Kulturrisse

Kulturrisse

Cover der Kulturrisse, Magazin der IG Kultur, Ausgabe Dezember 1996
Cover der Kulturrisse, Magazin der IG Kultur, Ausgabe Dezember 1996
BeschreibungZeitschrift für radikal­demokratische Kulturpolitik
SpracheDeutsch
HauptsitzWien
Erstausgabe1996
Einstellung2013
GründerGerald Raunig, Gabriele Gerbasits
ErscheinungsweiseVierteljährlich
HerausgeberIG Kultur Österreich
ISSN (Print)
ISSN (online)

Kulturrisse. Zeitschrift für radikaldemokratische Kulturpolitik war eine österreichische Kulturzeitschrift, die von 1996 bis 2013 vierteljährlich erschien. Ab 2001 erschien sie unter neuem Design und einer anderen Ausrichtung mit theoretischerem Fokus. Sie wurde von der Dachorganisation IG Kultur Österreich herausgegeben.

Gründung, Name, Ziele

Die Gründung der Zeitschrift erfolgte als intellektuelle Antwort auf die Schwarz-blaue Koalition (2000–2006), die bereits in der Null-Nummer der Zeitschrift als Die intellektuelle Konterrevolution beschrieben wurde. Gabi Gerbasits, die Geschäftsführerin der IG Kultur, zog in dieser Ausgabe unter dem Titel 6 Tote, 144 Verletzte. eine erste „Bilanz des freiheitlich-konservativen Kulturkampfes“.[1]

Der Titel der Zeitschrift wurde von einem Symposion der IG Kultur Österreich im November 1995 im Funkhaus Wien übernommen, es trug den Untertitel Relevanz und gesellschaftliche Funktionen der freien Kulturarbeit.[2]

Die Ziele der Zeitschrift wurden auf deren Website in vier Schlagworten charakterisiert: Oppositionen, Kulturpolitiken, Kunstpraxen, Kosmopolitiken. Die Zeitschrift wollte „gegenhegemoniale Konzepte und Unternehmen im zivilgesellschaftlichen Bereich“ erarbeiten, Kulturarbeit, Kulturpolitik, Kulturfinanzierung und Kulturverwaltung kritisch kommentieren, „Schlaglichter auf gelungene künstlerische Interventionen“ setzen und sich an Diskurse jenseits des Nationalismus anhängen. Die Kulturrisse unterstützten ausdrücklich den Gebrauch geschlechtergerechter Sprache.

Die Zeitschrift setzte sich allerdings nicht nur kritisch mit den Politiken der schwarz-blauen Koalition auseinander, sondern analysierte auch die Kulturpolitik der SPÖ,[3] behandelte mehrfach das Projekt Linz 2009 – Kulturhauptstadt Europas,[4] und widmete sich Fragen des Urheberrechts. Zu den Autoren der Zeitschrift zählten Clemens Apprich, Petja Dimitrova, Tina Leisch, Siegfried Mattl, Radostina Patulova und Marlene Streeruwitz.

Die letzte Ausgabe war schwerpunktmäßig der Forderung ¡Archiv der Migration, jetzt! gewidmet, vorbereitet und vorgetragen vom Migrationsforscher Ljubomir Bratić.[5]

Vertrieb

Die Zeitschrift wurde einerseits über Abonnements und die Website, andererseits über ausgewählte Buchhandlungen in Wien, Linz und Berlin vertrieben.

