Le cinesi (Gluck)

Werkdaten
Titel:Die Chinesinnen
Originaltitel:Le cinesi

Aufführung in der Piccola Scala, Mailand 1973

Form:Azione teatrale in einem Akt
Originalsprache:Italienisch
Musik:Christoph Willibald Gluck
Libretto:Pietro Metastasio
Uraufführung:24. September 1754
Ort der Uraufführung:Schloss Hof
Spieldauer:ca. 1 Stunde[1]
Ort und Zeit der Handlung:In einer chinesischen Stadt, Gemächer der Lisinga
Personen
  • Lisinga, vornehme Chinesin und Schwester des Silango (Mezzosopran)
  • Sivene, Freundin der Lisinga und Geliebte Silangos (Sopran)
  • Tangia, Freundin der Lisinga (Mezzosopran)
  • Silango, junger Chinese, Bruder der Lisinga und Geliebter Sivenes, vor kurzem aus Europa zurückgekehrt (Tenor)

Le cinesi, GluckWV 1.17, zu deutsch Die Chinesinnen, ist eine Azione teatrale in einem Akt von Christoph Willibald Gluck. Das italienische Libretto stammt von dem Wiener Hofdichter Pietro Metastasio. Gluck schrieb diese Oper zum Anlass der Einladung Maria Theresias durch den Prinzen von Sachsen-Hildburghausen auf sein Landgut Schloss Hof, auf dem ein mehrtägiges Fest gefeiert wurde. Die Uraufführung fand dort am 24. September 1754 statt. Es ist eine spielerische ästhetische Diskussion im Gewande einer Chinoiserie, die das Trauerspiel, die Pastorale und die komische Oper vergleicht.

Handlung

Lisinga, Sivene und Tangia verbringen gelangweilt den Nachmittag zusammen in Lisingas Gemächern, ohne dass ihnen eine interessante Beschäftigung einfällt („E ben: stupide e mute par che siam divenute“).

Doch dann betritt Silango, Lisingas Bruder, der gerade aus Europa zurückgekehrt ist, das Zimmer der Mädchen und überschreitet damit ein chinesisches Verbot („Dirò, Ninfe, anchor io il parer mio, se non vi son malesto“).

Obwohl die Freundinnen ihn bitten, wieder zu gehen, zögert Silango, der in Sivene verliebt ist. Als die Mädchen sich versichert haben, dass Silango beim Kommen von niemandem gesehen wurde, beschließt Lisinga, dass er bis zum Einbrechen der Dunkelheit bleiben muss, um eine Entdeckung zu vermeiden („È miglior consiglio differir, che tu parta, infin che affatto s’oscuri il ciel“).

Die Zeit bis zum Abend wollen sie sich, auf Silangos Vorschlag hin, mit Theaterspielen vertreiben. Doch jeder möchte ein anderes Stück spielen:

Lisinga entscheidet sich für die griechische Tragödie und spielt Andromache mit ihrem Sohn („Questa d’Epiro è la real città. D’Ettore io sono la vedova fedele“).

Sivene und Silango, als Schäferin Licoris und Schäfer Tirsis, führen ein Pastorale auf („Qui al consiglio d’un fonte il crin s’infiora Licori pastorella semplice, quanto bella. Ha Tirsi al fianco“).

Tangia bemerkt verärgert, dass Silango in Sivene verliebt ist („Quel titolo di bella è assai frequente!“) und macht sich in der von ihr gewählten Komödie indirekt über den vor kurzem aus Europa zurückgekehrten Silango lustig („Il vago Tirsi accomodar vogl’io“).

Daraufhin entbrennt wieder Uneinigkeit darüber, wer nun am besten gespielt habe. Schließlich versucht Silango zu vermitteln und schlägt vor zu tanzen, da es beim Ballett kein Weinen, kein Gähnen und keine Kränkung gäbe („Concertate un balletto! Ognunne gode, ognuno se ne intende; non fa pianger, non secca e non offende“).

Das Stück schließt mit einem gemeinsamen Tanz der vier („Voli il piede in lieti giri“).

Libretto

Das gleichnamige Libretto von Pietro Metastasio wurde erstmals zur Karnevalsaison 1735 in einer Vertonung von Antonio Caldara in Wien aufgeführt.

