
Leucin liegt überwiegend als „inneres Salz“ bzw. Zwitterion vor, dessen Bildung dadurch zu erklären ist, dass das Proton der Carboxygruppe an das einsame Elektronenpaar des Stickstoffatoms der Aminogruppe wandert.
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Im elektrischen Feld wandert das Zwitterion nicht, da es als Ganzes ungeladen ist. Genaugenommen ist dies am isoelektrischen Punkt (bei einem bestimmten pH-Wert) der Fall, bei dem das Leucin auch seine geringste Löslichkeit in Wasser hat. Der isoelektrischer Punkt liegt bei 5,98.[14] Racemisches Leucin, welches zum besseren Verständnis der Homochiralität in der Biosphäre zirkular polarisierter Synchrotron-Strahlung ausgesetzt wurde, zeigt einen Enantiomerenüberschuss von 2,6 %.[15]
Funktionen
L-Leucin ist wichtig für den Erhalt und Aufbau von Muskelgewebe. Es unterstützt die Proteinbiosynthese in Muskulatur und Leber, hemmt den Abbau von Muskelprotein und unterstützt Heilungsprozesse. Wie L-Isoleucin kann auch L-Leucin als Energielieferant dienen.
Die Einschätzungen des Tagesbedarfs für gesunde Erwachsene reichen, je nach verwendeter Methode, von 10 bis 50 mg Leucin pro Kilogramm Körpergewicht.[16] Ein Mangel ist entweder durch ungenügende Zufuhr mit der Nahrung oder Unterversorgung mit Vitamin B6 bedingt.
Verwendung
L-Leucin ist neben Glycin und anderen proteinogenen L-Aminosäuren Bestandteil von medizinischen Infusionslösungen.
Im Kraftsport wird Leucin als Nahrungsergänzungsmittel für den Muskelaufbau verwendet.
Siehe auch
- Enantiomer
- Fischer-Nomenklatur
Literatur
- Hans Beyer und Wolfgang Walter: Lehrbuch der Organischen Chemie, 20. Auflage, S. Hirzel Verlag, Stuttgart, 1984, ISBN 3-7776-0406-2.
- Hans-Dieter Jakubke und Hans Jeschkeit: Aminosäuren, Peptide, Proteine, Verlag Chemie, Weinheim, 1982, ISBN 3-527-25892-2.
- Jesse Philip Greenstein und Milton Winitz: Chemistry of Amino Acids, John Wiley & Sons, 1962, Bände 1 bis 3, ISBN 0-471-32637-2.
- Yoshiharu Izumi, Ichiro Chibata und Tamio Itoh: Production and Utilization of Amino Acids, In: Angewandte Chemie International Edition in English, 1978, 17, S. 176–183, doi:10.1002/anie.197801761.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Eintrag zu E 641: L-leucine in der Europäischen Datenbank für Lebensmittelzusatzstoffe, abgerufen am 6. August 2020.
- ↑ Eintrag zu LEUCINE in der CosIng-Datenbank der EU-Kommission, abgerufen am 6. August 2020.
- ↑ a b c d Eintrag zu l-Leucin. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 25. Dezember 2014.
- ↑ Datenblatt Leucin (PDF) bei Carl Roth, abgerufen am 18. Dezember 2012.
- ↑ a b Hans Beyer, Wolfgang Walter: Lehrbuch der Organischen Chemie. S. Hirzel Verlag, Stuttgart 1991, ISBN 3-7776-0485-2, S. 823.
- ↑ a b Eintrag zu L-Leucin in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 20. November 2022. (JavaScript erforderlich)
- ↑ Michel Fleck, Aram M. Petrosyan: Salts of Amino Acids: Crystallization, Structure and Properties. Springer International Publishing, Cham 2014, ISBN 978-3-319-06298-3, doi:10.1007/978-3-319-06299-0 (englisch).
- ↑ Hans-Dieter Jakubke, Hans Jeschkeit: Aminosäuren, Peptide, Proteine, Verlag Chemie, Weinheim, 62, 1982, ISBN 3-527-25892-2.
- ↑ L. J. Proust: Sur le Principe qui assaisonne les Fromages. Ann Chim Phys, Band 10, S. 29ff (1819).
- ↑ H. Braconnot: Memoire sur un Principe particulier aux graines de la famille des légumineuses, et analyse des pois et des haricots. Ann Chim Phys, Band 34, S. 68ff (1827).
- ↑ Sabine Hansen: Die Entdeckung der proteinogenen Aminosäuren von 1805 in Paris bis 1935 in Illinois. ( vom 15. Juni 2016 im Internet Archive) Berlin 2015.
- ↑ E. Schulze, A. Likernik: Über die Constitution des Leucins. Ber Deutschen Chem Ges, Band 24, S. 669ff (1891).
- ↑ Nährstoffdatenbank des US-Landwirtschaftsministeriums, 21. Auflage.
- ↑ P. M. Hardy: The Protein Amino Acids in G. C. Barrett (Herausgeber): Chemistry and Biochemistry of the Amino Acids, Chapman and Hall, 1985, ISBN 0-412-23410-6, S. 9.
- ↑ Meierhenrich: Amino acids and the asymmetry of life, Springer-Verlag, 2008, ISBN 978-3-540-76885-2.
- ↑ A. V. Kurpad, M. M. Regan, T. Raj, J. V. Gnanou: Branched-chain amino acid requirements in healthy adult human subjects, in: J. Nutr., 2006, 136 (1 Suppl), S. 256S–263S; PMID 16365094.
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