Kyschtym

Stadt
Kyschtym
Кыштым
FlaggeWappen
Flagge
Wappen
FöderationskreisUral
OblastTscheljabinsk
StadtkreisKyschtym
BürgermeisterWjatscheslaw Schtschekotschichin
Gegründet1757
Stadt seit1934
Fläche46 km²
Bevölkerung38.942 Einwohner
(Stand: 14. Okt. 2010)[1]
Bevölkerungsdichte847 Einwohner/km²
Höhe des Zentrums260 m
ZeitzoneUTC+5
Telefonvorwahl(+7) 35151
Postleitzahl45687x
Kfz-Kennzeichen74, 174
OKATO75 434
Geographische Lage
Koordinaten55° 42′ N, 60° 33′ O
Kyschtym (Europäisches Russland)
Kyschtym (Europäisches Russland)
Lage im Westteil Russlands
Kyschtym (Oblast Tscheljabinsk)
Kyschtym (Oblast Tscheljabinsk)
Lage in der Oblast Tscheljabinsk
Liste der Städte in Russland

Kyschtym (russisch Кыштым) ist eine russische Stadt mit 38.942 Einwohnern (Stand 14. Oktober 2010)[1] in der Oblast Tscheljabinsk im südlichen Ural, etwa 15 km südwestlich der „geschlossenen StadtOsjorsk gelegen. 15 km weiter östlich befindet sich das Nuklearzentrum Majak (früher als Tscheljabinsk-65 bezeichnet). Die Bezeichnung „geschlossene Stadt“ rührt daher, dass wegen der streng geheimen militärischen Aktivitäten im Zusammenhang mit der Kernwaffenentwicklung dort der Zugang zur Stadt für die normale Bevölkerung verboten und die Stadt auf Landkarten auch nicht eingezeichnet war.

Geschichte

Kirche in Kyschtym

Der Ort wurde 1757 beim Bau einer Eisengießerei gegründet. Der Stadtname ist ein Hydronym des gleichnamigen Flusses, dessen Ursprung in den Turksprachen vermutet wird. 1934 erhielt Kyschtym Stadtrechte. In Kyschtym befand sich das Kriegsgefangenenlager 180 für deutsche Kriegsgefangene des Zweiten Weltkriegs.[2]

1989 geriet Kyschtym durch die Bekanntgabe von Einzelheiten über einen Nuklearunfall aus dem Jahre 1957 (siehe Kyschtym-Unfall) in die Schlagzeilen. Erst mit 32 Jahren Verspätung informierte das in der Sowjetunion nach der Katastrophe von Tschernobyl neu geschaffene Ministerium für Atomenergie die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) über das Unglück, das bereits 1976 durch den Biochemiker und Dissidenten Schores Alexandrowitsch Medwedew, einen aus der Sowjetunion emigrierten Wissenschaftler, bekannt geworden war. Da Medwedew jedoch für den Unfall fälschlicherweise eine nukleare Kettenreaktion als Ursache angegeben hatte – in Wirklichkeit war eine chemische Reaktion die Ursache – wurden seine Angaben von Wissenschaftlern angezweifelt und wenig beachtet.

Nach einem Ausfall der Kühlung im Laufe des Jahres 1956 und Fehlentscheidungen des Personals war es am 29. September 1957 in einem Tank mit hochradioaktiven Flüssigabfällen zu einer Explosion gekommen. Dabei wurden große Mengen an radioaktiven Substanzen, insbesondere Strontium-90 und Caesium-137, freigesetzt. Im offiziellen sowjetischen Bericht ist von zwei Millionen Curie (entsprechen 74 Petabecquerel) freigesetzter Radioaktivität die Rede. Nach offiziellen Angaben wurde ein Gebiet von rund 1000 Quadratkilometern so stark kontaminiert, dass es mit allen seinen 10.000 Einwohnern evakuiert werden musste. Wie viele Menschen beim „Kyschtym-Unfall“ unmittelbar ums Leben kamen, ist bis heute nicht bekannt.[3]

Die in der Industrie der Region Kyschtym entstandenen radioaktiven Abfälle wurden zu großen Teilen in den Karatschai-See eingeleitet, welcher heute in Kontakt mit den Grundwasserströmen der Flüsse Ob und Tetscha zu kommen droht. Für die Zukunft ist nicht auszuschließen, dass die radioaktive Kontamination sich dadurch bis in das Eismeer ausbreiten wird.

Bevölkerungsentwicklung

JahrEinwohner
193927.790
195934.302
197036.096
197939.830
198942.852
200241.929
201038.942

Anmerkung: Volkszählungsdaten

Söhne und Töchter der Stadt

  • Anton Kartaschow (1875–1960), russischer Theologe und Hochschullehrer
  • Wladilen Trenogin (1931–2013), Mathematiker und Hochschullehrer
  • Nikolai Pusanow (1938–2008), Biathlet und Olympiasieger
  • Lew Zelischtschew (* 1990), Handballspieler

Trivia

Landesweit bekannt ist die Geschichte von dem Kyschtym-Zwerg (russisch Кыштымский карлик), einem körperlich stark deformierten Kind, dessen Überreste besonders von UFO-Gläubigen und Esoterikern bis heute für außerirdisch gehalten werden; ein ähnliches Phänomen ist der Schädel des sogenannten Starchild. Zum ersten Mal erfuhr die Öffentlichkeit im Jahr 1996 von Aljoschenjka (Koseform für Alexej), wie die Rentnerin Tamara Proswirina ihr Findelkind nannte. Proswirina war in eine psychiatrische Anstalt eingeliefert worden, wo man ihr nicht glaubte, dass sie zu Hause mit so einer Kreatur lebe. Die alte Frau versicherte, das Kind in einem nahegelegenen Wald entdeckt und dann gepflegt zu haben; auch unter den Einwohnern war Aljoschenjka bekannt. Bei einer Hausdurchsuchung konnte man schließlich nur noch den leblosen Körper des schwerst behinderten Kindes sicherstellen. Aljoschenjkas Behinderung könnte mit dem radioaktiven Kyschtym-Unfall im Zusammenhang stehen.[4][5][6]

Einzelnachweise

  1. a b Itogi Vserossijskoj perepisi naselenija 2010 goda. Tom 1. Čislennostʹ i razmeščenie naselenija (Ergebnisse der allrussischen Volkszählung 2010. Band 1. Anzahl und Verteilung der Bevölkerung). Tabellen 5, S. 12–209; 11, S. 312–979 (Download von der Website des Föderalen Dienstes für staatliche Statistik der Russischen Föderation)
  2. Maschke, Erich (Hrsg.): Zur Geschichte der deutschen Kriegsgefangenen des zweiten Weltkrieges. Verlag Ernst und Werner Gieseking, Bielefeld 1962–1977.
  3. Henning Sietz: Das Menetekel von Majak, Die Zeit, Artikel vom 16. August 2007, Nr. 34, S. 70, zuletzt abgerufen am 9. August 2010
  4. Oleg Jegorow: Bizarrer Streit: War Aljoschenjka ein Außerirdischer oder ein alter Zwerg? In: rbth.com. 26. Oktober 2022, abgerufen am 20. September 2023.
  5. Иван Линдеманн: Гуманоид Алешенька не единственный: житель Кыштыма рассказал о вызывающих ужас аномалиях. 16. Juli 2020, abgerufen am 20. September 2023 (russisch).
  6. Наш Урал: Кыштымский карлик: разгадка тайны Алёшеньки. In: Наш Урал и весь мир. 26. Juni 2023, abgerufen am 20. September 2023 (russisch).
Commons: Kyschtym – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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