Lörracher Rathaus

Lörracher Rathaus
Lörracher Rathaus von Nordosten
Basisdaten
Ort:Luisenstraße 16, Lörrach
Bauzeit:1972–1976
Eröffnung:20. März 1976
Status:fertiggestellt
Baustil:Moderne
Architekt:Thomas Heiß
Nutzung/Rechtliches
Nutzung:Verwaltungsgebäude/Rathaus
Eigentümer:Stadt Lörrach
Bauherr:Stadt Lörrach
Technische Daten
Höhe bis zur Spitze:71,8[1] m
Höhe bis zum Dach:67 m
Höchste Etage:64 m
Tiefe:12,3 m
Etagen:17
Nutzungsfläche:10.721 m²
Umbauter Raum:47.885 m³
Baustoff:Stahl, Stahlbeton
Baukosten:23.729.000 DM
Höhenvergleich
Lörrach:1. (Liste)
Anschrift
Stadt:Lörrach
Land:Deutschland

Das Lörracher Rathaus ist ein von 1972 bis 1976 errichtetes siebzehngeschossiges Verwaltungshochhaus in der Lörracher Innenstadt und seit 2012 ein Baudenkmal. Das vom Architekten Thomas Heiß entworfene Bauwerk mit dunkelgrüner Fassade ist mit knapp 72 Metern das höchste Gebäude im Landkreis Lörrach und höchstes Rathaus in Baden-Württemberg. Das Rathaus beherbergt neben den städtischen Ämtern und einem unterirdischen Parkhaus auch den Amtssitz des Oberbürgermeisters von Lörrach und das Lörracher Stadtarchiv.

Geschichte

Vorgeschichte

Die ab dem 5. August 1927 als Rathaus genutzte Villa Favre in der Turmstraße 45 bot bereits in den 1930er Jahren nicht allen städtischen Ämtern genügend Platz, so dass 1934 das Stadtbauamt, das Fürsorge- und Jugendamt, das Grundbuch- sowie das Vermessungsamt in umgebaute Fabrikräume gegenüber dem Bahnhof umziehen mussten. Pläne für einen Erweiterungsbau im Garten der Villa scheiterten an Geldmangel und der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges verschärfte die Situation. Im Jahr 1955 wurde die Diskussion über die Raumnot erneut geführt und weitere zehn Jahre später waren die städtischen Behörden an fünf verschiedenen Standorten in Lörrach verteilt.[2]

Planung

Der Gemeinderat griff das Problem diesmal energischer auf und sprach sich zunächst für einen Neubau am bisherigen Standort der Villa Favre aus. Es zeigte sich allerdings, dass sowohl am Holzwerk wie an Sandsteinteilen das Rathaus brüchig geworden war, so dass man die Villa Favre im Frühjahr 1975 schließlich abbrechen musste. Bereits Ende 1966 bildete sich eine Rathaus-Baukommission aus Stadträten und Vertretern der Stadtverwaltung. Diese besichtigte von Dezember 1967 bis Mai 1968 insgesamt 13 Rathäuser in der Bundesrepublik und eines in der Schweiz und stimmte am 18. Juli 1968 der Durchführung eines Architektenwettbewerbes zu. Das Preisgericht, dem der bekannte Architekt Egon Eiermann vorstand, wählte aus insgesamt 72 eingereichten Projekten am 10. Juni 1969 die Arbeit des Freiburger Architekten Thomas Heiß aus. Die Entwürfe wurden der Öffentlichkeit in einer Ausstellung im Hans-Thoma-Gymnasium vorgestellt und in der Schulaula das Gespräch mit dem Bürger gesucht. Der prämierte Entwurf wurde am 13. November 1969 durch den Gemeinderat zur Ausführung empfohlen und Heiß wurde beauftragt, eine baureife Planung vorzubereiten.[3]

