Laacher Samsonmeister

Abteikirche Maria Laach: Ausschnitt „Teufelchen“ aus dem Fries der Vorhalle
… und „Grüne Männer

Der Laacher Samsonmeister ist ein Notname für einen anonymen spätromanischen Steinmetzen, der zwischen 1190 und 1220 in nieder- und mittelrheinischem Gebiet tätig war. Das heute so genannte „Samson-Fragment“ in der Abtei Maria Laach hat 1929 den Anstoß zur Erforschung des Bildhauers gegeben und zur Namengebung des Meisters und seiner Werkstatt durch Walter Bader geführt.

Der Samsonmeister ist an allen maßgebenden niederrheinischen Kirchenbauten des ausgehenden 12. und beginnenden 13. Jahrhunderts beteiligt gewesen, was für eine besondere künstlerische Begabung spricht. Er hat ganz verschiedene Anregungen zu eigenständigen, besonders ausdrucksstarken Werken verarbeitet und tritt als führende Persönlichkeit in der spätromanischen Bauplastik des Rheinlandes hervor.

Werkgeschichte

Relieffragmente vom früheren Lettner der Liebfrauenkirche in Andernach, heute im Rheinischen Landesmuseum Bonn

Über den Bereich der Bauornamentik hinaus ist der Samsonmeister vor allem als Schöpfer großfiguriger Bauplastik wirksam gewesen. Durch die Untersuchung von Brigitte Kaelble im Jahr 1981, die sich besonders auf die Analyse der Arbeitsweise und Stilformen sowie auf neue Funde stützt, konnten die in der bisherigen Forschung schwankenden Zuschreibungen und Datierungen einzelner Werkgruppen neu bewertet und auf eine gesicherte Grundlage gestellt werden.

Die chronologische Reihenfolge der heute zuschreibbaren Werke sieht folgendermaßen aus:

Stilprägend waren die künstlerische Tradition des Rhein-Maas-Gebietes und das überragende Vorbild des Nikolaus von Verdun. Daneben waren Anregungen aus den damals vorherrschenden künstlerischen Kerngebieten entscheidend: der nordfranzösisch-frühgotische und der byzantinische Raum (St.-Denis, Laon, Braine, Chartres, Paris). Die byzantinischen Quellen des Samsonmeisters lassen sich im überlieferten Proportionskanon im Malerbuch vom Berge Athos finden.

Auch aus der Buchmalerei übernahm der Samsonmeister motivische und ikonographische Anregungen (z. B. Douai, Bibliothèque Municipale, Ms. 19).

Im Gegensatz zu anderen Bildhauern kann man aber nicht behaupten, dass sich der Laacher Samson von der „statue colonne“ der französischen Portale ableiten lässt. Es bestehen deutliche Unterschiede hinsichtlich der Anlage des Körpers und in der Gewandbehandlung im Verhältnis zum Körper. Der Stoff liegt dem Körper als feste Schicht auf „und scheint stellenweise ununterscheidbar in ihn überzugehen …“. „Dieses Verfahren hat auch zur Folge, dass die Skulpturen des Samsonmeisters insgesamt schwerer wirken als die in ihren fließenden Gewändern leicht bewegten französischen Skulpturen“ (B. Kaelble).

Es sind keine Lebensdaten des Samsonmeisters überliefert. Berücksichtigt man aber die Stilkriterien und die Daten zur jeweiligen Baugeschichte in Andernach, Brauweiler, Köln und Maria Laach, dann ist davon auszugehen, dass der Samsonmeister um 1200 bzw. 1208–1210 in Köln gearbeitet hat. Zwischen 1200 und 1210 könnte er sich dann in Maria Laach aufgehalten haben. In diesen Zeitraum gehören auch wohl die Tierfragmente im Rheinischen Landesmuseum Bonn.

Literatur (chronologisch)