Schwerpunkte seit dem Relaunch

JahrHeftSchwerpunkt
2000Heft 1Die intellektuelle Konterrevolution
2001Heft 1Land ohne Opposition
Heft 2Transversality now!
Heft 3Das Ende der Gemütlichkeit
Heft 4Opposition ohne Land
2002Heft 1Minoritäre Allianzen
Heft 2nicht erschienen oder vergriffen
Heft 3Guten Morgen, Gewerkschaft
Heft 4Kunst und Gewalt
2003Heft 1Gott behüte Österreich
Heft 2Wiederaneignung der Stadt
Heft 3Wahlverdichtung
Heft 4Das Ende der Legislaturperiode
2004Heft 1Progressive Kunstinstitutionen
Heft 2antirassistisch-feministische Interventionen
Heft 3Gefängnisse
Heft 4Gott verhüte Österreich
2005Heft 1Public Art Policies
Heft 2EuroMayDay 005. mächtig prekär
Heft 3Politischer Anti-Antisemitismus
Heft 4Kulturindustrie(n)
2006Heft 1True Stories? Dokumentarismus Revisited
Heft 2Jenseits der Kultur: Politik der Übersetzung
Heft 3Migration und Kulturarbeit
Heft 4Organisierung der Unorganisierbaren
2007Heft 1Plagiarismus und Ideenklau
Heft 2(Frei-)Räume
Heft 3Politiken des Sozialen
Heft 4Die Wende am Ende
2008Heft 1Innere Sicherheit 2.0
Heft 2Wissensproduktion und Widerstand
Heft 3Linkskurven
Heft 4Ist Links Außen?
2009Heft 1Migrationen: Durchkreuzte Räume
Heft 2Politisierte Universitäten: Revolutions(t)räume?
Heft 3Freiwilliges Engagement: Hackeln für die „Ehre“?
Heft 4Alles nur geklaut? - Ringen um das Recht auf die Kopie
2010Heft 1Creative Bubbles: (Wissens-)Ökonomien der kreativen Stadt
Heft 2Shut down Nazis
Heft 3Jetzt, für alle, bedingungslos: Grundeinkommen
Heft 4Antimuslimischer Rassismus: Konjunkturen und Aktualitäten
2011Heft 1Queere De-/Konstruktionen: Von Abtragungen und Baustellen
Heft 2Urbane Räume: Zwischen Verhandlung und Verwandlung
Heft 3Ganz draußen? Sozialreportagen aus dem Abseits
Heft 4Antiziganismus: Kontinuitäten und Strukturen
2012Heft 1Urheberrechte für alle ... sonst gibt’s Krawalle!
Heft 2Kunst und Kohle
Heft 3Widersprüche der kreativen Stadt
Heft 4Crossing Spaces: Selbstorganisation von Roma
2013Heft 1We will rise! Das Aufbegehren der Refugees
Heft 2multilingual heterolingual (Sprachvielfalt im Fokus)
Heft 3Experiment Kunstförderung
Heft 4¡Archiv der Migration, jetzt!

Einstellung, Nachfolgeprojekt

„Gleichsam über Nacht, ohne vorherigen Austausch mit der Redaktion, wurde [die Zeitschrift Kulturrisse] Anfang Dezember 2013 von der Herausgeberin ‚in der bisherigen Form‘ eingestellt.“ Mit dieser Kritik eröffneten eine Reihe von Mitarbeitern der Kulturrisse im September 2014 ihr Nachfolgeprojekt.[6] Bereits im Jänner 2014 hatten elf Autoren der Kulturrisse, darunter Ljubomir Bratić, Therese Kaufmann, Daniela Koweindl und Gerald Raunig, „die Leichtfertigkeit, mit der die Herausgeberin ein zentrales kulturpolitisches Instrument ihrer Interessenvertretungsarbeit zur Disposition stellt,“ als „höchst befremdlich“ bezeichnet.[7]

Im September 2014 legten einige frühere Mitarbeiter der Kulturrisse die Nullnumer einer neuen Zeitschrift vor: Kamion. Diese erste Ausgabe trug den programmatischen Titel: Der Aufstand der Verlegten.[8] Diese Ausgabe enthielt unter anderem Texte von Paul Huah, Isabell Lorey, Chantal Mouffe, Stevphen Shukaitis, Felix Stalder und Tom Waibel sowie der Traficantes de Sueños und eines anonymen iranischen Kollektivs. Die erste Ausgabe der neuen Zeitschrift erschien im Juni 2015 und trug den Titel Aus den Kreisläufen des Rassismus.[9]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Gabi Gerbasits: 6 Tote, 144 Verletzte. (Memento desOriginals vom 17. Juni 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/igkultur.at, Die bisherige Bilanz des freiheitlich-konservativen Kulturkampfes, erschienen in: Kulturrisse 00/2000, abgerufen am 17. Juni 2016.
  2. IG Kultur Österreich, Gerald Raunig (Hg.) Kulturrisse: Relevanz und gesellschaftliche Funktionen der freien Kulturarbeit, Dokumentation des gleichnamigen Symposions der IG Kultur Österreich, 22. – 24. November 1995, Funkhaus Wien, abgerufen am 17. Juni 2016.
  3. Elisabeth Mayerhofer: Die Gedanken sind frei. Zur Kulturpolitik der SPÖ., in: Kulturrisse 01/2006, abgerufen am 17. Juni 2016.
  4. Interview mit Stefan Haslinger (KUPF): Wo brennt’s? - Eine Textspende der Kulturrisse, in: Der Standard (Wien), 7. Juli 2008, abgerufen am 17. Juni 2016.
  5. Ljubomir Bratić: Auf dem Weg zum Archiv, in: Kulturrisse 04/2013, abgerufen am 17. Juni 2016.
  6. Kamion: Der Aufstand der Verlegten, Wien, Berlin und Zürich 2014, abgerufen am 17. Juni 2016.
  7. Kamion: Good Bye, Kulturrisse, 23. Jänner 2014, abgerufen am 17. Juni 2016.
  8. Kamion: Der Aufstand der Verlegten, Wien, Berlin und Zürich 2014, abgerufen am 17. Juni 2016.
  9. Kamion: Aus den Kreisläufen des Rassismus, Wien, Berlin und Zürich 2015, abgerufen am 17. Juni 2016.

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