Bau und Daten

Nachdem der Gemeinderat im März 1971 den Kostenvoranschlag in Höhe von 23.230.000 DM bewilligt hatte, erfolgte der Spatenstich am 21. März 1972. Das Richtfest wurde am 21. Juni 1974 begangen und die Ämter konnten im Januar 1976 den Neubau beziehen. Am Wochenende des 12. und 13. Juni 1976 wurde die Vollendung des Rathauses mit einem großen Volksfest auf dem Rathausplatz begangen. Gleichzeitig konnte im Rahmen des Tags der offenen Tür die Bevölkerung das neue Haus besichtigen. Mit Gesamtkosten in Höhe von rund 23,7 Mio. DM verteuerte sich der Bau um rund 500.000 DM. Da der Neubau in die Amtszeit des damaligen Oberbürgermeister Egon Hugenschmidt fiel, der den Bau auch maßgeblich unterstützte, trägt das Bauwerk auch den Spitznamen „Langer Egon“.

Ansichten des Baufortschrittes: Baugrube und damaliger Postamtneubau (Juli 1972) und Hochhausskelett (Dezember 1974)

Die nach DIN 276 angegebenen Kosten verteilten sich auf folgende Einzelpositionen:[2]

Baukosten 18.897.000 DM
Außenanlagen 680.000 DM
Baunebenkosten 2.395.000 DM
Besondere betriebliche Einrichtungen 954.000 DM
Geräte und Ausstattung 803.000 DM
 23.729.000 DM

Die Größe des Baugrundstückes für das Lörracher Rathaus beträgt 7210 Quadratmeter, die überbaute Grundstücksfläche beläuft sich auf 570 Quadratmeter. Die Kubatur misst 47.885 Kubikmeter. Der gesamte umbaute Raum inklusive der Tiefgarage und technischer Räume beträgt sogar 62.247 Kubikmeter. Dieses Volumen teilt sich in die Bereiche Bürozonen (28.896 Kubikmeter), Saalbereich 1. Obergeschoss (6.483 Kubikmeter), Eingangszone im Erdgeschoss (2.020 Kubikmeter) sowie Lagerräume (10.486 Kubikmeter) und Tiefgarage (14.362 Kubikmeter).[2]

Die nach DIN 277 gemessenen Netto-Grundrissflächen ergeben für den Rathausbau eine Gesamtfläche von 10.721 Quadratmeter, die Nutzfläche umfasst zusätzlich 6.139 Quadratmeter.[2] Sie verteilt sich wie folgt:

Bürofläche 4.400 m²
Säle 1. OG 490 m²
Trausaal EG 44 m²
Ausstellungsfläche EG 250 m²
Archiv- und Lagerräume 589 m²
WC- und Putzräume 366 m²
Funktionsfläche (Haustechnik, Aufzüge) 1.150 m²
Verkehrsfläche 3.432 m²
 10.721 m²

Betrieb und Ereignisse seit Errichtung

Untersicht des Lörracher Rathauses

Mit der Inbetriebnahme des Rathauses 1976 nahmen 193 Angestellte in 180 ausgestatteten Büroräumen ihren Dienst auf.

Im November 2006 geriet das Rathaus in Lörrach in die Schlagzeilen, als eine Gruppe Jugendlicher eine junge Frau, die sich vom Dach des Hochhauses stürzen wollte, dazu ermunterten. Durch das Eingreifen der Polizei konnte die aufgeheizte Situation beruhigt und die Frau von ihrem Vorhaben abgebracht werden.[4]

Das Rathaus wurde Ende 2012 als „einmaliges Dokument des 70er-Jahre-Baustils“ unter Denkmalschutz gestellt.[5] Zum denkmalgeschützten Hochhausbau zählt auch der Vorplatz mit seiner Gestaltung.[6]

Am Morgen des 30. Juni 2020 löste der Einwurf eines zunächst unbekannten weißen Pulvers in den Briefkasten des Rathauses einen Feuerwehr-Großeinsatz mit 70 Einsatzkräften und 20 Fahrzeugen aus, nachdem drei Mitarbeiter in der Poststelle über Augen- und Atemwegsreizungen klagten. Das Pulver stellte sich später als ungefährlich heraus; es handelte sich um Calciumcarbonat. Der Einsatz und die Reinigung nach der Evakuierung führte zur ganztägigen Sperrung des Rathauses.[7] Zu einem ähnlichen Gefahrguteinsatz kam es am 7. Dezember 2020.[8]

Der wachsende Verwaltungsbedarf ließ auch die Arbeitsplätze im Rathaus ansteigen. Im Mai 2022 war die Zahl der Voll- und Teilzeitarbeitsplätze auf 302 angewachsen.

