Kurt Schmitt

Kurt Schmitt (1940)

Kurt Paul Schmitt (* 7. Oktober 1886 in Heidelberg; † 2. November 1950 ebenda) war ein deutscher Wirtschaftsführer, der die NSDAP bereits vor 1933 unterstützte, und zweiter Reichswirtschaftsminister im Kabinett Hitlers.

Leben

Der Jurist Kurt Schmitt promovierte 1911 in München über Die laufende Auskunftdatei, insbesondere der Auskunftvertrag und trat 1913 in den Dienst der Allianz AG Versicherungsgesellschaft. Von 1914 bis 1917 nahm er am Ersten Weltkrieg teil und wurde als Hauptmann der Reserve verabschiedet. 1917 wurde er Mitglied des Vorstands der Allianz AG, von 1921 bis 1933 leitete er den Konzern als Vorstandsvorsitzender. Er machte sich in diesen Jahren einen Namen als einer der begabtesten Leiter bezüglich der Organisation in der Versicherungswirtschaft der Weimarer Republik.[1]

Die Konzernspitze der Allianz AG, vertreten durch die Direktoren Kurt Schmitt und Eduard Hilgard, führte eine Politik der Annäherung an die Nationalsozialisten schon vor deren Machtergreifung herbei. Schon im Oktober 1930 wurde die Verbindung zu Hermann Göring aufgenommen. Diese Kontakte wurden durch Teilnahme an Geschäftsessen und durch die Regelungen privater finanzieller Schulden wahrgenommen. Heinrich Brüning und Franz von Papen versuchten ohne Erfolg, Schmitt für ein Ministeramt zu gewinnen.

Schmitt, der auch schon 1931 Generaldirektor der Stuttgarter Verein-Versicherungs AG[2] war, wurde Mitte des Jahres 1931 in die Zielsetzung von Hjalmar Schacht einbezogen. Er gehörte zu einer Gruppe von Industriellen, die sich Mitte 1931 mit Hitler im Hotel Kaiserhof trafen und ihm eine finanzielle Unterstützung in Aussicht stellten. Schmitt hatte nähere Beziehungen zur NS-Spitze und nahm an dem Geheimtreffen vom 20. Februar 1933 mit Adolf Hitler teil, wobei er der NSDAP eine Wahlkampfspende in Höhe von 10.000 Reichsmark zukommen ließ. Laut den Erinnerungen eines engen Vertrauten Schmitts, des Sohns von Martin Niemöller, Heinz Hermann Niemöller, spendete Schmitt vor der Machtübergabe zwischen 1 und 5 Millionen Reichsmark an die NSDAP.[3] Im Frühjahr 1933 trat Schmitt der NSDAP bei (Mitgliedsnummer 2.651.252). Den Posten des Vizepräsidenten der Industrie- und Handelskammer von Berlin nahm er ebenfalls 1933 an.

Inzwischen war Schmitt davon überzeugt, dass die Nationalsozialisten das Problem der Arbeitslosigkeit bewältigen könnten, wenn von Leuten wie ihm die Wirtschaft geleitet würde. Zudem hielt er Hitler für einen großen Staatsmann und glaubte, dass dieser sich schon im Laufe der Zeit politisch weniger radikal entwickeln würde. Zudem hatte er eine latente antisemitische Einstellung, die Gerald D. Feldman wie folgt beschreibt: „Schmitt teilte die Vorstellung, dass Juden innerhalb der akademischen Berufe überrepräsentiert seien und dass die Rolle, die sie in der Politik, im Rechtswesen und den Künsten spielten, erheblich eingeschränkt, wenn nicht gar völlig gestrichen werden müsse. Er glaubte aber, dass ihnen ein Platz im deutschen Wirtschaftsleben zustehe und machte es zu einem der Maximen seines Amtsjahres als Reichswirtschaftsminister, dass es keine ‚Judenfrage in der Wirtschaft‘ gebe.“[4]

Am 30. Juni 1933 wurde Schmitt als Nachfolger von Alfred Hugenberg zum Reichswirtschaftsminister ernannt und nahm die Ehrenmitgliedschaft der SS (SS-Nr. 101.346) an. Im August 1933 übernahm er die Funktion des Bevollmächtigten von Preußen in der Reichsregierung. Im September 1933 gehörte er mit der Nummer 21 zu den hundert ersten Mitgliedern der nationalsozialistischen Akademie für deutsches Recht Hans Franks.[5] Im Oktober 1933 wurde er zum Preußischen Staatsrat ernannt.

