Leslie-Lohman Museum of Art

Das Leslie-Lohman Museum of Art (bis 2019: Leslie-Lohman Museum of Gay and Lesbian Art[Anm. 1] )ist ein Kunstmuseum in SoHo, Manhattan, New York City. Es gilt als das erste Museum weltweit, das sich auf Kunst und Künstler der LGBTQ-Szene spezialisiert hat.[1] Das Museum wird von der Leslie-Lohman Gay Art Foundation betrieben.

Geschichte

Das Paar J. Frederic („Fritz“) Lohman (* 1922; † 2009)[2] und Charles W. Leslie[3] (* 1933)[4] hatte seit den 1950er Jahren entsprechende Kunst gesammelt und 1969 erstmals eine Ausstellung dazu in ihrer Wohnung organisiert. Diese fand kurz vor den Stonewall-Unruhen statt, die ihr Engagement bestärkten. Die Idee zu einem eigenen Museum kam ihnen bereits vorher, doch sollten rund 50 Jahre vergehen, bis die Einrichtung gelang. Zunächst blieben die Ausstellungen auf ihre eigene Wohnung, sowie ihre Galerie und einige Einzelausstellungen beschränkt.[5]

1972 gründeten sie mit The Leslie Lohman Gallery eine kommerzielle Galerie, die bis 1982 Bestand hatte. Anfang der 1980er kam es aufgrund der Aids-Epidemie zu einem Quasi-Zusammenbruch der schwulen Community. Die Szene war verunsichert und viele von Leslie und Lohmanns Freunden starben. Auch die Kunst-Szene verkleinerte sich in jener Zeit und wurde mehr AIDS-zentriert.[6] Doch obwohl sie ihre Galerie schließen mussten, sammelte das Paar weiter. Ihre Sammlung wuchs in dieser Zeit um 50 bis 80 Exponate.[7] Auch bauten sie Netzwerke auf und pflegten diese.

Sie gründeten 1987 die Leslie-Lohman Gay Art Foundation, eine Stiftung, in die sie ihre umfangreiche Kunstsammlung zu LGBTQ-Themen und Künstlern einbrachten, um diese dauerhaft erhalten und zeigen zu können.[8] Mit der Stiftung startete das Museum in SoHo.[9] Von 1987 bis 1990 weigerte sich die Finanzverwaltung zunächst, diese Stiftung als gemeinnützig anzuerkennen, weil sie in ihrem Namen das Wort „gay“ („schwul“) führte.[10]

2006 konnte das Museum, nachdem es zunächst an anderer Stelle ausgestellt hatte, einen Teil des Erdgeschosses der Wooster Street 26 im Süden Manhattans beziehen. 2010 starb Lohmann im Alter von 87 Jahren. Die Erbmasse, wozu auch eine Reihe von Gebäuden gehörten, vermachte er der Stiftung, so dass das Museum finanziell auf sicheren Beinen stand.[6] 2011 wurde das Museum durch die Universität des Staates New York provisorisch als Museum anerkannt.[11] Damit war es das erste und einzige Museum, das sich mit der Kunstgeschichte der Schwulenbewegung auseinandersetzte.[12] Die vollständige Anerkennung erfolgte jedoch erst 2016. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Museum ein Besucheraufkommen von jährlich etwa 25.000 Besuchern.[6]

Ab 2016 wurde das Ausstellungsgelände von 306 auf 613 Quadratmeter verdoppelt. Dafür musste das Museum von Ende 2016 bis März 2017 geschlossen werden.[13][14] 2018 erhielt das Museum eine Spende von 1 Million US-Dollar von dem Fotografen und Philanthrop Michael Becker. Dabei handelte es sich um die höchste Einzelspende, die das Museum jemals erhalten hat.[15]

2019 wurde das Museum in Leslie-Lohman Museum of Art umbenannt. Die Beschränkung auf schwule und lesbische Kunst wurde als nicht mehr zeitgemäß empfunden. Der neue Name soll inklusiv für die LGBT+-Identität stehen. Mit dem Namenswechsel wurde auch ein Ausbau umgesetzt, für den das Museum 3,4 Millionen US-Dollar Zuschuss vom New York City Council, dem Department of Cultural Affairs und dem Manhattan Borough erhielt.[16][17]

Betrieb

Organisation

In dem Museum wird Kunst von Künstlern unterschiedlichen Geschlechts aus der und zu Themen der LGBTQ-Szene gesammelt und ausgestellt,[18] sowohl aus der eigenen Sammlung als auch Leihgaben. Das Museum wird von einem Vorstand geführt und mit haupt- und ehrenamtlich tätigem Personal betrieben. 2020 übernahm Alyssa Nitchun als erste Frau die Leitung des Museums.[19] Ehrenamtliche Mitarbeiter tragen überwiegend die Bildungsangebote, Vorträge, Filme und Veranstaltungen des Museums.[20] Außerdem organisiert das Museum ein „Fellowship Program“ für Volontäre.[21]

Das Museum bietet eine Mitgliedschaft in verschiedenen Formen an.[22][Anm. 2] Es ist Mitglied der American Alliance of Museums.