Sanierungsfall

Das Rathausgebäude ist seit Jahren ein bautechnischer, sicherheitsrelevanter und aufgrund des hohen Energieverbrauchs auch ein energetischer Sanierungsfall mit dringendem Handlungsbedarf.[9]

2018 wurde in einem mehrmonatigen Prüfungsverfahren von einem Statikbüro festgestellt, dass die emaillierten Fassadenplatten des Lörracher Rathaus (→ Außenfassade des Rathaus Lörrach) einen deutlichen Verschleiß aufweisen. Diese Platten wurden mit Schrauben und Dübeln in den Eckbereichen befestigt. Da auch die Unterkonstruktion in Mitleidenschaft gezogen ist, müssen die fensterlosen Fassadenflächen zusätzlich mit Netzen gesichert werden. Diese Mängel wirken sich nicht nur energetisch aus, sondern auch auf die Verkehrssicherheit. Neben der Fassade muss auch das Sicherheitstreppenhaus zurückgebaut werden. Für die umfangreiche Rathaussanierung waren bis zum Jahr 2021 insgesamt 3,5 Mio. Euro veranschlagt. Nach einer Vorentwurfsplanung 2019 sollte 2020 mit der Sanierung begonnen werden.[10] Zu Jahresbeginn 2020 wurde bekannt, dass noch kein Termin für einen möglichen Beginn der Arbeiten vorgelegt werden könne. Das Projekt wurde damit zurückgestellt. Mittlerweile wird sogar über einen kompletten Abriss des Gebäudes nachgedacht.[11]

Lage und Beschreibung

Städtebauliche Bedeutung

Sicht vom östlichen Egon-Hugenschmidt-Platz

Das Lörracher Rathaus befindet sich in der Nähe des Hauptbahnhofes und der Hauptpost am nordöstlichen Ausläufer der Fußgängerzone. Im Zuge seines Neubaus wurde östlich der Hauptpost auch ein Fußgängerbereich zwischen Post und Bahnhof neu erschlossen, der mittlerweile mit der neuen innerstädtischen Fußgängerzone fast komplett verwachsen ist. Nördlich des Rathauses befindet sich der Zentrale Omnibusbahnhof der Stadt.

Der Egon-Hugenschmidt-Platz (bis April 2022: Rathausplatz)[12] östlich des Rathauses ist zum übrigen Straßenniveau leicht abgesenkt. Der mit Natursteinen gepflasterte Platz, auf dem häufig Flohmärkte oder anderer Veranstaltungen stattfinden, wird von teilweise alten Bäumen gesäumt. Auf dem Platz befindet sich die Granitskulptur Triade des Künstlers Giancarlo Sangregorios (1925–2013), die eine Station des Lörracher Skulpturenwegs bildet. Südlich vom Rathaus am Fußweg zur nah gelegenen Bonifatiuskirche steht ein kleiner von Jörg Bollin 1974 gestalteter Brunnen Lebensquell in Form einer Frucht, der den Ursprung des Lebens symbolisieren soll.

Das 72 Meter hohe Bauwerk bildet eine städtebauliche Dominante und ist sowohl innerhalb der Stadt wie auch von vielen Hügeln des unteren Wiesentals gut zu erkennen. Die dunkelgrüne Farbgebung der Fassade soll sich an die waldreiche Gegend des Lörracher Umlandes anpassen.

Architektur und Gliederung

Sockelbau, der den Ratssaal beherbergt

Das Lörracher Rathaus gliedert sich grob in zwei außen sichtbare Bereiche: den Eingangs- und Saalbereich in Form eines auskragenden, elf Meter hohen Sockelbaus sowie den Verwaltungsbereich im anschließenden Büroturm mit grünen Fassadenelementen.

