Lesley Manville

Lesley Manville auf dem Toronto International Film Festival (2010)

Lesley Ann Manville CBE[1] (* 12. März 1956 in Brighton, England) ist eine britische Schauspielerin. Neben der Arbeit im Theater trat sie seit Mitte der 1970er Jahre in über 60 Film- und Fernsehproduktionen in Erscheinung. Bekanntheit erlangte sie vor allem durch ihre Zusammenarbeit mit Mike Leigh, unter anderem in Filmen wie Topsy-Turvy – Auf den Kopf gestellt, All or Nothing oder Another Year.

Leben

Die Tochter eines Taxifahrers wuchs mit einer Schwester in Hove bei Brighton auf.[2] Als Achtjährige begann Manville mit klassischem Gesang und trat als Jugendliche erfolgreich bei regionalen Gesangswettbewerben im Sopran an. Im Alter von 15 Jahren brach sie ihre Schulausbildung ab und wechselte auf die Schauspielschule Italia Conti in London, um sich als Musicaldarstellerin ausbilden zu lassen.[3] In dieser Zeit lehnte sie eigenen Angaben zufolge das Angebot der Choreografin und Tänzerin Arlene Philips ab, in deren Tanztruppe Hot Gossip mitzuwirken. Stattdessen begeisterte sich Manville für die Improvisation und gab ihr Theaterdebüt im Londoner West End mit einem Part in John Schlesingers Musical I and Albert (1972).[2] Ab 1974 trat sie auch regelmäßig im britischen Fernsehen in Erscheinung, unter anderem mit der wiederkehrenden Rolle der Rosemary Kendall in 80 Folgen der Serie Emmerdale Farm (1974–1976).

Als Mitglied der Royal Shakespeare Company traf Manville 1979 das erste Mal auf den ebenfalls improvisationsfreudigen Regisseur Mike Leigh. Obwohl sich ein geplantes Theaterprojekt zerschlug, vertraute er ihr den Part der Mandy in seinem Fernsehfilm Grown-Ups (1980) an. Seine Arbeitsweise, ohne Drehbuch über einen längeren Probezeitraum hin eine Figur zu erforschen, kam ihr zugute. Leigh selbst lobte Manville später für ihre „unglaubliche Courage und Gefährlichkeit“. „Es ist großartig mit ihr zu arbeiten, weil sie wirklich an Plätze kommt, von denen es nicht möglich war zu träumen oder diese vorwegzunehmen“, so Leigh.[3] Manville wiederum ließ verlauten, dass sie vor der Begegnung mit Leigh nicht gewusst hätte, was für eine Art Schauspielerin sie eigentlich sein wollte.[4] „Ich spielte immer mich selbst – Es kam mir niemals in den Sinn, gar darüber nachzudenken Figuren zu spielen die nicht wie ich waren.“, so Manville.[5] Nach Grown-Ups folgten unterschiedliche große Rollen in Leighs folgenden Projekten Dog Ends (1984), High Hopes (1988) oder Lügen und Geheimnisse (1996), während Manville den Part der Christine Keeler in Michael Caton-Jones’ Drama Scandal (1989) an ihre Landsfrau Joanne Whalley verlor.[3]

Weitere Mentoren waren in den 1980er Jahren Max Stafford-Clark und Caryl Churchill am Londoner Royal Court Theatre, die Manville zu einer ernstzunehmenden Schauspielerin reifen ließen. „Sie zeigten mir, dass es nicht ausmachte, dass ich keine Intellektuelle war, das was ich zu geben hatte, war völlig gültig und wollten sie.“, so Manville.[2] Sie übernahm im Laufe ihrer Bühnenkarriere sowohl Rollen in solch bekannten Stücken wie Choderlos de LaclosGefährliche Liebschaften (als Cécile, 1985), Tschechows Drei Schwestern (als Natascha, 1990; Clarence Derwent Award 1991[6]) und Henrik Ibsens Stützen der Gesellschaft (als Lona Hessel, 2005), als auch modernen Stoffen. Dazu zählen ihre Darstellung der Mrs. Coulter in His Dark Materials (2004), die Titelrolle in Pedro Almodóvars Alles über meine Mutter (2008) oder die Ouisa Kettridge in John Guares Six Degrees of Separation (2010). Manvilles Leistungen in All About My Mother und Rebecca LenkiewiczSuffragetten-Drama Her Naked Skin (2008) brachten ihr Nominierungen für den Evening Standard Theatre Award ein.

