Lavinia Fontana

Selbstporträt von Lavinia Fontana

Lavinia Fontana (* 24. August 1552 in Bologna; † 11. August 1614 in Rom) war eine italienische Malerin des Manierismus. Sie ist insbesondere für ihre Porträts und historischen Darstellungen sowie religiöse Motive bekannt. Heute gilt sie als Vorreiterin und Ausnahmekünstlerin der weiblichen Kunstgeschichte, die für damalige Verhältnisse einen sehr modernen Lebensstil pflegte und als erste Malerin eine Frau nackt darstellte.[1]

Leben

Lavinia war die Tochter des Malers von Altarbildern und Bürgerporträts Prospero Fontana (1512–1597) und seiner Frau Antonia de Bonardi. Im Atelier des Vaters, der zuvor in Rom und Florenz gearbeitet hatte, wurde sie von ihm künstlerisch ausgebildet. Mangels männlicher Erben in der Familie sollte sie den Betrieb des Vaters weiterführen. Ihre gründliche und liberale Ausbildung stellte sie den ersten akademisch ausgebildeten Malern gleich.

In ihrem ersten Selbstbildnis (1577), das sie laut Signatur nach ihrem Spiegelbild malte, bezieht sie sich auf ein Porträt Sofonisba Anguissolas, ihres großen Vorbilds. Die Darstellung als Spinettspielerin demonstriert ihre vorbildliche höfische Erziehung, das im Hintergrund abgebildete Atelier verweist auf die Kunst. Das Bild war für ihren zukünftigen Schwiegervater, einen vermögenden Kaufmann aus Imola, bestimmt. Fontana studierte anschließend wohl bei dem niederländischen Maler Denys Calvaert, der ebenfalls bei ihrem Vater gelernt hatte.

Minerva kleidet sich an (1613)

Vor allem ihre Porträts und historischen Darstellungen wurden allgemein bekannt. In den 1570er Jahren galt Fontana als eine der bedeutendsten Porträtmalerinnen Bolognas. Ihr akkurater Stil entsprach dem Geschmack des Adels, modisch beeinflusst zeigte er die meist reich verzierte Bekleidung und zeigt eher unnahbar betont vornehme Personen.

Lavinia heiratete 1577 den Maler Gian Paolo Zappi[2] (oder: Paolo Fappi). Das Paar bekam insgesamt elf Kinder, von denen allerdings nur drei das Kleinkindalter überlebten. Ihr Mann, ebenfalls künstlerisch ausgebildet, verzichtete auf eine eigene Karriere, da seine Frau talentierter und erfolgreicher war. Er unterstützte sie, indem er die Hausarbeit übernahm und ihr in der Werkstatt half.[1] Er soll auch kleine Arbeiten an ihren Gemälden, unter anderem an den Gewändern, ausgeführt haben

Durch Papst Gregor XIII., der ebenfalls aus Bologna stammte, erfuhr sie in der ersten Phase ihrer Karriere Unterstützung. Zu ihren besten Werken zählt das Bildnis ihres Gönners (1580). Diese Arbeit ermöglichte ihr dauerhafte Verbindungen zu kirchlichen Auftraggebern. Sie erhielt für ihre Einzel- oder Gruppenporträts großzügige Honorare wie später ein van Dyck. Mit einer ihrer größten Aufträge dürfte das Gruppenporträt der Familie Gozzadini im Format von zwei mal zwei Metern gewesen sein. Lavinia Fontana malte Porträts von Mitgliedern der einflussreichen Gesellschaft von Bologna,[3] Gruppenporträts, aber auch religiöse Motive und ab den 1580er Jahren auch großformatige Altarbilder. 1589 beauftragte sie der spanische König mit dem Gemälde Heilige Familie für den kurz zuvor fertiggestellten Escorial.

Lavinia zog 1603 mit ihrer Familie auf Einladung des Papstes Papst Clemens VII. nach Rom und es folgten weitere Aufträge für Altargemälde wie private Historienbilder. Zu Ehren ihres 60. Geburtstags ließen die Künstler Roms 1611 für Lavinia eine Medaille prägen, die auf der einen Seite eine Standesdame mit Haube und auf der anderen eine antike Frauengestalt mit wild aufgelösten Haaren vor einer Staffelei als Sinnbild für Kreativität zeigt.[4]

Ungewöhnlich für eine Frau der damaligen Zeit wagte sie sich auch an Aktmalerei. Ihr Bild Minerva kleidet sich an von 1613, das sie im Auftrag von Kardinal Scipione Borghese anfertigte, ist zugleich ihr letztes bekanntes Gemälde. Das Gemälde gilt als der erste von einer Frau gemalte Akt. Da es Frauen aus Schicklichkeitsgründen nicht gestattet war, ein lebendes Modell zu nutzen, nutzte sie antike Skulpturen als Vorbild für ihre Arbeit.[1]

