Le Journal

Le journal 1894, Gabriel van Dievoet

Le Journal war eine französische Tageszeitung, die zwischen 1892 und 1944 erschien. In seinen Anfangsjahren (bis 1911) war es eine literarische Zeitung mit republikanischer Tendenz. In der Vorkriegszeit war sie neben Le Petit Parisien, Le Matin und Le Petit Journal eine der vier größten französischen Tageszeitungen. Ihre nationalistische Ausrichtung wurde im Laufe der Jahre immer stärker, bis sie schließlich mit dem Ende des Vichy-Regimes im Jahr 1944 eingestellt wurde.

Geschichte

Literaturzeitschrift (1892–1911)

Fernand Xau (Nadar)

Le Journal wurde am 28. September 1892[1] von dem Journalisten Fernand Xau[2], einem ehemaligen Impresario von Buffalo Bill während der Frankreich-Tournee von Buffalo Bills Wild West Show, ins Leben gerufen. Sein Plan war es, eine „literarische Zeitung für einen Sou“ (5 Centimes) zu schaffen, die sich an kleine Händler, Lehrer, Arbeiter und Angestellte richtete.

Plakat zu Émile Zola

Xau umgab sich schnell mit großen Namen wie Octave Mirbeau, Maurice Barrès, Émile Zola, Léon Daudet, Jules Renard, Raoul Ponchon, Alphonse Allais und Georges Courteline; von 1895 bis 1897 schrieb auch Georges Clemenceau für die Zeitung.[3] Die Zeitung übernahm 1893 die illustrierte Wochenzeitung Le Journal pour tous, die im Dezember 1891 gegründet worden war und der Xau eine Beilage widmete (1906 eingestellt).[4] Das republikanisch orientierte Le Journal war ein großer Erfolg und erreichte Ende des 19. Jahrhunderts eine Auflage von 450.000 Exemplaren. Fernand Xau kaufte dann die Literaturzeitschrift Gil Blas, in der unter anderem Guy de Maupassant, Alfred de Musset und George Sand veröffentlicht wurden.

Sportkolumnist ab 1892 war Rodolphe Darzens[5].[6] Eugène Letellier, ein belgischer Bauunternehmer, wurde ab 1900 gemeinsam mit seinem Bruder Léon, dem Verwalter, Kommanditist des Journal.[7] Nach Xaus Tod im Jahr 1899 wurde das Journal von Henri Letellier[8] geleitet, mit José-Maria de Heredia als literarischem Direktor.

Konservative Phase (1911–1925)

1911 änderte sich der redaktionelle Inhalt, als der Senator des Départements Meuse, Charles Humbert[9], zum politischen Direktor der Tageszeitung ernannt wurde. Er gab der Zeitung eine konservative und nationalistische politische Linie. Das Publikum folgte: Die Auflage des Journals erreichte eine Million Exemplare, wodurch es das Gewicht seines großen Rivalen, Le Matin, ausgleichen konnte. Am Vorabend des Ersten Weltkriegs war es neben Le Petit Parisien, Le Matin und Le Petit Journal eine der vier größten französischen Tageszeitungen.

Nach dem Ersten Weltkrieg bildeten sie zusammen mit L’Écho de Paris das Konsortium der fünf großen nationalen Tageszeitungen, das von der Agentur Havas[A 1] organisiert wurde, um das Eindringen von Konkurrenten zu verhindern, die versuchen würden, zu einem niedrigeren Preis zu veröffentlichen. Havas sorgt dafür, dass der Großteil der Werbung unter ihnen aufgeteilt wurde.

Die konservative Ausrichtung der Zeitung wurde durch die Übernahme der politischen Führung durch François-Ignace Mouthon[10], einen katholischen Journalisten und Antisemiten, noch verstärkt. Dann erschütterte ein Skandal den Ruf der Tageszeitung: Einer ihrer Aktionäre, Pierre Lenoir, wurde der Spionage überführt und am 24. Oktober 1919 erschossen.[11] Der Fall stand auch im Zusammenhang mit der Bolo-Pascha-Affäre der Zeitung Le Bonnet rouge. Die Auflage der Zeitung sank daraufhin um die Hälfte.

Trotz eines neuen Formats, in dem der Schwerpunkt auf Reportagen und Umfragen lag, gelang es dem Journal nicht, wieder erfolgreich zu sein. Im Januar 1925 wurde die Zeitung schließlich an eine Investorengruppe verkauft, die aus dem Direktor des Kasinos von Deauville, der Agentur Havas und der Bank von Paris und den Niederlanden bestand.

