Kulturhaus

(c) Bundesarchiv, B 145 Bild-F089031-0033 / Thurn, Joachim F. / CC-BY-SA 3.0
Kulturhaus Leuna, erbaut 1926–27 als Gesellschaftshaus der BASF, wiederaufgebaut 1946 als Klubhaus der Werktätigen
Kulturhaus in Uschhorod, Foto von 2003, Baujahr 1981 in der UdSSR
Kulturhaus Gotha
Kulturhaus „Karl Marx“ in Johanngeorgenstadt (1956 eröffnet, 2010 abgerissen)
(c) Bundesarchiv, Bild 183-31665-0001 / CC-BY-SA 3.0
Kulturhaus im brandenburgischen Hohendorf, Kreis Luckau am 12. Juli 1955
Kulturhaus in Ludwigsfelde, eröffnet 1959
Kulturpalast in Unterwellenborn

Mit Kulturhaus werden in vielen Orten und Städten Deutschlands kulturelle Zentren bezeichnet, die sich einer Vielzahl kultureller Aktivitäten (Ausstellungen, Theater-, Kabarett- und Musikabende, Vortragsreihen) widmen. Sie stehen meist unter kommunaler Trägerschaft und werden öffentlich gefördert. Der Begriff wurde hauptsächlich in der DDR benutzt, während in der Bundesrepublik für ähnliche Funktionsgebäude die Begriffe Dorfgemeinschaftshaus, Gemeindezentrum oder Bürgerhaus benutzt wurden. Vorläufer des Kulturhauses in Deutschland sind die seit Ende des 19. Jahrhunderts in der Arbeiterbewegung entstandenen Volkshäuser. Ein frühes Kulturhaus war das bereits 1927 errichtete und nach dem Krieg neu erbaute Kulturhaus Wolfen.

Kulturhäuser in sozialistischen Staaten

Kulturhaus hieß in sozialistischen Staaten eine Einrichtung für kulturelle Zwecke, in der Ausstellungen, Treffen, Vorträge, Konzerte, Diskos, Musikunterricht, Empfänge stattfanden und in der sich kulturelle oder sportliche „Zirkel“ und Gruppen (Zeichenzirkel, Schreibzirkel usw.) betätigen konnten.

In fast jeder Stadt und in vielen Dörfern errichteten und finanzierten der Staat oder örtliche Großbetriebe ein Kulturhaus oder stellten die Räumlichkeiten kostenlos zur Verfügung. Sie waren neben den Theatern, Kinos, Kirchen, Pionierhäusern und Sportanlagen ein wichtiger Teil der Alltagskultur in allen sozialistischen Staaten und vor allem in kleineren Städten und Dörfern zumeist das Zentrum des Stadt- und Dorflebens. Das erste Kulturhaus der Sowjetischen Besatzungszone war das 1948 im sächsischen Radeberg eröffnete Kulturhaus „Maxim Gorki“. In der DDR trugen die etwa 2000 Kulturhäuser oftmals einen Beinamen zu Ehren eines sozialistischen Vorbilds (z. B. „Kulturhaus Clara Zetkin“, „Ernst Thälmann“, „Maxim Gorki“). Größe und Architektur der Kulturhäuser variieren von eher unscheinbaren Mehrzweckhallen bis hin zu repräsentativen Großbauten, in der Regel als Kulturpalast bezeichnet. Der Kulturpalast „Johannes R. Becher“ des ehemaligen VEB Maxhütte in der thüringischen Gemeinde Unterwellenborn steht mit Säulenportikus, aufwändigen Foyers und großen Theatersälen für die erste Generation von Kulturhäusern in der DDR. Der gesamte Komplex umfasst einen Theatersaal mit 800 Plätzen (ebenso viele wie im 2003 errichteten Theater der Landeshauptstadt Erfurt), einen „Musiksalon“ mit 200 Plätzen, einen Tanz-Probensaal, Vortragsräume, eine Bücherei, mehrere Sitzungssäle und zwei Restaurants. Dazu unterhielt das Betriebsfilmstudio der Maxhütte im Kulturpalast eigene Schneide- und Tontechnikräume sowie ein kleines Fotolabor.

