Landesversammlung (Lauenburg)

Die Landesversammlung war zwischen Frühjahr 1848 und 1853 das Parlament des Herzogtums Lauenburg mit Sitz in Ratzeburg.

Vorgeschichte

Im Herzogtum Lauenburg bestanden seit alter Zeit Landstände. Der wichtigste Zeitpunkt ihrer Formalisierung war eine Übereinkunft zwischen Herzog Franz II. und den Adligen und Städten des Herzogtums im Jahr 1585. Diese Ewige Union der Ritter- und Landschaft vom 16. Dezember 1585 bildete den formellen Rahmen der Mitwirkung der Stände in der Ritter- und Landschaft. Der Landesrezess vom 15. September 1702 bestätigte die Rechte der Ritter- und Landschaft.

Auch im Zeitalter des Absolutismus blieb die Ritter- und Landschaft erhalten, auch wenn ihre Bedeutung schrumpfte. Ein Grund war die Abwesenheit der Herzöge, die eine direkte Herrschaft unmöglich machte. Auch nachdem das Herzogtum 1815 an Dänemark gefallen war, bestätigte der dänische König erneut die traditionellen Rechte der Ritter- und Landschaft.

Märzrevolution

Die Märzrevolution 1848 erfasste auch das Herzogtum Lauenburg. Die Ritter- und Landschaft wurde zunächst um einige bürgerliche und bäuerliche Vertreter ergänzt um der Forderung nach „einer zeitgemäße Landesrepräsentation“ zu entsprechen. Durch eine provisorische Verfügung der Regierung vom 10. April 1848 waren hierzu die Ritter- und Landschaft durch sechs städtische und zwölf ländliche aus Wahlen der Bürger und ländlichen Grundbesitzer hervorgegangene Deputierte verstärkt worden, um für eine Übergangszeit über eine Volksvertretung zu verfügen. Das neue Gremium nannte sich nun Landesversammlung.

Mit dem Staatsgrundgesetz vom 14. Mai 1848 und dem darauf aufbauenden Wahlgesetz vom 8. März 1849 wurde die rechtliche Basis für die Wahl einer echten Volksvertretung, der Landesversammlung geschaffen. Die Zustimmung des Königs hierzu stand auch im Zusammenhang mit der gleichzeitig stattfindenden Schleswig-Holsteinischen Erhebung und der Tatsache, dass auch in Kopenhagen nach der dortigen Märzrevolution sich eine Märzregierung gebildet hatte.

Wahlrecht und Arbeitsweise des Parlamentes

Abschnitt IV. (Von der Landesversammlung) bzw. Art. 70 ff. der Verfassung regelte, dass die Landesversammlung aus 21 Abgeordneten bestehen sollte. Davon wurden 12 durch allgemeine Wahlen und 9 durch Wahlen der Grundeigentümer bestimmt. Von letzteren wurden 6 von den ländlichen und 3 von den städtischen Grundbesitzern gewählt werden. Es bestand kein direkter Zensus, aber ein Ausschluss von Besitzlosen („ohne eigenen Herd“) von der Wahl. Die Wahl fand öffentlich als mündliche Wahl statt.

Die Wahlperiode betrug drei Jahre. Die Landesversammlung tagte jährlich in einer Session ab dem 1. November. Der Herzog hatte das Recht, die Landesversammlung zu vertagen, zu schließen oder aufzulösen. Gegen den Willen der Versammlung war eine Auflösung einer ordentlichen Landesversammlung aber erst nach 14 Tagen möglich. Ein aus drei Personen bestehender ständiger Ausschuss gewährleistete während der Vertragung die ständige Arbeit.

Die Ergebnisse der Sitzungen wurden in dem Bericht über die Verhandlungen der Lauenburgischen Landesversammlung zu Ratzeburg publiziert.

Die Landesversammlung tagte im November 1849 in seiner ersten Session und vom 1. November 1850 bis zur Vertagung am 14. November 1850 in seiner zweiten.

In der Reaktionsära

Durch eine Verordnung vom 16. Januar 1850 wurde die Statthalterschaft ihrer Funktionen enthoben und die Tätigkeit der Landesversammlung und des permanenten Ausschusses beendet. Durch Verfügung vom 6. März 1850 wurden das Staatsgrundgesetz und das Wahlgesetz aufgehoben.

Am 14. Juni 1850 berief die Königliche Regierung eine Kommission aus sechs „achtbaren“ lauenburgischen Männern (Graf Ludwig Ferdinand von Kielmannsegg auf Gülzow, Amtmann Joachim Bernhard Susemihl, Gutsbesitzer Ottokar von Witzendorff auf Groß Zecher, Justizrat Friedrich Eduard Walter, den Möllner Senator Wilhelm Dahm und Gutsbesitzer Ernst Philipp Berckemeyer), die einen Entwurf für eine neue Verfassung (und Zusammensetzung des Parlamentes) vorlegen sollten.

