Kurt Günther (Maler)

Kurt Günther (* 1. Dezember 1893 in Gera; † 12. Februar 1955 in Stadtroda; eigentlich Curt Georg Paul Günther) war ein deutscher Maler.

Leben

Kurt Günther wuchs als Sohn eines Druckers und Druckereibesitzers auf. Unmittelbar nach Abschluss des Gymnasiums ging er 1913 zum Studium an die Kunstgewerbeschule in Dresden, wo zu seinen Kommilitonen unter anderem Otto Dix, der wie Günther aus Gera stammte, und Otto Griebel gehörten. Mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurde Günther 1914 zum Kriegsdienst eingezogen, den er bei den Luftstreitkräften ableistete, bis er 1917 wegen einer schweren Lungentuberkulose entlassen wurde. Seine finanzielle Situation erlaubte es ihm, die Krankheit in Davos (Schweiz) behandeln zu lassen, wo er Ernst Ludwig Kirchner kennenlernte.

1919 kehrte Günther nach Dresden zurück und setzte sein Studium an der Kunstakademie fort, wo er der Malklasse von Richard Müller angehörte. Günther unternahm künstlerische Experimente im Expressionismus, Dadaismus und Verismus und er war Teil der Dresdner Dada-Gruppe. Zu dieser Zeit arbeitete Günther eng mit Otto Dix zusammen, beide nutzten häufig das Atelier ihrer Kommilitonin Viola Schulhoff – der Schwester des Komponisten Erwin Schulhoff – mit; Günther und Schulhoff unterstützen den aus eher einfachen Verhältnissen stammenden Dix oft finanziell. Ein Zeugnis dieser Zeit ist Günthers verschollenes, jedoch fotografisch erhaltenes Gemälde Boxkampf, in dem Dix, Schulhoff und andere im Publikum dargestellt sind. 1922 heirateten Günther und Schulhoff und zogen nach Bad Reichenhall. Die Ehe hielt drei Jahre, woraufhin Günther in seine Heimatstadt Gera zurückkehrte. Versuche, wieder in Dresden Fuß zu fassen – wo Otto Dix inzwischen eine Professur innehatte –, blieben erfolglos.

In den Geraer Künstler- und Intellektuellenkreisen fand Günther schnell Akzeptanz und Anerkennung. Mit den Landschaftsmalern Hermann Paschold, Alexander Wolfgang und Paul Neidhardt, dem Geologen Rudolf Hundt und anderen gründete er die spätdadaistische Vereinigung pro pro bru (produktive-prominente-brummochsen). Günthers vorherrschendes Sujet war – wie bereits in Bad Reichenhall – das Porträt; hinzu kommen veristische Darstellungen weiblicher Erotik.

1928 entstand in der Galerie Nierendorf in Berlin eine Ausstellung mit Werken Günthers. Die Ausstellung war von Franz Roh vermittelt worden, der auch das Vorwort zum Ausstellungskatalog schrieb und ein kleines Büchlein mit dem Titel Der Maler Kurt Günther veröffentlichte. Erich Knauf widmete Günther ein umfangreiches Kapitel in seinem Buch Empörung und Gestaltung.

Von 1929 bis 1931 hielt Günther sich in Frankreich auf und betrieb unter anderem Aktstudien an der Académie de la Grande Chaumière. Nach seiner Rückkehr nach Gera löste er einen Skandal aus, indem er ein Gemälde, das ein blondes Mädchen in den Armen eines schwarzen Jazztrompeters zeigte, öffentlich in einem Schaufenster ausstellte – es wurde von behördlicher Seite entfernt. Nach einer erneuten Eheschließung zog Günther 1932 von Gera in das nahegelegene abgeschiedene Dorf Kaltenborn, wo er ein Haus erworben hatte. 1934 besuchte ihn Erich Knauf nach seiner ersten Haftentlassung in Kaltenborn und wurde von Günther mehrfach porträtiert. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 war Günther von Hausdurchsuchungen und ab 1934 von Ausstellungsverbot betroffen. 1937 wurden in der Nazi-Aktion „Entartete Kunst“ elf Bilder Günthers aus dem Städtisches Museum Gera beschlagnahmt und anschließend zerstört.[1]

Die Jahre der Inneren Emigration verbrachte Günther unter anderem – nach der Geburt seiner ersten Tochter 1934 – mit Kinderporträts, ab 1936 mit Porträts der Kaltenborner Bauern und ab 1940 auch verstärkt mit Landschaftsmalerei. 1944 wurde er zum Volkssturm eingezogen.