Am 13. März 1934 gab er die neue Ordnung der gewerblichen Wirtschaft bekannt. Führer der Gesamtorganisation der gewerblichen Wirtschaft wurde Philipp Kessler als Führer des Reichsverbandes der Elektroindustrie. Als Schmitt den Reichsverband der Deutschen Industrie (RDI) durch eine gesamtstaatliche Lenkung der Wirtschaft ersetzen wollte, stieß er auf den konzentrierten Widerstand der Konzernspitzen. Weiterhin unternahm Schacht Bestrebungen, Schmitt aus dem Ministeramt zu drängen, um es selbst zu übernehmen.[6] Bei einer Rede am 26. Juni 1934 vor der Berliner Außenhandelskammer brach Schmitt ohnmächtig zusammen.[7] Diese Gelegenheit nutzte er zu einem längeren Genesungsurlaub, und am 31. Januar 1935 genehmigte Hitler seine Entlassung als Minister. Am 30. Juli 1934 wurde Schacht sein Nachfolger als Reichswirtschaftsminister.

Nach seinem Urlaub übernahm Schmitt 1935 den Vorsitz im Aufsichtsrat der AEG AG und der Deutschen Continental Gasgesellschaft in Dessau. 1937 übernahm er bis 1945 den Vorstandsvorsitz der Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft. In der Allianz AG war er bis 1945 Aufsichtsratsmitglied. Als Mitglied im Freundeskreis Reichsführer SS beförderte ihn Heinrich Himmler am 15. September 1935 zum SS-Brigadeführer.[8] Da Schmitt auch Aufsichtsratsvorsitzender der AEG AG war, spendete diese Himmler jährlich zwischen 12.000 und 15.000 Reichsmark, und die Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft und die Continental Gasgesellschaft zwischen 6000 und 8000 Reichsmark.[9]

Von 1945 bis 1949 musste sich Schmitt einem Entnazifizierungsverfahren der US-Armee unterziehen. Er verlor alle Ämter und über ihn wurde ein Berufsverbot verhängt. 1946 wurde er als „Hauptschuldiger“ eingeordnet. Diese Einordnung wurde in mehreren Gerichtsverfahren überprüft und 1949 aufgehoben. Er wurde nur noch als „Mitläufer“ bezeichnet, musste aber eine Geldstrafe und die Gerichtskosten bezahlen.

Schmitt war seit 1906 Mitglied des Corps Franconia München.[10]

Auszeichnungen

Literatur

Einzelnachweise

  1. Gerald D. Feldman: Die Allianz und die deutsche Versicherungswirtschaft 1933 bis 1945. C. H. Beck, München 2001
  2. August Heinrichsbauer: Schwerindustrie und Politik. Essen 1948
  3. Carlos Collado Seidel: Vom Reichswirtschaftsminister zum Gegner des NS-Regimes. Der Wirtschaftsführer Kurt Schmitt: Financier Hitlers und des Widerstandes? In: Detlef J. Blesgen (Hrsg.): Financiers, Finanzen und Finanzierungsformen des Widerstandes. Berlin 2006, S. 56 (books.google.de)
  4. Gerald D. Feldman: Zur Geschichte der Allianz in der Zeit des Nationalsozialismus.@1@2Vorlage:Toter Link/www.allianz.com (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im September 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (MS Word) allianzgroup.com.
  5. Zeitschrift "Preußische Justiz", Nr. 41 vom 28. September 1933, S. 478.
  6. siehe „Wachsende Gegensätze“@1@2Vorlage:Toter Link/www.kzverband-ooe.at (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im März 2018. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  7. Heinz Höhne: Die Zeit der Illusionen. Hitler und die Anfänge des Dritten Reiches 1933–1936. Düsseldorf/Wien/New York 1991, S. 225, ISBN 3-430-14760-3. (In seinen Erinnerungen schrieb Hans Kehrl demgegenüber viele Jahre später, dass Schmitt Ende Januar 1934 während seiner Rede vor dem Industrie- und Handelstag ohnmächtig zusammenbrach. Er sei als Kammerpräsident dabei gewesen, vgl. Hans Kehrl: Krisenmanager im Dritten Reich. Mit kritischen Anmerkungen und einem Nachwort von Erwin Viefhaus. Düsseldorf 1973, S. 57.)
  8. Schmitt als Mitglied im Freundeskreis von Himmler (Memento desOriginals vom 16. Februar 2019 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.aleph99.org
  9. Ulrich Völklein: Geschäfte mit dem Feind. Hamburg 2002, ISBN 3-203-83700-5.
  10. Kösener Corpslisten 1960, 106/752

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