Öffentlicher Gesundheitsdienst

Der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) ist in Deutschland, Österreich und der Schweiz ein Bereich des jeweiligen Gesundheitswesens. Sein Ziel ist der Schutz der Gesundheit der Bevölkerung (Public Health). Die vielfältigen Aufgaben werden auf lokaler Ebene von den Gesundheitsämtern wahrgenommen. Bereits im 14. Jahrhundert erfolgte eine gesteigerte Pflege des öffentlichen Gesundheitswesens.[1] Als Pionier des modernen öffentlichen Gesundheitswesens[2] gilt der Arzt Johann Peter Frank (1745–1821). Auf internationaler Ebene erfolgte ab etwa 1920 eine Organisation der allgemeinen Hygiene und des öffentlichen Gesundheitswesen in größerem Ausmaß.[3]

ÖGD in Deutschland

Behörden

Untere Gesundheitsbehörden

Landesbehörden

Ausbildung und Forschung

Akademien

Für die Aus-, Fort- und Weiterbildung von Beschäftigten des Öffentlichen Gesundheitsdienstes zuständig sind die Akademie für Öffentliches Gesundheitswesen in Düsseldorf sowie die Akademie für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in Schwabach als Teil des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL). Die Akademie für Gesundheitswesen (gemeinsam mit Gesundheitsämtern), ist beispielsweise in der Ausbildung sozialmedizinischer Assistenten (SMA) eingebunden. Diese betätigen sich, neben den Bundesämtern sowie den Landesämtern und -untersuchungsämtern, auch an der angewandten Forschung auf diesem Sektor.

Hochschulen und Universitäten

Studiengänge mit dem Abschluss Master Public Health werden von zahlreichen Hochschulen und einzelnen Universitäten angeboten. In diesem Rahmen werden auch die spezifischen Aspekte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes angesprochen.[4]

Zur Intensivierung der universitären Forschung und Studentenausbildung zum ÖGF wurden in den Jahren 2023 und 2024 an den Universitäten in Köln[5] und Dresden[6] neue Professorenstellen für Öffentliches Gesundheitswesen bzw. Öffentliche Gesundheit eingerichtet. In beiden Fällen handelt es sich um Brückenprofessuren, die Schnittstellen zwischen Wissenschaft und Praxis im ÖGD, sowohl in Lehre, Weiterbildung und Forschung schaffen sollen.[7]

Der Facharzt für Öffentliches Gesundheitswesen

Um nach einem absolvierten Medizinstudium in Deutschland als Facharzt für Öffentliches Gesundheitswesen tätig zu werden, bedarf es einer fünfjährigen Weiterbildungszeit.

Daneben gibt es auch den Fachzahnarzt für Öffentliches Gesundheitswesen.

Der Fachapotheker für Öffentliches Gesundheitswesen

Fachapotheker im öffentlichen Gesundheitswesen in Deutschland erfüllen öffentliche Aufgaben auf Bundes- und Landesebene. Zu den Weiterbildungsstätten gehören daher Landesgesundheitsbehörden, Bundesgesundheitsbehörden, Sanitätseinrichtungen der Bundeswehr, Arzneimitteluntersuchungssstellen, die unteren Gesundheitsbehörden oder die Zentralstelle der Länder für den Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln. Die Weiterbildung dauert drei Jahre und kann erst nach Erteilung der Approbation begonnen werden. Die Weiterbildung vermittelt verwaltungsrechtliche Kenntnisse, Fertigkeiten zur Überwachung, Rechtskunde und Sozialpharmazie. Inhalte anderer Fachapothekerweiterbildungen (beispielsweise die des Fachapothekers für Arzneimittelinformation) können im Einzelfall angerechnet werden.

ÖGD in Österreich

Der Öffentliche Gesundheitsdienst bzw. die Öffentliche Gesundheit in Österreich.