Nach Kriegsende 1945 wurde Günther als Volksschul- und Volkshochschullehrer in Gera tätig sowie 1946 durch die Landesregierung Thüringen zum Professor ernannt. 1946/1947 nahm er im Leipziger Museum der bildenden Künste an der Ausstellung „Mitteldeutsche Kunst“ mit einer Bleistiftzeichnung ("Am Tag der Geburt") teil[2] und 1948 war er mit dreizehn Arbeiten in Gera auf der Ausstellung „Junge Kunst – Werke Geraer Künstler“ vertreten.[3]

Seine letzten Lebensjahre waren zunehmend von Krankheit und Depressionen gekennzeichnet. Landschaften nahmen in seinem Spätwerk eine immer dominierendere Rolle ein; verstärkt wandte sich Günther der Alla-Prima-Malerei zu.

Werke Günthers befinden sich u. a. in der Kunstsammlung Gera, im Lindenau-Museum Altenburg/Thüringen und in der Nationalgalerie Berlin.

1937 nachweislich als "entartet" beschlagnahmte Werke

  • Alt und jung (Aquarell)
  • Akt Paris (Aquarell)
  • Der Architekt (Aquarell)
  • Weibliches Porträt (Aquarell)
  • Sitzendes Mädchen (Aquarell)
  • Weibliches Porträt mit Hut (Aquarell)
  • Orchis Eva (Aquarell)
  • Ludmilla (Tafelbild)
  • Tümmelberg (Tafelbild)
  • Der Tenor (Tafelbild)
  • Zoizanolli (Tafelbild)

Literatur

  • Günther, Kurt. In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des XX. Jahrhunderts. Band 2: E–J. E. A. Seemann, Leipzig 1955, S. 330.
  • Claus Baumann: Kurt Günther. Henschel, Berlin 1977.
  • Roland März u. a.: Kunst in Deutschland 1905–1937: Gemälde und Skulpturen aus der Sammlung der Nationalgalerie. Staatliche Museen zu Berlin, 1992, S. 152.
  • Holger Peter Saupe: Kurt Günther 1893–1955. Zum 100. Geburtstag. Katalog zur Ausstellung der Kunstgalerie Gera. Gera 1993
  • „Der Radionist“ (mit Abbildung). In: Hermann Glaser: Kleine Kulturgeschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert. C. H. Beck, München 2002, ISBN 978-3-406-47620-4, S. 130 (bei Google Books).
  • Biografie von Kurt Möller in: Reinhold Reith, Dorothea Schmidt: Kleine Betriebe, angepasste Technologie? Waxmann Verlag, 2002, ISBN 978-3-8309-1176-0, S. 130 (in Google Books)
  • Moritz Wullen: Kunst der Weimarer Republik: Meisterwerke der Nationalgalerie Berlin. DuMont, 2004, ISBN 978-3-8321-7499-6, S. 84.
  • Günther, Kurt. In: Dietmar Eisold (Hrsg.): Lexikon Künstler der DDR. Verlag Neues Leben, Berlin, 2010, S. 296/297
  • Kurt Günther. In: Birgit Dalbajewa (Hrsg.): Neue Sachlichkeit in Dresden. Sandstein Verlag, Dresden 2011, ISBN 978-3-942422-57-4, S. 227–229.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Datenbank zum Beschlagnahmeinventar der Aktion "Entartete Kunst", Forschungsstelle "Entartete Kunst", FU Berlin
  2. Digitale Sammlungen: Mitteldeutsche Kunst (slub-dresden.de)
  3. SLUB Dresden: Ausstellung. Abgerufen am 11. Januar 2022 (deutsch).