Lavinia war sehr erfolgreich, gewählt in die Akademie Roms, und zählte zu den besten Malpersönlichkeiten ihrer Zeit. Es gibt mehr als 100 Werke, die von frühen Quellen dokumentiert werden, aber nur 32 sind signiert. Weitere 25 erhaltene Werke werden ihr zugeschrieben, was ihr Schaffen zum umfangreichsten einer Malerin vor dem 17. Jahrhundert macht.

Werke

Unvollständige Aufzählung:

Literatur

  • Whitney Chadwick: Women, Art, and Society. Thames and Hudson, London 1990, ISBN 978-0500181942, S. 93.
  • Leticia Ruiz Gómez (Hrsg.): A tale of two women painters. Sofonisba Anguissola and Lavinia Fontana. Museo Nacional del Prado, Madrid 2019, ISBN 978-84-8480-537-3.
  • Caroline P. Murphy: Lavinia Fontana. A Painter and Her Patrons in Sixteenth-Century Bologna. Yale University Press, New Haven 2003, ISBN 0-300-09913-4.
  • Ulrike Müller Hofstede: Lavinia Fontana (1552–1614). In: Irmgard Osols-Wehden (Hrsg.): Frauen der italienischen Renaissance. Dichterinnen, Malerinnen, Mäzeninnen. Primus, Darmstadt 1999, ISBN 978-3896781154, S. 163–177.
Populärwissenschaftlich
  • Christiane Weidemann, Petra Larass, Melanie Klier: 50 Künstlerinnen, die man kennen sollte. Prestel, München 2008, ISBN 978-3-7913-3957-3, S. 18–19.
  • Christina Haberlik, Ira Diana Mazzoni: 50 Klassiker – Künstlerinnen, Malerinnen, Bildhauerinnen und Photographinnen. Gerstenberg, Hildesheim 2002, ISBN 978-3-8067-2532-2, S. 15–20.
  • Debra N. Mancoff: Frauen, die die Kunst veränderten. Prestel, München 2012, ISBN 978-3791347325, S. 8–9, 12, 66–67.

Anmerkungen

  1. a b c Kulturpolitik. Mit Trotz, Talent und Pinsel Der Standard, aufgerufen am 14. Oktober 2021
  2. Encyclopedia Britannica.
  3. Fontana im National Museum of Women in the Arts; Fontana im Metropolitan Museum of Art.
  4. Haberlik u. a.: 50 Klassiker – Künstlerinnen, Malerinnen, Bildhauerinnen und Photographinnen. Gerstenberg, Hildesheim 2002, ISBN 978-3-8067-2532-2, S. 16.
  5. Katalog der Uffizien.
  6. Minverva Dressing by Fontana Lavinia (engl.) Galleria Borghese, aufgerufen am 21. Oktober 2021
  7. The Visit of the Queen of Sheba to King Solomon by Lavinia Fontana (1552-1614) National Gallery of Ireland, aufgerufen am 21. Oktober 2021 (engl.)

Weblinks

Commons: Paintings by Lavinia Fontana – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Auf dieser Seite verwendete Medien

Lavinia Fontana, La famiglia Gozzadini, 1583.jpg
Autor/Urheber: Mongolo1984, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Dieses Bild zeigt ein Denkmal, das zum Kulturerbe Italiens gehört. Dieses Denkmal nimmt am Wettbewerb Wiki Loves Monuments Italia 2019 teil.
Visit of the Queen of Sheba to Solomon by L. Fontana (c. 1600, NGI).jpg

In this, one of her most ambitious portraits, Vincenzo I Gonzaga and his wife Eleonora de’ Medici are depicted in the guise of King Solomon and the Queen of Sheba. This Old Testament story was chosen because the Gonzaga family of Mantua claimed ancient connections with the Queen of Sheba.

This painting was apparently inspired by an actual event that occurred in 1600, when the Dukes of Mantua passed through Bologna on their way to attend the wedding of their relative Maria de’ Medici who was marrying Henry IV of France.
Bianca degli Utili Maselli and six of her children, by Lavinia Fontana.jpg
Bianca degli Utili Maselli, holding a dog and surrounded by six of her children
  • oil on canvas
  • 99 x 133.5 cm.
  • inscribed t.: NOBILIS FAMILIA DE MASELLIS ROMANA
  • inscribed c.l.: VERGINIA