Laternelaufen
Laternelaufen ist ein herbstlicher Brauch, bei dem Kinder nach Einbruch der Dunkelheit singend mit Martinslaternen (leuchtende Lampions, die an Stäben hängen oder auf Stäben getragen werden) von Haus zu Haus ziehen oder an einem Laternenumzug durch die Straßen teilnehmen. Regional finden sich meist unterschiedliche Varianten, in allen Varianten werden bei den Umzügen Lieder wie Ich geh’ mit meiner Laterne gesungen. Die Umzüge reichen von kleinen Gruppen eines Kindergartens oder größeren Umzügen von Grundschulen bis zu den von Vereinen oder anderen Einrichtungen organisierten Laternenzügen. Häufig werden die Umzüge von einem Spielmannszug oder einer Musikkapelle begleitet, zu deren Spiel die Kinder ihre Lieder singen. Die Laternen werden oftmals von den Kindern (meist mit Hilfe der Eltern oder der Betreuungspersonen aus Kindergarten oder Schule) aus Karton und farbigem Transparentpapier gebastelt. Auch fertige Lampions aus dem Handel können verwendet werden. Während die Martinslaternen früher häufig mit einer Kerze erleuchtet wurden, sind sie mittlerweile häufig mit einer elektrischen Lampe ausgestattet.
In evangelisch geprägten Regionen wird das Martinisingen zum Geburtstag des Reformators Martin Luther am 10. November gefeiert.[1] Vor allem in katholisch geprägten Regionen gibt es Sankt-Martins-Umzüge (kurz: Martinszug) mit Laternen am Gedenktag des heiligen Martin von Tours. Es findet meist in direktem Zusammenhang mit dem Brauchtum um den Martinstag am 11. November statt. In Köln etwa finden an Kindertagesstätten und Schulen jährlich über 70 Martinszüge statt.[2] Teils werden die Züge mit einem dargestellten Martin auf einem Pferd begleitet und mit einem Martinsfeuer und/oder einem Martinsspiel (das die Geschichte von St. Martin nachspielt) bzw. dem Vorlesen der Martinsgeschichte abgeschlossen. Häufig erhalten die Kinder zum Abschluss auch einen Weckmann. In manchen Regionen ziehen die Kinder nach dem Ende des Umzugs oder an einem anderen Tag auch noch mit ihren Martinslaternen zum Martinssingen von Tür zu Tür.
Im alemannischen Raum ist zudem der Brauch der Räbenlichter verbreitet.
Laternenlieder
In einigen beim Laternelaufen heute gesungenen Liedern ist der Ursprung aus dem Brauchtum des Martinitags noch erkennbar, so im mundartlichen Matten für Martin. Eindeutige den heiligen Bischof Martin von Tours betreffende Lieder finden sich im Artikel Martinssingen,[3] auf Martin Luther bezogene im Artikel Martinisingen.
Von Rolf Zuckowski gibt es ein Lied „Kommt, wir wolln Laterne laufen“.
Überregional
Ich geh’ mit meiner Laterne
Ich geh’ mit meiner Laterne
und meine Laterne mit mir.
Da oben leuchten die Sterne
und unten da leuchten wir.
Laternenlicht,
verlösch mir nicht!
rabimmel, rabammel, rabum.
(auch: labimmel, labammel, labum)
Ich geh’ mit meiner Laterne
und meine Laterne mit mir.
Da oben leuchten die Sterne
und unten da leuchten wir.
Mein Licht ist aus,
ich geh’ nach Haus.
rabimmel, rabammel, rabum.[4]
Laterne, Laterne
Laterne, Laterne,
Sonne, Mond und Sterne,
brenne auf mein Licht,
brenne auf mein Licht,
aber nur meine liebe Laterne nicht.
Laterne, Laterne,
Sonne, Mond und Sterne.
DVA A 59 488 (um 1875) und A 95 675 (um 1877)[5]
Hier wohnt ein reicher Mann
Hier wohnt ein reicher Mann,
Der uns vieles geben kann.
Viel soll er geben,
Lange soll er leben.
Selig soll er sterben,
Das Himmelreich erwerben.
(Laß uns nicht so lange, lange stehn,
Denn wir wollen weitergehn,
Weitergehn, weitergehn.)
(Wenn die Gaben ausbleiben, wird gesungen:)
Dat Hus, dat steht op eene Penn,
de Gizzhals de sitzt medde drenn!
(Gerufen:)
Gizzhals! - Gizzhals! - Gizzhals!
Aus Barmen[6] und Baumberg[7]
Rheinland
Loop, Möller, Loop |
Altmark
Lied 1
Ich bin ein armer König
gib mir nicht zu wenig,
lass mich nicht zu lange stehen,
denn ich muss noch weitergehen
bis zu Nachbarstüre,
da gibt es Äpfel und Birnen,
Äpfel und Birnen schmecken gut,
die steck ich mir in den Zuckerhut.