In der DDR wurden Kulturhäuser in allen jeweils propagierten Architekturstilen geschaffen, vom Sozialistischen Klassizismus der 1950er Jahre bis hin zur internationalen Moderne der späten DDR-Bauten. Ländliche Kulturhäuser waren in den Anfangsjahren der DDR oft noch vom Heimatstil der 1930er Jahre beeinflusst. Nur vereinzelt finden sich in den 1950er Jahren Beispiele der klassischen Moderne, so etwa das im Bauhausstil errichtete Kulturhaus in Trebus von 1951 (heute „Gaststätte Seeblick“).

Auch in den heutigen sozialistischen Staaten wie der Volksrepublik China, Kuba, Nordkorea und einigen postsowjetischen Ländern wie Belarus heißen Häuser mit dieser Zielrichtung Kulturhaus.

Kulturhäuser in den neuen Bundesländern

In den ehemals sozialistischen Staaten wurde die Bezeichnung Kulturhaus für vorhandene Gebäude weitgehend beibehalten, wie auch in vielen Orten der ehemaligen DDR. Aufgrund der nach 1990 von der Bundesregierung gekappten Finanzierung wurden in den neuen Bundesländern viele Kulturhäuser geschlossen. Sie wurden verkauft, als Restaurant, Diskothek oder Möbelhaus umgenutzt oder verfielen. Als Beispiel ist das 1956 errichtete Kulturhaus „Karl Marx“ in Johanngeorgenstadt zu nennen, dessen Dach nach 1990 aus öffentlichen Mitteln aufwendig erneuert wurde, das dann jedoch geschlossen und 2010 abgerissen wurde. Ähnliches droht dem 1954 eröffneten Kulturpalast Unterwellenborn, der als Archetyp unter den rund 2000 Kulturhäusern der DDR gilt.

Kulturhäuser, die den Sprung zu akzeptierten Kunststätten oder Freizeitzentren geschafft haben oder anderer Nutzung zugeführt wurden, sind das Kulturhaus der Stadt Aue, das der gleichen Gemeinde zugehörige Kulturhaus Bad Schlema, das Kulturhaus Ludwigsfelde, das Kulturhaus Freital, das Haus der Kultur und Bildung in Neubrandenburg, das Haus Schwärzetal in Eberswalde, bzw. das 1928 errichtete cCe Kulturhaus Leuna.

Siehe auch

Vor allem in sozialistischen und ehemals sozialistischen Ländern:

  • Tschitalischte – Kulturhäuser in Bulgarien, seit dem 19. Jahrhundert
  • Liste der Kulturhäuser in der DDR
  • Palast der Republik – Kulturbauten von landesweit exponierter Bedeutung, v. a. in Hauptstädten
  • Kulturpalast – repräsentative größere Kulturhäuser, v. a. in Haupt- oder Großstädten

Andere:

Literatur

  • Simone Hain, Stephan Stroux, Michael Schroedter: Die Salons der Sozialisten. Kulturhäuser in der DDR. Ch. Links, Berlin 1996, ISBN 3-86153-118-6 (mit vielen Fotos vom Zustand der Kulturhäuser 1993–1996)
  • Joachim Otto Habeck: Das Kulturhaus in Russland. Postsozialistische Kulturarbeit zwischen Ideal und Verwahrlosung. Transcript Verlag, Bielefeld 2014, ISBN 978-3-8376-2712-1
  • Thomas Ruben, Bernd Wagner (Hrsg.): Kulturhäuser in Brandenburg. Eine Bestandsaufnahme. Endbericht des Forschungsprojektes „Die Kulturhäuser in Brandenburg, Bestandsaufnahme und Konzeptentwicklung“ der Kulturpolitischen Gesellschaft e. V. Brandenburger Texte zu Kunst und Kultur, Band 1. Verlag für Berlin-Brandenburg, Potsdam 1994, ISBN 3-930850-05-2
  • Ulrich Hartung: Arbeiter- und Bauerntempel. DDR-Kulturhäuser der fünfziger Jahre. Ein architekturhistorisches Kompendium. Zugleich Dissertation der Humboldt-Universität Berlin, 1996. Schlezky & Jeep, Berlin 1997, ISBN 3-89541-102-7 (Geschichte der DDR-Kulturhäuser der 1950er Jahre und ausführlicher, bebilderter Katalog)

