Landschaft (Preußen)

Als Landschaften (eigentlich „Landschaftliche Kreditinstitute“) bezeichnet man die seit dem 18. Jahrhundert in den preußischen Provinzen (außer der Rheinprovinz) gegründeten ritterschaftlichen Pfandbriefanstalten.

Hintergründe

Bei diesen handelte es sich um Immobilienkreditanstalten für den adeligen Grundbesitz. Der ökonomische Hintergrund war die hohe Verschuldung der Güter. Dabei spielten nicht zuletzt auch die Auswirkungen der Kriege des 18. Jahrhunderts unter Friedrich dem Großen eine Rolle. Es war zwar möglich Hypotheken aufzunehmen, aber für diese mussten hohe Zinsen gezahlt werden. Man hoffte von Seiten des Staates durch einen Zusammenschluss auf ständischer Ebene die Kreditwünsche leichter und günstiger gestalten zu können. Dabei handelte es sich zumindest anfangs nicht um freiwillige Einrichtungen, sondern um Zwangsgenossenschaften. Eine Ausnahme war die Landschaft der Provinz Brandenburg, ein freiwilliger Zusammenschluss.

Organisation und Funktionsweise

Organisiert waren die Landschaften als Pfandbriefsystem. Die Landschaft stellte einem um Kredit nachsuchenden Mitglied unbefristet geltende Pfandbriefe für sein Gut aus. Die Höhe richtete sich nach dem Wert des Gutes.

Diese wurde dann an Anleger oft wohlhabende Kaufleute und zunehmend an private Banken verkauft. Der Verkauf konnte sowohl von Seiten der Landschaft wie von Seiten des Gutsbesitzers erfolgen. Der Käufer konnte die Anteile weiterverkaufen und mit ihnen handeln. Gegenüber dem Kreditgeber haftete nicht der Gutsbesitzer, sondern die Landschaft für das Anlagekapital und die entsprechenden Zinsen. Dagegen hatte die Landschaft gegenüber dem kreditnehmenden Gutsbesitzer notfalls das Recht die Güter in Zwangsverwaltung zu nehmen oder sogar der Zwangsversteigerung zuzuführen.

Im Einzelnen gab es in den verschiedenen Landschaften von Anfang an unterschiedliche Satzungen, die sich im 19. Jahrhundert weiter differenzierten. Letztlich stimmten die Landschaften daher nur in ihren Grundprinzipien weitgehend überein.

Die Landschaften standen unter Aufsicht des Staates, waren aber unabhängig und haben sich selbst verwaltet. Innerhalb einer Provinz waren die Landschaften gegliedert in Ritterschaftskollegien. In der Kur- und Neumark etwa bestanden davon fünf: Altmark, Prignitz, Mittelmark, Uckermark und Neumark.[1] Diese unterstanden der Hauptritterschaftsdirektion in Berlin. Anderswo stand an der Spitze die Generallandschaftsdirektion. Den adeligen Generallandschaftsdirektoren zugeordnet waren juristisch gebildete Syndici. Deren Spitzenkräfte wurden von den Mitgliedern der Landschaften gewählt und vom Seiten des Staates bestätigt. Daneben existierten verschiedene Gremien. Als Generallandtage etwa bezeichnete man etwa in Ostpreußen und anderen Landschaften die Vollversammlung der Mitglieder. Teilweise dienten diese Gremien auch als Ersatz für die nicht mehr einberufenen Landtage zumindest bis zur Schaffung der Provinziallandtage.

Folgen und Bedeutung

Die Gründung der Landschaften hatte unterschiedliche Folgen. Sie stellten nach der finanziellen Krise infolge des Siebenjährigen Krieges, die Kreditwürdigkeit der Gutsbesitzer wieder her. Auf der anderen Seite führte die Leichtigkeit der Kreditbeschaffung dazu, dass sie Schulden der Güter weiter anstiegen. Für 1799 wurde geschätzt, dass die meist hypothekarische Verschuldung der Güter in der Kurmark bei der Hälfte ihres Wertes lag. In der Folge kam es zu Zwangsverkäufen und freiwilligen Verkäufen und insgesamt zu einer Mobilisierung des Grundbesitzes.

Neben den Staatsanleihen wurden die Pfandbriefe zeitweise zur wichtigsten Anlageform für privates Kapital.