Mit Verfügung vom 7. Februar 1852 wurde die vor dem Jahre 1848 bestandene Ritter- und Landschaft einberufen, um die erarbeiteten Entwürfe zu beraten. Das landesherrliche Patent vom 20. Dezember 1853 betreffend die innere Verfassung des Herzogtums Lauenburg schrieb den Sieg der Reaktion fest.

Die neue Ritter- und Landschaft sollte aus 5 Vertreten der Ritterschaft bestehen. Wahlberechtigt hierzu waren die Besitzer aller landtagsfähigen Güter. 5 Abgeordnete wurden durch die drei Städte, 5 Abgeordnete waren von sämtlichen Güterbesitzen zu wählenden kleine Gutsbesitzer. Diese wurden in vier Wahlbezirken gewählt: Wahldistrikt Ratzeburg, Schwarzenbek, Steinhorst und Lauenburg (2 Abgeordnete).

Der ständige Ausschuss hieß nun Landratskollegium und bestand nun aus dem Erblandmarschall und zwei von den Besitzern der landtagsfähigen Güter aus der Reihe der Abgeordneten der Ritterbank auf Lebenszeit gewählten Landräten.

Abgeordnete

TitelNameWahlbezirkWählergruppeAnmerkung
Gutsbesitzer, Groß ThurowErnst Philipp Berckemeyer0Ritter- und Landschaft vor März 1848
Gutsbesitzer, Gut BasthorstJoseph C. Baron von Brusselle0Ritter- und Landschaft vor März 1848
Gutsbesitzer, NiendorfWilhelm H. Metzener0Ritter- und Landschaft vor März 1848
Senator, Stadtsekretär, Advokat in LauenburgHermann C. Meyer0Ritter- und Landschaft vor März 1848ständiger Ausschuss[1]
Landrat, Gutsbesitzer, BliestorfAugust Louis Detlev von Schrader0Ritter- und Landschaft vor März 1848
Landrat, Gutsbesitzer, RondeshagenErnst Berthold von Schrader0Ritter- und Landschaft vor März 1848
Senator, Apotheker, MöllnFriedrich Heinrich Wagner0Ritter- und Landschaft vor März 1848
Gutsbesitzer, Groß SchenkenbergJohann Jacob Wentorp0Ritter- und Landschaft vor März 1848
Senator, Tischlermeister, RatzeburgHermann J. Wischer0Ritter- und Landschaft vor März 1848
SeilermeisterFriedrich AßmannMöllnZensus-Wahlen April/Mai 1848
Bauernvogt, Zollverwalter und Posthalter, BüchenHeinrich Friedrich Georg Berling6. LanddistriktZensus-Wahlen April/Mai 1848
AchtmannCarl DölleRatzeburgZensus-Wahlen April/Mai 1848
Bauernvogt, Hufner, KühsenJohann Jochen Ehlers1. LanddistriktZensus-Wahlen April/Mai 1848
Hufner, SterleyLudolph Frost2. LanddistriktZensus-Wahlen April/Mai 1848
Landschaftssekretär, Advokat, RatzeburgChristian Ludwig Ludolph Carl Hornbostel (Hornbostel II)RatzeburgZensus-Wahlen April/Mai 1848
Amtschreiber, Advokat, LauenburgFriedrich Leopold Hornbostel (Hornbostel I)LauenburgZensus-Wahlen April/Mai 1848
Hufner, BesenhorstJohann P.F. Knoop3. LanddistriktZensus-Wahlen April/Mai 1848
Bauernvogt, Hufner, KulpinJohann Heinrich C. Meyer2. LanddistriktZensus-Wahlen April/Mai 1848
Achtmann, Gastwirt, MöllnJ. Friedrich MichelsenMöllnZensus-Wahlen April/Mai 1848
Kaufmann, LauenburgAugust SchlüterLauenburgZensus-Wahlen April/Mai 1848
Hufner, BreitenfeldeHans Hinrich Schmaljohann1. LanddistriktZensus-Wahlen April/Mai 1848
Zollkontrolleur, BüchenAdolph Schmidt4. LanddistriktZensus-Wahlen April/Mai 1848
Kassierer auf dem Bahnhof BüchenE. Speckhahn6. LanddistriktZensus-Wahlen April/Mai 1848ständiger Ausschuss[2]
Bauernvogt, Hufner, DuvenseeJohann Stamer5. LanddistriktZensus-Wahlen April/Mai 1848
Bauernvogt, Hufner, SchönbergJohann Stamer5. LanddistriktZensus-Wahlen April/Mai 1848
Bauernvogtssohn, HohenhornJohann Heinrich Stamer3. LanddistriktZensus-Wahlen April/Mai 1848
Bauernvogt, Hufner, HamfeldeChristian Otto Werner4. LanddistriktZensus-Wahlen April/Mai 1848
RektorJulius Bärens8. WahldistriktAllg. Wahlen März/April 1848Schriftführer
Hofbesitzer, Fürstenhof, Groß GrönauRudolph von Gundlach4. WahldistriktAllg. Wahlen März/April 1848
Amtsauditor, SchwarzenbekAugust C. D. Hudemann10. WahldistriktAllg. Wahlen März/April 1848Schriftführer
Zollinspektor, LauenburgChristian Friedrich Adolph Maximilian Kielmann9. WahldistriktAllg. Wahlen März/April 1848Vizepräsident
Pastor adjunctus, SandesnebenAugust Kohrs5. WahldistriktAllg. Wahlen März/April 1848
Zolleinnehmer, Klein ThurowGeorg Albert August Lescow1. WahldistriktAllg. Wahlen März/April 1848
Amtmann von SteinhorstAlbrecht Ludwig Joachim Friedrich von Levetzow6. WahldistriktAllg. Wahlen März/April 1848Präsident, ständiger Ausschuss[3]
Lehrer, Groß KlinkradeJochen Meyer5. Wahldistrikt (Ersatzmann)Allg. Wahlen März/April 1848
Dr. phil, Rektor, RatzeburgFriedrich Rieck2. WahldistriktAllg. Wahlen März/April 1848
Kornhändler, MöllnLudwig Rohde3. WahldistriktAllg. Wahlen März/April 1848
Bauernvogt, Hufner, KuddewördeAugust Friedrich Thölcke7. WahldistriktAllg. Wahlen März/April 1848