Weblinks

Commons: Kulturhaus (DDR) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Kulturhaus – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Auf dieser Seite verwendete Medien

Bundesarchiv Bild 183-31665-0001, Hohendorf, Blick auf das Kulturhaus.jpg
(c) Bundesarchiv, Bild 183-31665-0001 / CC-BY-SA 3.0
Es folgt die historische Originalbeschreibung, die das Bundesarchiv aus dokumentarischen Gründen übernommen hat. Diese kann allerdings fehlerhaft, tendenziös, überholt oder politisch extrem sein.
Hohendorf, Blick auf das Kulturhaus Zentralbild Klein Me-Th 12.7.55 Die Gemeinde Hohendorf hat ein Kulturhaus. Im Jahre 1952 erhielt die Gemeinde Hohendorf, Kreis Luckau, eine Prämie von 2.800 DM für vorfristige Ablieferung. Die werktätigen Bauern des Ortes beschlossen, mit diesem Geld ein Kulturhaus zu errichten. Unsere Regierung unterstützte den Bau durch weitere finanzielle Mitteil und Präsident Pieck spendete dem Dorf eine Bibliothek. Heute ist das Kulturhaus, das den Namen unseres Präsidenten Wilhelm Pieck trägt, Mittelpunkt des kulturellen Lebens in Hohendorf und den umliegenden Gemeinden. UBz: Aussenansicht des Kulturhauses "Wilhelm Pieck" in Hohendorf.
Unterwellenborn Ortsteil Röblitz Kulturpalast.jpg
Autor/Urheber: NoRud, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Unterwellenborn Ortsteil Röblitz Kulturpalast
Kulturhaus Gotha.JPG
Autor/Urheber: Michael Sander, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Das Kulturhaus in Gotha (Thüringen).
Kulturhaus Johanngeorgenstadt.jpg
Autor/Urheber: Benutzer:Hejkal, Lizenz: CC BY-SA 2.0 de
Kulturhaus Johanngeorgenstadt, abgerissen 2010
Kulturhaus1.jpg

Uzhhorod, Ukraine, Culture and sports center

  • date: August 2003
  • author: Richard Seefeld (published under PD in the German Wikipedia)
  • Kultur- und Sportzentrum in Uschhorod 2003
  • selbst fotografiert im August 2003.
  • Fotograf: Richard Seefeld
  • Freigegeben für jeden und alles, sowie gemeinfrei und nach GNU-FDL
Ludwigsfelde asv2021-03 img08 Klubhaus.jpg
Autor/Urheber: A.Savin, Lizenz: FAL
Klubhaus in Ludwigsfelde, Brandenburg, Deutschland
Bundesarchiv B 145 Bild-F089031-0033, Leuna, Clubhaus der Werktätigen.jpg
(c) Bundesarchiv, B 145 Bild-F089031-0033 / Thurn, Joachim F. / CC-BY-SA 3.0
Es folgt die historische Originalbeschreibung, die das Bundesarchiv aus dokumentarischen Gründen übernommen hat. Diese kann allerdings fehlerhaft, tendenziös, überholt oder politisch extrem sein.
11.-18.8.1991

Bundesland Sachsen-Anhalt

Leuna, Clubhaus der Werktätigen