Landesregierung und Stadtsenat Reumann

Jakob Reumann amtierte nach der Gemeinderatswahl 1919 zunächst bis Juni 1920 als Bürgermeister der Stadt Wien an der Spitze eines Stadtrates nach dem Gemeindestatut von 1900, zwischen Juni und November 1920 an der Spitze eines Stadtsenats nach dem geänderten Gemeindestatut und ab November 1920 bis zum Ende der Legislaturperiode 1923 als Bürgermeister und Landeshauptmann an der Spitze von Stadtsenat und Landesregierung nach der neuen Bundesverfassung und der Wiener Stadtverfassung.

Stadtrat 1919 / 1920

Ein Stadtrat (30 Mandatare inklusive Bürgermeister Jakob Reumann) nach dem Wiener Gemeindestatut von 1900[1] in der geltenden Fassung amtierte als Nachfolger des Stadtrates Weiskirchner von der Gemeinderatswahl Mai 1919, der ersten voll demokratischen Wiens, bis zum 30. Mai 1920.

Wien erhält 1920 einen Stadtsenat

Am 1. Juni 1920 trat eine landesgesetzliche Änderung des Gemeindestatuts in Kraft, mit der ein Stadtsenat und amtsführende Stadträte geschaffen wurden, wie sie bis heute bestehen (siehe: Wiener Stadtsenat und Wiener Landesregierung). Die Zahl der Vizebürgermeister war nun von drei auf zwei reduziert.

Wien wird 1920 Bundesland

Am 10. November 1920 trat das Bundes-Verfassungsgesetz in Kraft, das in seinen Artikeln 108–114 Wien in allen Angelegenheiten, die nicht im Einvernehmen mit Niederösterreich ohne Wien als gemeinsame definiert werden würden, die Stellung eines selbstständigen Bundeslandes einräumte. In diesen Angelegenheiten fungiere der Bürgermeister auch als Landeshauptmann, der Stadtsenat auch als Landesregierung und der Gemeinderat auch als Landtag.[2]

Auf dieser Basis beschloss der Gemeinderat am gleichen Tag, zum ersten Mal als Landtag fungierend, die Verfassung der Bundeshauptstadt Wien, die auch die Wahrnehmung der Landeskompetenzen im Detail regelt.[3] Diese Stadtverfassung trat am 18. November 1920 in Kraft; sie ersetzte das bisherige Gemeindestatut, übernahm aber die im Frühjahr 1920 eingeführten Reformen. Gemeinsam mit Niederösterreich ohne Wien verblieb bis Ende 1921 nur mehr die Aufteilung des bisherigen Landesvermögens auf die beiden neu konfigurierten Bundesländer (Trennungsgesetz vom 29. Dezember 1921).

Vom 10. November 1920 an amtierte der zwölfköpfige Stadtsenat unter Bürgermeister Reumann somit auch als Wiener Landesregierung bis 1923.

Mitglieder des Stadtrates 1919–1920

Neben Bürgermeister Jakob Reumann und den Vizebürgermeistern Georg Emmerling, Franz Hoß und Max Winter bestand der Stadtrat 1919/20 aus folgenden Mitgliedern:

NamePartei
Breitner HugoSDP
David AntonSDP
Grün HeinrichSDP
Hackl MichaelSDP
Hellmann JosefSDP
Iser HansSDP
Kokrda QuirinSDP
Linder JuliusSDP
Müller RudolfSDP
Richter KarlSDP
Scheu GustavSDP
Schorsch JohannSDP
Seidel AmalieSDP
Siegel FranzSDP
Speiser PaulSDP
Täubler AlexanderSDP
Weigl KarlSDP
Winter FritzSDP
Biber LudwigCSP
Breuer JohannCSP
Haider FranzCSP
Kienböck ViktorCSP
Körber JohannCSP
Müller JosefCSP
Rummelhardt KarlCSP
Schmid HeinrichCSP
Seitz-Motzko AlmaCSP
Vaugoin CarlCSP
Sirotek BohumilPSDC

Mitglieder von Stadtsenat und Landesregierung 1920–1923

Stadtsenat ab 1. Juni 1920, Landesregierung ab 10. November 1920:

AmtNameParteiRessorts
Bürgermeister und LandeshauptmannJakob ReumannSDP

Vizebürgermeister
Landeshauptmann-Stellvertreter
Amtsführender Stadtrat
Georg EmmerlingSDPStädtische Unternehmungen (Verwaltungsgruppe VIII)

Vizebürgermeister
Landeshauptmann-Stellvertreter
Amtsführender Stadtrat
Franz HoßCSPohne Ressort
Amtsführender StadtratHugo BreitnerSDPFinanzwesen (Verwaltungsgruppe II)
Amtsführender StadtratQuirin KokrdaSDPErnährungs- und Wirtschaftsangelegenheiten (Verwaltungsgruppe VI)
Amtsführender StadtratKarl RichterSDPAllgemeine Verwaltungsangelegenheiten (Verwaltungsgruppe VII)
Amtsführender StadtratFranz SiegelSDPTechnische Angelegenheiten (Verwaltungsgruppe V)
Amtsführender StadtratPaul SpeiserSDPPersonalangelegenheiten und Verwaltungsreform (Verwaltungsgruppe I)
Amtsführender StadtratJulius TandlerSDPWohlfahrtseinrichtungen, Jugendfürsorge und Gesundheitswesen (Verwaltungsgruppe III)
Amtsführender StadtratJulius Grünwald bis 12. Jänner 1922, Anton Weber ab 13. Jänner 1922SDPSozialpolitik und Wohnungswesen (Verwaltungsgruppe IV)
StadtratViktor KienböckCSPohne Ressort
StadträtinAlma MotzkoCSPohne Ressort
StadtratKarl RummelhardtCSPohne Ressort

Literatur

  • Franz Patzer: Der Wiener Gemeinderat 1918–1934. Ein Beitrag zur Geschichte der Stadt Wien und ihrer Volksvertretung (= Wiener Schriften. 15, ISSN 0508-7368). Verlag für Jugend und Volk, Wien 1961.

Einzelnachweise

  1. LGBl. f. NÖ. Nr. 17 / 1900 (= S. 21)
  2. Art. 108–114 B-VG, StGBl. Nr. 450 / 1920 (= S. 1791 ff.)
  3. LGBl. für Wien Nr. 1 / 1920

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