Letchworth-Enigma

Die innerhalb der Turing-Bombe verwendeten „Trommeln“ (englisch drums) sind entsprechend dem Prinzip der Letchworth-Enigma verschaltet. Charakteristisch sind die im Bild auf den weißen Kontaktplatten zu sehenden jeweils vier konzentrischen Kontaktringe mit jeweils 26 Kontakten. Die Farben der Trommeln (bei den drei Kontaktplatten hier wurden drei zur Illustration entfernt) signalisieren die Nummer der entsprechenden Enigma-Walze (Walze I = rot, Walze II = kastanienbraun, Walze III = grün, Walze IV = gelb, Walze V = hellbraun, Walze VI = blau, Walze VII = schwarz, Walze VIII = silber).[1]

Letchworth-Enigma (im englischen Original: Letchworth Enigma) war eine vom britischen Kryptoanalytiker Alan Turing (1912–1954) zunächst als Gedankenexperiment ersonnene Modellvorstellung des Walzensatzes der von der deutschen Wehrmacht zur Verschlüsselung ihres Nachrichtenverkehrs im Zweiten Weltkrieg eingesetzten Schlüsselmaschine Enigma. Seine Idee wurde anschließend praktisch umgesetzt und diente innerhalb der nach ihm benannten Turing-Bombe den Codebreakers von Bletchley Park (B.P.)[2] zum erfolgreichen Bruch der deutschen Maschine und zur Entzifferung der verschlüsselten deutschen Funksprüche.

Namensursprung

Der Name wurde abgeleitet von der englischen Stadt Letchworth (eigentlich Letchworth Garden City), die etwa 50 km nördlich von London sowie 35 km östlich von Bletchley liegt, und in der die British Tabulating Machine Company (BTM) ihren Sitz hatte. In diesem britischen Unternehmen, ursprünglich gegründet zur Herstellung von Tabelliermaschinen, wurden die von B.P. benötigten elektromechanischen Maschinen gebaut.

Prinzip

Skizze: Schaltschema der Enigma aus
Batterie (1),
Tastatur (2),
Steckerbrett (3, 7) mit
Steckkabel (8),
Walzensatz (5) mit
Eintrittswalze (4) und Umkehrwalze (6) sowie
dem Lampenfeld (9)
In dieser Ausschnittsvergrößerung sind die vier konzentrischen Kontaktkreise gut zu erkennen.

Beim deutschen Original durchläuft elektrischer Strom den Walzensatz (Skizze links) zweimal, nämlich zunächst von rechts nach links und danach von links nach rechts. Dabei wird er durch die Umkehrwalze (6) zurückgelenkt. Dies hat zur Folge, dass der Strom sowohl über die Eintrittswalze (4) hinein- als auch hinausfließt.

Sowohl für die theoretische Kryptanalyse als auch die praktische Realisierung des Codebrechens erweist sich das als nachteilig, insbesondere, wenn es darum geht, mehrere Enigmas hintereinander zu schalten. Hierzu ist es erforderlich, elektrische Ein- und Ausgänge voneinander zu trennen. Dies gelang Turing dadurch, dass er – zunächst gedanklich – die Umkehrwalze (UKW) in eine Durchgangswalze verwandelte. Dazu verdoppelte er deren Kontakte von 26 auf zweimal 26, nun – anders als beim Original – getrennt als 26 Eingangskontakte und 26 Ausgangskontakte. Dadurch erreichte er, dass die UKW den Strom nicht länger „reflektiert“, sondern nun „transmittiert“, also durchlässt. Dies erlaubte es ihm, außer den zunächst vorhandenen drei drehbaren Walzen (5), einen zweiten Walzensatz, ebenfalls aus drei drehbaren Walzen, „hinter“ (in der Skizze also links von) der UKW anzuordnen.

Auf diese Weise gelang es ihm, die beim Original identischen Eingangs- und Ausgangskontakte des Walzensatzes voneinander zu separieren, was für die Kryptanalyse ein erheblichen Vorteil ist.[3] Nach Trennung von Eingangs- und Ausgangssignal kann man nun beliebig viele Letchworth-Enigmas kaskadieren, indem man das Ausgangssignal einer Maschine in den Eingang einer nächsten einspeist. Das Konzept der Letchworth-Enigma wurde in B.P. auch als Opened Out Enigma (deutsch „geöffnete Enigma“) bezeichnet.[4]

Auch bei der praktischen Realisierung der in Stückzahlen von über 300 im Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten aufgebauten Bombe wurde seine Idee so umgesetzt, wobei ein cleveres Detail darin bestand, den Hin- und Rückweg des Stromes durch die nun dazu (von drei auf sechs verdoppelten und) getrennten Walzen jeweils auf nur einer einzigen Trommel mithilfe von vier konzentrischen Kontaktkreisen zu realisieren. Daher benötigt die Letchworth-Enigma nicht sechs, sondern nur drei Trommeln. Das Bild zeigt einen relevanten Ausschnitt eines wirklichkeitsgetreuen Nachbaus in Bletchley Park (Bild rechts).

Literatur

  • Jack Copeland: The Essential Turing. Clarendon Press 2004. ISBN 0-191-52028-4.
  • Tony Sale: Alan Turing at Bletchley Park in World War II. PDF; 0,9 MByte (englisch), abgerufen am 20. April 2018.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. The US 6812 Bombe Report 1944. 6812th Signal Security Detachment, APO 413, US Army. Publikation, Tony Sale, Bletchley Park 2002. S. 9, abgerufen am 20. April 2018. PDF; 1,3 MB
  2. Gordon Welchman: The Hut Six Story – Breaking the Enigma Codes. Allen Lane, London 1982; Cleobury Mortimer M&M, Baldwin Shropshire 2000, S. 11. ISBN 0-947712-34-8
  3. Jack Copeland: The Essential Turing. Clarendon Press 2004, S. 318, ISBN 0191520284.
  4. Tony Sale: Alan Turing at Bletchley Park in World War II. S. 444.

Auf dieser Seite verwendete Medien

Japanese-enigma.jpg
Autor/Urheber: Photography courtesy of Professor Roger Brown of the National Cryptologic Museum, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Japanese copy of the German Enigma machine, on display at the National Cryptologic Museum, Maryland, USA. The Japanese developed an Enigma clone, codenamed GREEN by American cryptographers, although it was little used.
Bombe Mounting Plate.jpg
Autor/Urheber: TedColes, Lizenz: CC0
Kontaktplatte für eine Trommel der Turing-Bombe
Enigma wiring kleur.svg
(c) MesserWoland, CC BY-SA 3.0

To explain the Enigma, we use this wiring diagram. To simplify the example, only four components of each are shown. In reality, there are 26 lamps, keys, plugs and wirings inside the rotors. The current flows from the battery (1) through the depressed bi-directional letter-switch (2) to the plugboard (3). The plugboard allows rewiring the connections between keyboard (2) and fixed entry wheel (4). Next, the current proceeds through the—unused, so closed—plug (3) via the entry wheel (4) through the wirings of the three (Wehrmacht Enigma) or four (Kriegsmarine M4 or Abwehr variant) rotors (5) and enters the reflector (6). The reflector returns the current, via a different path, back through the rotors (5) and entry wheel (4), and proceeds through plug 'S' connected with a cable (8) to plug 'D', and another bi-directional switch (9) to light-up the lamp.

Copied from Wikipedia:Enigma machine
Bombe Drums and Mounting Plate.jpg
Autor/Urheber: TedColes, Lizenz: CC0
Drums and drum mounting plate on Bletchley Park's working rebuilt bombe