Die Behörden und die für sie tätigen medizinischen Sachverständigen (für Untersuchung, Gutachten und Beratung) in der Öffentlichen Gesundheit in Österreich sind gemäß dem Bundesverfassungsgesetz (B-VG) bzw. gemäß dem Reichssanitätsgesetz, RGBl. Nr. 68/1870 idgF:

Bundesbehörden

Landesbehörden

Gemeindebehörden

Oberste Sanitätsrat

Der Oberste Sanitätsrat (OSR) ist ein besonderes Beratungsgremium des Bundesministers für Gesundheit und setzt sich aus ehrenamtlichen Mitgliedern – Experten aus den Bereichen Medizin, Psychologie, Pflege, Wissenschaft, Ärzte- und Apothekerkammer, Sozialversicherung und öffentlicher Gesundheitsdienst – zusammen. Der OSR bewertet in seinen Empfehlungen grundsätzliche Fragestellungen, z. B. ob und welche Behandlungsmethodik dem "Stand der medizinischen Wissenschaft" entspricht; welche behördlichen Maßnahmen zur Bekämpfung von epidemischen Krankheiten geeignet sind und im öffentlichen Interesse ergriffen werden sollen; ob und welche Impfungen als öffentliche Impfungen durchgeführt werden sollen, bzw. ob eine Impfpflicht festgesetzt werden soll.

Landessanitätsrat

Der Landessanitätsrat (LSR) ist ein besonderes Beratungsgremium des Landeshauptmannes bzw. der Landesregierung und setzt sich aus ehrenamtlichen Mitgliedern – Experten aus den Bereichen Medizin, Psychologie, Pflege, Wissenschaft, Ärzte- und Apothekerkammer, Sozialversicherung und öffentlicher Gesundheitsdienst – zusammen. Der LSR bewertet in seinen Empfehlungen medizinische Fragestellungen auf Ebene des Landes, z. B. welche Krankenanstalten bzw. besonderen Versorgungsangebote vorgehalten werden sollen oder welche behördlichen Maßnahmen zur Bekämpfung von epidemischen Krankheiten im Vollzug von Bundes- und Landesgesetzen tatsächlich ergriffen werden sollen.

Landessanitätsbehörde bzw. Landessanitätsdirektion

Auf Ebene der Bundesländer sind jeweils im Amt der Landesregierung als Dienststellen der Öffentlichen Gesundheit die Landessanitätsbehörde zur Besorgung von sanitätsrechtlichen Angelegenheiten (Anm.: Bundesgesetze vollzieht der Landeshauptmann; Landesgesetze vollzieht die Landesregierung), sowie die Landessanitätsdirektion zur Besorgung der fachlichen Angelegenheiten im Sanitätswesen eingerichtet:

  • Landessanitätsdirektion Oberösterreich
  • Landessanitätsdirektion Salzburg
  • Landessanitätsdirektion Steiermark
  • Landessanitätsdirektion Tirol
  • Wiener Landessanitätsdirektion

u. a. m.

Gesundheitsamt

Die Bezirksverwaltungsbehörde bzw. das Gesundheitsamt bzw. der Amtsarzt hat folgende Aufgaben:

  • amtsärztliche Untersuchungen (Führerschein, Geschlechtskrankheiten)
  • Öffentliche Impfungen (Schulimpfungen) und Vorsorgemedizin (Reiseimpfungen)
  • Sanitäre Aufsicht über Krankenanstalten, Kuranstalten, Apotheken, Bäderhygiene
  • Sanitätspolizeiliche Angelegenheiten: Überwachung/Überprüfung
  • Meldepflichtige Krankheiten (Epidemien, TBC, Geschlechtskrankheiten, …)
  • amtliche Totenbeschau/Obduktion (Leichen- u. Bestattungsgesetz)
  • Suchtmittelverkehr, -verwahrung; Suchtgiftmissbrauch; Substitutionsbehandlung (SuchtmittelG, Suchtgift-VO)
  • Giftbezugsbewilligung, -lizenz (Chemikaliengesetz, § 42)
  • Amtlicher Sachverständiger, medizinischer Gutachter z. B. für Errichtung, Änderung und Erweiterungen von Badeanstalten Baubehörde bei Lehranstalten (Schulen); für Gewerbebehörde

Sprengelarzt

Der Sprengelarzt besorgt für die Gemeinde als örtliche Gesundheitsbehörde (für den Bürgermeister als örtliche Gesundheitspolizei) die fachlichen Angelegenheiten des öffentlichen Gesundheitsdienstes gemäß der Gemeindeordnung bzw. dem Stadtrecht auf der Grundlage von Bundes- und Landesgesetzen. Mehrere Ortsgemeinden oder ein Gemeindeverband bilden innerhalb eines Bezirkes einen Gesundheitssprengel („ Sanitätssprengel “) und beschäftigen dann gemeinsam einen Sprengelarzt. Die Stadt mit eigenem Statut bildet im System der Gesundheitssprengel eine Ausnahme bzw. besorgt die Aufgaben der örtlichen Gesundheitsbehörde im Rahmen der Bezirksverwaltung durch das Gesundheitsamt bzw. den Amtsarzt.

