Legis actio per condictionem

Die legis actio per condictionem war ein zivilrechtlicher Spruchformelprozess vom (früh)republikanischen Prozessverfahrenstyp der Legisaktionen. Sie gilt als Vorläufer der späteren bereicherungsrechtlichen condictiones.

Kardinales Merkmal der Klage soll nach streitiger Auffassung gewesen sein, dass der Kläger dem Beklagten ansagte, er solle am dreißigsten Tage in iure (gerichtliches Einleitungsverfahren) beim Magistraten gegenwärtig sein, um die Richterbestellung entgegenzunehmen.[1] Eingeführt wurde die Klage – laut Gaius in seinen Institutionen – für persönliche Ansprüche aus einer Beschwer (dari oportere), eingerichtet durch eine lex Silia unbekannten Alters. Streitgegenstand war eine bestimmte Geldsumme (certa pecunia) beziehungsweise sonstige bestimmte Sachen (certa res) aufgrund Einführung durch eine lex Calpurnia,[2] regelmäßig zur Eigentumsverschaffung. Damit ließ die Klage den Schuldgrund offen.[3] Der Hochklassiker Gaius liefert damit für einen nicht näher bekannten Anwendungsbereich jüngerer Gesetze eine Anspruchsgrundlage.[4] Mit der späteren Einführung des Formularprozesses in der späten Republik wurde die legis actio per condictionem unter die actiones in personam subsumiert.[5]

Eingesetzt wurde die Klage bei Fälligkeiten aus Stipulation und Ansprüchen aus Bereicherungsrecht. Zumeist waren Auslöser Streitfälle, die sich aus dem Kreditwesen ergaben, so die Forderung des Darlehensgebers auf Rückzahlung der Darlehensvaluta. Eine dreißigtägige Frist sollte Raum verschaffen, den Fall gütlich zu erledigen, bevor im Anschluss mittels der actio certae creditae pecuniae zu verhandeln war. Hierzu wurde rechtzeitig beim Prätor ein Termin vereinbart, an dem der Richter (iudex) den Streitfall verhandeln sollte. Unterlag der Beklagte im Folgeprozess, drohte ihm nach Ablauf einer weiteren dreißigtägigen Frist die Verhaftung nach der legis actio per manus iniectionem.

Juristische Quelle

Gaius: Institutiones 4, 17–20.

Literatur

Einzelnachweise

  1. So Sigmund Wilhelm Zimmern: Geschichte des römischen Privatrechts bis Justinian. Band III: Der römische Civilprozeß in geschichtlicher Entwicklung bis auf Justinian. Heidelberg 1829. S. 120 f.; andere Auffassung, dass ein Magistrat in diesem Verfahrensschritt nicht eingebunden sei: Rudolf von Jhering: Der Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Zweiter Theil. Erste Abtheilung, 1854. S. 889 f.
  2. Gaius, Institutionen IV 17 f.
  3. Jan Dirk Harke: Römisches Recht. Von der klassischen Zeit bis zu den modernen Kodifikationen. Beck, München 2008, ISBN 978-3-406-57405-4 (Grundrisse des Rechts), § 4 Rnr. 24.
  4. Herbert Hausmaninger, Walter Selb: Römisches Privatrecht, Böhlau, Wien 1981 (9. Aufl. 2001) (Böhlau-Studien-Bücher) ISBN 3-205-07171-9, S. 372.
  5. Gaius, Institutionen IV 5; Ulpian, Digesten XLIV 7, 25 c.