  • Johannes Klein: Die romanische Steinplastik des Niederrheins (= Studien zur deutschen Kunstgeschichte, Bd. 184). Straßburg 1916.
  • Hermann Beenken: Romanische Skulptur in Deutschland (11. u. 12. Jahrhundert) (= Handbücher der Kunstgeschichte, Bd. 1). Klinkhardt & Biermann, Leipzig 1924.
  • Adalbert Schippers: Zwei rheinische Skulpturen aus der Frühzeit des 13. Jahrhunderts. In: Zeitschrift für bildende Kunst 58 (1924/25), S. 165–173.
  • Walter Bader: Der Bildhauer des Laacher Samson. Eine Untersuchung zu niederrheinischen Bauplastik um 1200–1225. In: Bonner Jahrbücher 133 (1928), S. 169–212.
  • Walter Bader, Hans Lehner: Baugeschichtliche Untersuchungen am Bonner Münster. In: Bonner Jahrbücher 136/137 (1932), S. 1–216.
  • Walter Bader: Die Benediktinerabtei Brauweiler bei Köln. Untersuchungen zu ihrer Baugeschichte nach den hinterlassenen Manuskripten von Erika Huyssen. Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, Berlin 1937.
  • Hermann Schnitzler: Zur spätstaufischen Plastik am unteren Mittelrhein. In: Pantheon 22 (1938), S. 217–221.
  • Wolfgang Fritz Volbach: Der Engel aus Lonnig. Zur Geschichte des Samsonmeisters. In: Hans Wentzel (Hrsg.) Form und Inhalt. Kunstgeschichtliche Studien. Festschrift für Otto Schmitt zum 60. Geburtstag. Stuttgart 1952, S. 67–72.
  • Karl-August Wirth: Beiträge zum Problem des „Samsonmeisters“. In: Zeitschrift für Kunstgeschichte 20 (1957), S. 25–51.
  • Gerhard Hojer: Zwei neuentdeckte Evangelistensymbole des Samsonmeisters (= Berichte aus der Arbeit des Museums). Düsseldorf / Bonn 1967, S. 37 f.
  • Adalbert Schippers: Das Laacher Münster. Neu bearb. u. hrsg. v. Theodor Bogler. Greven, Köln 1967.
  • Drutmar Cremer: Samson. Zur Deutung eines Laacher Meisters. Würzburg 1969.
  • Reiner Haussherr: Die Skulptur des frühen und hohen Mittelalters an Rhein und Maas. (Rhein und Maas, Katalog, Band 2, 1973).
  • Richard Hamann-McLean: Byzantinisches und Spätantikes in der Werkstatt des Nikolaus von Verdun. In: Kölner Domblatt 42 (1977), S. 243–266.
  • Brigitte Kaelble: Untersuchungen zur grossfigurigen Plastik des Samsonmeisters (= Beiträge zu den Bau- und Kunstdenkmälern im Rheinland, Bd. 27). Schwann, Düsseldorf 1981.
  • Felicia Broscheit: Figürliche Darstellungen in der romanischen Bauornamentik des Rhein-Maas-Gebietes (= Veröffentlichungen der Abteilung Architektur am Kunsthistorischen Institut der Universität Köln, Bd. 37). Köln 1990.
  • Karen Staub, Adam Stead (Hrsg.): Der Samsonmeister und seine Zeit. Skulptur der Romanik im Rheinland. Ausstellungskatalog Museum Schnütgen. Köln 2018.
  • Barbara Schock-Werner: Abtei Brauweiler. Köln 2019, S. 82–103.
  • Kai Seebert: Die Bauplastiken des Laacher Samsonmeisters im Andernacher Stadtmuseum. In: Ders. (Hrsg.): 800 Jahre Mariendom zu Andernach am Rhein. Andernach 2020, S. 109–134.
Commons: Laacher Samsonmeister – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Bernd Brauksiepe: Glees – Maria Laach Benediktinerabtei. Bau- und Kunstgeschichte. In: Klöster und Stifte in Rheinland-Pfalz. Abgerufen am 16. Dezember 2023.

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2018 Rheinisches Landesmuseum Bonn, Kelchkapitell Samsonmeister.jpg
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Romanesque capital (ca. 1200) in the collection of Rheinisches Landesmuseum in Bonn, Germany. The capital's provenance is unknown; it may be from St. Gereon or St. Pantaleon in Cologne and is probably the work of the Laacher Samsonmeister.
2016-06-15-bonn-muensterbasilika-innenansicht-chorstuhlwange-02.jpg
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Zwei steinerne Chorstuhlwangen, die um 1210 vom Laacher Samsonmeisters geschaffen wurden. Ein Engel und ein Teufel, rechts und links neben der Chortreppe, notieren auf Schriftrollen die Verdienste bzw. Sünden der Chorherren.
2018 Rheinisches Landesmuseum Bonn, Samsonmeister, jüngstes Gericht 1.jpg
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Three limestone fragments of a choir screen (ca. 1200-20) in the collection of Rheinisches Landesmuseum in Bonn, Germany. The reliefs were probably part of a late-Romanesque or early-Gothic choir screen in Our Lady's in Andernach. The choir screen was demolished in 1750. The fragments were discovered under the church floor in 1882. They are considered the work of the so-called Laacher Samsonmeister.
Maria Laach - Paradies, Grüne Männer 2017-06-06 Sp).JPG
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Abteikirche Maria Laach: Fries rechts an der Westseite der Vorhalle (um 1230), dem „Paradies“, sogenannte Grüne Männer oder Laubköpfe
2018 Rheinisches Landesmuseum Bonn, Samsonmeister, jüngstes Gericht 5.jpg
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Detail of a limestone fragment of a choir screen (ca. 1200-20) in the collection of Rheinisches Landesmuseum in Bonn, Germany. The reliefs were probably part of a late-Romanesque or early-Gothic choir screen in Our Lady's in Andernach. The choir screen was demolished in 1750. The fragments were discovered under the church floor in 1882. They are considered the work of the so-called Laacher Samsonmeister. The detail shown here depicts the torture of the damned in hell.
2018 Rheinisches Landesmuseum Bonn, Kapitell mit brettspielende Figuren.jpg
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Romanesque double capital with bordgame-playing figures (ca. 1200-10) in the collection of Rheinisches Landesmuseum in Bonn, Germany. The capital comes possibly from Brauweiler Abbey and maybe the work of the Laacher Samsommeister.
Maria Laach - Paradies, Teufelchen (2017-06-06).JPG
Autor/Urheber: Lothar Spurzem, Lizenz: CC BY-SA 2.0 de
Maria Laach – Detail aus dem Fries am Eingang zum Vorhof, dem sogenannten Paradies: Teufelchen, das die „Peccata populi“, die Sünden des Volkes, aufschreibt, das heißt auch derjenigen, die in die Kirche eintreten