Die Aufgaben der örtlichen Gesundheitsbehörde bzw. des Sprengelarztes sind:

  • Sicherstellung jederzeit erreichbarer ärztlicher Hilfe ohne Bedachtnahme auf die Zahlungsfähigkeit.
  • Mitwirkung bei Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten und bei öffentlichen Impfungen.
  • Überwachung der sanitären Verhältnisse (Trinkwasser, Abwässer, Badeanlagen, Schulen, Pflegeheime, Kindergarten, …)
  • Mitwirkung bei Katastrophen, Umweltschäden u. -Belastungen
  • Amtliche Totenbeschau (Leichen-u-Bestattungsgesetz)
  • Einweisung psychisch Kranker (Unterbringungsgesetz – UbG, § 197 ÄrzteG)

Qualifikation des Sprengelarztes:

  • Arzt für Allgemeinmedizin (Praktischer Arzt)

Die Fachliche Aufsicht (Kontrolle) des Sprengelarztes obliegt der Bezirksverwaltungsbehörde (Amtsarzt).

Gesundheit Österreich GmbH

Für den Bund und die Bundesländer tätig ist:

  • Gesundheit Österreich GmbH (GöG)
  • Österreichisches Bundesinstitut im Gesundheitswesen (ÖBIG)

ÖBIG führt im Auftrag des Bundes bzw. der Länder gesundheitsbezogene Forschungsprojekte und Planungen der Gesundheitsversorgung durch, gestaltet themenbezogene Berichte und das Berichtswesen und erstellt Grundlagen für die Steuerung des Gesundheitswesens. ÖBIG führt auch das sog. Widerspruchsregister, wenn jemand der in Österreich grundsätzlich kraft Gesetz erlaubten Entnahme von Organen rechtskräftig widersprechen möchte.

ÖGD in der Schweiz

In der Schweiz wird der öffentliche Gesundheitsdienst hauptsächlich von den Kantonsärzten getragen und von der Gesundheitsdirektorenkonferenz koordiniert, während das Bundesamt für Gesundheit einzelne Bereiche steuert, wie zum Beispiel die epidemiologische Überwachung der Infektionskrankheiten, die Aufsicht über die Krankenkassen oder die Anforderungen an die ärztliche Ausbildung.

Siehe auch

Fachverbände

Quellen und Literatur

  • Bundesärztekammer: Ärzte im öffentlichen Dienst – Öffentlicher Gesundheitsdienst
  • Markus Vieten: Berufsplaner Arzt. Thieme Verlag, Via medici-Buchreihe, Stuttgart 2003, ISBN 3-13-116105-1
  • Fritz Dross, Wolfgang Woelk et al.: Gesundheitswesen, öffentliches. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. Walter de Gruyter, Berlin und New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 487–492.
  • Alfons Labisch, Florian Tennstedt: Gesundheitsamt oder Amt für Volksgesundheit? Zur Entwicklung des öffentlichen Gesundheitsdienstes seit 1933. In: Norbert Frei (Hrsg.): Medizin und Gesundheitspolitik in der NS-Zeit. R. Oldenbourg Verlag, München 1991 (= Schriften der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. Sondernummer), ISBN 3-486-64534-X, S. 35–66.

Einzelnachweise

  1. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 20.
  2. Heinrich Buess, Huldrych M. Koelbing: Kurze Geschichte der ankylosierenden Spondylitis und Spondylose. J. R. Geigy, Basel 1964 (= Acta rheumatologica. Nr. 22), S. 53.
  3. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 1960, S. 67–68.
  4. xStudy SE: Public Health studieren – Liste der Unis und Hochschulen. Abgerufen am 10. September 2024.
  5. Institut für Öffentliches Gesundheitswesen Köln. Universität zu Köln, November 2023, abgerufen am 10. September 2024.
  6. Hochschulmedizin Dresden schafft erste Brückenprofessur für „Öffentliche Gesundheit“. Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, 30. April 2024, abgerufen am 10. September 2024.
  7. Profil des Lehrstuhls für Öffentliche Gesundheit, Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung. In: Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Dresden. Abgerufen am 10. September 2024.