Die Bauern wurden vom System der Landschaften ausgeschlossen, da der Staat eine starke Verschuldung der Höfe verhindern wollte. Bereits früh wurde kritisiert, dass der Großgrundbesitz in Preußen durch dieses System begünstigt wurde, weil er leichter an Kredite kommen konnte, als die bäuerlichen Landbesitzer. Mit Hilfe der landschaftlichen Kredite konnten die Gutsbesitzer neuen Besitz erwerben, der wiederum beliehen werden konnte, um anschließend mit dem Kapital weiteres Land zu erwerben. Die Rittergutsbesitzer nutzten ihre eigene Kreditwürdigkeit und die Schwierigkeiten der Bauern dazu um günstig an bäuerliche Besitzungen zu kommen. Teilweise wurden die Bauern etwa in einigen Kreisen in Ostpreußen dabei fast völlig verdrängt, ehe nach 1849 landwirtschaftliche Rentenbanken entstanden.

Nach dem Vorbild der preußischen Landschaften entstanden Stadtschaften als öffentlich-rechtliche Kreditinstitute der Städte. Die älteste war der Württembergische Kreditverein von 1825 in dem städtische Hauseigentümer und ländliche Grundbesitzer zusammengeschlossen waren.

Acht preußische Landschaften schlossen sich 1873 zur Zentral-Landschaft für die Preußischen Staaten zusammen, die gemeinsame „zentrallandschaftliche“ Pfandbriefe herausgab.[2]

Einzelne Landschaften

LandschaftGründungAnmerkung
Schlesische Landschaft1770
Kur- und Neumärkisches Ritterschaftliches Kreditinstitut1777Das Institut wurde nicht Landschaft genannt, da es sich nicht um einen Zwangsverband handelte.[3]
Pommersche Landschaft1781Bis 1945; daneben bestand von 1871 bis 1934 die Neue Pommersche Landschaft für Kleingrundbesitz
Westpreußische Landschaft1787Neue Westpreußische Landschaft ab 1861
Ostpreußische Landschaft1788
Neuer Kreditverein für die Provinz Posen1857Posener Landschaft ab 1887
Landschaft der Provinz Sachsen1864
Landwirtschaftliches Kreditinstitut für die Ober- und Niederlausitz1865
Neues Brandenburgisches Kreditinstitut1869
Landschaft für die Provinz Westfalen1877In den 1980er Jahren umgewandelt in die WL Bank AG Westfälische Landschaft Bodenkreditbank, 2018 fusioniert zur DZ Hyp AG
Landschaftlicher Kreditverband für die Provinz Schleswig-Holstein1882Schleswig-Holsteinische Landschaft ab 1895
Märkische Landschaft1934Fusion des Kur- und Neumärkischen Ritterschaftlichen Kreditinstituts mit dem Neuen Brandenburgischen Kreditinstitut

[4]

Einzelnachweise

  1. vergl. zu Brandenburg: Rene Schiller: Vom Rittergut zum Großgrundbesitz. Ökonomische und soziale Transformationsprozesse der ländlichen Eliten in Brandenburg im 19. Jahrhundert. Berlin, 2003 S. 86f.
  2. Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 122–123. (Online).
  3. Leopold-Michael Marzi: Das Recht der Pfandbriefe und Hypothekenbanken in Vergangenheit und Gegenwart, Dissertation, Wien 2000, S. 13
  4. Christoph Barth: Der landwirtschaftliche Kredit im 19. Jahrhundert in Preußen und im Rheinland, 2003, Seite 26 Online

Literatur

  • Die Kredit- und Agrarpolitik der preußischen Landschaften. In: Max Weber: Max Weber-Gesamtausgabe. Band I/4,1: Landarbeiterfrage, Nationalstaat und Volkswirtschaftspolitik. Schriften und Reden 1892-1899. Tübingen, 1993 ISBN 978-3-16-145733-3 S. 327ff
  • Eckhard Wandel: Banken und Versicherungen im 19. und 20. Jahrhundert. Göttingen, 1998 ISBN 3-486-53691-5 S. 6
  • Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Bd.1: Vom Feudalismus des Alten Reiches bis zur defensiven Modernisierung der Reformära 1700-1815. München, 1989 ISBN 3-406-32261-1 S. 85
  • Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Bd.2: Von der Reformära bis zur industriellen und politischen deutschen Doppelrevolution 1815-1845/49. München, 1989 ISBN 3-406-32490-8 S. 39f.
  • Hartwig Jessen: Das landschaftliche Kreditwesen. Gabler, Wiesbaden 1962. (Neudruck 2013)