Durch das Hauptportal im Osten vom Rathausplatz – ein weiterer Eingang im Norden von der Luisenstraße wurde zugunsten des Bürgerservicebüros „In-Se-L“ geschlossen – gelangt man in das Foyer, das manchmal auch als Ausstellungshalle genutzt wird. In den Servicebüros der „In-Se-L“, einer Abkürzung für Informations-Service-Lörrach, sind einfache Dienstleistungen wie Meldebescheinigungen, Anwohnerparkausweise, Handwerkerparkgenehmigungen oder andere einfache Bestätigungen abzuwickeln. Termine dafür können Online gebucht werden.[13]

Im ersten Obergeschoss befinden sich der Ratssaal, zwei durch eine Schiebewand verbundene Sitzungssäle, Fraktionsräume sowie ein Aufenthaltsraum. Die Fußböden bestehen im Erdgeschoss aus Marmor, die Decken aus Sichtbeton. Im Plenarbereich ist der Boden teilweise mit Teppich ausgekleidet; Decken und Wände bestehen aus Rauputz oder Sichtbeton.[2]

Etagen des Rathauses Lörrach
StockBereich, Einrichtung
17. OGControlling, Rechtsabteilung
16. OGStadtentwicklung, Wirtschaftsförderung
15. OGStadtplanung, Tiefbauabteilung
14. OGStadtplanung, Hochbauabteilung
13. OGStadtplanung, Aufenthaltsraum, Stadtmodell
12. OGZentrale Dienste, Post, EDV
11. OGOberbürgermeister, Bürgermeister
10. OGGrundbuchamt, Vermessung
09. OGVermessungsamt
08. OGEDV, Personalrat, Geschäftsstelle des RVL
07. OGFinanzen, Steuern
06. OGStadtkasse
05. OGAbwasser, Stadtwerke
04. OGGrundstücks- und Gebäudemanagement
03. OGSoziales, Standesamt, Bürgerdienste
02. OGTechnischer Bereich
01. OGRatssäle, Fraktionsräume
EGIn-Se-L, Pass, Lohnsteuer, Müllangelegenheiten
01. UGStadtarchiv, Stadtgrün, Lagerräume, Tiefgarage
02. UGHaustechnik, Tiefgarage

Darüber schließt sich der Verwaltungsbereich an, der je nach Größe der Ämter in zwei- oder dreigeschossige Einheiten zusammengefasst ist. Diese sind über interne Verbindungstreppen und den zentral liegenden Aufzug miteinander verbunden. Als Orientierungshilfe der einzelnen Ämter und ihrer Unterbringung auf den teilweise stockwerkübergreifenden Einheiten im Haus dient ein Farbenleitsystem. Dazu sind die Innenwände mit farbig emaillierten Stahlpaneelen ausgekleidet. Die Böden sind mit Teppich ausgekleidet und Bürobereiche über verstellbare Trennwände variabel gestaltbar.[2]

Im zweiten Obergeschoss ist der technische Dienst mit Telefonanlage und Druckerei untergebracht. Das 11. Geschoss mit Büros für den Oberbürgermeister, den Bürgermeister und deren Mitarbeiter sowie die 13. Etage mit dem Aufenthaltsraum bilden Sondergeschosse, die durch Fassadeneinschnitte außen unterscheidbar sind. Im 13. Stock befindet sich auch das Stadtmodell, einer Holz-Nachbildung der Stadtfläche mit den umgebenden Hügeln, Gewässern und seinen Häusern. Das Modell, dass in den 1980er Jahren entstanden ist dient als anschauliches Modell und ist bei Führungen beliebt. Es wird allerdings nicht aktualisiert. Auf der nur im Rahmen von Führungen für die Öffentlichkeit zugänglichen Dachterrasse über die 16. Etage auf 57,7 Meter schließen sich die Aufbauten für die Aufzugmaschine und die Lüftungsräume an. Dadurch wird der Blick nach Südwesten verdeckt. Neben den Verbindungstreppen in der Gangzone und den vier Aufzügen im Kernbereich befindet sich darüber hinaus ein separates Nottreppenhaus, das den Westteil des Bauwerks vollständig durchzieht. Dieser Versorgungsschacht des Hochhauses ragt sichtbar über das höchste Stockwerk hinaus und bildet den baulichen Abschluss der Außenarchitektur.