Der Erfolg im Kino stellte sich durch die weitere Zusammenarbeit mit Leigh ein, der Manville in dem Historienfilm Topsy-Turvy – Auf den Kopf gestellt (1999) als hingebungsvolle und langmütige Ehefrau des Komponisten William Schwenck Gilbert (gespielt von Jim Broadbent) und in All or Nothing (2002) als eifrige Londoner Arbeiterfrau neben Timothy Spall besetzte. Für die letztgenannte Rolle erhielt sie 2003 den London Critics Circle Film Award als Beste britische Darstellerin zugesprochen. Nach einer kleineren Rolle in Leighs preisgekröntem Drama Vera Drake (2004) stellte sich der bisherige Höhepunkt in Manvilles Filmkarriere mit der Tragikomödie Another Year (2010) ein und markierte die neunte Zusammenarbeit mit Leigh. An der Seite von Ruth Sheen und Broadbent interpretierte sie die Figur der hysterischen Mary, einer alleinstehenden Alkoholikerin, die an ihrer Einsamkeit zu zerbrechen droht. Internationale Kritiker lobten Manvilles Darstellung, die ihr den US-amerikanischen National Board of Review Award und Nominierungen für den britischen BAFTA Award, British Independent Film Award und Europäischen Filmpreis einbrachten. Zu Manvilles über 40 Fernsehrollen zählen die taffe Werbefachfrau Hilary in der preisgekrönten Serie Holding On (1997), ihre Auftritte als lesbische Schullehrerin die ihre Sexualität verbirgt in den Serien Real Women und Real Women II (1998 und 1999) sowie ihre Interpretation der Margaret Thatcher in einer Episode der Serie The Queen (2009). 2022 verkörperte sie im Film Mrs. Harris und ein Kleid von Dior mit Isabelle Huppert, Lucas Bravo und Alba Baptista die Titelrolle der Ada Harris.[7][8] Ebenfalls in 2022 verkörperte sie in der 5. Staffel von The Crown die britische Prinzessin Margaret, eine Rolle die sie auch 2023 in der 6. und letzten Staffel der Serie spielen wird.

Manville war drei Jahre mit ihrem Schauspielkollegen Gary Oldman verheiratet, den sie bei den Dreharbeiten zum Fernsehfilm The Firm (1988) kennenlernte. Aus der Beziehung ging ein Sohn hervor, der bei ihr aufwuchs. Eine im Jahr 2000 geschlossene zweite Ehe[9] mit dem britischen Schauspieler Joe Dixon, den sie bei den Dreharbeiten zur Serie Holding On (1997) traf,[10] wurde nach vier Jahren geschieden. Manville lebt in West London.[4]

Theaterrollen (Auswahl)

