Kyūsho Jitsu
Kyūsho Jitsu (jap. 急所術, dt. „Kunst der Vitalpunkte“) bezeichnet das Wissen um die „Vitalpunkte“ des menschlichen Körpers und ihre Benutzung in den Kampfkünsten. Kyūsho Jitsu ist dabei keine eigenständige Kampfkunst und wird als solche auch nicht in Japan trainiert. Es ist eine auf den Erkenntnissen und Prinzipien der Akupunktur und der Verbindung zur westlichen Neurologie basierende Methode der Arbeit mit den Vitalpunkten, die in zahlreiche Kampfkünste integriert werden kann. Über den Erkenntnissen um die Vitalpunkte stehen beim fortgeschrittenen Nutzer die so genannten Prinzipien, die die Wirksamkeit der Vitalpunkt-Stimulation verbessern sollen.
Beschreibung des Kyūsho Jitsu
In den nichtjapanischen Kampfkünsten sind die vitalen Punkte unter den Namen Dim Mak oder Dianxue (chinesische Stile), Kupso Sul oder Hyol Do Bop (koreanische Stile) oder Marma-Adi (Indien) bekannt.
Im Kyūsho Jitsu sollen durch die Manipulation der Punkte die neurologischen oder physiologischen Vorgänge des menschlichen Körpers in einer Form beeinflusst werden, dass eine Beeinträchtigung des Körpers hervorgerufen wird. Diese kann in Form von Reflexreaktionen, Schmerz, Gleichgewichtsstörungen, Kraftverlust bis hin zum Verlust des Bewusstseins auftreten. Andererseits kann das erworbene Wissen wie in der Traditionellen Chinesischen Medizin auch zur Linderung verschiedener Beschwerden genutzt werden.
Erklärungsmodelle
Es gibt zwei verschiedene Erklärungsmodelle des Kyūsho Jitsu. Das traditionelle Erklärungsmodell des Kyūsho Jitsu bedient sich der traditionellen chinesischen Medizin. Man geht dabei von dem Meridiansystem der Akupunktur aus. Auch die Benennung der vitalen Punkte geht vom Meridiansystem aus. Ein weiteres Modell basiert ausschließlich auf den westlichen Erkenntnissen der Medizin und beschreibt anhand dessen die Auswirkungen der Schläge und Griffe. Dazu gehören Traumata, Gewebsverletzungen, Nervenschocks und Sehnen- oder Muskelverletzungen. Die Wirksamkeit dieser Techniken ist wissenschaftlich nach unserem Stand der Medizin nachweisbar.
Meist wird eine Mischung aus beiden Modellen vermittelt. Das nötige Wissen und die Techniken lassen sich mit beiden Modellen erwerben.
Techniken
Es gibt viele Möglichkeiten des Schlagens und des Tretens. In Kyūsho ist die Punktgenauigkeit eines der Hauptmerkmale. Normale Techniken wie Oizuki (Fauststoß) erzielen nicht die perfekte Wirkung. Die wichtigsten Handtechniken sind eher Ippon-Ken, Shute, Haito, Teisho, Keito und Hiraken. Bei den Beintechniken ist die Auswahl eher gering, wie z. B. Hiza Geri, Sokuto, Kakato. Es gibt auch die Möglichkeit, statt zu schlagen oder zu treten, die Vitalpunkte durch Greifen oder Drücken zu reizen. Die Ausführung der Techniken entspricht optisch denen vieler anderer Kampfkünste, jedoch wie schon erwähnt sind Punktgenauigkeit, korrekter Winkel und Angriffsrichtung entscheidend für die Wirkung. Im Kyūsho Jitsu ist der Krafteinsatz häufig gering, da die Nervenpunkte sehr empfindlich reagieren. Daher ist nicht entscheidend, ob man körperlich fit ist. Selbst ein kleines Kind oder ein alter Mensch kann diese Technik anwenden.
Um die Techniken zu erlernen, kann man an einem Boxdummy, Pratzen oder Makiwara üben. Jedoch ist das Training am Menschen unerlässlich.
Meister des Kyūsho Jitsu
Meister, die diese Kunst unterrichten, sind unter anderem George Dillman,[1] Evan Pantazi,[2] Jean Paul Bindel, Achim Keller, Kelly Sach, Florian Haingärtner, Manfred Zink oder Fritz Oblinger.[3] Nach den Aussagen der Meister kann man die grundlegenden Techniken der Selbstverteidigung schnell lernen. Jedoch führt nur ein intensives Studium und Übung zur Meisterschaft. Oft wird Kyusho über die einzelnen Kata weiter gegeben. Pantazi, Gencoglu, Haingärtner und Sach haben die Punkte eher in Selbstverteidigungstechniken eingebaut, die sofort in Notwehrsituationen umzusetzen sind. Aufgrund ihrer Wirksamkeit gelten die Nervendruckpunkte auch als gut in der Selbstverteidigung für ältere Menschen einsetzbar.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ George Dillman: About George Dillman. 2012, abgerufen am 31. August 2013 (englisch).
- ↑ Kyusho.com. Abgerufen am 31. August 2013 (englisch).
- ↑ SOK-Kyusho-Jitsu - Deutscher Karate Verband e. V. (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom Original am 23. Dezember 2016; abgerufen am 24. Dezember 2016. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
Literatur
- Fritz Oblinger: Die Vitalpunktmethoden der alten Meister: Kyusho-Jitsu im Karate. Palisander Verlag 2016, ISBN 978-3-938305-96-6
- Manfred Zink: Kyusho-Jitsu: Geheimnisse der Vitalpunkte, Arbeitsbuch Band 1, Kyusho-Verlag, ISBN 978-3-945172-00-1
- Manfred Zink: Kyusho-Jitsu: Geheimnisse der Vitalpunkte, Arbeitsbuch Band 2, Kyusho-Verlag, ISBN 978-3-945172-01-8
- Manfred Zink: Kyusho-Jitsu: Geheimnisse der Vitalpunkte, Arbeitsbuch Band 3, Kyusho-Verlag, ISBN 978-3-945172-02-5
- George A. Dillman, Chris Thomas: Kyusho-Jitsu: the Dillman method of pressure point fighting. 1992, ISBN 0-9631996-0-9.
- Evan Pantazi: Kyusho-Jitsu: Die vitalen Punkte des menschlichen Körpers in den Kampfkünsten. Sportimex 2004, ISBN 978-84-96492-00-4.
- Ralph Thannhäuser: Die Jintai Kyusho des Karate. Monsenstein und Vannerdat 2013, ISBN 978-3-86991-998-0.
Weblinks
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Meridianbild der Ming-Dynastie: Jueyin Pericardium-der Hand
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Karate: Trefferfläche bei Shuto
- schlagende Fläche wie bei Tettsui, Daumen nach innen gepresst.
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Karate: Trefferfläche Sokuto, Fußaußenkante, z.B. für
- Sokuto Fumikri, Seitwärtsfußstoß zum Kniegelenk
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- Sokuto ashi barai, Fegen mit der Fußkante
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Karate: Ippon ken (Zeigefingerknöchelfaust)
Eingeknickten Zeigefinger aus der normalen Fausthaltung nach vorne strecken und mit dem Daumen herunterdrücken.
Wird benutzt, um die Stirn zwischen den Augen und andere sehr kleine verwundbare Stellen anzugreifen.Autor/Urheber: Oliver Kurmis, Lizenz: CC BY 3.0
Karatetechniken: Hiraken
- z.B. für Angriff auf den Punkt zwischen Nase und Unterlippe, die Schläfe, den Solarplexus