Hauptfinanzierungsquellen des Museums sind Stiftungserträge (74,9 %), Spenden von privater Seite und von anderen Stiftungen (17,7 %), sowie Mitgliedsbeiträge (2,2 %).[Anm. 3] Das Budget des Museums hatte 2013 einen Umfang von US$ 1.094.414.[23]

Sammlung und Ausstellungen

Die Sammlung umfasst 30.000 Werke,[17] wobei nicht alle dem Museum gehören. Einige sind Dauerleihgaben. Es handelt sich um Gemälde, Zeichnungen, Fotografien, Drucke und Skulpturen, überwiegend aus dem 20. Jahrhundert. Die ältesten Stücke stammen aus dem 17. Jahrhundert.[24]

In der Sammlung sind mit Werken unter anderem vertreten:[25]

Aufgrund der begrenzten eigenen Ausstellungsfläche kann immer nur ein Teil der Werke gezeigt werden. Das geschieht in sechs Wechselausstellungen pro Jahr[17] und weiteren kleinen Ausstellungen in den Schaufenstern zur Straße hin sowie verschiedenen Veranstaltungen. Außerdem werden Gastausstellungen außerhalb des eigenen Hauses durchgeführt. Inhaltlich gestaltet werden die Ausstellungen durch Gast-Kuratoren. Um die Qualität der Ausstellungen zu sichern, hat sich das Museum dafür eine Richtlinie gegeben[26] und die Konzepte der Gast-Kuratoren werden zunächst seitens eines Ausschusses der Stiftung geprüft. 2013 wurde mit der Ausstellung Sascha Schneider erstmals eine im Leslie-Lohman Museum of Gay and Lesbian Art kuratierte Ausstellung international weiter verliehen. Sie wurde im Schwulen Museum Berlin gezeigt. Im Sommer 2014 war die Ausstellung Classical Nude: The Making of Queer History vorab im ONE National Gay & Lesbian Archiv in West Hollywood zu sehen.[27]

Begleitangebot

Das Museum unterhält eine Bibliothek mit mehr als 1600 Bänden und ein Archiv mit mehr als 1900 Akten zu einzelnen Künstlern.[28] Weiter bietet das Museum Mal- und Zeichenkurse, Vorträge, Filme und Autorenlesungen an.[29] Es gibt die Zeitschrift The Archive heraus[30], in der die Ausstellungen besprochen werden, Aufsätze zu den ausgestellten Künstlern erscheinen, Neuerwerbungen vorgestellt und Veranstaltungen angekündigt werden. Weiter wird jährlich ein Bericht zur Arbeit des Museums vorgelegt („Annual Report“).

Literatur

  • John Sanchez: Leslie-Lohman Gallery: The Ultimate Gay Portfolio. In: Genre Magazine. September 2000.
  • George De Stefano: Artistic Outlaws: Leslie and Lohman Have Fought to Preserve Gay Art for Three Decades. In: New York Blade v. 20. März 1998.
  • Jeff Weinstein: He Knows What he Loves. [Buchbesprechung zu: Clarke u. Gmünder: The Art of the Looking]. In: The Archive 54 (Summer 2015), S. 17.
  • Holland Cotter: Gay Pride (and Anguish) Around the Galleries. In: New York Times v. 24. Juni 1994.
  • Leslie+Lohman Museum of Gay and Lesbian Art (Hrsg.): 2014 Annual Report.
  • Hugh Ryan: The Leslie-Lohman Museum Is a Haven for Artists Who Are Too Gay for Art School. In: VICE v. 2. März 2014.
  • Alan Ellis: Arts and Education. In: Alan Ellis, Liz Highley, Kevin Schaub, Melissa White, and Liz Highleyman (Hrsg.): The Harvey Milk Institute Guide to Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender, and Queer Internet Research. Binghamton, New York 2001. ISBN 1-56023-353-2
  • Kevin Clarke u. Bruno Gmünder: The Art of the Looking. The Life and the Treasures of Collector Charles Leslie. 2015. ISBN 978-3-86787-763-3
  • Vince Aletti: Boys and Girls – Looking for style in some very unexpected places. In: Follow W v. 26. August 2014.
  • Ruth Robinson: Future Events From Art to Zippers. In: New York Times v. 25. April 1982.

