Landgericht Aachen

Nordfront (Erweiterungsbau von 1929 am Adalbertsteinweg)
Westfront (Altbau von 1889 an der Kongressstraße)
Eingangstor des Justizzentrums (2008)
Nachtbriefkasten des Justizzentrums Aachen (2008)

Das Landgericht Aachen ist ein Teil der ordentlichen Gerichtsbarkeit des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen. Ein Landgericht Aachen existiert allerdings unter diesem Namen schon seit 1820, nicht erst seit der Einführung des Gerichtsverfassungsgesetzes 1879.

Gerichtssitz und -bezirk

Das Landgericht (LG) hat seinen Sitz in Aachen; der Gerichtsbezirk umfasst die Städteregion Aachen, den Kreis Düren, den Kreis Heinsberg abzüglich der Städte Erkelenz, Hückelhoven und Wegberg sowie vom Kreis Euskirchen die Städte und Gemeinden Blankenheim, Dahlem, Hellenthal, Kall, Nettersheim und Schleiden.

Gerichtsgebäude

Das Landgericht Aachen ist im historischen Gerichtsgebäude an der Kongressstraße und einem Erweiterungsbau am Adalbertsteinweg 90 in Aachen untergebracht.

Bis 2008 wurde für 78 Mio. Euro ein Erweiterungsbau (Justizzentrum) errichtet, in dem seitdem auch das Amtsgericht Aachen, die Staatsanwaltschaft Aachen, das Arbeitsgericht Aachen, das Sozialgericht Aachen und das Verwaltungsgericht Aachen untergebracht sind. Dort versehen ca. 900 Justizbedienstete ihren Dienst. Der von der Architektin Gesine Weinmiller (Weinmiller Architekten Berlin) entworfene Erweiterungsbau besteht aus drei Gebäuden (zentraler Saalbau und zwei Bürotrakten) und einem angeschlossenen Parkhaus mit ca. 400 Stellplätzen.

Geschichte

Vorgeschichte

1794 eroberte das revolutionäre Frankreich die linksrheinischen Gebiete. Diese wurden am 4. November 1797 von Frankreich annektiert. Im Frieden von Campo Formio 1797 und final im Friede von Lunéville wurde diese Annexion von den Kriegsgegnern anerkannt. Frankreich führte in linksrheinischen Gebieten die französische Verwaltungs- und Gerichtsorganisation ein. Auf Ebene des Arrondissement Aachen wurde für Zivilrechtsfälle ein Tribunal 1. Instanz eingerichtet. Das Tribunal 1. Instanz war mit 7 Berufsrichtern, einem Kommissar, einem stellvertretenden Kommissar, einem Greffier (Gerichtsschreiber) und vier Ersatzrichtern besetzt. Für Strafrechtsfälle wurde auf Ebene des Département de la Roer ein Kriminalgericht mit Sitz in Aachen eingerichtet. Als erste Richter am Kriminalgericht fungierten Meller (Vorsitzender), Sybertz und Pellegrin (Richter), Calenberg und Zurhoven (stellv. Richter), Hanne (Regierungskommissar) und Leroy (Gerichtsschreiber). Gerichtssprache war an beiden Gerichten Französisch.[1]

Dem Tribunal 1. Instanz unterstanden folgende Friedensgerichte:

FriedensgerichtSitz
Friedensgericht AachenAachen
Friedensgericht BurtscheidBurtscheid
Friedensgericht DürenDüren
Friedensgericht EschweilerEschweiler
Friedensgericht FroitzheimFroitzheim
Friedensgericht GeilenkirchenGeilenkirchen
Friedensgericht GemündGemünd
Friedensgericht HeinsbergHeinsberg
Friedensgericht LinnichLinnich
Friedensgericht MontjoieMonschau
Friedensgericht SittardSittard

1814 wurde das linke Rheinufer von den Koalitionstruppen zurückerobert und fiel an das Königreich Preußen. Preußen übernahm die französische Justizorganisation, benannte aber das Tribunal 1. Instanz in Kreisgericht um. Übergeordnetes Gericht war der Appellationshof Köln. Daneben bestand in Aachen noch das Handelsgericht Aachen. Dem Kreisgericht Aachen unterstanden nun folgende Friedensgerichte:

FriedensgerichtSitzAnmerkungen
Friedensgericht AachenAachen
Friedensgericht BurtscheidBurtscheid
Friedensgericht DürenDüren
Friedensgericht EschweilerEschweiler
Friedensgericht FroitzheimFroitzheim
Friedensgericht GeilenkirchenGeilenkirchen
Friedensgericht GemündGemünd
Friedensgericht HeinsbergHeinsberg
Friedensgericht LinnichLinnich
Friedensgericht MontjoieMontjoie
Friedensgericht HerzogenrathHerzogenrath
Friedensgericht SittardSittard

Quelle siehe [2]

Landgericht der Rheinprovinz

Das Landgericht Aachen existiert unter diesem Namen seit 1820. In der damaligen preußischen Rheinprovinz galt die französische Gerichtsorganisation weiter. Der Appellationsgerichtshof Köln hatte dort die Funktion des Appellationsgerichtes. Die ihm untergeordneten Gerichte trugen nicht mehr die Bezeichnung Kreisgericht, sondern Landgericht. Dem Landgericht Aachen waren folgende Friedensgerichte als Gerichte erster Instanz untergeordnet:

FriedensgerichtSitz
Friedensgericht Aachen IAachen
Friedensgericht Aachen IIAachen
Friedensgericht AldenhovenAldenhoven
Friedensgericht BlankenheimBlankenheim
Friedensgericht BurtscheidBurtscheid
Friedensgericht DürenDüren
Friedensgericht ErkelenzErkelenz
Friedensgericht EschweilerEschweiler
Friedensgericht EupenEupen
Friedensgericht GeilenkirchenGeilenkirchen
Friedensgericht GemündGemünd
Friedensgericht HeinsbergHeinsberg
Friedensgericht JülichJülich
Friedensgericht MalmedyMalmedy
Friedensgericht MontjoieMontjoie
Friedensgericht NideggenNideggen
Friedensgericht Sankt VithSankt Vith
Friedensgericht WegbergWegberg

Quelle siehe[3]

Landgericht nach dem Gerichtsverfassungsgesetz 1879

Im Zuge der Reichsjustizgesetze nahm es 1879 das bis dahin in Aachen ansässige Handelsgericht auf, das fortan die im Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) vorgesehene Kammer für Handelssachen bildete. Die Friedensgerichte wurden aufgelöst und Amtsgerichte eingerichtet.

Bis zum Ersten Weltkrieg umfasste es die 16 Amtsgerichte zu Aachen, Aldenhoven (heute zu Jülich), Blankenheim (heute zu Gemünd), Düren, Erkelenz, Eschweiler, Eupen (heute zu Belgien), Geilenkirchen, Gemünd, Heinsberg, Jülich, Malmedy (heute zu Belgien), Montjoie (heute: Monschau), St. Vith (heute zu Belgien), Stolberg (heute zu Eschweiler) und Wegberg (heute zu Erkelenz).

Seit Juni 2022 wird das LG Aachen von dem Präsidenten Ulrich Thole geleitet.[4]

Über- und nachgeordnete Gerichte

Das dem Landgericht Aachen übergeordnete Gericht ist das Oberlandesgericht Köln; nachgeordnete Gerichte sind die Amtsgerichte in Aachen, Düren, Eschweiler, Heinsberg, Jülich, Monschau, Geilenkirchen und Schleiden.

Siehe auch

Weblinks

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Einzelnachweise

  1. Antonio Grilli: Die französische Justizorganisation am linken Rheinufer 1779–1803, 1997, ISBN 3-631-34089-3, insb. S. 205, 270
  2. Max Bär: Die Behördenverfassung der Rheinprovinz, 1919, Nachdruck 1965, S. 381 ff.
  3. H. A. Fecht: Die Gerichts-Verfassungen der deutschen Staaten, 1868, S. 175, online
  4. Dr. Ulrich Thole ist neuer Präsident des Landgerichts Aachen | Land.NRW. Abgerufen am 8. Oktober 2022.

Koordinaten: 50° 46′ 26″ N, 6° 6′ 12″ O

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Gerichtsgebäude Kongressstraße, Aachen
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Aachen, Landgericht Nordfront (zum Adalbertsteinweg) in Aachen, Nordrhein-Westfalen, Deutschland.
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