Gestaltung

Orchester

Die Orchesterbesetzung der Oper besteht aus einer Flöte, zwei Oboen, ggf. ein Fagott, zwei Hörnern, Streichern und Cembalo.[2]

Musiknummern

Die Oper enthält die folgenden Musikstücke:[2]

  • Sinfonia
    • Allegro; für Violinen I/II, Viola, Violoncello, Bass; zwei Oboen, (Fagott); zwei Hörner; Cembalo
    • Andante; für Violinen I/II, Viola, Violoncello, Bass; Cembalo
    • Allegro molto; für Violinen I/II, Viola, Violoncello, Bass; zwei Oboen, (Fagott); zwei Hörner; Cembalo
  • Rezitativ (Lisinga, Sivene, Tangia, Silango): „E ben: stupide e mute“
  • Rezitativ (Lisinga): „Ferma, crudele, ferma!“ – für Violinen I/II, Viola, Violoncello, Bass; Cembalo
  • Arie (Lisinga): „Prenditi il figlio!“ – Allegro; für Violinen I/II, Viola, Violoncello, Bass; zwei Oboen, (Fagott); zwei Hörner; Cembalo
  • Rezitativ (Silango, Lisinga, Tangia, Sivene): „Ah, non finir sì presto“
  • Arie (Silango): „Son lungi e non mi brami“ – Andante; für Violinen I/II, Viola, Violoncello, Bass; Cembalo
  • Rezitativ (Silango, Tangia, Lisinga, Sivene): „Che vi par della scena?“
  • Arie (Sivene): „Non sperar, non lusingarti“ – Andante; für Violinen I/II, Viola, Violoncello, Bass; Cembalo
  • Rezitativ (Silango, Lisinga, Sivene, Tangia): „Che amabil pastorella!“
  • Arie (Tangia): „Ad un riso, ad un’ occhiata“ – Allegro – Adagio; für Violinen I/II, Viola, Violoncello, Bass; Flöte, (Fagott); zwei Hörner; Cembalo
  • Rezitativ (Tangia, Silango, Lisinga, Sivene): „Che ti sembra, Silango“
  • Quartett (Sivene, Tangia, Lisinga, Silango): „Voli il piede in lieti giri!“ – Andante; für Violinen I/II, Viola, Violoncello, Bass; zwei Oboen, (Fagott); zwei Hörner; Cembalo

Werkgeschichte

Gluck führt seine Oper „Le Cinesi“ vor Kaiser Karl im Lustsitz „Schlosshof“ vor (Liebigbild von 1914–1917)
Titelblatt des Librettos, Sankt Petersburg 1761

Bei der Uraufführung am 24. September 1754 im Schlosstheater von Schloss Hof sangen Vittoria Tesi (Lisinga), Joseph Frieberth (Silango), Katharina Starzer (Tangia) und Theresia Heinisch (Sivene). Das Bühnenbild stammte von Giovanni Maria Quaglio.[2]

1761 wurde das Werk im Teatro del Giardino della Corte in Sankt Petersburg gegeben.

Auch in neuerer Zeit gab es mehrere Aufführungen und CD-Veröffentlichungen:

  • 1963: Konzertante Aufführung in Rom. Orchestra della RAI di Roma, Leitung: Luciano Bettarini. Sänger: Genia Las (Lisinga), Renata Mattioli (Sivene), Rosina Cavicchioli (Tangia), Renato Ercolani (Silango).[3]
  • 1973: Aufführung an der Scala Mailand (Piccola Scala). Leitung: Giampiero Taverna. Sänger: Biancamaria Casoni (Lisinga), Carmen Lavani (Sivene), Lucia Valentini Terrani (Tangia), Carlo Gaifa (Silango).[4]
  • 1983/1989/1995: CD. Münchener Rundfunkorchester, Leitung: Lamberto Gardelli. Sänger: Alexandrina Milcheva-Nonova (Lisinga), Kaaren Erickson (Sivene), Marga Schiml (Tangia), Thomas Moser (Silango).[3][5]
  • 1985/1990: CD. Schola Cantorum Basiliensis, Leitung: René Jacobs. Sänger: Anne Sofie von Otter (Lisinga), Isabelle Poulenard (Sivene), Gloria Banditelli (Tangia), Guy de Mey (Silango).[3][6]
  • 1987: Video-Aufnahme aus Schwetzingen. Concerto Köln, Leitung: René Jacobs, Inszenierung: Herbert Wernicke. Sänger: Christina Högman (Lisinga), Sophie Boulin (Sivene), Eva Maria Tersson (Tangia), Kurt Streit (Silango).[3]
  • 2014: Aufführung im Garten der Kirche St. Lorenz in Berching. Opera Incognita, Leitung: Ernst Bartmann, Inszenierung: Andreas Wiedermann. Sänger: Yeonjin Choi (Lisinga), Namyoung Kim (Sivene), Minjung Yoon (Tangia), Sangkyu Lee (Silango).[7]
  • 2014: Aufführung in Schloss Hof. Cappella Istropolitana, Leitung: Gerhard Lessky. Sänger: Elsa Giannoulidou (Lisinga), Marelize Gerber (Sivene), Anna Manske (Tangia), Gernot Heinrich (Silango).[8]
  • 2010 bearbeitete der Komponist Karsten Gundermann das Werk und ergänzte sie um Intermezzi im Stil der Peking-Oper des 18. Jahrhunderts. Diese Fassung wurde bei den Musikfestspielen Potsdam Sanssouci und in Peking mit dem Ensemble L’Arte del mondo und der China National Peking Opera Company unter der Leitung von Werner Ehrhardt aufgeführt.[9]
  • 2017: Konzertante Aufführung im Palau de les Arts Reina Sofía in Valencia sowie Videostream auf Operavision. Orquestra de la Comunitat Valenciana, Leitung: Fabio Biondi. Sänger: Silvia Tro Santafé (Lisinga), Désirée Rancatore (Sivene), Ann Hallenberg (Tangia), Anicio Zorzi Giustiniani (Silango).[10]

Weblinks

Commons: Le cinesi – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Dauer der Aufnahmen von Fabio Biondi und René Jacobs.
  2. a b c Werkinformationen in der Gluck-Gesamtausgabe, abgerufen am 12. April 2023.
  3. a b c d Christoph Willibald Gluck. In: Andreas Ommer: Verzeichnis aller Operngesamtaufnahmen, Zeno.org, Band 20, S. 5485 ff.
  4. Contrasti ad „Amore e Psiche“. Corriere della Sera, März 1973.
  5. Christoph Willibald Gluck: Le Cinesi – Lamberto Gardelli. CD-Informationen bei Allmusic, abgerufen am 1. März 2015.
  6. Christoph Willibald Gluck: Le Cinesi – René Jacobs, Isabelle Poulenard. CD-Informationen bei Allmusic, abgerufen am 1. März 2015.
  7. Thomas Molke: Le Cinesi – Sieger ist der Tanz. Rezension im Online Musik Magazin, abgerufen am 1. März 2015.
  8. Le Cinesi in Schlosshof (Memento vom 2. April 2015 im Internet Archive) auf der Website der Internationalen Gluck-Gesellschaft, abgerufen am 1. März 2015.
  9. Website zur Aufführung von Karsten Gundermanns Bearbeitung der Oper (Memento vom 11. Oktober 2015 im Internet Archive), abgerufen am 1. März 2015.
  10. Informationen zur Aufnahme aus Valencia 2017 auf Operavision, abgerufen am 16. Mai 2023.

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3: Gluck führt seine Oper »Le Cinesi« vor Kaiser Karl im Lustsitz »Schlosshof« auf.
In Rom, damals der eigentlichen Heimat und Bildungsstätte seiner Kunst, entfaltete sich Gluck's Genius, und bald schuf er die Oper »Telemaco«, die seinen Ruhm immer weiter ausbreitete. Sein Wanderleben setzte er vorläufig fort, und so finden wir ihn 1754, nachdem er bis nach Stockholm gekommen war, wieder in Wien. Hier hatte ihn Feldmarschall Prinz Joseph Friedrich an den Hof des Kaisers gebracht. Auf dem Lustsitze des Prinzen »Schlosshof« wurde sein Festspiel »Le Cinesi« in Anwesenheit des kaiserlichen Hofes aufgeführt. Dieses Werk wurde später auch im Hoftheater gegeben und Gluck wurde als Kapellmeister mit 2000 Gulden Gehalt fest angestellt.
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Carmen Lavani in Le Cinesi
Christoph Willibald Gluck - Le cinesi - titlepage of the libretto - Saint Petersburg 1761.png
Christoph Willibald Gluck - Le cinesi - titlepage of the libretto - Saint Petersburg 1761