Lied 2
Martins, Martins Fechelchen
mit Siebenfach goldenen Löffelchen,
gib uns was und lass uns gehen,
bis zu Nachbarstüre,
Nachbarstüre ist nicht weit,
Apfel und Birnen sind auch schon reif,
Ach du lieber König,
gib uns nicht zu wenig,
lass uns nicht zu lange stehen,
denn wir wollen noch weiter gehen.
Niedersachsen
Beern, plattdeutsch für Birnen, wurde im hochdeutschen Sprachgebrauch zu Beeren uminterpretiert.
Plattdeutsch
Matten Matten Meeren,
Appel und nen Hering
Junge Fru, junge Fru,
lot mi net zu lange stohn
ik muss noch ganz nach Kölle gohn -
Kölle ist ne große Stadt
da geben alle Lühe wat
Mi wat, di wat, allen lütschen Kinnern wat.
Mi uk, mi uk, mi uk.
Matten Matten Herrn
Matten Matten Herrn,
die Äppel und die Beern,
die ess ich ja so gern.
Lasst uns nicht so lange steh’n,
denn wir woll'n noch weiter gehn
nach Bremen, nach Bremen,
Bremen ist 'ne schöne Stadt
da geben alle Leute was.
Speck und Schinken,
und noch was zu trinken,
und ein Gläschen Wein,
dann geh'n wir wieder heim.
Mündlich überliefert aus Celle, ca. 1970
Matten Matten Meeren
Matten Matten Meeren,
die Äpfel und die Beeren.
Lasst uns nicht so lange steh’n,
wir wollen noch nach Bremen geh’n -
Bremen ist 'ne große Stadt
da geben alle Leute was.
Den Großen und den Kleinen,
sonst fangen sie an zu weinen.
Matten Matten Meeren,
die Äpfel und die Beeren,
die essen wir so gern.
Lasst uns nicht so lange steh’n,
auf den kalten Steinen,
denn wir wollen noch weiter geh’n -
nach Bremen – nach Bremen
Denn Bremen ist ne große Stadt
da kriegen alle Kinder was.
Niederdeutsch
Mien lüttje Lateern
Mien lüttje Lateern,
ik hebb di so geern.
Du danzt dör de Straten,
du kannst dat neet laten,
ik mutt mit di lopen,
mutt singen un ropen:
Mien lüttje Lateern,
ik hebb di so geern.
Mien lüttje Lateern,
ik hebb di so geern.
Du, Wind, laat dat Susen
Kruup achter de Husen,
kruup achter de Dieken,
vandaag musst du wieken.
Mien lüttje Lateern,
ik hebb di so geern.
Mien lüttje Lateern,
du gleihst as en Stern
dor tinkelt kien Mantje,
dor kreiht uns kien Hantje,
danz wieder danz wieder
ick sing immer blieder
Mien lüttje Lateern,
ik hebb di so geern.
Siehe auch
- Nikolauslaufen (Bremer Brauch)
- Kilbesingen
- Halloween
- Glowesabend (Klobesabend), Raum Kassel
- Ökumenischer St.-Martins-Zug in Flensburg (10. November 2013)
- St.-Martins-Zug in der Flensburger Innenstadt 2013 mit musikalischer Begleitung durch die Stadtbläser der Stadt
- Darsteller des heiligen Martin mit Pferd (Flensburg 2013)
- Martinszug in Duisburg-Mündelheim 2007
Literatur
- Gerlinde Haid: Laternenlied. In: Oesterreichisches Musiklexikon. Online-Ausgabe, Wien 2002 ff., ISBN 3-7001-3077-5; Druckausgabe: Band 3, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2004, ISBN 3-7001-3045-7.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Sünnermarten, ostfriesland.de, abgerufen am 14. Oktober 2016
- ↑ Martinszüge in Köln-Mülheim | koeln.de. Abgerufen am 10. November 2024.
- ↑ Martinslieder bei liederkiste.com
- ↑ Tobias Widmaier: Ich geh mit meiner Laterne (2007). In: Populäre und traditionelle Lieder. Historisch-kritisches Liederlexikon
- ↑ Ingeborg Weber-Kellermann: Das Buch der Kinderlieder. Schott, Mainz 2010, ISBN 978-3-254-08370-8, S. 146.
- ↑ Karl Simrock, Heinrich Düntzer: Martinslieder. Marcus, Bonn 1846, S. 35 (Digitalisat in der Google-Buchsuche).
- ↑ Gripsch-Lied. Martins-Komitee 1909 Baumberg e. V., archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 16. Oktober 2015; abgerufen am 11. November 2015.
Auf dieser Seite verwendete Medien
St. Martinszug in Duisburg-Mündelheim
© Superbass / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)
St. Martinszug in Köln-Neuehrenfeld am 10.11.2017
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Ökumenischer St. Martinszug in Flensburg 2013, Route kath Kirche, zur DIAKO-Kirche, an Heiliggeistkirche vorbei, zur ev St. Marienkirche, Bild 025
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Ökumenischer St. Martinszug in Flensburg 2013, Route kath Kirche, zur DIAKO-Kirche, an Heiliggeistkirche vorbei, zur ev St. Marienkirche, Bild 020; Musikalische Begleitung durch die Stadtbläser Flensburgs