Auf dem Weg zum Faschismus (1925–1944)

Plakat von Poulbot

Nach und nach übernahm ein neues Team die Leitung der Redaktion und 1929 kaufte Le Journal die Tageszeitung L’Écho des sports. Neben Feuilletons wie denen von Maurice Leblanc und Gaston Leroux veröffentlichten die Seiten Texte berühmter Schriftsteller wie Blaise Cendrars oder Colette, die bis 1938 eine wöchentliche Kolumne schrieb. Der Reporter Géo London[12] war in dieser Zeit als Gerichtsreporter tätig.

Die politische Linie der Zeitung blieb rechts verankert. In den 1930er Jahren wurde sie antikommunistisch und befürwortete ein Bündnis mit dem faschistischen Italien. Im Mai 1937 veröffentlichte sie ein Interview mit Adolf Hitler, das von Abel Bonnard geführt wurde, und begeisterte sich für das Nazi-Regime.[13][14][A 2] Bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs ging Le Journal zunächst nach Limoges, dann nach Marseille und schließlich nach Lyon ins Exil. Es wurde 1944 ausgesetzt, bevor es im selben Jahr sein Erscheinen endgültig einstellte.[15] Sie wurde zusammen mit allen anderen Zeitungen, die während der Besatzungszeit rechtmäßig weiter erschienen waren, mit Ausnahme von Le Figaro, eingestellt. Ein Teil des Archivs wurde der Tageszeitung L’Aurore[16] zugeschlagen.

Mitarbeiter

Mitarbeiter des Journal

Eine Aufstellung der Mitarbeiter findet sich in der frankophonen Wikipédia in der Catégorie:Collaborateur du Journal.

Literatur

  • Christine Nougaret: Les sources d’archives relatives aux journaux et aux journalistes dans les fonds d’Archives privées. (gouv.fr [PDF]).
  • Claude Bellanger: Histoire générale de la presse française (3). Presses universitaires de France, 1969 (google.de).
Commons: Le Journal – Sammlung von Bildern

Anmerkungen

  1. Die Agence Havas (so in der frankophonen Wikipédiua abrufbar) war die erste Nachrichtenagentur der Welt.
  2. In der Gesamtsausgabe der Zeitung auf Gallica (siehe Weblink) finden sich in dieser Zeit mehrere Artikel, die Bonnard nach Treffen mit Hitler geschrieben hat, aber kein Interview im Wortsinn.

Einzelnachweise

  1. Le Journal vom 28. September 1892 auf Gallica
  2. XAU Fernand Arthur Pierre. In: La France savante. Abgerufen am 16. Februar 2025 (französisch).
  3. Le Journal vom 1. April 1896 auf Gallica
  4. Angaben zu Le Journal pour tous in der Datenbank der Bibliothèque nationale de France.
  5. Angaben zu Rodolphe Darzens in der Datenbank der Bibliothèque nationale de France.
  6. Le Journal vom 29. Oktober 18192 mit Beiträgen Rodolphe Darzens’. auf Gallica
  7. Léon Daudet: Souvenirs des milieux littéraires, politiques, artistiques et médicaux. SHS Éditions, 2023, ISBN 979-1-04191841-6 (s:fr:Souvenirs des milieux littéraires, politiques, artistiques et médicaux/L’Entre-deux-guerres/Chapitre IV).
  8. Angaben zu Henri Letellier in der Datenbank der Bibliothèque nationale de France.
  9. Charles Humbert. In: Assemblée nationale. Abgerufen am 16. Februar 2025 (französisch).
  10. Angaben zu François-Ignace Mouthon in der Datenbank der Bibliothèque nationale de France.
  11. Pierre Lenoir et l’affaire du « Journal ». In: Histothèque Jean-Vitel. Abgerufen am 16. Februar 2025 (französisch).
  12. Angaben zu Géo London in der Datenbank der Bibliothèque nationale de France.
  13. Dominique Pinsolle: L’art d’interviewer Adolf Hitler. In: Le monde diplomatique. Abgerufen am 16. Februar 2025 (französisch).
  14. Martyn Cornick, Martin Hurcombe, Angela Kershaw: French Political Travel Writing in the Interwar Years: Radical Departures. Taylor & Francis, 2017, ISBN 978-1-135-10871-7 (google.de [abgerufen am 31. Oktober 2020]).
  15. Le Journal vom 31. Mai 1944 auf Gallica
  16. Angaben zu L’Aurore in der Datenbank der Bibliothèque nationale de France.

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Affiche publicitaire de Poulbot pour la publication en feuilleton dans Le Journal du roman de Maurice Leblanc, 813.
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Fernand Xau (1852–1899), director of Le Journal : [photographie, tirage de démonstration] / [Atelier Nadar].
Collaborateurs du Journal (Le Journal, 1894-05).jpg
Principaux collaborateurs du Journal
1894, Gabriel van Dievoet, projet page LE JOURNAL.JPG
Projet aquarellé de couverture pour Le Journal, Supplément, 1894