In den beiden unterirdischen Etagen sind neben der Haustechnik, das Lager und das Stadtarchiv untergebracht. In einem selbstständigen Baukörper befindet sich ebenfalls unterirdisch eine zweigeschossige 4.735 Quadratmeter große Tiefgarage für ursprünglich 197 PKW-Stellplätze. Die Parkfläche beträgt 2.420 Quadratmeter, die Verkehrsfläche 2.315 Quadratmeter.[2] Die Einfahrt zur Tiefgarage Rathaus Lörrach ist über eine Rampe von der Luisenstraße aus erreichbar. Die Rathaus-Tiefgarage wurde 2020 einer umfangreichen Betonsanierung unterzogen und am 1. März 2021 wiedereröffnet. Den engen Platzverhältnissen trug man im Rahmen der Sanierungsmaßnahmen dadurch Rechnung, dass man die Zahl der Parkplätze auf beiden Ebenen 172 reduzierte.[14]

Außenfassade

Die dunkelgrünen emaillierten Außenfassadenpaneele des Lörracher Rathauses bestehen aus Aluminium und wurden in Sandwichbauweise realisiert. Die Sandwichpaneele weisen im Inneren eine Wabenstruktur auf, die aus natrongetränktem Papier besteht. Über verzinkte Stahlprofile sind die Paneele am Beton-Rohbau verankert. Diese Art der Fassadengestaltung war bereits zum Erbauungszeitpunkt eine Besonderheit und wird auch heute so nicht mehr gebaut. Die entwickelte Technik für die Fassade stammt von der Firma Gartner aus Gundelfingen an der Donau, einem weltweit bekannten Hochhausfassadenbauer. Insgesamt sind am Gebäude 1.090 Fassadenplatten verbaut, die sich vom 3. bis zum 18. Obergeschoss des Hochhauses erstrecken und insgesamt eine Fläche von rund 4.000 Quadratmeter abdecken. Die Fensterfläche vom 3. bis zum 17. Obergeschoss sind etwa 1.150 Quadratmeter. Durch die im Laufe der Zeit notwendig gewordenen Sicherungsmaßnahmen wurden im Jahr 2019 zusätzlich 4.650 Schrauben, 1.885 Dübel und 1.030 Stahlkonsolen angebracht. Durch die Expertise eines Bauunternehmens wurde 2017 festgestellt, dass der Einbau der Fassadenelemente am Rathaus teilweise nicht fachgerecht erfolgte. Die 2019 erfolgten Sicherungsmaßnahmen unterliegt keiner DIN-Normierung und verursacht aufgrund einer zweimal jährlich erforderlichen Kontrolle und Wartung Kosten von jährlich 45.000 Euro. Die Sicherungsmaßnahmen stellen jedoch nur ein Provisorium dar.[15]