Wahlkreise

Bei den (Zensus-)Wahlen im April/Mai 1848 zur „Verstärkten Landesvertretung“ wurden drei städtische und sechs ländliche Wahldistrikte eingerichtet:

Für die allgemeinen Wahlen im März/April 1849 wurde das Herzogtum Lauenburg in 10 Wahlbezirke aufgeteilt, die jeweils in Wahlabteilungen mit jeweils etwa 200 Einwohnern unterteilt wurden.

Literatur

Protokolle

  • Julius Bärens (Hrsg.) Bericht über die Verhandlungen der Lauenburgischen Landes-Versammlung.
    • Erste Diät. Heft 1. 2. Sitzung 1–35. Lübeck 1849
    • Zweite Diät. Heft 1. Sitzung 1–13. Lübeck 1850

Sekundärliteratur

  • Bertheau: Das Herzogtum Lauenburg und die Deutsche Frage in den Jahren 1848–1850. In: Jahresband 1906, Archiv des Vereins für die Geschichte des Herzogthums Lauenburg, kmrz.de
  • Staatsgrundgesetze 1848/49 in Schleswig-Holstein und Lauenburg: Katalog zur Ausstellung im Haus Mecklenburg. Ratzeburg, 11. Mai bis 7. November 1999, Landesarchiv Schleswig-Holstein, 1999, ISBN 3-931292-61-4, Liste der Abgeordneten auf S. 102–104
  • Staatsgrundgesetz, abgedruckt in Werner Heun (Hrsg.): Hessen-Kassel – Mecklenburg-Strelitz / Hessen-Kassel – Mecklenburg-Strelitz. Band 3, Teil 4. In: Horst Dippel: Constitutions of the World from the late 18th Century to the Middle of the 19th Century. Europe. German Constitutional Documents 1806–1849. 2007, ISBN 978-3-598-44058-8, S. 111 ff.; books.google.de
  • Erich Hoffmann: Landesfürstentum und ständische Mitverantwortung in Lauenburg und Schleswig-Holstein. In: Der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landtags (Hrsg.): Ständische Mitverantwortung und Landesfürstentum in Lauenburg und Schleswig-Holstein. Dezember 1985, S. 7–32

Einzelnachweise

  1. von der Landesversammlung am 13. Oktober 1849 in den ständigen Ausschuss gewählt. In: Bertheau: Das Herzogtum Lauenburg. S. 25–26.
  2. von der der Landesversammlung am 13. Oktober 1849 in den ständigen Ausschuss gewählt. In: Bertheau: Das Herzogtum Lauenburg. S. 25–26.
  3. von der der Landesversammlung am 13. Oktober 1849 in den ständigen Ausschuss gewählt. In: Bertheau: Das Herzogtum Lauenburg. S. 25–26