Lamfalussy-Verfahren

Dieser Artikel betrifft Aspekte des politischen Systems der Europäischen Union, die sich möglicherweise durch den Vertrag von Lissabon ab 1. Dezember 2009 verändert haben.

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Das Lamfalussy-Verfahren ist ein Verfahren zur Beschleunigung des EU-Gesetzgebungsprozesses. Es wurde im März 2001 vom Europäischen Rat mit Blick auf das Ziel einer fristgerechten Umsetzung des Financial Services Action Plan (FSAP) gebilligt. Das Europäische Parlament stimmte im Februar 2002 zu.

Das ursprünglich für den Wertpapiersektor entwickelte Verfahren geht auf einen Vorschlag eines „Ausschusses der Weisen“ unter Vorsitz von Baron Alexandre Lamfalussy zurück.

Ziel ist es, den komplexen und langwierigen regulären EU-Gesetzgebungsprozess im Rahmen eines Vier-Stufen-Plans zu vereinfachen und zu beschleunigen. Im Dezember 2002 beschloss der Rat, das Lamfalussy-Verfahren auf den gesamten EU-Finanzsektor auszudehnen. Nach diesem Verfahren sollen die EU-Organe Rat und Parlament in dem ihnen übertragenen Bereich im Wege des Mitentscheidungsverfahrens nur noch Grundsatzverordnungen und Rahmenrichtlinien verabschieden. Die technischen Details werden dagegen von Regelungsausschüssen ausgearbeitet, die von der EU-Kommission vorgeschlagen und von Vertretern der Mitgliedstaaten in einem Komitologie-Ausschuss beschlossen werden. Die darunter angesiedelten technischen Regelungsausschüsse setzen sich aus Vertretern der nationalen Finanzaufsichtsbehörden zusammen. In einem dritten Schritt werden von den nationalen Aufsichtsbehörden gemeinsame Standards und Richtlinien für die einheitliche materielle Umsetzung erarbeitet, die schließlich von der Kommission hinsichtlich ihrer Umsetzung auf der Grundlage von umfassenden Berichten, zu denen die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, überprüft werden.

Bis Anfang 2004 galt das Lamfalussy-Verfahren als neues Rechtsetzungsverfahren mit dem Ziel der Beschleunigung nur im Bereich der Wertpapiere. 2005 wurde es auf den Banken- und Versicherungssektor ausgedehnt. Durch den Vertrag von Lissabon wurde die delegierte Rechtsetzung in Art. 290 und Art. 291 AEUV primärrechtlich geregelt. Obwohl sich dadurch insbesondere auf Stufe 2 Änderungen für das Lamfalussy-Verfahren ergaben, blieb das Grundkonzept der Rechtsetzung auf vier Ebenen bestehen. Vereinzelt wird von einem neuen Lamfalussy II Verfahren gesprochen.

Die Erfahrungen mit dem Lamfalussy-Verfahren sind nicht unumstritten. Vor allem die Frage der demokratischen Kontrolle sowie der demokratischen Legitimation der so genannten Level-3-Ausschüsse (Vertreter der nationalen Finanzaufsichtsbehörden) im Rahmen des Lamfalussy-Verfahrens erfordert eine intensive Diskussion. Ziel muss es sein zu verhindern, dass Aufsichtsbehörden Entscheidungen treffen, die nicht mehr vom Mandat ihres jeweiligen Ausschusses gedeckt sind.

Literatur

  • Mechthild Schrooten: Europäische Finanzmarktintegration, in: Timm Beichelt u. a. (Hrsg.), Europa-Studien: Eine Einführung, Wiesbaden 2006, S. 379–398. (online)

Weblinks

http://www.kapitalmarktrecht-im-internet.eu/de/wiki/28.htm

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