Bürgermeistergalerie

Im Foyer des ersten Stockes im 1976 erbauten Lörracher Rathaus befand sich bis August 2016 die sogenannte Bürgermeistergalerie. Die Galerie zeigte die Stadtoberhäupter unabhängig davon ob sie den Titel des Oberbürgermeisters oder Bürgermeisters trugen, da die Bezeichnung in der Geschichte teilweise mehrfach wechselte. Die Bildnisse im Foyer zeigten die letzten zehn Stadtoberhäupter in chronologischer Reihenfolge. Die Galerie geht auf den Bürgerausschuss von 1906 zurück, beim Amtsende von Johann Grether, der 35 Stadtoberhaupt von Lörrach war. Die Umsetzung dieses Beschlusses erfolgte erst mit dem Bezug des neuen Rathauses 1976. Über mehrere Jahrzehnte umstritten und ein Politikum blieb der Umgang mit Reinhard Boos, der während der Nazi-Diktatur als Stadtoberhaupt eingesetzt wurde und im Sinne der damaligen Herrschaft regierte. Um einer drohenden juristischen Auseinandersetzung mit dem Sohn von Reinhard Boos zu entgehen wurde dem Foto der schlichte Text „Reinhard Boos, Bürgermeister 1933–45“ hinzugefügt, was auch optisch eine Abgrenzung aller anderen Porträts war. Allerdings empfand man diese zurückhaltende Form des historischen Hinweises als zu verhalten. Eine breit angelegte Studie zur Aufarbeitung der NS-Zeit in Lörrach im Jahr 2013 räumte mit dem Mythos des „guten“ Nationalsozialisten Boos auf. Aus Platzgründen hat der Gemeinderat daher im Mai 2016 entschieden die Bilder der Stadtoberhäupter auf der Westseite des großen Ratssaales repräsentativ aufzuhängen (Salonhängung). Die neue Galerie enthält nun Informationen zu allen Stadtoberhäuptern und weist auch in kritischer Auseinandersetzung auf die Wirkung von Reinhard Boos hin. Die Umsetzung dieser neuen Galerie erfolgte am 6. Oktober 2016.[16]

Technik und Sicherheitseinrichtungen

Luftbildaufnahme aus östlicher Richtung

Der Rathausturm wird von einem Stahlbetonskelett und zwei Versorgungsschächten getragen. Der mittlere Kern beherbergt eine Aufzugsanlage mit drei Kabinen zu je sechs Personen und einer Kabine für zwölf Personen. Die Aufzüge werden aus rationellen Gründen über eine Gruppensammelsteuerung manövriert. Der Fahrstuhlschacht weist eine Förderhöhe von 71 Metern auf. Die maximale Fahrgeschwindigkeit beträgt 3 Meter pro Sekunde. Im 18. Obergeschoss befinden sich die Technikräume der Aufzugsanlage. Ebenfalls im obersten Geschoss untergebracht sind seit August 2019 auf 353 Meter Höhe zwei (eine fest nach Norden ausgerichtet, die andere von Osten nach Süden schwenkend) Panorama-Webcams, die neben einem aktuellen Rundblick auch ein Archiv auf bisherige Aufzeichnungen und eine Zeitrafferfunktion bereithält.[17]

Das Hochhaus wird über eine Zweikreis-Kesselanlage mit Wärmeübertragung für Wasser und Dampf beheizt. Das Leitungssystem der mit Erdgas betriebenen Anlage befindet sich im Kern des Gebäudes und lässt sich in vier getrennt regelbaren Höhenzonen und zwei Witterungsgruppen einteilen.[2]

Die Belüftung des Rathauses erfolgt im Sockel über eine Klimaanlage, im Büroturm über frei regulierbare Vertikalschiebefenster. Der Lufteinlass erfolgt mechanisch über den Flurbereich, die Abluft wird über die WC-Anlage abgesaugt. Die Tiefgarage wird über eine separate Lüftung versorgt. Die Gesamtleistung der lufttechnischen Anlagen beträgt 92.000 Kubikmeter pro Stunde.[2]

Die Stromversorgung im Haus wird über einen Transformator (630 kVA) im Technikgeschoss gewährleistet. Im Notfall kann das Rathaus über eine Notstromanlage mit Dieselaggregat versorgt werden. Seit August 2011 ist eine Fotovoltaikanlage mit einer Maximalleistung von 4,9 Kilowatt peak ans Netz gegangen, die am Dach des Ratssaales installiert wurde.[18]

Am Rathaus sind auch zehn Richtfunkantennen angebracht, die für Sprach- und Datenaustausch mit städtischen Außenstellen wie zum Beispiel den Ortsverwaltungen oder der Volkshochschule verwendet wird. Eine analoge Funkantennen ermöglicht zudem den Sprachkontakt mit allen im Stadtgebiet befindlichen Fahrzeugen des Werkhofes.[17]