Weblinks

Anmerkungen

  1. So: NN: [Impressum]. In: The Archive 54 (Summer 2015), S. 2; aber auch: Leslie + Lohman Museum of Gay and Lesbian Art, so: 2014 Annual Report, S. 1. In der englischsprachigen Wikipedia wird auf jedes Verbindungszeichen verzichtet: „Leslie Lohman Museum of Gay and Lesbian Art“.
  2. Die Mitgliedschaft in einer Stiftung ist – im Gegensatz zum deutschen Recht – nach dem im Staat New York geltenden Common Law möglich.
  3. Die Zahlen beziehen sich auf das Jahr 2013.

Einzelnachweise

  1. Cotter: Gay Pride.
  2. Leslie+Lohman Museum of Gay and Lesbian Art (Hrsg.): 2014 Annual Report, S. 11.
  3. Kevin Clarke: The Art of Looking. The Life and Treasures of Collector Charles Leslie. Berlin 2015. ISBN 978-3-86787-763-3
  4. Weinstein: He Knows.
  5. Alix Strauss: How a Self-Taught Art Curator Became a Gay Rights Champion. In: nytimes.com. 21. Juni 2019, archiviert vom Original am 23. Juni 2019; abgerufen am 24. Februar 2022 (englisch, Archivlink ohne Paywall).
  6. a b c Hugh Ryan: What it Took to Create the World’s First Gay Art Museum. In: Smithsonian Magazine. 7. Juli 2016, abgerufen am 20. August 2021 (englisch).
  7. De Stefano: Artistic Outlaws.
  8. Robinson: Future Events; NN: [Impressum]. In: The Archive 54 (Summer 2015), S. 2.
  9. Leslie-Lohman Museum debuts new Soho gallery space. In: The Architect’s Newspaper. 9. März 2017, abgerufen am 20. August 2021 (amerikanisches Englisch).
  10. De Stefano: Artistic Outlaws.
  11. Sami Emory: A 'Queer Enlightenment' at the World's First Museum of Gay and Lesbian Art. In: Vice.com. Abgerufen am 20. August 2021 (englisch).
  12. Leslie+Lohman Museum of Gay and Lesbian Art (Hrsg.): 2014 Annual Report, S. 2.
  13. For SoHo’s Leslie-Lohman Museum of Gay and Lesbian Art, expansion is just the first step. Abgerufen am 20. August 2021 (englisch).
  14. Tanay Warerkar: After expansion, NYC's Leslie Lohman Museum provides an even bigger platform for LGBTQ artists. In: ny.curbed.com. 23. Juni 2017, abgerufen am 20. August 2021 (englisch).
  15. Maximilíano Durón: Leslie-Lohman Museum Receives Promise of $1 M. Bequest. In: ARTnews.com. 27. September 2018, abgerufen am 20. August 2021 (amerikanisches Englisch).
  16. Leslie-Lohman Museum of Gay and Lesbian Art Rebrands, Receives Major Gifts. Abgerufen am 20. August 2021 (amerikanisches Englisch).
  17. a b c The Leslie-Lohman Museum announces its first director of curatorial programmes. In: theartnewspaper.com. Abgerufen am 20. August 2021 (englisch).
  18. Ellis: Arts and Education.
  19. Alyssa Nitchun Named Director of Leslie-Lohman Museum of Art. In: Artforum.com. Abgerufen am 20. August 2021 (amerikanisches Englisch).
  20. Sanchez: Leslie-Lohman Gallery.
  21. Leslie+Lohman Museum of Gay and Lesbian Art (Hrsg.): 2014 Annual Report, S. 7.
  22. Corporate Membership. (Nicht mehr online verfügbar.) In: leslielohman.org. Archiviert vom Original am 26. März 2019; abgerufen am 28. April 2019 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.leslielohman.org
  23. Leslie+Lohman Museum of Gay and Lesbian Art (Hrsg.): 2014 Annual Report, S. 11.
  24. Leslie+Lohman Museum of Gay and Lesbian Art (Hrsg.): 2014 Annual Report, S. 2.
  25. Aletti: Boys and Girls; Sanchez: Leslie-Lohman Gallery; Leslie+Lohman Museum of Gay and Lesbian Art (Hrsg.): 2014 Annual Report, S. 2.
  26. Guidelines for proposing an exhibition to the Leslie-Lohman Museum of Gay and Lesbian Art. (Nicht mehr online verfügbar.) In: leslielohman.org. Januar 2013, archiviert vom Original am 26. Juli 2014; abgerufen am 14. Juni 2020 (englisch).
  27. The Classical Nude and the Making of Queer History. Ausstellungsprogramm. In: ONE Archives at the USC Libraries. 2014, abgerufen am 3. Dezember 2020 (englisch).
  28. Leslie+Lohman Museum of Gay and Lesbian Art (Hrsg.): 2014 Annual Report, S. 5.
  29. Sanchez: Leslie-Lohman Gallery.
  30. NN: [Impressum]. In: The Archive 54 (Summer 2015), S. 2.


Koordinaten: 40° 43′ 17,9″ N, 74° 0′ 11,2″ W