JahrTheaterstückRolleBühne
1978Savage AmusementWarehouse Theatre (London)
1982Rita, Sue and Bob TooSueRoyal Court Theatre (London)
1982Top GirlsGriselda/Nell/JeanineJoseph Papp Public Theater (New York)
1983Falkland SoundEhefrauRoyal Court Theatre
1985Les Liaisons dangereusesCécileRoyal Shakespeare Theatre (Stratford-upon-Avon)
1987Serious MoneyRoyal Court Theatre
1987American BagpipesSandraRoyal Court Theatre
1989The Cherry OrchardVaryaAldwych Theatre (London)
1990How Now Green CowGirlRoyal Court Theatre
1990MaydaysBurchills SprecherRoyal Court Theatre
1990Three SistersNatashaRoyal Court Theatre
1990Miss JulieMiss JulieGreenwich Theatre (London)
1991Top GirlsMarleneRoyal Court Theatre
1994The Wives’ ExcuseMrs. WittwoudSwan Theatre (Stratford-upon-Avo)
2001King LearAlmeida Theatre (London)
2004–
2005
His Dark Materials I + IIMrs. CoulterNational Theatre (London)
2005Some GirlsLindsayGielgud Theatre (London)
2005Pillars of the CommunityLona HesselNational Theatre
2006The AlchemistDol CommonNational Theatre
2007All About My MotherManuelaOld Vic Theatre (London)
2008Her Naked SkinCelia CainNational Theatre
2010Six Degrees of SeparationOuisa KittredgeOld Vic Theatre
2011GriefDorothyNational Theatre
2013
2016
GhostsHelene AlvingAlmeida Theatre
Brooklyn Academy of Music, NY
2016Long Day’s Journey into NightMary TyroneBristol Old Vic
2018Eines langen Tages Reise in die NachtCaitlin CarnayWyndham’s Theatre (London)
2020Der Besuch der alten DameClaireNational Theatre

Filmografie (Auswahl)

Auszeichnungen

Oscar

British Academy Film Award

Europäischer Filmpreis

  • 2010: nominiert als Beste Darstellerin für Another Year

Golden Globe Award

Weitere

British Independent Film Awards

  • 2010: nominiert als Beste Nebendarstellerin für Another Year

Clarence Derwent Award

  • 1991: Auszeichnung für ihre Rolle in dem Theaterstück Three Sisters

Evening Standard Theatre Award

  • 2007: nominiert als Beste Darstellerin für All About My Mother
  • 2008: nominiert als Beste Darstellerin für Her Naked Skin

Laurence Olivier Award

  • 2012: nominiert als Beste Hauptdarstellerin für Grief

London Critics Circle Film Awards

  • 2001: nominiert als Beste britische Nebendarstellerin des Jahres für Topsy-Turvy – Auf den Kopf gestellt
  • 2003: Beste britische Hauptdarstellerin des Jahres für All or Nothing
  • 2011: Beste britische Hauptdarstellerin des Jahres für Another Year
  • 2018: Beste britische Nebendarstellerin des Jahres für Der seidene Faden

National Board of Review Award

  • 2010: Beste Hauptdarstellerin für Another Year

Weblinks

Commons: Lesley Manville – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Queen’s birthday honours list: knights outnumber dames five to one. In: The Guardian, 12. Juni 2015; abgerufen am 13. Juni 2015.
  2. a b c Kate Kellaway: The mother superior. In: The Observer, 12. August 2007, S. 14.
  3. a b c Liz Hoggard: The actress taking on the mother of all roles. In: Evening Standard, 17. August 2007, S. 32.
  4. a b David Gritten: Almost famous. In: The Daily Telegraph, 23. Oktober 2010, S. 48–53.
  5. Fiona Morrow: Confessions of an Actress. In: The Independent, 11. Oktober 2002, S. 12–13.
  6. Naomi West: The world of Lesley Manville, actress. telegraph.co.uk, 4. August 2007; abgerufen am 2. Dezember 2010.
  7. Jill Goldsmith: ‘Mrs. Harris’ Haute Couture Fairy Tale Shows Legs – Specialty Box Office. In: deadline.com. 24. Juli 2022, abgerufen am 24. August 2022 (englisch).
  8. Stephanie Eckardt: Lesley Manville Returns to the World of Couture in the Mrs. Harris Goes to Paris Trailer. In: wmagazine.com. 28. April 2022, abgerufen am 24. August 2022 (englisch).
  9. Terry Grimley: The Castle Vale Actor. In: Birmingham Post, 27. Mai 2002, S. 12.
  10. Nigel Dempster: Manville’s Man. In: Daily Mail, 25. August 2000, S. 47.

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Lesley Manville at the screening of Another Year at the 2010 Toronto International Film Festival