Rezeption

Die Architektur des Lörracher Rathauses hat seine Anleihen beim Ende der 1960er Jahre errichteten Langen Eugen in Bonn, der nach dem damaligen Bundestagspräsidenten Eugen Gerstenmaier benannt wurde. Auch der Spitzname „Langer Egon“ verweist mit seiner Namensähnlichkeit als Analogie zum „Langen Eugen“ darauf. Der markante Turm mit abgesetztem Versorgungsschacht fasste bis zum Umzug der Bundesregierung nach Berlin alle Büros der Abgeordneten und Sitzungssäle; seither dient es als UN-Campus. Der Architekt Frank Hovenbitzer bezeichnete das Lörracher Rathaus als Musterbeispiel der Architektur und städtebaulichen Haltung seiner Zeit.[19]

Literatur

  • Stadt Lörrach (Hrsg.): Das neue Rathaus. Lörrach, 1976.
  • Walter Jung: Die Rathäuser in Lörrach. in: Walter Jung, Gerhard Moehring (Hrsg.): Unser Lörrach 1975. Eine Grenzstadt im Spiegel der Zeit, Lörrach-Tumringen: Kropf & Herz 1975, Seiten 7–27.

Weblinks

Commons: Lörracher Rathaus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Walter Jung, Gerhard Moehring: Unser Lörrach 1982. Eine Grenzstadt im Spiegel der Zeit. Lörrach, 1982, S. 11.
  2. a b c d e f g h i Stadt Lörrach: Das neue Rathaus.
  3. Jung: Die Rathäuser in Lörrach. S. 25
  4. Bernd Dörries: Beihilfe zum Selbstmord. In: Süddeutsche Zeitung. 7. November 2006.
  5. Badische Zeitung: Artikel vom 21. Mai 2016, zuletzt abgerufen am 22. Mai 2018
  6. Verlagshaus Jaumann: Das Rathaus: ein Lörracher Wahrzeichen, Artikel vom 7. Januar 2023, aufgerufen am 12. Januar 2023.
  7. Südkurier: Großeinsatz in Lörrach beendet: Kalziumkarbonat wurde in Rathaus-Briefkasten geleert, Artikel vom 30. Juni 2020, aufgerufen am 1. Juli 2020
  8. Verlagshaus Jaumann: Substanz entpuppt sich als Wasser, Artikel vom 7. Dezember 2020, aufgerufen am 7. Dezember 2020
  9. Verlagshaus Jaumann: Abriss oder Sanierung: Rathaus-Bau ein Sorgenkind, Artikel vom 26. Mai 2022, aufgerufen am 28. Juni 2022.
  10. Weiler Zeitung: Die Fassade bröckelt, Artikel vom 17. Mai 2018, zuletzt abgerufen am 22. Mai 2018
  11. Badische Zeitung vom 18. Februar 2020
  12. Pressemitteilung Stadt Lörrach: Egon-Hugenschmidt-Platz am Rathaus, aufgerufen am 25. Dezember 2022.
  13. Stadt Lörrach: Online-Terminvereinbarung, aufgerufen am 3. März 2021
  14. Stadt Lörrach: Rathaustiefgarage öffnet ihre Schranken, Pressemitteilung vom 26. Februar 2021, aufgerufen am 4. März 2021
  15. Informationen zur Fassade in Pressemitteilung der Stadt Lörrach: Zukunft des Lörracher Rathauses, aufgerufen am 17. Oktober 2022.
  16. Hubert Bernnat: Zur Neugestaltung der Bürgermeistergalerie im Lörracher Rathaus (PDF; 329 kB), aufgerufen am 2. März 2021
  17. a b Neuer Rundumblick für Lörrach: die Technik auf dem Rathausdach, Pressemeldung der Stadt Lörrach vom 29. August 2019 auf RegioTrends, abgerufen am 2. März 2021
  18. Neue Solarstromanlage auf dem Vordach des Rathauses ist am Netz, Pressemeldung der Stadt Lörrach vom 11. August 2011 auf RegioTrends, abgerufen am 2. März 2021
  19. Badische Zeitung: „Das Lörracher Rathaus ist ein Musterbeispiel der Architektur und Haltung“, Artikel vom 27. März 2021, aufgerufen am 10. September 2021

Koordinaten: 47° 36′ 54″ N, 7° 39′ 52,3″ O

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